Die Welt ist nicht genug - Mikado
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kurz & bündig<br />
Leserbrief zu mikado 10.2008<br />
Anfrage von Zimmerme<strong>ist</strong>er Frank Schmachtenberger, Würzburg<br />
Schöne Treppen haben Sie da in ihrer Oktober-Ausgabe abgebildet. Doch was <strong>ist</strong> zu tun, wenn der<br />
Bauherr oder die Seinen stürzen, sich verletzen und dann Versicherungen oder gar der Staatsanwalt<br />
beim Treppenbauer vor der Türe stehen und nachfragen, warum keine dieser Treppen ein vorschriftsgemäßes<br />
Geländer besitzt?<br />
Kann sich der Handwerker im Vorfeld bei Vertragsabschluss von der Haftung befreien? Und wie sicher<br />
<strong>ist</strong> eine solche vertragliche Lösung?<br />
Bitte klären Sie diese Frage und veröffentlichen Sie das Ergebnis, denn dieses Thema dürfte<br />
viele Zimmereien plagen.<br />
Antwort von Dipl.-Ing. (FH) Stefan Meiners,<br />
Bund Deutscher Zimmerme<strong>ist</strong>er (BDZ), Berlin<br />
Zunächst einmal <strong>ist</strong> der Treppenbauer verpflichtet, sich an die<br />
einschlägigen geltenden Regeln und Normen zu halten, d.h.<br />
es muss sichergestellt werden, dass das Begehen der Treppe<br />
ohne Gefahr für Leib und Leben der Benutzer möglich <strong>ist</strong>. Besteht<br />
ein Auftraggeber darauf, dass kein vorschriftsmäßiges<br />
Geländer zur Absturzsicherung und als Handlauf angebracht<br />
wird, so empfehlen wir, dieses auf jeden Fall schriftlich mit<br />
dem Auftraggeber zu vereinbaren. Dabei sollte explizit festgehalten<br />
werden, dass die volle Verantwortung für mögliche<br />
Unfälle allein beim Auftraggeber liegt und Sie als Unternehmer<br />
ihn darüber aufgeklärt haben, wie eine ordnungsgemäße<br />
Treppenkonstruktion aussehen müsste.<br />
Sie müssen also Ihren Auftraggeber darüber informieren,<br />
welche Folgen es haben kann, wenn er eine Treppe in Auftrag<br />
gibt, die sich sicherheitstechnisch <strong>nicht</strong> an geltenden<br />
Regeln und Vorschriften orientiert. Es <strong>ist</strong> empfehlenswert,<br />
eine Zweitausfertigung dieses Haftungsausschlusses aufzubewahren.<br />
Dem Bauherrn muss klar sein, dass letztendlich<br />
er allein für die Sicherheit seiner Treppe verantwortlich <strong>ist</strong>.<br />
Auch beim Weiterverkauf <strong>ist</strong> der Bauherr nur aus der Haftung,<br />
wenn eine Baulast auf das Haus eingetragen wird.<br />
Antwort von Rechtsanwalt Willi Reisser,<br />
Kanzlei Reisser und Kollegen, Augsburg<br />
Wer sich als Unternehmer auf „Sonderwünsche“ des Auftraggebers<br />
einlässt und eine Treppe entgegen geltendem Gesetz<br />
oder unter Missachtung der anerkannten Regeln der Technik<br />
herstellt, begibt sich unter Umständen „in des Teufels Küche“.<br />
Das gilt sowohl im Bereich des privaten Baurechts wie<br />
auch des öffentlichen Rechts.<br />
Bürgerlich-rechtlich <strong>ist</strong> eine Ausführung gemäß Gesetz und<br />
anerkannten Regeln der Technik vertraglich geschuldet. Zwar<br />
dürfen Auftraggeber und Unternehmer auch eine andere Bauausführung<br />
vereinbaren, doch dann sollte der Unternehmer<br />
auf das mit der Nichteinhaltung verbundene Risiko ausdrücklich<br />
hinweisen und dies in einer ausführlichen schriftlichen<br />
Vereinbarung auch unbedingt dokumentieren.<br />
Nach dem öffentlichen Baurecht sind alle am Bau Beteiligten<br />
– Bauherr, Planer und Unternehmer – dafür verantwortlich,<br />
dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften eingehalten werden.<br />
<strong>Die</strong>se sind Sicherheitsbestimmungen und können sich<br />
auf die privatrechtliche Verantwortlichkeit der am Bau Beteiligten<br />
auswirken, insbesondere bei Schadensersatzansprüchen<br />
wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht und nach<br />
§ 823 Abs. 2 BGB „Verletzung von Schutzgesetzen“.<br />
Leserbrief zu mikado 11.2008<br />
Anmerkung von Dipl.-Ing. Peter Metzger, Ingenieurbüro Holzbau, Karlsruhe<br />
Sicherlich <strong>ist</strong> die rein wissenschaftliche Betrachtung des Themas von Herrn Schmidt richtig beleuchtet.<br />
Vergessen wird aber immer wieder, dass Menschen in diesen Gebäuden leben, die wir immer perfekter<br />
zu gestalten versuchen. Menschen lassen sich <strong>nicht</strong> in „Lüftungskonzepte“ einpassen, Menschen<br />
wollen ihr Leben nach ihrem Gusto bestimmen und <strong>nicht</strong> nach dem einer Verordnung. Aus diesem<br />
Grund sind solche Verordnungen wegen des Faktors „Mensch“ zum Scheitern verurteilt.<br />
Bauen wir lieber Häuser, die den Bedürfnissen der Menschen und <strong>nicht</strong> denen einer Verordnung angepasst<br />
sind. Ich finde es bestimmt richtig, die Wissenschaft in diesen Bereichen voranzutreiben und<br />
Modellprojekte zu entwickeln. Ist das Konzept jedoch so, Zitat: „... soll der Luftwechsel wie bisher<br />
üblich nur über die Fenster erfolgen [...] können erhebliche Haftungsrisiken entstehen“, dann <strong>ist</strong> das<br />
am Menschen vorbeigedacht.<br />
10 mikado 12.2008