Die Welt ist nicht genug - Mikado
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Sanierung und Ausbau<br />
◂ Aus alt mach<br />
neu: <strong>Die</strong><br />
Ursprünge der<br />
Mühle<br />
Liebenthann sind<br />
<strong>nicht</strong> geklärt.<br />
1698 erhielt das<br />
Hauptgebäude<br />
seine spätbarocke<br />
Fassade<br />
Bis 1916 haben die Mühlsteine<br />
in der „Alten Mühle Liebenthann“<br />
noch Mehl gemahlen. Seit<br />
1990 stand das Anwesen leer, zerfiel<br />
in den Jahren danach zusehends.<br />
Dann verliebte sich das Ehepaar Brigitte<br />
und Steffen Haid in das Anwesen.<br />
Vor ihnen stand eine Herkulesaufgabe.<br />
Gleich 14 Behörden hatten<br />
„ein Auge“ auf die denkmalgeschützte<br />
ehemalige Schlossmühle unterhalb<br />
der Burg Liebenthann bei Obergünzburg<br />
im Allgäu geworfen.<br />
Allein die Ausbesserungsarbeiten<br />
am Dachstuhl bedeuteten eine gewaltige<br />
handwerkliche Herausforderung.<br />
Verrottete Pfetten und Sparren mussten<br />
ausgetauscht oder repariert, Verstärkungswinkel<br />
eingebaut werden.<br />
Bei der anschließenden Neueindeckung<br />
waren die alten Ziegel <strong>nicht</strong><br />
mehr zu verwenden. 30000 neue Flächen-<br />
und Firstziegel lassen das Dach<br />
nun wieder naturrot leuchten.<br />
Ein Denkmal <strong>ist</strong> kein Neubau<br />
Naturrot <strong>ist</strong> die Farbe der Dächer in<br />
Süddeutschland, Biberschwanzziegel<br />
sind typisch für die Region. <strong>Die</strong><br />
ersten Biberschwanz-Tondachziegel<br />
tauchten spätestens rund um die<br />
Nürnberger Ziegeleien des 14. Jahrhunderts<br />
auf und verbreiteten sich<br />
schnell im Raum südlich der Mainlinie.<br />
Zu den Denkmalschutz-Auflagen<br />
für die Sanierung der spätbarocken<br />
Wassermühle am Flüsschen<br />
Günz gehörte also auch ein naturrotes<br />
Dach mit Biberschwanz-Eindeckung.<br />
Doch zuvor galt es einige<br />
Konflikte aus dem Weg zu räumen.<br />
Denkmalschutz-Vorschriften standen<br />
gegen die Vorstellungen der Bauherren<br />
und der Architektin – Marion<br />
Bartl von Bartl & Ungethüm aus<br />
Altusried. Kompromisse waren unausweichlich.<br />
So mussten die alten<br />
Fenster bleiben, eine bessere Isolierung<br />
war nur durch eine Vorverglasung<br />
möglich. Das war Steffen Haid<br />
allerdings von vornherein klar: „Ein<br />
Denkmal kann kein Neubau werden,<br />
und wer einen Neubau will, der sollte<br />
die Finger vom Denkmal lassen.“<br />
Altes Haus mit neuer Technik<br />
In Zeiten des globalen Klimawandels<br />
greift die Energieeinsparverordnung,<br />
die eine Optimierung der<br />
Wärmedämmung vorschreibt. Eine<br />
bessere Wärmedämmung bedeutete<br />
im Fall der Mühlensanierung ein<br />
höheres Gewicht, allein schon durch<br />
das Dämmmaterial. Um die Statik zu<br />
gewährle<strong>ist</strong>en, wurden Fundamente<br />
und Mauern ausgebessert. Auch der<br />
Dachstuhl, der 1864 erneuert worden<br />
war, gefährdete die Stabilität. <strong>Die</strong><br />
Zimmerer ersetzten verrottete Pfetten<br />
und Sparren, dann bauten sie den<br />
Dachboden zum Wohnraum aus – ein<br />
Fall für das 101 Jahre alte Familienunternehmen<br />
der Zimmerei Taufratshofer-Bichtele<br />
aus Blonhofen.<br />
Nach der Instandsetzung des Satteldachs<br />
mit seinen acht Schleppgauben<br />
stand die Neueindeckung<br />
an. Auch dabei war wichtig, dass<br />
die Stabilität des Gebäudes stimmte.<br />
<strong>Die</strong> Entscheidung für eine Neu-<br />
◂ Hier musste<br />
dringend<br />
was passieren:<br />
Das Hauptgebäude<br />
vor der<br />
Sanierung<br />
H<strong>ist</strong>orie der Alten Mühle Liebenthann<br />
Erstmals erwähnt wurde die Alte Mühle Liebenthann 1655, doch die<br />
ursprüngliche Bausubstanz <strong>ist</strong> deutlich älter, wie sich beim Umbau herausgestellt<br />
hat. Den Vorgängerbau zerstörten die Schweden im Dreißigjährigen<br />
Krieg. <strong>Die</strong> baulichen Veränderungen im Lauf der Jahrhunderte<br />
lesen sich wie ein Führer durch die Kunst- und Architekturgeschichte. 1698<br />
erfuhr die Mühle eine erstmalige Umgestaltung. 1747 bis 1750 erhielt das<br />
Anwesen die heutige spätbarocke Fassade. Der Grundriss wurde substanziell<br />
geändert, der Eingang von der Ost- zur Südseite verlegt. Um 1840<br />
entstand im Obergeschoss eine Biedermeierstube, deren freigelegte und<br />
restaurierte Schablonenmalereien die heutigen Besitzer erfreuen. Der<br />
Dachstuhl wurde 1864 erneuert. Um 1920 erfolgte der Einbau einer Turbine<br />
zur Stromerzeugung.<br />
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