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Zur Lage der Gruppe - Arbeiterstimme

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16 <strong>Arbeiterstimme</strong><br />

Winter 2005<br />

FDP half die Industrie wie üblich<br />

nach. Berater Schrö<strong>der</strong>s wie z. B. <strong>der</strong><br />

als integer geltende ehemalige Siemens<br />

Vorstands- und jetzige Aufsichtsratsvorsitzende<br />

v. Pierer wechselten<br />

ins CDU-Kompetenzteam. Die<br />

Bosse verließen ihren Genossen<br />

Schrö<strong>der</strong>.<br />

Über die „Linkspartei“ gab es<br />

nur wenige Meldungen; wenn doch<br />

mal was erschien, waren es fast nur<br />

Berichte über Streitigkeiten o<strong>der</strong><br />

sonstwie Negatives. Lafontaine galt<br />

als Event und wurde öfter gebracht,<br />

doch eher als Sensation denn als<br />

ernstzunehmen<strong>der</strong> Politiker.<br />

Es ist schwer zu beurteilen, inwieweit<br />

die Meinungsbeeinflussung<br />

an Durchschlagskraft verloren hat.<br />

Die Mehrheit des Wahlvolks entsprach<br />

ja immer noch den Vorgaben<br />

– aber eine ansehnliche Min<strong>der</strong>heit tat<br />

dies eben nicht mehr.<br />

Die Reaktion <strong>der</strong> vereinigten<br />

Meinungsherstellungsindustrie auf<br />

das Wahlergebnis war typisch: Das<br />

Volk weiß nicht, was es will, ist konfus,<br />

unentschlossen. Journalisten und<br />

„Wissenschaftler“ waren ehrlich empört<br />

und sehr beleidigt. Es fehlte nur<br />

Brechts (in an<strong>der</strong>en Zusammenhängen<br />

verwendete) ironische Empfehlung,<br />

die Regierung möge doch ein<br />

an<strong>der</strong>es Volk wählen.<br />

Die Blamage <strong>der</strong> vermeintlichen<br />

Meinungsmacher ist m. E. ein wichtiges<br />

und sehr erfreuliches Ergebnis<br />

<strong>der</strong> Wahlen.<br />

Ausblick<br />

Es bleibt schwierig – das hattet<br />

ihr euch eh schon gedacht. Es wird<br />

ein wenig einfacher, weil in einer großen<br />

Koalition die eine „Volkspartei“<br />

<strong>der</strong> an<strong>der</strong>n keine Alleinschuld an<br />

Arbeitslosigkeit, Haushaltsdefizit<br />

usw. zuschieben kann. Die stärksten<br />

Protagonisten <strong>der</strong> neoliberalen Politik<br />

stehen in <strong>der</strong> Verantwortung.<br />

Hoffentlich sehen die Wahlbürgerinnen<br />

und -bürger und vor allem die<br />

Lohnabhängigen das auch so.<br />

Also: Manches wird sich än<strong>der</strong>n<br />

– doch nicht sehr viel und das wenige<br />

nicht sehr stark. Bei den Linken<br />

gibt es ein klein wenig mehr Zuversicht<br />

– vielleicht.<br />

Stand: 30. 11. 05<br />

Linkspartei.PDS und WASG<br />

vor und nach <strong>der</strong> vorgezogenen<br />

Bundestagswahl<br />

Dieser Beitrag ist die<br />

Fortsetzung des Artikels<br />

„Vorzüge und<br />

doppeltes Gesicht <strong>der</strong> neuen Linkspartei“<br />

in <strong>der</strong> <strong>Arbeiterstimme</strong> Nr.<br />

149. Die zu berichtenden Ereignisse<br />

erfreuen uns insofern, als es bei <strong>der</strong><br />

letzten Bundestagswahl am 18. 9.<br />

2005 dem Bündnis aus Linkspartei.-<br />

PDS und Wahlalternative Arbeit und<br />

soziale Gerechtigkeit mit offenen<br />

PDS-Listen gelang, einen Wähleranteil<br />

von weit über fünf Prozent zu<br />

gewinnen. Nach CDU/CSU, SPD und<br />

FDP ist die Fraktion „Die Linke“ mit<br />

54 Abgeordneten die viertgrößte im<br />

Zentralparlament. Indirekt trug das<br />

Bündnis dazu bei, dass die pseudosozialdemokratische<br />

und pseudogrüne<br />

Koalition die Schlacht verlor und<br />

die noch ärgere konservative Oppositions-Variante<br />

des deutschen Neoliberalismus<br />

sie nicht gewann, was<br />

beide veranlasste, eine ungewünschte<br />

Große Koalition einzugehen. Das<br />

Linksbündnis hat sich durch den Erfolg<br />

selbstverständlich nicht gewandelt.<br />

Es weist weiter positive wie negative<br />

Charakterzüge auf.<br />

Wahlkampf und Wahlsieg<br />

Die Wahlkampfvorbereitung<br />

endete formell mit <strong>der</strong> zweiten Tagung<br />

des 9. Parteitags <strong>der</strong><br />

Linkspartei.PDS am 27. 8. 2005 in Berlin.<br />

Sie kam im selben Neuköllner<br />

Estrel-Hotel zustande, in dem die<br />

SPD am 1. 6. 2003 ihre berüchtigte<br />

Agenda 2010 verabschiedete. Der<br />

Bundestagswahlkampf 2005 begann<br />

vor dem linken Wahlparteitag, weil<br />

Kanzler Schrö<strong>der</strong> mit seiner putschartig<br />

inszenierten Vorverlegung <strong>der</strong><br />

Wahl die zur Verfügung stehenden<br />

Fristen enorm verkürzt hatte.<br />

Gleich dem am 5. 8. von Gregor<br />

Gysi und Oskar Lafontaine <strong>der</strong> Öffentlichkeit<br />

präsentierten, am 27. 8.<br />

mit Än<strong>der</strong>ungen vom Parteitag verabschiedeten<br />

Wahlprogramm stand<br />

dieser Kampf unter dem Motto „Für<br />

eine neue soziale Idee“. Der Untertitel<br />

des Programms lautete „Eine an<strong>der</strong>e<br />

Politik ist nötig – für soziale und<br />

demokratische Alternativen“. Sein<br />

Entwurf wurde in <strong>der</strong> ArSti 149 vorgestellt.<br />

Das fertige Programm barg<br />

die Kapitel I. Arbeit für alle, II. Hochwertige<br />

Bildung für alle, III. Ein Neuansatz<br />

für Ostdeutschland, für strukturschwache<br />

Regionen in Ost und<br />

West, IV. Umwelt bewahren, Zukunft<br />

gestalten, V. Protest ernst nehmen.<br />

Mehr direkte Demokratie durchsetzen,<br />

VI. Umverteilung von oben nach<br />

unten: für ein solidarisches Steuersystem<br />

sowie VII. Frieden leben, Frieden<br />

ermöglichen, Globalisierung gestalten.<br />

Es wurde am 7. 9. durch ein kürzeres<br />

„Programm für die ersten 100<br />

Tage <strong>der</strong> linken Fraktion“ ergänzt.<br />

Beide zielten wie die Reden prominenter<br />

Bundestagskandidaten darauf<br />

ab, den neoliberalen Kurs zu stoppen<br />

und durch Abkehr von Agenda 2010<br />

und Hartz-Gesetzen zu korrigieren.<br />

Zugleich sollten die BRD demokratisiert,<br />

die auf imperialistische Interventionen<br />

in fremden Län<strong>der</strong>n gerichtete<br />

Politik gestoppt und die Bundeswehr<br />

vor allem aus Afghanistan<br />

abgezogen werden. Kritik von links<br />

wurde dem Wahlprogramm deshalb<br />

zuteil, weil es kein weitergehendes,<br />

sozialistisches Ziel anstrebte, hinter<br />

gewerkschaftlichen Vorstellungen z. T.<br />

zurückblieb und in einem Fall bei<br />

verkürzter Arbeitszeit sogar Lohnmin<strong>der</strong>ungen<br />

billigte. An<strong>der</strong>erseits<br />

stellte sich, wie Lafontaine erläuterte,<br />

die Linkspartei darin als die einzige<br />

vor, welche bereit war, „die Wohlhabenden<br />

und Unternehmen ordentlich<br />

zu besteuern“, so dass wie<strong>der</strong><br />

hinreichend Mittel für soziale Maßnahmen<br />

verfügbar wären.<br />

In den wirtschaftlichen und sozialen<br />

Passagen entsprach das Wahlprogramm<br />

weitgehend <strong>der</strong> Programmatik<br />

großer Gewerkschaften und<br />

wurde daher von <strong>der</strong> größten, Ver.di,<br />

unterstützt, während auch die IG<br />

Metall es begrüßte und die gewerkschaftliche<br />

Sympathie für die neoliberal<br />

gewordene SPD merklich zu-

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