Zur Lage der Gruppe - Arbeiterstimme
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6 <strong>Arbeiterstimme</strong><br />
Winter 2005<br />
<strong>der</strong> Krise führen könnte, hat er nicht.<br />
In Brandenburg koaliert er mit einer<br />
rechtsstehenden CDU unter Schönbohm.<br />
Als neuer Vorsitzen<strong>der</strong> hat er<br />
für die SPD einen neue Drehung weiter<br />
nach rechts im Sinn: „Die SPD<br />
kann nur als Partei <strong>der</strong> linken Mitte<br />
erfolgreich sein.“ Damit geht er über<br />
Schrö<strong>der</strong>s Ambitionen hinaus, <strong>der</strong><br />
damals nur die imaginäre „Mitte“ mit<br />
einbeziehen wollte. Jedenfalls hat<br />
Platzeck einen weiteren<br />
Schritt weg von <strong>der</strong> alten Sozialdemokratie<br />
angekündigt.<br />
Das ist ganz im Sinne <strong>der</strong><br />
New-SPD-Aristokratie, <strong>der</strong><br />
Schrö<strong>der</strong>, Müntefering, Clement,<br />
Beck und Steinbrück,<br />
um nur die wichtigsten „Macher“<br />
aufzuzählen. Daß eine<br />
solche Politik, weg von den<br />
Interessen <strong>der</strong> Lohnabhängigen,<br />
die SPD in den Nie<strong>der</strong>gang<br />
geführt hat, wird von einem<br />
Heer williger, karrieresüchtiger<br />
Parteifunktionäre<br />
vertuscht. Die SPD hat<br />
bekannterweise allein während <strong>der</strong><br />
Amtszeit des „Kanzlers <strong>der</strong> Bosse“<br />
180.000 Mitglie<strong>der</strong> verloren und eine<br />
Landtagswahl nach <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />
(Sachsen 9,8 Prozent) brachte <strong>der</strong> Partei<br />
eine Nie<strong>der</strong>lage. So als wäre all<br />
dies nicht geschehen, auch nicht <strong>der</strong><br />
Verlust <strong>der</strong> Regierungsmehrheit im<br />
Bund, gibt es we<strong>der</strong> Selbstkritik des<br />
„Basta“-Kanzlers, noch einen überfälligen<br />
Kurswechsel <strong>der</strong> SPD-Politik.<br />
Man will die Erkenntnis auch nicht<br />
wahrhaben, daß es gerade die verbale<br />
Linkswendung in <strong>der</strong> letzten Wahlkampfphase<br />
war, die <strong>der</strong> SPD die große<br />
Blamage erspart hat.<br />
Der Coup <strong>der</strong> SPD-Spitze<br />
Es hatte alles so harmlos begonnen<br />
und endete als Coup <strong>der</strong> New-<br />
SPD Hardliner Schrö<strong>der</strong> und Müntefering:<br />
die Sitzung des SPD-Parteivorstands<br />
zur Wahl eines neuen Generalsekretärs,<br />
nachdem <strong>der</strong> bisherige,<br />
Benneter, auch schon wie<strong>der</strong> verschlissen<br />
war. Parteivorsitzen<strong>der</strong><br />
Müntefering wollte, ohne vorher die<br />
Partei, die Fraktion o<strong>der</strong> die zuständigen<br />
Gremien zu befragen, seinen<br />
Gefolgsmann Wasserhövel auf den<br />
freiwerdenden Posten hieven. Der zusammengerufene<br />
Parteivorstand, <strong>der</strong><br />
wie immer nicht vollständig war, sollte<br />
für ihn stimmen, damit <strong>der</strong> Parteitag<br />
in diesem Sinne applaudieren<br />
konnte. Die neueste „Basta-Aktion“<br />
ging schief, Müntefering spielte den<br />
Überraschten und trat als Parteivorsitzen<strong>der</strong><br />
zurück. Dabei war schon<br />
mit <strong>der</strong> Kandidatur <strong>der</strong> Gummilinken<br />
Nahles abzusehen, daß sich <strong>der</strong><br />
Parteivorstand diesmal die Entscheidung<br />
vorbehalten wollte. Müntefering<br />
und die Rechten in <strong>der</strong> SPD versicherten,<br />
sie wollten sich einheitlich<br />
hinter die gewählte Person stellen.<br />
Als Frau Nahles mit 23:14 mit eindeutiger<br />
Mehrheit gewählt wurde, gab es<br />
eine Kehrtwende. Müntefering spielte<br />
plötzlich den Beleidigten und <strong>der</strong><br />
Seeheimer-Kreis mitsamt <strong>der</strong> bürgerlichen<br />
Medienmeute giftete über den<br />
„Putsch <strong>der</strong> Linken“. Das war lächerlich,<br />
doch gewollt irreführend, denn<br />
Ute Vogt, Sigmar Gabriel, Renate<br />
Schmidt und die opportunistischen<br />
„Netzwerker“ zählen doch kaum zu<br />
den „Linken“, denen in <strong>der</strong> SPD nur<br />
noch ein kümmerliches Randdasein<br />
zukommt. Zudem hatten viele, die<br />
für Andrea Nahles votierten, die Rückendeckung<br />
ihre Heimatgremien.<br />
Diese hatten endlich das autoritäre<br />
Gehabe <strong>der</strong> Parteispitze satt, das in<br />
<strong>der</strong> Vergangenheit, zusammen mit<br />
<strong>der</strong> Agenda 2010-Politik, statt zur<br />
Stärkung <strong>der</strong> Partei, zu <strong>der</strong>en Nie<strong>der</strong>gang,<br />
zu Mitglie<strong>der</strong>- und Wählerflucht<br />
beigetragen hat. Mit dem Abtritt<br />
Schrö<strong>der</strong>s sollten auch die autoritären<br />
Methoden <strong>der</strong> Parteispitze zurückgeschraubt<br />
werden. War doch<br />
gerade die Empörung im Parteivorstand<br />
groß gewesen, als Schrö<strong>der</strong> und<br />
Müntefering, ohne den Vorstand zu<br />
informieren, geschweige ihn entscheiden<br />
zu lassen, per Handbewegung<br />
Bundestagsneuwahlen dekredierte.<br />
Mit seinem Rücktrittsmanöver<br />
hat Müntefering den Vorstand in eine<br />
Falle gelockt. Angesichts einer nun<br />
kopflosen SPD war die Betroffenheit<br />
in <strong>der</strong> Partei groß. Jene, die zum Miniaufstand<br />
gerüstet hatten, gaben<br />
über Nacht klein bei. „Eine Partei<br />
muß es aushalten können, wenn zwei<br />
Kandidaten sich um einen Posten bewerben“,<br />
traute sich <strong>der</strong> Landesvorsitzende<br />
<strong>der</strong> Saar-SPD, Heiko Maas,<br />
noch kleinlaut zu bemerken. Dem demokratischen<br />
Ausspruch <strong>der</strong> Partei<br />
hohnsprechend, kuschte die<br />
ganze Meute umgehend in<br />
erbärmlicher Weise. Andrea<br />
Nahles erging sich in Selbstgeißelung<br />
und leistete bei<br />
Müntefering umgehend Abbitte.<br />
Die SPD-Halblinken<br />
und <strong>der</strong> Rest <strong>der</strong> Linken, beide<br />
nur noch von marginaler<br />
Bedeutung, haben eine<br />
schwere Nie<strong>der</strong>lage erlitten,<br />
ebenso wie die, die sich noch<br />
als kritische und demokratische<br />
„Sozialdemokraten“<br />
verstanden. Der Parteivorstand<br />
trat zurück und in <strong>der</strong> neuen<br />
Besetzung wurde mit kritischen Geistern<br />
ziemlich aufgeräumt.<br />
Es wurde deutlich, daß Münteferings<br />
Manöver ein gelungener<br />
Coup war, um die Partei noch gefügiger<br />
zu machen. Das war quasi eine<br />
Vorarbeit für die kommenden Zeiten<br />
<strong>der</strong> größten Grausamkeiten, die auch<br />
den eigenen Anhang treffen werden.<br />
Die Partei im Spannungsbogen zwischen<br />
Anspruch und Wirklichkeit soll<br />
durch Disziplinierung und Entdemokratisierung<br />
zum bloßen Vollzugsorgan<br />
<strong>der</strong> Parteispitze werden.<br />
Da <strong>der</strong> Anspruch immer mehr in die<br />
Binsen geht, fürchtet die Parteiführung,<br />
ohne solches Gegensteuern<br />
könnten noch mehr Teile <strong>der</strong> Partei<br />
wegbrechen. Denn wie sagte Müntefering,<br />
es komme „eine Legislaturperiode<br />
des Verzichts“, es gibt also allen<br />
Grund für „Willy Brandts Enkel“,<br />
alarmiert zu sein.<br />
Die SPD vollzieht noch<br />
einen Schraubendrehung<br />
nach rechts<br />
Wie gespielt Münteferings Beleidigtsein<br />
war und wie wenig wichtig<br />
die Person Wasserhövel, zeigt die<br />
umgehende Berufung von Hubertus<br />
Heil zum neuen Generalsekretär.<br />
Dabei war <strong>der</strong> „Netzwerker“ Heil einer<br />
<strong>der</strong> Strippenzieher für die Wahl