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Arnim, Bettina von - Lichtgeschwindig

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So war mir's, da ich Ihnen geschrieben hatte; ich war beklemmt, wie wenn ein Gewitter<br />

sich spüren läßt, und ward oft rot über den Gedanken, daß Sie es unrecht finden möchten, und<br />

endlich ward mein Mißtrauen nur durch wenig Worte, aber so lieb gelöst. Wenn Sie wüßten, wie<br />

schnelle Fortschritte mein Zutrauen in demselben Augenblick machte, da ich erkannte, daß Sie es<br />

Ich gelobe es, dasjenige, was <strong>von</strong> der äußeren Welt unberührt in mir vorgeht, heimlich<br />

und gewissenhaft demjenigen darzulegen, der so gern teil an mir nimmt, und dessen<br />

allumfassende Kraft den jungen Keimen meiner Brust Fülle befruchtender Nahrung verspricht.<br />

Das Gemüt hat ohne Vertrauen ein hartes Los; es wächst langsam und dürftig, wie eine<br />

heiße Pflanze zwischen Felsen; so bin ich, – so war ich bis heute, – und diese Herzensquelle, die<br />

nirgend wo ausströmen, konnte, findet plötzlich den Weg ans Licht, und paradiesische Ufer im<br />

Balsamduft blühender Gefilde begleiten ihren Weg.<br />

O Goethe! – Meine Sehnsucht, mein Gefühl sind Melodien, die sich ein Lied suchen, dem<br />

sie sich anschmiegen möchten. Darf ich mich anschmiegen? – Dann sollen diese Melodien so<br />

hoch steigen, daß sie Ihre Lieder begleiten können.<br />

Ihre Mutter schrieb wie <strong>von</strong> mir: daß ich keinen Anspruch an Antworten mache; daß ich<br />

keine Zeit rauben wolle, die Ewiges hervorbringen kann; so ist es aber nicht: meine Seele schreit<br />

wie ein durstiges Kindchen; alle Zeiten, zukünftige und verflossene, möchte ich in mich trinken,<br />

und mein Gewissen würde mir wenig Bedenken machen, wenn die Welt <strong>von</strong> nun an weniger <strong>von</strong><br />

Ihnen zu erfahren bekäme und ich mehr. Bedenken Sie indes, daß nur wenig Worte <strong>von</strong> Ihnen ein<br />

größeres Maß <strong>von</strong> Freude ausfüllen werden, als ich <strong>von</strong> aller späteren Zeit erwarte.<br />

Bettine<br />

Die Mutter ist sehr heiter und gesund, sie trinkt noch einmal soviel Wein wie vor'm Jahr,<br />

geht bei Wind und Wetter ins Theater; singt in ihrem Übermut mir vor: »Zärtliche getreue Seele,<br />

deren Schwur kein Schicksal bricht.«<br />

Extrablatt<br />

Wir führen Krieg, ich und die Mutter, und nun ist's so weit gekommen, daß ich<br />

kapitulieren muß; die harte Bedingung ist, daß ich selbst Ihnen alles erzählen soll, womit ich's<br />

verschuldet habe, und was die gute Mutter so<br />

Ich sollte ihr den Gall bringen und führte ihr unter seinem Namen den Tieck zu; sie warf<br />

gleich ihre Kopfbedeckung ab, setzte sich und verlangte, Gall solle ihren Schädel untersuchen, ob<br />

die großen Eigenschaften ihres Sohnes nicht durch sie auf ihn übergegangen sein möchten; Tieck<br />

war in großer Verlegenheit, denn ich ließ ihm keinen Moment, um der Mutter den Irrtum zu<br />

benehmen; sie war gleich in heftigem Streit mit mir und verlangte, ich solle ganz stillschweigen<br />

und dem Gall nicht auf die Sprünge helfen; da kam Gall selbst und nannte sich; die Mutter wußte<br />

nicht, zu welchem sie sich bekehren solle, besonders da ich stark gegen den rechten protestierte,<br />

jedoch hat er endlich den Sieg da<strong>von</strong>getragen, indem er ihr eine sehr schöne Abhandlung über die<br />

großen Eigenschaften ihres Kopfes hielt; und ich hab Verzeihung erhalten und mußte<br />

versprechen, sie nicht wieder zu betrügen. Ein paar Tage später kam eine gar zu schöne<br />

Gelegenheit, mich zu rächen. Ich führte ihr einen jungen Mann aus Straßburg zu, der kurz vorher<br />

bei Ihnen gewesen war; sie fragte höflich nach seinem Namen; noch eh er sich nennen konnte,<br />

sagte ich: »Der Herr heißt Schneegans, hat Ihren Herrn Sohn in Weimar besucht und bringt Ihr<br />

viele Grüße <strong>von</strong> ihm«. Sie sah mich verächtlich an und fragte: »Darf ich um Ihren werten Namen<br />

bitten?« Aber noch ehe er sich legitimieren konnte, hatte ich schon wieder den famösen Namen<br />

Schneegans ausgesprochen; ganz ergrimmt über mein grobes Verfahren, den fremden Herrn eine<br />

Schneegans zu schimpfen, bat sie ihn um Verzeihung, und daß mein Mutwill keine Grenzen habe

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