ein Handlungsleitfaden - löbestein
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Nachhaltige Nutzung von Energiepflanzen für <strong>ein</strong>e<br />
regionale Entwicklung im Landkreis Görlitz<br />
Ein <strong>Handlungsleitfaden</strong>
Impressum<br />
Nachhaltige Nutzung von Energiepflanzen für <strong>ein</strong>e regionale Entwicklung im Landkreis Görlitz<br />
Ein <strong>Handlungsleitfaden</strong><br />
Herausgeber<br />
Internationales Begegnungszentrum St. Marienthal (IBZ)<br />
02899 Ostritz, St. Marienthal 10<br />
www.ibz-marienthal.de<br />
Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR)<br />
01217 Dresden, Weberplatz 1<br />
www.ioer.de<br />
Redaktion<br />
Birgit Fleischer, Internationales Begegnungszentrum St. Marienthal<br />
Ralf-Uwe Syrbe, Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR), Dresden<br />
Texte und Bearbeitung<br />
Olaf Bastian, Maik Denner, Birgit Fleischer, Karin Frommhagen, Karsten Grunewald, Harald Neitzel,<br />
Gerd Lupp, Nicole Schlaefke, Anja Starick, Reimund St<strong>ein</strong>häußer, Ralf-Uwe Syrbe, Martina Tröger,<br />
Götz Uckert, Peter Zander<br />
Gestaltung<br />
Kerstin Ludewig, Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR), Dresden<br />
Bestellungen<br />
schriftlich an:<br />
Internationales Begegnungszentrum St. Marienthal<br />
St. Marienthal 10<br />
02899 Ostritz<br />
E-Mail: info@ibz-marienthal.de<br />
Der Leitfaden steht auf der Seite www.loebest<strong>ein</strong>.de zum Herunterladen als PDF bereit.<br />
1. Auflage, 2013<br />
ISBN 978-3-00-042194-5
Nachhaltige Nutzung von Energiepflanzen für <strong>ein</strong>e regionale<br />
Entwicklung im Landkreis Görlitz<br />
- <strong>ein</strong> <strong>Handlungsleitfaden</strong><br />
Inhaltsverzeichnis<br />
Vorwort<br />
1 Einleitung 7<br />
2 Ziele und Förderbedingungen 8<br />
2.1 Energiepolitische Ziele 8<br />
2.2 Ziele zur Erhaltung der Biodiversität 9<br />
3 Stand der Bereitstellung und Nutzung von Biomasse sowie deren<br />
Entwicklungsperspektiven 11<br />
3.1 Landschaften, gegenwärtige Landnutzung und Biomasseanbau 11<br />
3.2 Anlagenbestand und Bedarf an Energiepflanzen 12<br />
3.3 Szenarien der möglichen Entwicklungsperspektiven 14<br />
3.3.1 Wenn alles so weiter liefe wie bisher: Trendszenario Görlitz 2030 15<br />
3.3.2 Wenn lokale Akteure die Zukunft in ihre Hand nehmen: Szenario<br />
Dezentral 2030 16<br />
3.3.3 Wenn der große Investor kommt: Szenario Zentral 2030 18<br />
3.4 Zukunftsoptionen im Vergleich 18<br />
4 Auswirkungen des Energiepflanzenanbaus auf Natur und Landschaft 20<br />
4.1 Das Konzept der Ökosystemdienst leistungen 20<br />
4.2 Einflüsse des Energiepflanzenanbaus auf Ökosystemdienstleistungen und<br />
biologi sche Vielfalt 20
4.2.1 Überblick 20<br />
4.2.2 Versorgungsdienstleistungen 21<br />
4.2.3 Regulationsdienstleistungen 22<br />
4.2.4 Kulturelle Ökosystemdienstleistungen 24<br />
4.2.5 Absehbare Auswirkungen des künftigen Energiepflanzenanbaues 24<br />
4.3 Nachfrage nach Ökosystemdienstleistungen im Landkreis Görlitz 26<br />
5 Innovationsmöglichkeiten der landbaulichen Entwicklung 27<br />
5.1 Vielfalt der nutzbaren Kulturarten zur Energiegewinnung in der Feldflur 27<br />
5.2 Kurzumtriebsplantagen und Agroforstsysteme als Ergänzung der<br />
traditionellen Landbewirtschaftung 36<br />
5.2.1 Kurzumtriebsplantagen als Alternative im Energiepflanzenanbau 36<br />
5.2.2 Agroforstsysteme 40<br />
5.3 Materialien aus der Grünlandwirtschaft und Landschaftspflege 41<br />
5.3.1 Grünland 41<br />
5.3.2 Landschaftspflegematerial 43<br />
5.4 Energiepflanzen im ökologischen Landbau 45<br />
5.4.1 Ziele und Grundsätze des Ökolandbaus 46<br />
5.4.2 Auswirkungen auf die Ökosysteme 46<br />
5.4.3 Ökonomische Aspekte der Biogaserzeugung im Ökolandbau 47<br />
5.5 Innovationen in der Biogastechnologie 47<br />
5.6 Ökonomische Analyse des Anbaus alternativer Energiepflanzen und von<br />
Agrarumweltmaßnahmen 48<br />
5.6.1 Ausgangssituation und Zielstellung48<br />
5.6.2 Vorgehensweise48<br />
5.6.3 Vergleich des ökonomischen Ertrages alternativer Energiepflanzen 50<br />
5.6.4 Produktionskosten alternativer Energiepflanzen 51
5.6.5 Deckungsbeitragsrechnung unter Berücksichtigung der Kosten von<br />
Biogasanlagen 53<br />
5.6.6 Ökonomische Aspekte der Anwendung naturschutzgerechter Maßnahmen 54<br />
6 Handlungsmöglichkeiten in der Region 57<br />
6.1 Empfohlene Maßnahmen 57<br />
6.1.1 Ganzheitliche Konzepte 57<br />
6.1.2 Umweltbildung und Förderung des regionalen Bewussts<strong>ein</strong>s 58<br />
6.1.3 Regionale Wertschöpfung und Steuerungsmöglichkeiten59<br />
6.1.4 Bedarfsgerechte Nutzung und Gestaltung der Landschaft 59<br />
6.1.5 Steuerungsbedarf oberhalb der Landkreis-Ebene 63<br />
6.2 Bestehende informelle Netzwerke in der Oberlausitz und kompetente<br />
Ansprechpartner 64<br />
6.2.1 Kooperationsnetzwerk „Regionale In fra strukturen Nachwachsender<br />
Rohstoffe“ (INR) 64<br />
6.2.2 Biomasse Schraden e.V. 65<br />
6.2.3 Energieeffizientes Göda e.V. 65<br />
6.2.4 Servicestelle Energie im Landkreis Görlitz 65<br />
6.2.5 Lehr- und Forschungsstandorte in der Region 66<br />
6.2.6 Förderver<strong>ein</strong> Sächsische Vogelschutz warte Neschwitz e.V . 69<br />
6.3 Beispiellösungen aus dem Landkreis Görlitz 69<br />
6.3.1 Holzhackschnitzel-Wärmeversorgung in der Gem<strong>ein</strong>de Hohendubrau 69<br />
6.3.2 Biogasanlage und Nahwärmenutzung in Berthelsdorf 69<br />
6.3.3 Bürgergenossenschaft „Dorfheizung Daubitz“ 71<br />
6.3.4 Energie-ökologische Modellstadt Ostritz St. Marienthal 72
6.4 Zertifizierung von Biomasse – Chancen für mehr Nachhaltigkeit? 73<br />
6.4.1 Zertifizierung von holziger Biomasse – FSC, PEFC und Naturland 73<br />
6.4.2 Zertifizierung flüssiger Biomasse 73<br />
6.4.3 Nachhaltigkeit selbst gemacht – Regionale Standards setzen 74<br />
7 Fazit und Ausblick 74<br />
Podsumowanie i perspektywy 75<br />
Quellenverzeichnis 77
Vorwort<br />
Der vorliegende Leitfaden wurde im Rahmen des Projektes „LÖBESTEIN“ erstellt. „LÖBESTEIN“ steht für<br />
Landmanagementsysteme, Ökosystemdienstleistungen und Biodiversität – Entwicklung von Steuerungsinstrumenten<br />
am Beispiel des Anbaues nachwachsender Rohstoffe. Das Projekt wurde durch das Bundesministerium<br />
für Bildung und Forschung (BMBF) innerhalb des Förderschwerpunktes „Nachhaltiges Landmanagement“<br />
gefördert. Die Broschüre entstand in Zusammenarbeit der Projektpartner Leibniz-Institut<br />
für ökologische Raumentwicklung (IÖR), Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF), Sächsisches<br />
Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG), Internationales Begegnungszentrum<br />
St. Marienthal (IBZ) und Lausitzer Erzeuger- und Verwertungsgem<strong>ein</strong>schaft Nachwachsender Rohstoffe<br />
(LEVG) e.V. Dieser Leitfaden wendet sich an regionale Entscheidungsträger, Land- und Forstwirte, Anlagenbetreiber<br />
und Investoren sowie interessierte Laien. Er zeigt im Bereich Energiepflanzenanbau Wege zu<br />
<strong>ein</strong>em reflektierten, dauerhaft umweltgerechten Handeln auf.<br />
Der Landkreis Görlitz steht zwar im Fokus des Leitfadens, die zugrundeliegenden Prinzipien sind jedoch<br />
auch auf andere Regionen übertragbar, in denen die Rahmenbedingungen für die Bereitstellung von Bioenergie<br />
vergleichbar sind. Da der Landkreis <strong>ein</strong>en Querschnitt durch <strong>ein</strong>ige der wichtigsten Naturräume<br />
Mitteleuropas (Tiefland, lößgeprägtes Hügelland und Mittelgebirge) umfasst, sind die naturräumlichen<br />
Aussagen für weite Teile Deutschlands repräsentativ. Energielieferungen, Rohstoffströme und Umwelt<strong>ein</strong>flüsse<br />
enden nicht zwangsläufig an den Staatsgrenzen. Im Landkreis Görlitz im Dreiländereck mit Polen<br />
und der Tschechischen Republik gibt es <strong>ein</strong>e Vielzahl von Beispielen für grenzübergreifende Vernetzungen.<br />
Eine Eigenschaft der Bioenergieerzeugung ist darüber hinaus, dass <strong>ein</strong>e Vielzahl an Akteuren beteiligt und<br />
betroffen ist. Dabei bieten die politischen und gesetzlichen Bedingungen vielfältige Möglichkeiten, sich im<br />
Bereich erneuerbare Energien zu engagieren und gleichzeitig die Vielfalt der Landschaft zu fördern. Für<br />
die Region können sich daraus positive Entwicklungen ergeben, wenn ihre Akteure diese Chancen vorausschauend<br />
nutzen.<br />
Dr. Gerd Lupp<br />
Projektkoordinator LÖBESTEIN<br />
Leibniz-Institut für ökologische<br />
Raumentwicklung<br />
Dr. Michael Schlitt<br />
Stiftungsdirektor<br />
Internationales Begegnungszentrum<br />
St. Marienthal
1 Einleitung<br />
(Ralf-Uwe Syrbe, Gerd Lupp)<br />
Deutschland hat sich entschlossen, s<strong>ein</strong>e Energieversorgung<br />
grundlegend umzubauen. Hintergründe<br />
sind die Verknappung fossiler Brennstoffe und die<br />
zu erwartenden Klimaveränderungen bei fortgesetzter<br />
Verbrennung von Kohle, Öl und Gas. Hinzu<br />
kam die Katastrophe von Fukushima, nach der die<br />
Bundesregierung den Beschluss fasste, den schon<br />
länger geforderten Ausstieg aus der Kernenergie bis<br />
zum Jahr 2022 zu realisieren. Daraus ergibt sich vor<br />
allem die Notwendigkeit Energie zu sparen, aber<br />
auch <strong>ein</strong>en massiven Ausbau der Energieerzeugung<br />
aus erneuerbaren Quellen wie Wind, Sonne und<br />
nicht zuletzt Biomasse voranzutreiben. Um <strong>ein</strong> so<br />
anspruchsvolles Ziel zu erreichen, wurden in kurzer<br />
Zeit neue Fördermöglichkeiten geschaffen und<br />
Geldströme in Bewegung gesetzt, ohne dass der<br />
Gesetzgeber alle Nebenwirkungen und Folgen vor<br />
Ort abschätzen konnte.<br />
Diese „Energiewende“ findet zum großen Teil im<br />
ländlichen Raum statt. Deshalb ist sie mit erheblichen<br />
Auswirkungen auf die Funktionalität und<br />
den Lebenswert unserer Landschaften verbunden,<br />
welche diese Energien bereitstellen. Die verstärkte<br />
Nutzung erneuerbarer Energien trifft hier auf bereits<br />
bestehende Probleme und Konfliktfelder, z. B.<br />
Klimawandel, Flächenverbrauch, Rückgang der<br />
Biodiversität und Konkurrenzen um Land, Wasser,<br />
Nahrung usw. Dringend erforderlich sind daher<br />
fachliche Kenntnisse und politische Handlungsinstrumente,<br />
um die Energieerzeugung so zu steuern,<br />
dass sie mit den Prinzipien <strong>ein</strong>er nachhaltigen Landnutzung<br />
und mit dem Schutz von Natur und Landschaft<br />
verknüpft werden kann.<br />
Unter den erneuerbaren Energiequellen im Landkreis<br />
Görlitz liegt derzeit die Windkraft vorn, dicht<br />
gefolgt von der Biomasse. Die Nutzung dieser Energieträger,<br />
speziell von Biomasse, kann aus ökonomischer<br />
und energiepolitischer Sicht sinnvoll s<strong>ein</strong> und<br />
– unter Einhaltung bestimmter Voraussetzungen –<br />
dem Klimaschutz dienen. Gleichwohl sind mannigfaltige<br />
unerwünschte Nebenwirkungen möglich, so<br />
im Hinblick auf Böden und Gewässer, die biologische<br />
Vielfalt und das Landschaftsbild.<br />
In der Forstwirtschaft geht es vor allem um die Bereitstellung<br />
des Rohstoffes Holz. Die Kernaufgabe<br />
der Landwirtschaft besteht in der Erzeugung von<br />
Nahrungsmitteln, ergänzt durch nachwachsende<br />
Rohstoffe, darunter zunehmend auch Bioenergie.<br />
Doch Felder, Wiesen und Wälder leisten viel mehr,<br />
sch<strong>ein</strong>bar gratis, für die Allgem<strong>ein</strong>heit: Grundwasser<br />
bildet sich neu, Erdboden bleibt fruchtbar,<br />
wildlebende Pflanzen und Tiere finden Lebensräume.<br />
Abwechslungsreiche, artenreiche und ästhetisch<br />
ansprechende Agrarlandschaften vermitteln<br />
Lebensqualität und Heimatverbundenheit, bieten<br />
Möglichkeiten zu Entspannung, Erholung und<br />
Freizeitgestaltung und sie sind Quelle von Wissen,<br />
Erkenntnis und Innovation. Man bezeichnet diese<br />
und viele andere nutzbringenden Leistungen, die<br />
der Mensch direkt oder indirekt aus der Natur und<br />
ihren Ökosystemen bezieht, als Ökosystemdienstleistungen<br />
(ÖSD). Diese durch natürliche Prozesse<br />
auch auf Agrarflächen erbrachten Leistungen haben<br />
<strong>ein</strong>e fundamentale Bedeutung für das menschliche<br />
Leben. Viele Arbeitsplätze, darunter in Land- und<br />
Forstwirtschaft, in der Fischerei, im Tourismus und<br />
im Gesundheitswesen, hängen von <strong>ein</strong>er vielfältigen<br />
und intakten Natur ab.<br />
Die Landwirtschaft profitiert von den Leistungen<br />
der Ökosysteme: von der natürlichen Regeneration<br />
der Böden, der Wasserversorgung, der Bestäubung<br />
durch Insekten oder der Dezimierung von Schaderregern<br />
durch „Nützlinge“. Gleichwohl trägt sie zur<br />
Erhaltung bestimmter Ökosysteme und ihrer Leistungen<br />
bei, kann diese aber durch unangemessene<br />
Behandlung be<strong>ein</strong>trächtigen oder gar in ihrem<br />
Fortbestand gefährden. Landwirte sind sich dieser<br />
Tatsache in wachsendem Maße bewusst und bemühen<br />
sich, ökologische Anforderungen stärker<br />
in ihre Wirtschaftstätigkeit zu integrieren. Sie sehen<br />
sich k<strong>ein</strong>esfalls ausschließlich in der Rolle <strong>ein</strong>es<br />
Agrarproduzenten, sondern sie erkennen, dass sie<br />
darüber hinaus <strong>ein</strong>e große Verantwortung für die<br />
Erhaltung und Pflege der Kulturlandschaft mit ihren<br />
Arten und Ökosystemen und den von ihnen ausgehenden<br />
Leistungen tragen. Ebenso wünschen sich<br />
immer breitere Kreise der Bevölkerung biologisch<br />
reichhaltige, vielfältig nutzbare, ästhetisch ansprechende,<br />
multifunktionale Landschaften.<br />
7
2 Ziele und Förderbedingungen<br />
(Reimund St<strong>ein</strong>häußer, Olaf Bastian)<br />
2.1 Energiepolitische Ziele<br />
Der Landkreis Görlitz ist seit langem <strong>ein</strong> Gebiet, in<br />
dem Energie produziert wird. Die Erzeugung von<br />
Elektrizität war für Jahrzehnte <strong>ein</strong>e ökonomische<br />
Hauptfunktion der Region und ist es bis heute geblieben.<br />
Ehemalige Tagebaue der Region sind inzwischen<br />
teilweise bereits saniert und bereichern<br />
nun als Seen die Landschaft. Die noch aktiven Tagebaue<br />
Reichwalde und Nochten mit <strong>ein</strong>er Produktionsleistung<br />
von ca. 28 Mio. Tonnen Braunkohle<br />
jährlich bieten die Grundlage dafür, dass Braunkohle<br />
auch in den nächsten Jahrzehnten <strong>ein</strong>e Rolle<br />
in der Energieerzeugung spielen kann. Dennoch<br />
weisen die energiepolitischen Signale in Europa,<br />
Deutschland und auch im Landkreis selbst in Richtung<br />
erneuerbarer Quellen. Sie stellen in Zukunft<br />
den Schlüssel für <strong>ein</strong>e klima- und umweltfreundliche<br />
Energieerzeugung dar. Gleichzeitig können mit<br />
der Erforschung und Nutzung erneuerbarer Energien<br />
starke Impulse für die Wirtschaft gesetzt werden.<br />
Dies betrifft nicht nur Unternehmen, die mit<br />
der Entwicklung und dem Verkauf neuer Produkte<br />
ihre Wertschöpfung erhöhen können, sondern<br />
es eröffnen sich vielfältige Chancen für nahezu<br />
alle Akteure in der Gesellschaft, an dieser „Energiewende“<br />
teilzuhaben. Für den Landkreis Görlitz<br />
bietet sich so die Möglichkeit, eigene Potenziale zu<br />
erschließen und gleichzeitig Umweltbelange zu berücksichtigen.<br />
Als erster Landkreis Ostdeutschlands hat der Landkreis<br />
Görlitz 2010 den European Energy Award®<br />
(eea) erhalten. Dieser Titel ist <strong>ein</strong> europaweit erprobtes<br />
Qualitätsmanagementsystem und Zertifizierungsverfahren<br />
zur Einsparung von Energie,<br />
Steigerung der Energieeffizienz, Erhöhung des<br />
Anteils erneuerbarer Energien und Reduktion von<br />
Treibhausgasen. Unter dem Leitspruch „Energiekreis<br />
Nr. 1“ will sich der Landkreis als innovative<br />
Energieregion noch weiter entwickeln. Eine erneute<br />
Auszeichnung mit dem European Energy Award<br />
2013 ist das erklärte Ziel des Landkreises Görlitz,<br />
der langfristig die vollständige Versorgung mit lokal<br />
produzierter erneuerbarer Energie anstrebt.<br />
Das im Jahre 2012 aufgestellte Regionale Energie-<br />
und Klimaschutzkonzept für die Planungsregion<br />
Oberlausitz-Niederschlesien formulierte folgende<br />
zentrale Leitlinie: Es geht darum, die Energieziele<br />
Sachsen 2020 zu erreichen und gleichzeitig die regionale<br />
und lokale Wertschöpfung zu stärken, hohe<br />
Raum- und Umweltverträglichkeit zu gewährleisten<br />
und nicht zuletzt die öffentliche Akzeptanz zu sichern.<br />
Der europäische Rahmen für die Bereitstellung<br />
erneuerbarer Energien wird durch die Erneuerbare-Energien-Richtlinie<br />
1 der EU aus dem Jahr 2009<br />
gesetzt. Ihr Zweck ist vor allem die Verringerung<br />
von Treibhausgasemissionen. Es geht aber auch um<br />
die Stärkung der Energieversorgungssicherheit, die<br />
Förderung neuer Technologien und die Schaffung<br />
neuer Arbeitsplätze. Sie gibt verschiedene Zielwerte<br />
vor, u. a. bis 2020 <strong>ein</strong>en Anteil erneuerbarer Energien<br />
von 20 % am Bruttoendenergieverbrauch und<br />
von 10 % am Endenergieverbrauch im Verkehrssektor<br />
zu erreichen. Für Biokraftstoffe und flüssige<br />
Brennstoffe gelten besondere Nachhaltigkeitskriterien.<br />
Danach muss die Treibhausgasminderung mindestens<br />
35 % und ab Januar 2017 50 % betragen.<br />
Außerdem dürfen die Energierohstoffe nicht von<br />
Flächen gewonnen werden, die <strong>ein</strong>en hohen Wert<br />
im Bereich der biologischen Vielfalt aufweisen, dazu<br />
gehört auch extensiv genutztes, artenreiches Grünland.<br />
Ähnlich verhält es sich bei Flächen mit <strong>ein</strong>em<br />
hohen Kohlenstoffgehalt, wie Torfmoore.<br />
Zur Umsetzung der Vorgaben sieht die Erneuerbare-Energien-Richtlinie<br />
„Nationale Aktionspläne für<br />
erneuerbare Energien“ vor. Der Zweck des deutschen<br />
Biomasseaktionsplans ist es, die Nutzung von<br />
Bioenergie so zu gestalten, dass in der Bevölkerung<br />
<strong>ein</strong>e weitgehende Akzeptanz erzeugt wird. Als<br />
größter Vorteil der Bioenergie wird konstatiert, dass<br />
nur diese zurzeit gleichzeitig <strong>ein</strong>en Beitrag zur Erzeugung<br />
von Strom, Wärme und Kraftstoffen leisten<br />
kann. Im Nationalen Biomasseaktionsplan sind<br />
als Ziele für das Jahr 2020 Anteile von Bioenergie<br />
an den erneuerbaren Energien von 10,9 % und am<br />
gesamten Bruttostromverbrauch von 8 % definiert,<br />
im Wärmebereich wird <strong>ein</strong> Anteil von 9,7 % am<br />
gesamten Endenergieverbrauch angestrebt. Weiterhin<br />
sollen Energiepflanzen unter den gleichen<br />
8
Reimund St<strong>ein</strong>häußer, Olaf Bastian<br />
Bedingungen angebaut werden wie Nahrungs- und<br />
Futtermittelpflanzen und dementsprechend auch<br />
in diesem Bereich der Landwirtschaft die Regeln<br />
der guten fachlichen Praxis (GfP) gelten. Weiterhin<br />
müssen die Auswirkungen auf das Landschaftsbild<br />
Berücksichtigung finden. Aus diesem Grund sei die<br />
Forschung und Entwicklung im Bereich <strong>ein</strong>er nachhaltigen<br />
Bereitstellung von Bioenergie voranzutreiben.<br />
Abb. 1: Biologische Vielfalt bei der Erzeugung von Bioenergie,<br />
Versuchsfläche Nachwachsende Rohstoffe in Pommritz<br />
(Foto: Olaf Bastian)<br />
Als wichtigste Steuerungsinstrumente gelten das<br />
Erneuerbare-Energien-Gesetz, das Erneuerbare-<br />
Energien-Wärmegesetz, die Gasnetzzugangsverordnung,<br />
die Biomasse-Nachhaltigkeitsverordnung,<br />
die Biomassestrom-Nachhaltigkeitsverordnung und<br />
die Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung. Für<br />
den größten Boom im Bereich Bioenergie hat in den<br />
letzten 13 Jahren das Erneuerbare-Energien-Gesetz<br />
(EEG) gesorgt, das u. a. die Gewinnung von Elektrizität<br />
aus Biomasse fördert. Dadurch hat der Bau von<br />
Biogasanlagen deutlich zugenommen. Im Landkreis<br />
Görlitz findet sich inzwischen <strong>ein</strong>e beachtliche Anzahl<br />
von Anlagen (Abschn. 3.2). Dies ist in erster Linie<br />
darauf zurückzuführen, dass das EEG <strong>ein</strong>e feste<br />
Vergütung für die Abnahme von Bioenergie bietet,<br />
die deutlich über der für konventionell erzeugtem<br />
Strom liegt.<br />
Das EEG-Fördersystem garantiert für die Erzeugung<br />
von Elektrizität aus Biomasse <strong>ein</strong>en Grundbetrag<br />
je Kilowattstunde. Dieser ist nach Anlagenleistung<br />
gestaffelt: Die kl<strong>ein</strong>ste Klasse bilden Anlagen bis zu<br />
<strong>ein</strong>er Leistung von 150 kW el . Elektrizität aus dieser<br />
Anlagenklasse wird mit 14,3 Cent/kWh vergütet<br />
(gilt für das Jahr 2012, Absenkung aller Biomassevergütungen<br />
2 % jährlich ab 2013). Bis 500 kW el<br />
erhalten Anlagenbetreiber 12,3 Cent/kWh. Biomasseanlagen<br />
bis 5.000 kW el bekommen noch<br />
11,0 Cent/kWh. Bei <strong>ein</strong>er Anlagenleistung von bis<br />
zu 20.000 kW el werden nur noch 6,0 Cent/kWh<br />
gezahlt. Bei <strong>ein</strong>er Anlage von z. B. 453 kW el werden<br />
dann die Tarife für die ersten 150 kW el nach<br />
der ersten Leistungsklasse und für die restlichen<br />
303 kW el nach der zweiten Leistungsklasse bezahlt.<br />
Die zusätzliche Vergütung bestimmter Einsatzstoffe<br />
richtet sich nach den Einsatzstoffvergütungsklassen<br />
I und II. In Klasse I finden sich überwiegend<br />
die klassischen Biogas-Substrate wie Mais (Ganzpflanze),<br />
Getreide (Ganzpflanze) oder Waldrestholz<br />
wieder. Für diese werden je nach Anlagenleistung<br />
von 6,0 Cent/kWh bis 2,5 Cent/kWh berechnet<br />
bis <strong>ein</strong> Wert von 5.000 kW el der Biomasseanlage<br />
überschritten wird. Substrate wie Winterrübsen,<br />
Durchwachsene Silphie oder Landschaftspflegematerial<br />
sind der Einsatzstoffvergütungsklasse II zugeordnet<br />
und werden in Anlagen bis 5.000 kW el mit<br />
8,0 Cent/kWh vergütet. Auch die Verwertung bestimmter<br />
Güllearten wird in Anlagen über 500 kW el<br />
bis 5.000 kW el zusätzlich mit 6,0 Cent/kWh gefördert.<br />
Das EEG fordert die Einhaltung bestimmter<br />
Regelungen. Um die vollständige Vergütung für<br />
Biogasanlagen zu erhalten, ist es z. B. notwendig,<br />
entweder 60 % (25 % im ersten Betriebsjahr) der<br />
erzeugten Wärme zu nutzen oder 60 Masseprozent<br />
Gülle zur Biogaserzeugung <strong>ein</strong>zusetzen. Der ebenfalls<br />
vorgeschriebene „Maisdeckel“ verlangt, dass<br />
Mais (Ganzpflanze) und Getreidekorn <strong>ein</strong>schließlich<br />
Corn-Cob-Mix und Körnermais sowie Lieschkolbenschrot<br />
nur 60 Masseprozent pro Jahr ausmachen<br />
dürfen.<br />
2.2 Ziele zur Erhaltung der Biodiversität<br />
Die biologische Vielfalt stellt <strong>ein</strong>e der wichtigsten<br />
natürlichen Ressourcen zur Das<strong>ein</strong>svorsorge des<br />
Menschen dar. Sie umfasst nicht nur die Vielfalt<br />
wildlebender Arten, sondern auch die Vielfalt genutzter<br />
und gezüchteter Arten, die Vielfalt innerhalb<br />
der Arten (genetische Vielfalt) und die Vielfalt<br />
an Lebensräumen bzw. Ökosystemen. Im Jahre<br />
1992 haben die Ver<strong>ein</strong>ten Nationen in Rio de Janeiro<br />
die “Über<strong>ein</strong>kunft über die Biologische Vielfalt“<br />
(Convention on Biological Diversity oder CBD)<br />
verabschiedet. Deutschland ist seit ihrem Inkrafttreten<br />
am 29. Dezember 1993 Vertragspartei der<br />
9
Ziele und Förderbedingungen<br />
CBD. Auf der Vertragsstaatenkonferenz in Nagoya<br />
im Jahr 2010 wurden <strong>ein</strong> globaler Strategieplan für<br />
die Biologische Vielfalt 2011 - 2020 verabschiedet<br />
und der Zeitraum von den Ver<strong>ein</strong>ten Nationen zur<br />
„Dekade der Biologischen Vielfalt“ erklärt.<br />
Unter dem Titel „Unsere Lebensversicherung, unser<br />
Naturkapital: <strong>ein</strong>e EU-Biodiversitätsstrategie bis<br />
2020“ formulierte die EU 2011 <strong>ein</strong>e Strategie, bis<br />
2020 den Verlust an biologischer Vielfalt und die<br />
Verschlechterung der Ökosystemdienstleistungen<br />
in der EU zu stoppen und sie so weit wie möglich<br />
wiederherzustellen sowie den EU-Beitrag zur<br />
Abwendung des globalen Verlusts an biologischer<br />
Vielfalt zu erhöhen. So zielt die Biodiversitätsstrategie<br />
u. a. auf die Erhaltung und Verbesserung von<br />
Ökosystemen und deren Leistungen durch <strong>ein</strong>e<br />
„Grüne Infrastruktur“.<br />
Das Bundeskabinett hatte bereits im November<br />
2007 <strong>ein</strong>e „Nationale Strategie zur Biologischen<br />
Vielfalt“ beschlossen. Die dauerhafte Erhaltung<br />
der natürlichen wie der anthropogen bedingten<br />
biologischen Vielfalt ist auch verbindliche Zielstellung<br />
Sachsens. Der Erhalt und die nachhaltige<br />
Nutzung der biologischen Vielfalt ist im Artikel 10<br />
der Verfassung des Freistaates Sachsen verankert:<br />
„Der Schutz der Umwelt als Lebensgrundlage ist<br />
auch in Verantwortung für kommende Generationen<br />
Pflicht des Landes und Verpflichtung aller im<br />
Land. Das Land hat insbesondere den Boden, die<br />
Luft und das Wasser, Tiere und Pflanzen sowie die<br />
Landschaft als Ganzes <strong>ein</strong>schließlich ihrer gewachsenen<br />
Siedlungsräume zu schützen. Es hat auf den<br />
sparsamen Gebrauch und die Rückgewinnung von<br />
Rohstoffen und die sparsame Nutzung von Energie<br />
und Wasser hinzuwirken.“<br />
Mit dem im Jahre 2009 aufgestellten sächsischen<br />
Programm zur Biologischen Vielfalt soll erreicht<br />
werden, dass die Bedrohung der Biodiversität als<br />
gesamtgesellschaftliches Problem wahrgenommen<br />
und entsprechend gehandelt wird 2 .<br />
Die Landwirtschaft als der größte Flächennutzer in<br />
Deutschland ist von zentraler Bedeutung für den<br />
Erhalt der biologischen Vielfalt und vieler Ökosystemdienstleistungen.<br />
Auszugsweise seien <strong>ein</strong>ige in<br />
der Sächsischen Biodiversitätsstrategie formulierte<br />
Anforderungen an die Landwirtschaft genannt:<br />
• Sicherung der biologischen Vielfalt durch Steigerung<br />
der Produktvielfalt<br />
• Aufrechterhaltung <strong>ein</strong>er Vielfalt an landwirtschaftlichen<br />
Nutzungsformen (<strong>ein</strong>schließlich Sicherung<br />
der Pflege landwirtschaftlich geprägter<br />
Biotope und Lebensräume)<br />
• Förderung umweltverträglicher und die Biodiversität<br />
integrierender bzw. nutzender, nachhaltiger<br />
Bewirtschaftungsweisen<br />
• Anreicherung der Agrarlandschaft mit Landschaftsstrukturelementen<br />
• Überprüfung, Entwicklung und Erprobung <strong>ein</strong>er<br />
guten fachlichen Praxis, welche dem Erhalt und<br />
der Entwicklung der Biodiversität dient<br />
• konsequente Umsetzung des Reduktionsprogramms<br />
chemischer Pflanzenschutz durch vermehrte<br />
Nutzung natürlichen Prozesse zur Selbstregulation<br />
von Schaderregern.<br />
Bei der Umsetzung der verschiedenen politischen<br />
Ziele sind Konflikte zu erwarten. Deshalb widmet<br />
sich der Leitfaden zunächst <strong>ein</strong>er Beschreibung des<br />
aktuellen Zustandes und möglicher Zukunftsentwicklungen.<br />
Aufgrund derer sollen danach die Konsequenzen<br />
geeigneter Strategien und konkretere<br />
Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt werden.<br />
10
Ralf-Uwe Syrbe, Anja Starick<br />
3 Stand der Bereitstellung und Nutzung von Biomasse sowie deren<br />
Entwicklungsperspektiven<br />
(Ralf-Uwe Syrbe, Anja Starick)<br />
3.1 Landschaften, gegenwärtige Landnutzung<br />
und Biomasseanbau<br />
Der Landkreis Görlitz zeigt <strong>ein</strong>e klare Gliederung in<br />
unterschiedliche Landschaftstypen: im Norden das<br />
kl<strong>ein</strong>flächige Mosaik des Muskauer Faltenbogens,<br />
anschließend die wasserarme und waldumsäumte<br />
Muskauer Heide mit den Heideflächen des Truppenübungsplatzes<br />
Oberlausitz und zwei aktiven<br />
Tagebauen sowie den Rekultivierungsgebieten des<br />
Lausitzer Braunkohlereviers. Südwärts schließt sich<br />
das Heide- und Teichgebiet an, <strong>ein</strong> Mosaik aus Wäldern,<br />
Teichen, Wiesen und Feldern. Dieser Nordteil<br />
des Landkreises ist vorwiegend durch sandige<br />
Böden mit geringer Wasserspeicherfähigkeit, aber<br />
auch durch sehr grundwassernahe Böden gekennzeichnet.<br />
Von der Mitte des Kreises bis weit in den Süden<br />
reicht das landwirtschaftlich geprägte Gefildeland,<br />
in dem auch die Stadt Görlitz selbst liegt. Das Ackerland<br />
konzentriert sich auf die fruchtbaren Löss-Plateaus,<br />
besonders die Gebiete um Görlitz, Reichenbach,<br />
Bernstadt und Oberoderwitz. Die Böden der<br />
eiszeitlichen Löss-Sedimente können viel Wasser<br />
und reichlich Nährstoffe speichern, sind aber auch<br />
leicht auswaschbar, wenn Starkniederschläge auf<br />
<strong>ein</strong>e unbedeckte Erdoberfläche treffen. Dort herrschen<br />
große Feldschläge vor, doch ist die Landschaft<br />
durch waldbestandene Berge, durch Täler und Straßendörfer<br />
immer noch gut strukturiert. Südlich des<br />
Flusses Mandau überwiegt das Grünland gegenüber<br />
den Ackerflächen. Besonderes Kennzeichen<br />
der Siedlungsstruktur sind lange, teilweise verstädterte<br />
Straßendörfer mit ihren denkmalgeschützten<br />
Umgebindehäusern entlang der Flüsse und Bäche.<br />
Das Zittauer Gebirge ersch<strong>ein</strong>t von Norden gesehen<br />
als <strong>ein</strong> geschlossen bewaldeter Gebirgszug.<br />
Abb. 2: Bodenbedeckung im Landkreis Görlitz (Karte: IÖR)<br />
Der Landkreis verfügt damit über <strong>ein</strong>e ausgesprochen<br />
reichhaltige Naturausstattung. Sie findet ihren<br />
Ausdruck auch in vielen Schutzgebieten. Von überregionaler<br />
Bedeutung sind der Naturpark Zittauer<br />
Gebirge und das UNESCO-Biosphärenreservat<br />
Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft. Letzteres<br />
beherbergt <strong>ein</strong>e <strong>ein</strong>zigartige und besonders erhaltenswerte<br />
Kulturlandschaft und <strong>ein</strong>e außerordentlich<br />
reiche Pflanzen- und Tierwelt. Für <strong>ein</strong>e Reihe<br />
europaweit zu schützender Lebensräume und Arten<br />
trägt Sachsen besondere Verantwortung, da<br />
diese hier <strong>ein</strong>en Verbreitungsschwerpunkt haben 3 .<br />
Das Oberlausitzer Heide- und Teichgebiet, das<br />
auch große Teile des Landkreises Görlitz <strong>ein</strong>nimmt,<br />
wurde vom Bundesamt für Naturschutz zu <strong>ein</strong>em<br />
Schwerpunkt (Hotspot) der biologischen Vielfalt<br />
in Deutschland erklärt, dem <strong>ein</strong>zigen im Freistaat<br />
Sachsen 4 .<br />
An der Herausbildung der vielgestaltigen Landschaften<br />
und ihrer spezifischen Charaktere haben<br />
die Landnutzungen und insbesondere die Landwirtschaft<br />
<strong>ein</strong>en wesentlichen Anteil. Insgesamt wurden<br />
im Jahr 2011 42 Prozent der Fläche des Landkreises<br />
als Acker (65 Tha) oder Dauergrünland (20 Tha) be-<br />
11
Stand der Bereitstellung und Nutzung von Biomasse sowie deren Entwicklungsperspektiven<br />
An weiteren Kulturen für die Bioenergienutzung<br />
finden wir Kurzumtriebsplantagen (KUP) auf 5 ha,<br />
Miscanthus auf 4 ha; Durchwachsene Silphie wird<br />
bisher nur versuchsweise in Pommritz bei Hochkirch<br />
angebaut 5 .<br />
Abb. 3: Bodennutzungsanteile der Agrarflächen im Landkreis<br />
Görlitz für das Jahr 2011 (Daten: Sächsisches Landesamt für<br />
Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Grafik: Sabine Wi tschas,<br />
Ralf-Uwe Syrbe)<br />
wirtschaftet; 2,5 Tha nehmen Teiche <strong>ein</strong>. Zusammen<br />
bewirtschaften diese Flächen 612 Betriebe. Auf dem<br />
Acker wurde zu 57 % Wintergetreide angebaut, vor<br />
allem Weizen (überwiegend im Süden), aber auch<br />
Gerste und Roggen, letzterer fast ausschließlich im<br />
Norden des Kreises. An zweiter Stelle nach Getreide<br />
stehen Winterraps und Silomais fast gleichauf mit<br />
jeweils 10 Tha, d. h. auf 12 % der Felder. Futterpflanzen<br />
(3 Tha) und Zuckerrüben (1 Tha) belegen<br />
Anteile im <strong>ein</strong>stelligen Prozentbereich, 300 ha Sonnenblumen<br />
sogar weniger als <strong>ein</strong> halbes Prozent.<br />
Abb. 4: Blick vom Töpfer im Norden des Zittauer Gebirges auf<br />
das Vorland mit Zittau, in der Bildmitte der Olbersdorfer See<br />
(Foto: Ralf-Uwe Syrbe)<br />
Die Bioenergie ist heute schon <strong>ein</strong> wichtiger Flächenfaktor.<br />
Die bestehenden Biomasse-Heizwerke<br />
benötigen rechnerisch Holzmengen, für deren<br />
Nachwuchs Waldflächen von 48.000 ha, also zwei<br />
Drittel der Gesamtwaldfläche des Kreises, benötigt<br />
werden. Ein Zehntel der Ackerfläche liefert nachwachsende<br />
Rohstoffe wie Mais oder Getreide für<br />
die Biogaserzeugung. Hinzu kommen weitere Flächen<br />
für die Kraftstoffproduktion aus Raps und<br />
Getreide. Von letzterem gingen 2011 ca. 17 % der<br />
Erntemenge in die Ethanol-Produktion. Raps wird<br />
im Durchschnitt zu etwa zwei Dritteln energetisch<br />
genutzt. Insgesamt macht die Bioenergie-Anbaufläche<br />
des Landkreises knapp <strong>ein</strong> Fünftel des Ackerlandes<br />
aus.<br />
3.2 Anlagenbestand und Bedarf an Energiepflanzen<br />
Im Landkreis Görlitz arbeiten 74 registrierte Anlagen<br />
zur Nutzung von Bioenergie (Stand 2012).<br />
Knapp zwei Drittel davon (47) sind Biogasanlagen<br />
und <strong>ein</strong> weiteres Drittel (25) Biomasseheizwerke,<br />
von denen <strong>ein</strong> Dutzend Blockheizkraftwerke nicht<br />
nur Wärme, sondern auch Strom liefern. Neben<br />
den klassischen Anlagentypen kommen auch neuere<br />
Technologien zum Einsatz: Bei Löbau erzeugt <strong>ein</strong><br />
ORC („Organic-Ranking-Cycle“)-Heizkraft werk<br />
aus Holzhackgut Wärme und Elektroenergie mit<br />
Hilfe <strong>ein</strong>er niedrig siedenden organischen Flüssigkeit.<br />
In Schöpstal wird seit 2011 Biogas erzeugt und<br />
nach entsprechender Aufbereitung als sogenanntes<br />
„Biomethan“ ins Erdgasnetz <strong>ein</strong>gespeist. Eine zweite<br />
Biomethan-Anlage ging 2012 in Zittau ans Netz.<br />
Beide Großanlagen beziehen ihre Substratlieferungen<br />
(Maissilage und Roggen-Ganzpflanzensilage),<br />
zu <strong>ein</strong>em großen Teil aus dem benachbarten Polen,<br />
im Falle der Zittauer Anlage sogar zu 100%.<br />
All<strong>ein</strong> die 13 Holz-Heizwerke des Kreises können<br />
mehr als 70 Gigawattstunden (GWh) Wärme liefern,<br />
hinzu kommt Heizenergie aus den Blockheizkraftwerken<br />
und <strong>ein</strong> Teil des Hausbrandes. Zur<br />
Elektroenergieerzeugung aus Biomasse im Landkreis<br />
ist in den Biogas- und Holzheizkraftanlagen<br />
12
Ralf-Uwe Syrbe, Anja Starick<br />
zusammen <strong>ein</strong> Potenzial von rund 31 Megawatt<br />
installiert, die durchschnittliche Anlagengröße liegt<br />
bei 540 Kilowatt (all<strong>ein</strong> Biogas bei 400 KW). Hieraus<br />
errechnet sich <strong>ein</strong>e Jahres-Stromerzeugung von<br />
etwa 200 GWh, ergänzt durch knapp 10 Mio m³<br />
Biomethan aus den Anlagen von Schöpstal und Zittau<br />
mit <strong>ein</strong>em (speicherbaren) Energiegehalt von<br />
etwa 100 GWh. Im Vergleich zu anderen regenerativen<br />
Energien im Landkreis liegt Biomasse somit<br />
nach Windkraft (385 GWh) und vor Solarstrom<br />
(70 GWh) bzw. Wasserkraft (19 GWh) an zweiter<br />
Stelle 6 .<br />
Die Bereitstellung von Bioenergie basiert nicht all<strong>ein</strong><br />
auf Energiepflanzen. Auch organische Abfälle werden<br />
verwertet. Vor allem Gülle und Mist, aber auch<br />
Alt- und Resthölzer kommen zum Einsatz, daneben<br />
Stroh, Schlempe, Melkhauswasser, Silagesickerwasser<br />
und Landschaftspflegematerialien. Eine Anlage<br />
in Zittau verstromt außerdem Klärgas. Ein großer<br />
Teil der energetisch genutzten Biomasse wird auf<br />
dem Acker gewonnen. Neben 51 % Gülle liefern<br />
Mais (41 %), sowie Getreide, Rüben und Gras<br />
(8 %), zumeist in Form von Silage, das „Futter“<br />
für die konstant „hungrigen“ Biogasanlagen, welche<br />
somit 8.600 ha bzw. 12,5 % der Anbaufläche<br />
an sich binden. Hinzu kommen die in Abschnitt 3.1<br />
genannten Flächen für Raps und Getreide, woraus<br />
außerhalb des Kreises Biokraftstoffe (Biodiesel, Bioethanol)<br />
produziert werden (Abbildung 5).<br />
Abb. 6: Aktuelle Standorte von Bioenergieanlagen im Landkreis<br />
Görlitz (Karte: Reimund St<strong>ein</strong>häußer, Ralf-Uwe Syrbe)<br />
Abb. 5: Substrat<strong>ein</strong>satz (massebezogene Anteile) in Biogasanlagen<br />
des Landkreises Görlitz nach Betreiberangaben<br />
(Grafik: Sabine Witschas, Ralf-Uwe Syrbe)<br />
Abb. 7: Biogasanlage bei Markersdorf (Foto: Ralf-Uwe Syrbe)<br />
13
Stand der Bereitstellung und Nutzung von Biomasse sowie deren Entwicklungsperspektiven<br />
3.3 Szenarien der möglichen Entwicklungsperspektiven<br />
In der Zukunft wird sich vieles ändern. Die meisten<br />
Neuigkeiten kommen überraschend und anders<br />
als erwartet. Was also nützen Szenarien? Viele<br />
Zukunftschancen können heute befördert oder<br />
verbaut werden, es kommt darauf an, mit welcher<br />
Weitsicht Entscheidungen fallen und wie gut man<br />
auf Veränderungen <strong>ein</strong>gestellt ist.<br />
Um <strong>ein</strong>e Vorstellung zu gewinnen, wie sich die<br />
Bioenergienutzung in Zukunft auswirken könnte<br />
und welche Handlungsoptionen dafür bestehen,<br />
wurden mehrere Szenarien entworfen. Ein solches<br />
„Szenario“ ist k<strong>ein</strong>e Vorhersage, sondern <strong>ein</strong>e gedankliche,<br />
rechnerische oder kartographische Analyse<br />
der Konsequenzen aus bestimmten Annahmen.<br />
Je nachdem, welche Annahmen <strong>ein</strong>em Szenario<br />
zugrunde liegen, können diese Konsequenzen relativ<br />
weit von<strong>ein</strong>ander abweichen. Alle Szenarien<br />
zusammen zeigen damit <strong>ein</strong> Spektrum von Zukunftsbildern<br />
auf, die davon abhängen, wie sich<br />
Menschen zuvor entschieden haben. Wichtige Entscheidungsträger<br />
aus Behörden, Ver<strong>ein</strong>en, Energie-,<br />
Land- und Forstwirtschaft wurden also befragt und<br />
in die Szenario-Erstellung <strong>ein</strong>bezogen. Zu Beginn<br />
der Projektlaufzeit fand im IBZ St. Marienthal <strong>ein</strong>e<br />
Gesprächsrunde statt, bei der aktuelle Trends diskutiert<br />
sowie Wünsche und Absichten von Gästen<br />
aus Landwirtschaft, Naturschutz, Politik und der<br />
Bioenergiebranche erfragt wurden. Die Auswahl<br />
bekannter Trends und die Festlegung der zu formulierenden<br />
Szenarien leistete <strong>ein</strong> nachfolgender<br />
Expertenworkshop. Künftige Entwicklungen und<br />
deren Folgen wurden auf Basis wissenschaftlicher<br />
Recherchen und von Befragungen <strong>ein</strong>er Vielzahl<br />
weiterer Akteure abgeschätzt. Der dritte Workshop<br />
konzentrierte sich auf die Frage, wo genau sich absehbare<br />
Veränderungen vollziehen und wie danach<br />
die Landschaften aussehen könnten.<br />
Aufgrund der vielen Möglichkeiten der Zukunftsentwicklung<br />
war es nötig, zunächst <strong>ein</strong>zuschränken,<br />
welche Fakten in den Szenarien berücksichtigt<br />
werden sollen. Diese waren:<br />
1. Relativ unveränderliche Landnutzungsarten<br />
und Standorteigenschaften, von denen jede<br />
künftige Entwicklung ausgeht, gelten als gesetzt:<br />
Städte und Dörfer, Infrastruktur, Landund<br />
Forstwirtschaft, Schutzgebiete, Geländerelief<br />
und Bodenqualität.<br />
2. Bestimmte dynamische Einflussgrößen entwickeln<br />
sich in allen Szenarien gleich, dazu ge-<br />
Abb. 8:<br />
Szenario-Workshop 2012 in<br />
St. Marienthal (Foto: Ralf-<br />
Uwe Syrbe)<br />
14
Ralf-Uwe Syrbe, Anja Starick<br />
hören: Klimaveränderungen (Erwärmung und<br />
sommerlicher Wassermangel), Bevölkerungsrückgang,<br />
rechtlich festgesetzte Planungen<br />
(z. B. in Bergbaugebieten) sowie insgesamt<br />
positive Preistrends auf den Agrar-, Rohstoff-,<br />
Grundstücks- und Energiemärkten.<br />
3. „Schlüsseltriebkräfte“ als Faktoren, für die verschiedene<br />
Varianten untersucht wurden:<br />
• Förderung der erneuerbaren Energien (EEG),<br />
• Gem<strong>ein</strong>same Agrarpolitik und ihre Subventionierung<br />
(GAP),<br />
• technologische Entwicklung,<br />
• Engagement und Zusammenarbeit der Akteure<br />
im Landkreis.<br />
Daraus lassen sich unterschiedliche Kombinationen<br />
konstruieren, aus denen das Projektteam die drei<br />
folgenden ausgewählt hat:<br />
• <strong>ein</strong> Trendszenario, bei dem sich die aktuellen<br />
Entwicklungen fortsetzen (3.3.1),<br />
• <strong>ein</strong> Szenario „Dezentrale Netzwerke“, mit<br />
hohem regionalem Engagement unter den<br />
Bedingungen <strong>ein</strong>er nachhaltig orientierten<br />
Förderung und vielfältiger Technologien<br />
(3.3.2) sowie<br />
• <strong>ein</strong> Szenario „Zentrale Investition“, bei der<br />
sich ohne staatliche Zuschüsse vor allem finanzkräftige<br />
Investoren mit Großanlagen<br />
behaupten (3.3.3).<br />
3.3.1 Wenn alles so weiter liefe wie bisher:<br />
Trendszenario Görlitz 2030<br />
Das Trendszenario geht davon aus, dass sich die<br />
aktuell <strong>ein</strong>geschlagene Entwicklungsrichtung auch<br />
künftig fortsetzt. So wird angenommen, dass das<br />
EEG weiterhin <strong>ein</strong>e erhöhte Vergütung der Bioenergie<br />
garantiert. Es würden aber auch die Auflagen,<br />
z. B. zur Treibhausgasbilanz, verschärft. Hinsichtlich<br />
der EU-Agrarpolitik gilt der Diskussionsstand<br />
von 2010 zur Flächenprämie und zum ‚Greening‘<br />
als gesetzt 7 . Das heißt u. a., die Prämien werden<br />
zugunsten der Agrarumweltmaßnahmen etwas<br />
verringert und das Greening verlangt <strong>ein</strong>e ökologische<br />
Vorrangnutzung auf 5 - 7 % der geförderten<br />
Ackerflächen. Technologischer Fortschritt wird si-<br />
cher zu höherer Ausbeute aller Anlagen beitragen<br />
und zur stärkeren Einbeziehung von Reststoffen<br />
und Abfällen, da diese zur Pflicht erhoben wird.<br />
Pflanzenzucht und Erfahrungen helfen mit, dass<br />
sich das Spektrum der möglichen Energiepflanzen<br />
erweitert. Das Engagement der Akteure wird sich<br />
vor allem auf die eigenen Verantwortungsbereiche<br />
konzentrieren, nur in Einzelfällen bilden Landwirte,<br />
Anwohner oder Kommunen auch Netzwerke zur<br />
lokalen Nutzung der Energie aus Biogas- und Heizkraftwerken.<br />
Unter diesen Annahmen lässt das Trendszenario<br />
<strong>ein</strong>e weiter zunehmende Bioenergienutzung erwarten,<br />
wobei sich allerdings die Förderungen für<br />
kl<strong>ein</strong>ere Anlagen verschlechtern und vor allem die<br />
größeren <strong>ein</strong>e stärkere Position im Konkurrenzkampf<br />
um die Substrate bekommen. In den größeren<br />
Agrarbetrieben, vor allem an neuen Ställen,<br />
aber auch in Ortsnähe, entstehen knapp 30 neue<br />
Biogasanlagen. Die künftigen Auflagen werden nur<br />
durch Nutzung der ausgekoppelten Wärme erfüllbar<br />
s<strong>ein</strong>. Verbraucher, die günstig Wärme beziehen,<br />
tolerieren möglicherweise auch eher <strong>ein</strong>e Anlage<br />
in ihrer Nähe. Hinzu kommen Biomethan-Einspeisungsanlagen<br />
in der Größenordnung von zwei bis<br />
fünf Megawatt. Für Biomasse werden noch knapp<br />
20 weitere Heizkraftwerke gebaut, die schon bald<br />
zu konkurrenzfähigen Preisen Wärme liefern und<br />
ihren Abnehmern <strong>ein</strong>e gewisse Unabhängigkeit von<br />
den belasteten überregionalen Energienetzen zusichern<br />
(siehe Abbildung 9).<br />
Beide Energielinien benötigen zusätzliche Flächen:<br />
Die Brennholznachfrage führt trotz <strong>ein</strong>er vollständigen<br />
Nutzung der Wälder vor allem auch zu neuen<br />
Kurzumtriebsplantagen (KUP). Der Flächenbedarf<br />
für den Anlagenzubau erreicht ca. 40.000 ha bei<br />
Nutzung der Energieholzsortimente des Holznachwuchses.<br />
Die insgesamt benötigte Waldfläche von<br />
ca. 94.000 ha übersteigt dann die vorhandenen<br />
72.000 ha Wald (ohne Totalreservate). Um diese<br />
Lücke aus dem Potenzial im Landkreis Görlitz<br />
zu schließen, würden ca. 1600 ha KUP (mit ca.<br />
10 t TM/a) auf der Ackerfläche benötigt. Durch<br />
den Zubau von Biogasanlagen, die <strong>ein</strong>en insgesamt<br />
höheren Substratbedarf haben, erreicht die<br />
hierfür benötigte Anbaufläche <strong>ein</strong>en Umfang von<br />
15.500 ha und damit etwa 22 % des Ackerlandes.<br />
Der Maisanteil auf der Ackerfläche wird zugunsten<br />
alternativer Rohstoffe wie Leguminosen, Gras und<br />
15
Stand der Bereitstellung und Nutzung von Biomasse sowie deren Entwicklungsperspektiven<br />
3.3.2 Wenn lokale Akteure die Zukunft in<br />
ihre Hand nehmen: Szenario Dezentral<br />
2030<br />
Die meisten Faktoren, welche die Zukunft der Energieversorgung<br />
und Landschaftsentwicklung be<strong>ein</strong>flussen,<br />
sind nicht all<strong>ein</strong> im Landkreis Görlitz zu<br />
ändern, sondern werden in Brüssel oder Berlin bestimmt,<br />
auf Märkten ausgehandelt oder entstammen<br />
den Chefetagen der Konzerne. Die Einwohner<br />
können – wenn sie <strong>ein</strong>e andere Zukunft anstreben<br />
– nur ihr eigenes Verhalten ändern.<br />
Abb. 9: Bioenergieanlagen im Landkreis Görlitz nach dem<br />
Trend-Szenario (Karte: Reimund St<strong>ein</strong>häußer, Ralf-Uwe Syrbe)<br />
Grünschnitt leicht zurückgehen. Ökologische Ausgleichsflächen<br />
und neu gepflanzte Gehölze strukturieren<br />
die Felder, auf denen jedoch oft übermannshoch<br />
Energiepflanzen stehen.<br />
Es wachsen also die Ansprüche an die Produktivität<br />
von Land- und Forstwirtschaft. Trotz der zu<br />
erwartenden technologischen Fortschritte können<br />
diese Ansprüche nur durch intensivere Nutzung<br />
der Flächen, häufigere Ernten, Hochleistungssorten<br />
und -rassen, gebietsfremde Baumarten, vielleicht<br />
auch Gentechnik, erfüllt werden. Die Anlagenzahl,<br />
vor allem aber die Transportmengen und<br />
-entfernungen (z. B. für Brennholz, Getreide, Mais),<br />
steigen an. Weniger Betriebe tragen Verantwortung<br />
für große Flächen und kommen fast ohne <strong>ein</strong>heimische<br />
Arbeitskräfte aus. Sie halten sich zwar an die<br />
Gesetze, doch spielen die Ansichten der Einwohner<br />
kaum <strong>ein</strong>e bedeutende Rolle. Die Landschaft reflektiert<br />
nicht das Engagement der Bürger, sondern sie<br />
entwickelt sich nach den Plänen der Investoren.<br />
Eine Voraussetzung für dieses Szenario ist die weitere<br />
Unterstützung der Bioenergie durch das EEG,<br />
begleitet durch höhere Nachhaltigkeitsauflagen. Zu<br />
den Annahmen gehört auch, dass die EU-Agrarhilfen<br />
fortgesetzt werden, möglicherweise anstelle<br />
des heutigen „Gießkannenprinzips“ all<strong>ein</strong> über die<br />
Förderung umweltgerechter Landwirtschaft. Die<br />
technologische Entwicklung sollte es ermöglichen,<br />
auch kl<strong>ein</strong>ere Anlagen günstig zu bauen und wirtschaftlich<br />
zu betreiben. Diese könnten, z. B. mit<br />
ORC-Technik (s. 3.2), hohe Energieausbeuten erzielen<br />
und vielerlei Reststoffe nutzen, welche heute<br />
noch kompostiert oder entsorgt werden müssen.<br />
Es kommt darauf an, dass Energieverbraucher und<br />
-versorger sich zusammenfinden, gem<strong>ein</strong>sam vor<br />
Ort auch kl<strong>ein</strong>ste Ressourcen erschließen und die<br />
Energie lokal zum gegenseitigen Vorteil verteilen.<br />
Auch aus dem Siedlungsbereich, aus Privatwäldern<br />
und von Naturschutzflächen kommt zusätzliche<br />
Biomasse zur energetischen Nutzung. Krautiges<br />
Material aus dem Garten wandert z.T. in den Silierschlauch<br />
und dann zur kommunalen Annahmestelle.<br />
Holz- und Strauchschnitt, Stroh, Gras und<br />
Reststoffe werden oft in Form von Biogas oder Synthesegas<br />
(Holzgas) aufbereitet. Weiterhin werden<br />
auch große Anlagen betrieben, wächst Energiemais<br />
auf den Feldern und suchen Investoren nach Lieferanten<br />
für Großanlagen. Doch wenn die meisten<br />
Landwirte zuerst die eigene Gem<strong>ein</strong>de beliefern,<br />
sind Ressourcen im industriellen Maßstab bald begrenzt.<br />
Es wird <strong>ein</strong>en zweistelligen Zuwachs an Biogasanlagen<br />
geben. Die Anzahl der Heizkraftwerke<br />
erhöht sich wie im Trend-Szenario, doch weil größere<br />
Bereiche durch lokale Wärmenetze erschlossen<br />
werden, geht der Anteil des Hausbrandes zurück<br />
und mehr Holz aus Privatwäldern wird für die öffentliche<br />
Energieversorgung mobilisiert.<br />
16
Ralf-Uwe Syrbe, Anja Starick<br />
Das Interesse an der eigenen Region zeigt sich auf<br />
vielerlei Weise. Die Landschaft wird gepflegt und<br />
nicht nur des Energieholzbedarfes wegen mit Bäumen<br />
und Sträuchern angereichert. Auch außerhalb<br />
der Erholungsgebiete wird das Umfeld der Dörfer<br />
attraktiv gestaltet und für Freizeitnutzungen erschlossen.<br />
Förderprogramme, neue Sorten und<br />
Technologien begünstigen alternative Energiepflanzen,<br />
angebaut in reicheren Fruchtfolgen. Hecken,<br />
Grünflächen und blühende Dauerkulturen werden<br />
Quellen für Bioenergie, ergänzt durch kl<strong>ein</strong>ere KUP.<br />
Der Ackerflächenbedarf der Biogasanlagen liegt bei<br />
ca. 16.000 ha, allerdings macht Mais – durch den<br />
geförderten Anbau alternativer Energiepflanzen wie<br />
Wildpflanzenmischungen oder Hirsearten – davon<br />
weniger als die Hälfte aus. Durch <strong>ein</strong>e stärkere Nutzung<br />
des Waldrestholzes sowie Teilen von Industrieholzsortimenten<br />
(Clusterinitiative Forst & Holz<br />
Oberlausitz) benötigen die Heizwerke des Kreises<br />
für ihre Brennholzversorgung nur 63.000 ha oder<br />
etwa 85 % der Gesamtwaldfläche. Bei insgesamt<br />
verstärkter Mobilisierung von Holzvorkommen des<br />
Waldes können <strong>ein</strong>zelne Flächen somit weniger intensiv<br />
bewirtschaftet und dort der Wert für Naturschutz<br />
und Tourismus erhöht werden.<br />
Abb. 10: Bioenergieanlagen im Landkreis Görlitz nach dem Dezentral-Szenario<br />
(Karte: Reimund St<strong>ein</strong>häußer, Ralf-Uwe Syrbe)<br />
Das Szenario Dezentral lässt also erwarten, dass das<br />
Regionalbewussts<strong>ein</strong> <strong>ein</strong>e stärkere Rolle spielt. Die<br />
Abb. 11: Abwechslungsreiche,<br />
kl<strong>ein</strong>teilige<br />
Agrarlandschaft<br />
in der<br />
Ober lausitz (Foto:<br />
Olaf Bastian)<br />
17
Stand der Bereitstellung und Nutzung von Biomasse sowie deren Entwicklungsperspektiven<br />
Kooperation bei der Verwertung von Rohstoffen<br />
aus der unmittelbaren Umgebung und ihre effiziente<br />
Nutzung erfordern <strong>ein</strong>en engeren sozialen Zusammenhalt.<br />
Die Landnutzung wirkt kl<strong>ein</strong>flächiger,<br />
ist stärker differenziert, aber auch aufgeräumter, bewusster<br />
gestaltet. Dabei spielen auch Landschaftspflege<br />
und Naturschutzmaßnahmen <strong>ein</strong>e wichtige<br />
Rolle. Heimat bleibt überall greifbar und erlebbar<br />
für die Bewohner.<br />
3.3.3 Wenn der große Investor kommt:<br />
Szenario Zentral 2030<br />
Der Energiemarkt wird von zentralen Strukturen<br />
und großen Unternehmen bestimmt. Für die Bereitstellung<br />
von Energie aus erneuerbaren Ressourcen<br />
haben solche Erzeuger Vorteile, die auf <strong>ein</strong>e vorhandene<br />
Logistik und Infrastruktur zurückgreifen,<br />
um somit effizient produzieren zu können. Das gilt<br />
insbesondere für Wärme und Gas.<br />
Kommen grundlegende Veränderungen in der<br />
Landwirtschafts- und Energiepolitik hinzu, wie zum<br />
Beispiel das Auslaufen der EU-Agrarförderung und<br />
der Förderung erneuerbarer Energien, und treffen<br />
diese Veränderungen auf <strong>ein</strong>e Gesellschaft, die für<br />
Großinvestitionen offen ist, sind günstige Bedingungen<br />
für zentralisierte Entwicklungen der Bioenergiebereitstellung<br />
gesetzt. Wie sie im Landkreis<br />
Görlitz aussehen könnten, verfolgt das Szenario<br />
Zentral. Es beschreibt <strong>ein</strong>e Entwicklung, bei der die<br />
Bereitschaft zum Landverkauf steigt. Zudem müssen<br />
<strong>ein</strong>ige Landwirte und auch Agrargenossenschaften<br />
aufgeben.<br />
Im südlichen Teil des Landkreises wachsen und erstarken<br />
dadurch <strong>ein</strong>ige (wenige) Agrargenossenschaften.<br />
Parallel dazu wird von <strong>ein</strong>em regionalen<br />
Konsortium <strong>ein</strong>e große Biomethananlage zur Einspeisung<br />
ins Erdgasnetz mit <strong>ein</strong>er Leistung von bis<br />
zu 20 MW errichtet.<br />
Im Norden kommen überregionale Interessen zum<br />
Tragen. Von außen werden Großinvestoren angezogen:<br />
große Agrarunternehmen und <strong>ein</strong> internationaler<br />
Energieversorger. Dessen Aktivitäten sind auf<br />
Holzprodukte für die Versorgung der Heizkraftwerke<br />
im Berlin-Brandenburger Raum gerichtet. Agrarwie<br />
Forstunternehmen und die holzverarbeitende<br />
Industrie werden nach und nach zu wichtigen Partnern<br />
dieses Energieversorgers. Als Serviceunterneh-<br />
men bieten sie dem Energiekonzern Technik und<br />
Bewirtschaftungsleistungen an. Der Konzern bewirtschaftet<br />
u. a. Rekultivierungsflächen. Er pachtet<br />
Land, beispielsweise von insolventen Agrarbetrieben,<br />
welche die Flächen dann für ihn bewirtschaften.<br />
Mit verbleibenden Agrarunternehmen schließt<br />
er langfristige Verträge über die Anlage und Pflege<br />
von Kurzumtriebsplantagen (KUP).<br />
Es entsteht <strong>ein</strong>e große Nachfrage nach Holz und<br />
Mais in der Region. Holz wird in der Folge insbesondere<br />
in Form von KUP angebaut. Auf den trockeneren<br />
Standorten der Rekultivierungsflächen<br />
im Norden des Kreises kommt dafür u. a. die Robinie<br />
infrage, welche jedoch aus ökologischer Sicht<br />
Konfliktpotenzial birgt. Auf Böden mit hohem<br />
Grundwasserstand eignen sich besonders Erlen<br />
und Weiden. Da diese Baumarten geringere Erträge<br />
erbringen als die Pappel, werden im Verhältnis<br />
größere Flächen benötigt. Besonders ertragsarme<br />
Standorte werden aufgeforstet und zum Teil plantagenartig<br />
bewirtschaftet. Schleichend findet in den<br />
übrigen Wäldern <strong>ein</strong>e Segregation in Schutz- und<br />
Nutzwälder statt. Der Anteil von Landschaftsräumen<br />
mit Offenlandcharakter sinkt. Im Süden wird<br />
zunehmend und auf großen Schlägen Mais angebaut,<br />
daneben andere Energiepflanzen wie Hirse<br />
und Durchwachsene Silphie. Die Bewirtschaftung<br />
wird intensiver und findet auf größeren Schlägen<br />
statt.<br />
Von diesen Entwicklungen weitgehend ausgeklammert<br />
bleiben die Großschutzgebiete. Es entsteht dadurch<br />
<strong>ein</strong>e starke Segregation zwischen großflächig<br />
intensiv bewirtschafteten Agrarräumen und traditionellen<br />
Kulturlandschaften.<br />
3.4 Zukunftsoptionen im Vergleich<br />
Im Vergleich führen die veränderten Steuerungsoptionen<br />
zu deutlichen Unterschieden in der<br />
Landnutzung. Viele Änderungen sind erst auf den<br />
zweiten Blick zu erkennen. Sie äußern sich in der<br />
Landschaftsstruktur, in der Nutzungsintensität, aber<br />
auch in der Gesellschaft. Der Landkreis von morgen<br />
wird nicht mehr wie der heutige aussehen und<br />
funktionieren.<br />
Diskutiert man die Szenarien, so ist oft zu hören,<br />
dass eigentlich das Zentral-Szenario stärker den<br />
erwarteten Trends entspreche. Die darin beschrie-<br />
18
Ralf-Uwe Syrbe, Anja Starick<br />
benen Entwicklungen sind in Ansätzen erkennbar<br />
und manche Änderungen sch<strong>ein</strong>en plausibler im<br />
Trend-Szenario. Andererseits wird das Szenario Dezentral<br />
häufig als wünschenswert benannt. Darüber<br />
hinaus wird die grundsätzliche Frage aufgeworfen,<br />
ob <strong>ein</strong> fortgesetzter Zuwachs an Bioenergie überhaupt<br />
der richtige Weg sei. Und genau darum geht<br />
es: Die vergleichende Auswertung der Szenarien<br />
soll zum Nachdenken und zur Aus<strong>ein</strong>andersetzung<br />
darüber anregen, welche Entwicklungen gewünscht<br />
sind. Zukunftsvisionen müssen erst entstehen, bevor<br />
man sie abwägen kann, um schließlich die<br />
nötigen Schritte zu ihrer Realisierung zu tun oder<br />
wenigstens absehbare Fehlentwicklungen abzuwenden.<br />
Im Vergleich der Szenarien zeigt sich: die<br />
Einwohner des Landkreises haben <strong>ein</strong>en wesentlich<br />
höheren Einfluss darauf, in welche Richtung sich<br />
die Bioenergiebereitstellung und mit ihr die Landschaften<br />
und Gem<strong>ein</strong>schaften im Landkreis entwickeln,<br />
als sie selbst ursprünglich annahmen.<br />
Und so kann sich auch die Bewertung der Folgen<br />
und Maßnahmen nur an Wünschen und Zielen der<br />
Bewohner orientieren, welche sich durch politisches,<br />
wirtschaftliches oder soziales Handeln in die<br />
Entwicklung ihres Heimatkreises <strong>ein</strong>bringen.<br />
Die in den partizipativen Szenario-Arbeitsschritten<br />
bekannt gewordenen Positionen sollen kurz zusammengefasst<br />
werden. Die von vielen Einwohnern<br />
nach eigenen Umfragen eher kritisch gesehene<br />
Nutzung von Bioenergie ersch<strong>ein</strong>t nur akzeptabel,<br />
wenn sie nicht all<strong>ein</strong> auf <strong>ein</strong>e oder wenige Kulturen<br />
(wie Mais) beschränkt bleibt. Die Bioenergieerzeugung<br />
soll nicht zu <strong>ein</strong>er Verschärfung der<br />
Flächenkonkurrenz und -preise, sondern zu mehr<br />
Vielfalt unter den Absatzmöglichkeiten der Bauern<br />
ebenso wie zu höherer Reichhaltigkeit der Landschaft<br />
führen. Es gäbe wertvolle Alternativen wie<br />
Blühmischungen, Heckenschnitt oder Heu sowie<br />
viele Rest- und Abfallstoffe, die energetisch genutzt<br />
werden könnten, aber im Vergleich zu Mais und<br />
anderen klassischen Energiepflanzen wirtschaftlich<br />
unterlegen sind.<br />
Doch dafür sollte man nicht auf den Segen besserer<br />
Gesetze oder ausgereifterer Technologien warten.<br />
Wie das Dezentral-Szenario zeigt, sind die bereits<br />
bestehenden Optionen durchaus nutzbar: Es gibt<br />
<strong>ein</strong>satzfähige Technologien für die Verarbeitung<br />
gemischter Substrate, aber es fehlen <strong>ein</strong>e Pilotanlage<br />
vor Ort zum Sammeln von Erfahrungen und<br />
<strong>ein</strong> Forum, um diese auszutauschen. Es rechnen<br />
sich (Leitungs-)Netze zur Nahwärmebereitstellung<br />
ebenso wie Vertragsnetze zur kostengünstigen Versorgung<br />
dörflicher Anlagen mit Brennstoff und Biogassubstraten.<br />
Jedoch muss <strong>ein</strong> „Initiator“ damit<br />
beginnen, die Akteure anzusprechen und zusammenzubringen.<br />
Es gibt Pflanzenarten und Fruchtfolgen,<br />
die so gut an das hiesige Klima angepasst sind,<br />
dass sie ertragssicher energetisch genutzt werden<br />
könnten; allerdings ist es erforderlich, sie züchterisch<br />
für die Energieerzeugung zu optimieren und<br />
Anbauerfahrungen mit ihnen zu verbreiten. Es ist<br />
bekannt, wie und wo Bioenergie relativ konfliktarm<br />
genutzt werden kann; dieses Wissen muss sich aber<br />
in geeigneten Steuerungsinstrumenten und in Planungsdokumenten<br />
widerspiegeln, um die Arbeit<br />
der Genehmigungsbehörden zu erleichtern und ihre<br />
Entscheidungen rechtlich abzusichern.<br />
19
Auswirkungen des Energiepflanzenanbaus auf Natur und Landschaft<br />
4 Auswirkungen des Energiepflanzenanbaus auf Natur und Landschaft<br />
(Olaf Bastian, Gerd Lupp)<br />
4.1 Das Konzept der Ökosystemdienstleistungen<br />
Obwohl wir Menschen seit jeher die Güter und<br />
Leistungen der Natur und ihrer Ökosysteme in<br />
Anspruch nehmen, betrachten wir das vielfach als<br />
Selbstverständlichkeit, ohne uns immer dieser natürlichen<br />
Werte bewusst zu s<strong>ein</strong> und uns so zu verhalten,<br />
dass sie auch dauerhaft erhalten bleiben.<br />
Angesichts des weltweiten Verlustes an biologischer<br />
Vielfalt und der wachsenden Belastungen der<br />
Ökosysteme hat in den letzten Jahren das Konzept<br />
der Ökosystemdienstleistungen (ÖSD) große Aufmerksamkeit<br />
erlangt. Damit gem<strong>ein</strong>t sind die nutzbringenden<br />
Leistungen, die der Mensch aus den<br />
Ökosystemen bezieht.<br />
Einen Eindruck vom Ausmaß der wirtschaftlichen<br />
Werte von ÖSD vermittelt das Beispiel der Bestäubung<br />
durch Wildbienen, die für 15 - 30 % der<br />
US-Nahrungsmittelproduktion (im Wert von ca. 30<br />
Milliarden US$) sorgen 8 . Der ökonomische Wert der<br />
auf Insektenbestäubung angewiesenen Feldfrüchte<br />
in der EU beträgt jährlich ca. 14,2 Milliarden Euro.<br />
Weltweit werden 87 der wichtigsten Kulturarten<br />
von Tieren bestäubt.<br />
4.2 Einflüsse des Energiepflanzenanbaus<br />
auf Ökosystemdienstleistungen und<br />
bio logi sche Vielfalt<br />
4.2.1 Überblick<br />
Der Bedeutungsgewinn der Energiepflanzen erfolgt<br />
in <strong>ein</strong>er Periode, die von <strong>ein</strong>er Intensivierung der<br />
Landwirtschaft und <strong>ein</strong>em Artenrückgang in den<br />
Agrarlandschaften gekennzeichnet ist. Wenn zusätzlich<br />
zu Nahrungs- bzw. Futterpflanzen und Rohstoffen<br />
nun auch Energiepflanzen erzeugt werden,<br />
wächst dadurch die Nachfrage nach Agrarprodukten.<br />
Da der Umfang der verfügbaren Agrarfläche<br />
begrenzt ist, kommt es zwangsläufig zu <strong>ein</strong>er intensiveren<br />
Nutzung von Äckern und Grünland. Die Situation,<br />
insbesondere für die Flora und Fauna (z. B.<br />
Feldvögel) auf Äckern, aber auch für den Bodenund<br />
Gewässerzustand ist insbesondere seit 2008<br />
nach Abschaffung der obligatorischen Flächenstilllegung<br />
schwieriger geworden. Um die damaligen<br />
Produktionsüberschüsse der Landwirtschaft (z. B.<br />
„Butterberg“) zu begrenzen, hatte die EU bis dahin<br />
verfügt, <strong>ein</strong>en Teil (10 %) der Äcker jeweils für <strong>ein</strong><br />
Jahr nicht zu bestellen. Diese für Pflanzen und Tiere,<br />
Böden und Gewässer so wichtigen Erholungsphasen<br />
sind seitdem weggefallen. Die früheren Überkapazitäten<br />
in der Pflanzenproduktion werden nun<br />
durch den Anbau von Energiepflanzen genutzt.<br />
Für die energetische Verwertung werden überwiegend<br />
Pflanzen angebaut, die auch zur Ernährung<br />
geeignet sind. Daher ist es schwierig,<br />
die Folgen des Anbaues all<strong>ein</strong> unter dem<br />
Blickwinkel „Energiepflanze“ zu beurteilen. Einen<br />
Überblick über das Gefährdungspoten zial<br />
energetisch nutzbarer Pflanzen für bestimmte<br />
Schutzgüter bzw. Risikofaktoren gibt Tabelle 1.<br />
Abb. 12: Insekt bei der Bestäubung (Foto: Olaf Bastian)<br />
Entscheidend sind neben den angebauten Pflanzenarten<br />
die zur Anwendung kommenden Anbausysteme<br />
und Bearbeitungsverfahren <strong>ein</strong>schließlich der jeweiligen<br />
Erntetermine und Verwertungsketten. Bei<br />
energetischer Nutzung können sich die Anbauverfahren<br />
im Vergleich zur Nahrungs- oder Futtermittelproduktion<br />
verändern. Die Lebensgem<strong>ein</strong>schaften<br />
der Tiere und Pflanzen auf den Feldern haben<br />
20
Olaf Bastian, Gerd Lupp<br />
Tab. 1: Gefährdungsgrad für Böden, Gewässer und biologische Vielfalt durch unterschiedliche Kulturen nachwachsender Rohstoffe,<br />
Synopsis aus mehreren Studien 9<br />
Gefährdungen<br />
Kultur<br />
Erosion Bodenverdichtung<br />
Stoff<strong>ein</strong>träge<br />
in Gewässer /<br />
Biotope<br />
Notwendigkeit<br />
von Pflanzenschutzmitteln<br />
Verlust an<br />
Arten bzw.<br />
Lebensräumen<br />
Mais hoch mittel hoch hoch hoch<br />
Zuckerrüben hoch hoch mittel mittel mittel<br />
Kartoffeln hoch hoch mittel mittel mittel<br />
Raps gering-mittel gering mittel hoch gering-mittel<br />
Sonnenblumen mittel gering gering-mittel gering-mittel gering<br />
Getreide (sehr) gering sehr gering gering gering gering-mittel<br />
Ackergras sehr gering (sehr) gering gering gering gering-mittel<br />
Wiese sehr gering sehr gering sehr gering sehr gering sehr gering<br />
Miscanthus sehr gering gering sehr gering sehr gering sehr gering,<br />
anfangs mittel<br />
KUP sehr gering gering sehr gering sehr gering sehr gering,<br />
anfangs mittel<br />
sich im Laufe der Jahrhunderte den Bewirtschaftungsrhythmen<br />
angepasst. Wird für die Nutzung<br />
von Bioenergie aber später <strong>ein</strong>gesät oder Getreide<br />
im unreifen Zustand geerntet, ergeben sich erhebliche<br />
Konflikte mit dem Artenschutz. So werden<br />
Nester von Feldvogelarten bei der frühzeitigen Ernte<br />
zerstört oder die Jungvögel sterben, weil sie noch<br />
nicht flügge sind. Dies betrifft Vogelarten, die ihre<br />
Nester im Getreide anlegen, aber auch Rehe und<br />
Hasen, die mit ihren Jungtieren Deckung im aufgewachsenen<br />
Bestand suchen. Ganz besonders konfliktträchtig<br />
ist der Anbau von Grünschnittroggen,<br />
bei dem die Ernte schon Mitte April bis Anfang Mai<br />
stattfindet, also mehr als <strong>ein</strong>en Monat vor der Kornreife.<br />
Sie fällt damit exakt in die Brut- und Nestlingszeit<br />
fast aller bodenbrütenden Vogelarten und führt<br />
in der Regel zum Verlust sämtlicher Jungvögel auf<br />
der Fläche 10 . Ähnliche Effekte ergeben sich bei der<br />
früheren Mahd von Grünland, um die Biogasausbeute<br />
zu verbessern. Ein weiteres Problem tritt auf,<br />
wenn die bisherige Vielfalt des Anbauspektrums<br />
<strong>ein</strong>er Monotonie weicht und nur noch wenige Kulturen<br />
flächenmäßig dominant angebaut werden 11 .<br />
Die Auswirkungen des Energiepflanzenanbaus auf<br />
<strong>ein</strong>zelne Ökosystemdienstleistungen werden nun<br />
näher betrachtet, entsprechend der üblichen Einteilung<br />
der ÖSD in Versorgungs-, Regulations- und<br />
kulturelle Leistungen.<br />
4.2.2 Versorgungsdienstleistungen<br />
Versorgungsdienstleistungen umfassen das durch<br />
Photosynthese ermöglichte Wachstum von Nutzpflanzen,<br />
ergänzt um die davon abhängigen tierische<br />
Ressourcen (z. B. Wild) sowie die ständige<br />
Erneuerung der Süßwasserressourcen in den<br />
Ökosystemen.<br />
Durch die wachsende Nachfrage nach Agrarprodukten<br />
<strong>ein</strong>schließlich der energetisch nutzbaren<br />
Biomasse kommt es zu Konkurrenzen zwischen <strong>ein</strong>zelnen<br />
Versorgungsleistungen (Nahrung gegen Biomasse),<br />
verbunden mit Preisanstiegen für Agrarprodukte,<br />
Pacht und Land. Diese Entwicklung muss vor<br />
dem Hintergrund der Verluste an landwirtschaftlicher<br />
Nutzfläche zugunsten von Siedlungs- und Verkehrsflächen<br />
(in Deutschland derzeit ca. 90 ha pro<br />
Tag) gesehen werden.<br />
In Bezug auf die Wasserversorgung (Trink- und<br />
Brauchwasser) kann es je nach Wasserbedarf der<br />
angebauten Feldfrüchte zu <strong>ein</strong>er Verringerung des<br />
Grundwasserstandes kommen. Die Anwendung<br />
zusätzlicher Dünger und Pflanzenschutzmittel führt<br />
langfristig auch zu <strong>ein</strong>er Belastung des Grund- und<br />
Oberflächenwassers.<br />
21
Auswirkungen des Energiepflanzenanbaus auf Natur und Landschaft<br />
4.2.3 Regulationsdienstleistungen<br />
Zu den Regulationsleistungen zählen u. a. die Verminderung<br />
der Erosion, die dämpfende Wirkung<br />
auf Witterungsextreme, das Selbstr<strong>ein</strong>igungsvermögen<br />
der Gewässer, die Wasserrückhaltung (z. B.<br />
durch Wälder und Moore), der Grundwasserschutz<br />
sowie die Verfügbarkeit von Lebensräumen (Habitaten)<br />
für Flora und Fauna.<br />
Klimarelevante Wirkungen<br />
Bei der Energieerzeugung aus Biomasse werden<br />
zwar fossile Energieträger <strong>ein</strong>gespart, allerdings auf<br />
Kosten <strong>ein</strong>es relativ großen Bedarfes an Energie für<br />
Anbau, Dünger, Transporte und Verwertung. Die<br />
pauschale Annahme <strong>ein</strong>er Kohlenstoff-Neutralität<br />
von Bioenergie hat sich mittlerweile als unzutreffend<br />
erwiesen. Weltweit betrachtet ist knapp <strong>ein</strong><br />
Drittel der Treibhausgas-Emissionen auf die Agrarproduktion<br />
und auf Landnutzungsänderungen<br />
zurückzuführen. Hinsichtlich der Treibhausgase<br />
kommt es vor allem bei ackerbaulicher Nutzung<br />
von Moorstandorten, Grünlandumbruch oder Entwässerung<br />
sowie bei Intensivierung bisher extensiver<br />
Nutzungsformen zu erhöhten Emissionen von<br />
Treibhausgasen. Dies gilt auch für die Stickstoffdüngung,<br />
durch die vor allem N 2<br />
O (Lachgas) freigesetzt<br />
wird, das im Vergleich zu CO 2<br />
<strong>ein</strong> um den Faktor<br />
200 höheres globales Erwärmungspotenzial besitzt.<br />
Kurzumtriebsplantagen wirken durch Akkumulation<br />
von Humus und unterirdischer Biomasse als Speicher<br />
für Treibhausgase; bei Umwandlung von Feuchtgebieten<br />
in KUP ist allerdings mit <strong>ein</strong>er Freisetzung<br />
von Treibhausgasen aus dem Boden zu rechnen.<br />
Auswirkungen auf den Boden<br />
Der Anbau <strong>ein</strong>jähriger Energiepflanzen (wie Mais<br />
oder Raps) ist mit Dünger- und Spritzmittel<strong>ein</strong>satz<br />
verbunden, der sich auch auf die Boden-Ökosysteme<br />
in unterschiedlicher Weise auswirkt. Die Düngung<br />
mit Gärresten bietet die Möglichkeit, den<br />
Mineraldüngeraufwand zu reduzieren. Durch die<br />
verstärkte Abfuhr organischer Masse (z. B. Stroh,<br />
Erntereste) vom Acker verschlechtert sich die Humusbilanz.<br />
Auch die Rückführung von Gärresten<br />
sorgt nicht für <strong>ein</strong>en vollständigen Ausgleich, weil<br />
<strong>ein</strong> Großteil der organischen Masse in der Biogasanlage<br />
abgebaut wird.<br />
In Perioden ohne Bodenbedeckung bei spät deckenden<br />
Feldfrüchten (z. B. Mais, Zuckerrüben,<br />
Kartoffeln) kann es durch Wasser und Wind zu hoher<br />
Bodenerosion kommen. Der Einsatz schwerer<br />
Technik auf empfindlichen Standorten erhöht die<br />
Gefahr der Bodenverdichtung (s. Tabelle 1).<br />
Bei Verwertung von Biomasse aus mehrjährigen<br />
Kulturen (<strong>ein</strong>schließlich KUP) oder aus der Landschaftspflege<br />
sinkt aber dank permanenter Bodenbedeckung<br />
die Wasser- und Winderosion und die<br />
Ökosysteme werden weniger mit Nährstoffen und<br />
Spritzmitteln belastet (sofern nicht Extensivgrünland<br />
oder Gehölze in KUP umgewandelt wurden).<br />
Auswirkungen auf Gewässer<br />
Einjährige Feldfrüchte wie Mais oder Raps führen<br />
zu hohen Grundwasserneubildungsraten, allerdings<br />
verbunden mit <strong>ein</strong>er Auswaschungsgefahr der <strong>ein</strong>gesetzten<br />
Dünger und Wirkstoffe. Es besteht vor<br />
allem <strong>ein</strong> erhöhtes Nitrat-Auswaschungsrisiko in<br />
die Gewässer. Wasserbedürftige Energiepflanzen<br />
können hingegen den Landschaftswasserhaushalt<br />
belasten, was umso problematischer wird, wenn<br />
auch durch Klimaänderungen Wassermangel <strong>ein</strong>treten<br />
sollte. Besonders bei KUP sind niedrige Versickerungsraten<br />
typisch, hervorgerufen durch den<br />
Wasserbedarf der Gehölze (Weiden, Pappeln). Dies<br />
kann zu abgesenkten Grundwasserständen führen<br />
12 .<br />
Mit <strong>ein</strong>em erhöhten Wasserabfluss ist außerhalb der<br />
Vegetationsperiode bei fehlender Bodenbedeckung<br />
zu rechnen. Somit ist das Wasserrückhaltevermögen<br />
von Maiskulturen relativ gering, u. a. durch die<br />
lange Auflaufphase im Frühjahr. Hingegen weisen<br />
KUP <strong>ein</strong>en verminderten Wasserabfluss (mit Ausnahme<br />
der Ini tialphase – kurz nach der Pflanzung)<br />
auf.<br />
Auswirkungen auf Schaderregerregulation und Bestäubung<br />
Die Ausbreitung von Schaderregern, z. B. des Maiszünslers<br />
(Ostrinia nubilalis) und des Westlichen<br />
Maiswurzelbohrers (Diabrotica virgifera virgifera)<br />
erfordern Pestizidanwendungen und erhöhen den<br />
Druck zur Einführung genetisch veränderter Sorten<br />
(GVO). KUP weisen <strong>ein</strong>e höhere Stabilität und Widerstandsfähigkeit<br />
gegenüber Schaderregern auf.<br />
22
Olaf Bastian, Gerd Lupp<br />
Für die Bestäubung ist wichtig, dass Insekten (kurzzeitig)<br />
Rapsblüten als Nektar und Pollenquelle nutzen<br />
können. Mais hingegen wird durch Wind bestäubt<br />
und liefert k<strong>ein</strong>en Nektar. Weiden können<br />
Nektar für Insekten liefern.<br />
Auswirkungen auf die biologische Vielfalt<br />
Als Hauptprobleme für die wildlebenden Pflanzen<br />
und Tiere auf Agrarflächen gelten: wenige Fruchtarten,<br />
intensive Bearbeitung und zeitige Erntetermine.<br />
Im Einzelnen sind folgende Auswirkungen von<br />
Bedeutung:<br />
Bei Ver<strong>ein</strong>fachung der Fruchtfolgen, damit abnehmender<br />
Strukturvielfalt auf Ackerflächen und in den<br />
Agrarlandschaften kommt es zu <strong>ein</strong>em Rückgang<br />
der Artenvielfalt. Bei Monokulturen (z. B. Mais in<br />
Selbstfolge) ist das Vorkommen von Arten um mindestens<br />
1/3 gegenüber Feldern mit Fruchtwechsel<br />
reduziert. Bei Fruchtfolgen mit 3 unterschiedlichen<br />
Fruchtartengruppen sind die Artenzahlen im Vergleich<br />
zu Fruchtfolgen mit nur 2 Kulturartengruppen<br />
um 15 - 20 % erhöht.<br />
• Durch Pflanzenschutzmittel und Bodenbearbeitung<br />
werden Wildflora und -fauna artenärmer, es<br />
gibt weniger Sämereien und Insekten. Günstigere<br />
Habitatbedingungen bestehen hingegen nur<br />
auf weniger intensiv bearbeiteten Feldern.<br />
• Die Zunahme von Wintergetreide, Winterraps<br />
sowie Mais und die gleichzeitige Abnahme von<br />
Sommergetreide, Kartoffeln sowie Feldfutter<br />
können <strong>ein</strong>en Mangel an geeigneten Brutha-<br />
Abb. 13: Mais – die typische Kultur für die energetische Nutzung<br />
in Biogasanlagen (Foto: Olaf Bastian)<br />
bitaten für Bodenbrüter (z. B. Rebhuhn, Kiebitz,<br />
Feldlerche) zur Folge haben.<br />
• Hoch bewachsene Flächen verlieren an Bedeutung<br />
für Brut- und Nahrungshabitat (z. B. Weißstorch,<br />
Greifvögel, Bodenbrüter). Sie eignen sich<br />
ab Sommer aber als Deckung sowie im Herbst<br />
und Frühjahr als Mauser-, Rast-, Schlafplatz und<br />
als Nahrungslebensraum für Stand- und Gastvögel<br />
(z. B. für den Kranich).<br />
• Brutverluste bei Bodenbrütern treten auf Äckern<br />
vor allem zur Zeit der Saatbettbereitung und Bestellung<br />
im April/Mai auf. Auch später gibt es<br />
hohe Verluste von Tieren der Feldflur (Bodenbrüter,<br />
Rehkitze, Feldhasen) durch vorgezogene<br />
Mahd von Grünland, Schnitte in kurzen, auf<strong>ein</strong>anderfolgenden<br />
Zeitabständen sowie durch zeitigen<br />
Schnitt von Wintergetreide für Ganzpflanzensilage.<br />
• Eine frühere Ernte (z. B. von Energie-Mais oder<br />
-Getreide) vor der Samenreife führt zu Nahrungsmangel<br />
bei Körnerfressern im Herbst (z. B.<br />
rastende nordische Gänsearten).<br />
• Einen Verlust von Lebensräumen (und weiteren<br />
ökologischen Leistungen) bringen Grünlandintensivierung<br />
und -umbruch sowie der Verlust<br />
von Brachflächen mit sich.<br />
• Durch die Kultivierung bestimmter Energiepflanzen,<br />
wie z. B. Topinambur oder Knöterich, werden<br />
invasive Arten gefördert.<br />
• Mais gilt, bedingt durch s<strong>ein</strong>e amerikanische<br />
Herkunft und relativ junge Nutzungsgeschichte<br />
in Europa, als Kulturart mit sehr geringer biologischer<br />
Vielfalt. Spezielle Habitatbedingungen bietet<br />
er allerdings für Arten, deren Populationsentwicklung<br />
an den Spätsommer gebunden ist, z. B.<br />
für Sommerblüher unter den Ackerwildpflanzen,<br />
im Larvenstadium überwinternde Laufkäfer,<br />
sommeraktive Spinnen und Schwebfliegen.<br />
• Beim KUP-Anbau kommen zwar ertragreiche,<br />
aber oft genetisch <strong>ein</strong>heitliche Klone zum Einsatz.<br />
KUP haben relativ uniforme Strukturen, jedoch<br />
auch längere Rotationsperioden (ca. 2 bis<br />
5 Jahre). In Abhängigkeit von den Vorfrüchten<br />
und der Intensität nimmt die Biodiversität mit-<br />
23
Auswirkungen des Energiepflanzenanbaus auf Natur und Landschaft<br />
• Im Szenario Dezentral ist die Kohlenstoffspeicherung<br />
in Waldgebieten durch Energieholznutzung<br />
konstant bis leicht abnehmend, ansonsten – abgesehen<br />
vom engeren Einzugsgebiet von Biogasanlagen<br />
– nimmt sie durch behutsamere Anbauverfahren<br />
sowie neu angepflanzte Gehölze leicht<br />
zu. Es kommt zu <strong>ein</strong>er verminderten Erosionsgefährdung<br />
durch schonendere Anbauverfahren,<br />
Fruchtartenvielfalt und Gehölze. In Waldgebieten<br />
kann die Vielfalt durch höhere Energieholzunter<br />
zu. Bei den Begleitern handelt es sich aber<br />
oft nur um wenige, anspruchslose und weit verbreitete<br />
Arten. Demgegenüber droht <strong>ein</strong> Verlust<br />
an Artenreichtum und Strukturen, wenn extensiv<br />
genutztes Agrarland oder Brachen in KUP umgewandelt<br />
werden. Habitatangebote für Gebüschund<br />
Heckenbrüter sowie Biotopvernetzung<br />
können sich verbessern, <strong>ein</strong>e Umwandlung von<br />
Acker- und Grünland führt jedoch zu Habitatverlusten<br />
für Bodenbrüter.<br />
• Wenn Landwirte durch den Energiepflanzenanbau<br />
höhere Einkommen erzielen können, sinkt<br />
die Attraktivität von Agrarumweltmaßnahmen<br />
und Vertragsnaturschutz.<br />
4.2.4 Kulturelle Ökosystemdienstleistungen<br />
Als kulturelle Leistungen gelten ethische und ästhetische<br />
Werte, Bereitstellung von Möglichkeiten der<br />
naturverbundenen Erholung, die Rolle von Ökosystemen<br />
als Zeugnis der Natur- und Landschaftsgeschichte<br />
sowie für künstlerische Inspiration und<br />
Identifikation bzw. Heimatverbundenheit.<br />
Auswirkungen auf das Landschaftsbild<br />
Einjährige Energiepflanzen zeigen unterschiedliche<br />
ästhetische Ersch<strong>ein</strong>ungsformen im Jahresverlauf.<br />
Bei Raps gibt es <strong>ein</strong>en kurzzeitigen attraktiven<br />
Blühaspekt. Einseitig von Mais oder Raps<br />
dominierte Fruchtfolgen in uniformen Feldblöcken<br />
hingegen be<strong>ein</strong>trächtigen das Landschaftsbild und<br />
lassen es monoton ersch<strong>ein</strong>en. Hochwüchsige Kulturen<br />
wirken vor allem als optische Barrieren. Als<br />
Ergänzung bisheriger Fruchtfolgen können Energiepflanzen<br />
sowie KUP das Landschaftsbild bereichern.<br />
Insgesamt wächst die Gefahr, dass traditionelle<br />
agrarische Kulturlandschaften zu Lasten der landschaftlichen<br />
Vielfalt und Eigenart nivelliert, ihre<br />
natürliche Eigenart, ihr Erholungswert und Ersch<strong>ein</strong>ungsbild<br />
verändert werden. Werden Biogasanlagen<br />
und ihre Infrastruktur nicht an die örtlichen<br />
Gegebenheiten angepasst, be<strong>ein</strong>trächtigen auch sie<br />
das Landschaftsbild.<br />
Auswirkungen auf ethische Werte<br />
Die Nutzung von Nahrungspflanzen für energetische<br />
Zwecke wird vielfach als ethisch bedenklich<br />
angesehen, besonders wenn Getreide verbrannt<br />
wird. Mit Hinweis auf steigende Getreidepreise,<br />
Hunger und Unterernährung in vielen Entwicklungsländern<br />
entspinnt sich daran die sogenannte<br />
Teller-Tank-Diskussion. Bei KUP gibt es k<strong>ein</strong>e direkte<br />
Teller-Tank-Diskussion, jedoch indirekte Effekte,<br />
da Agrarfläche benötigt wird, welche zumindest<br />
vorübergehend für die Nahrungsmittelproduktion<br />
verloren geht.<br />
4.2.5 Absehbare Auswirkungen des künftigen<br />
Energiepflanzenanbaues<br />
Wie Kap. 3 zeigt, kann die zukünftige Produktion<br />
und Nutzung von Biomasse für energetische Zwecke<br />
sehr verschiedenartige Wege beschreiten. Diese<br />
Unterschiede bestehen u. a. hinsichtlich der bevorzugten<br />
Fruchtfolgen und Anbauintensitäten auf<br />
den Äckern sowie bezüglich der künftigen Rolle von<br />
KUP. Daraus resultieren entsprechende Auswirkungen<br />
auf Natur und Landschaft, auf die Ökosysteme<br />
und die von ihnen hervorgebrachten Ökosystemdienstleistungen.<br />
Mit manchen Effekten ist generell<br />
zu rechnen, es müssen aber auch standorts- und<br />
naturraumabhängige Besonderheiten (Empfindlichkeiten)<br />
beachtet werden.<br />
• Im Szenario Trend (s. Kap. 3.3.1) ist mit <strong>ein</strong>er Verminderung<br />
der Kohlenstoffbindung durch höhere<br />
Bewirtschaftungsintensitäten zu rechnen, d. h.<br />
die Intensivierung geht mit <strong>ein</strong>er Humuszehrung<br />
<strong>ein</strong>her. Die Ausdehnung des Energiepflanzenanbaus,<br />
insbesondere von Mais, begünstigt die<br />
Erosionsgefährdung. Wo mehr Mais angebaut<br />
wird, geht die Biodiversität zurück. Die Landschaftsbildqualität<br />
wird sich durch Monokulturen<br />
und intensivierte Nutzung der Wälder vermindern.<br />
Insgesamt nehmen die Risiken für ÖSD auf<br />
Landwirtschaftsflächen sowie zum Teil auch in<br />
Wäldern zu.<br />
24
Olaf Bastian, Gerd Lupp<br />
Tab. 2 Generelle Veränderungen der Risiken für Ökosystemdienstleistungen in drei Szenarien für den Energiepflanzenanbau im<br />
Landkreis Görlitz<br />
Ökosystemdienstleistungen<br />
Erosion<br />
Nitratauswaschung<br />
Szenario Trend Szenario Dezentral Szenario Zentral<br />
Tendenz Ursache Tendenz Ursache Tendenz Ursache<br />
zunehmend<br />
Mais, Wald und<br />
Landschaftselemente;<br />
Humusverluste<br />
Zunehmend<br />
Gehölze in<br />
Agrargebieten<br />
zunehmend KUP,<br />
aber teilweise<br />
intensivere<br />
Landnutzung<br />
Grundwasserneubildung<br />
Kohlenstoffbindung<br />
Habitatfunktion /<br />
Biodiversität<br />
Minimale<br />
Landnutzungsänderungen<br />
Landschaftsästhetische<br />
Werte<br />
Minimale<br />
Landnutzungsänderungen<br />
zunehmende<br />
Landnutzungsintensität<br />
*<br />
zunehmend<br />
Gehölze in<br />
Agrargebieten,<br />
Diversifizierung<br />
Nur wenn mehr<br />
KUP, ansonsten<br />
k<strong>ein</strong>e Änderung<br />
zunehmend KUP,<br />
aber intensivere<br />
Nutzung der<br />
Wälder<br />
k<strong>ein</strong>e /geringe Veränderungen, Risikozunahme Risikoabnahme,* Ausnahme in<br />
Waldgebieten, bedingt durch die teilweise höhere Nutzungsintensität (Layout: Ralf-Uwe Syrbe)<br />
nutzung auch abnehmen, in der Agrar landschaft<br />
ist mit <strong>ein</strong>er Verbesserung durch moderatere<br />
Nutzungsintensitäten bzw. <strong>ein</strong>em besseren Angebot<br />
an Lebensräumen zu rechnen. Das Szenario<br />
lässt Verbesserungen durch zusätzliche<br />
Gehölze und vielfältigere Energiekulturen in der<br />
Landschaft erwarten. Abgesehen vom direkten<br />
Umfeld der Biogasanlagen kommt es insgesamt<br />
zu deutlichen Verbesserungen der ÖSD in der<br />
Agrarlandschaft.<br />
• Für das Szenario Zentral zeigt sich <strong>ein</strong>e Abnahme<br />
der Kohlenstoffbindung durch stärkere<br />
Holznutzung in Waldgebieten sowie durch intensiveren<br />
Ackerbau. Im Norden des Landkreises<br />
(Muskauer Heide, Lausitzer Grenzwall, zum<br />
Teil Oberlausitzer Heide- und Teichgebiet) wird<br />
durch Anlage großer KUP im Offenland wahrsch<strong>ein</strong>lich<br />
mehr Kohlenstoff gespeichert. Dabei<br />
kommt es zur Abnahme der (Wind-)Erosion. Ansonsten<br />
verstärkt sich die Erosionsgefahr durch<br />
die allgem<strong>ein</strong>e Intensivierung des Energiepflanzenanbaus.<br />
Durch die Anlage von KUP auf bisherigem<br />
Offenland im Norden des Landkreises<br />
und intensivere Landnutzung sowie Energieholzentnahme<br />
wachsen die Risiken für die Erhaltung<br />
der biologischen Vielfalt. Dieses in <strong>ein</strong>e<br />
waldreiche Umgebung <strong>ein</strong>gebettete Offenland<br />
ist bislang aufgrund s<strong>ein</strong>er Nährstoffarmut und<br />
s<strong>ein</strong>es relativ geringen Flächenanteiles in den<br />
betreffenden Naturräumen für die biologische<br />
Vielfalt sehr bedeutsam. Verschlechterungen der<br />
Situation durch intensivere Land- und Forstwirtschaft<br />
sowie Anpflanzung von KUP auf auch für<br />
das Landschaftsbild wertvollen Offenlandflächen<br />
im Norden des Landkreises sind abzusehen. Das<br />
Szenario führt in der Agrarlandschaft im Süden<br />
und in der Mitte des Landkreises sowie in Waldgebieten<br />
zu teilweise starker Zunahme der Gefährdung<br />
von ÖSD.<br />
25
Auswirkungen des Energiepflanzenanbaus auf Natur und Landschaft<br />
4.3 Nachfrage nach Ökosystemdienstleistungen<br />
im Landkreis Görlitz<br />
Im Rahmen des Projektes wurden durch Befragungen<br />
M<strong>ein</strong>ungsbilder von Landwirten und der Bevölkerung<br />
im Landkreis Görlitz sowie in geringerem<br />
Umfang in der Uckermark erfasst (Abbildung<br />
14, Abbildung 15). Einige Landwirte sehen Energiepflanzen<br />
als Möglichkeit, ihre Produktpalette<br />
zu erweitern. Allerdings verstehen sie sich selbst<br />
vor allem als Nahrungsmittelproduzenten mit <strong>ein</strong>er<br />
teilweise sehr groß empfundenen Verantwortung<br />
gegenüber der Natur und der Allgem<strong>ein</strong>heit.<br />
Energiepflanzen sollen deshalb nur <strong>ein</strong>es von vielen<br />
Produkten s<strong>ein</strong>, die <strong>ein</strong> landwirtschaftlicher Betrieb<br />
erzeugt. Idealerweise sollte die Produktion von<br />
Energie aus Biomasse an <strong>ein</strong>en landwirtschaftlichen<br />
Betrieb gebunden und die Transportentfernungen<br />
zur Belieferung der Anlagen möglichst kurz, d. h.<br />
unter 10 km s<strong>ein</strong>. Für alternative Anbausysteme<br />
von Energiepflanzen und für mehrjährige Kulturen<br />
ist die Akzeptanz noch gering. In der Region fehlen<br />
nach Aussagen der Landwirte gute und überzeugende<br />
Beispiele sowie die Sicherheit, dass diese<br />
Substrate auch abgenommen werden. Es zeigt<br />
sich, dass die Bereitstellung von Trinkwasser, die<br />
Nahrungsmittelproduktion und die Sicherung <strong>ein</strong>er<br />
vielfältigen Naturausstattung für die befragten Personen<br />
von zentraler Bedeutung sind. In der Bevölkerung<br />
wird die Erzeugung von Biomasse zur energetischen<br />
Verwertung demgegenüber als unwichtiger<br />
angesehen. Der Biomasseanbau sollte maßvoll betrieben<br />
werden und sich auf Flächen konzentrieren,<br />
die nicht zur Nahrungsmittelproduktion benötigt<br />
werden, zudem sollten vorwiegend Reststoffe und<br />
Landschaftspflegematerial genutzt werden.<br />
Eine Mehrheit von 85 % der Befragten hält es für<br />
notwendig, mehr als bisher in den Schutz der Natur<br />
zu investieren. Dies ist wörtlich gem<strong>ein</strong>t. So sollen<br />
nach Ansicht der meisten Befragten Steuermittel<br />
zugunsten <strong>ein</strong>es besseren Schutzes der Natur und<br />
<strong>ein</strong>er pfleglicheren Bewirtschaftung der Landschaft<br />
umgeschichtet werden (umgerechnet auf jede Person<br />
im Landkreis ca. 2.100 € pro Jahr). Einige Personen<br />
wären auch bereit, dafür regelmäßige Spenden<br />
zu geben (ca. 0,85 € pro Person und Jahr) oder<br />
sogar Steuererhöhungen in Kauf zu nehmen, wenn<br />
diese nachvollziehbar dafür verwendet würden (ca.<br />
1,30 € pro Person und Jahr).<br />
Abb. 14: M<strong>ein</strong>ungsbild zum Biomasseanbau nach eigenen<br />
Umfragen in der Bevölkerung<br />
(Grafik: Gerd Lupp)<br />
Abb. 15: Bedeutung verschiedener Umweltleistungen aus der<br />
Landwirtschaft nach den Befragungsergebnissen<br />
(Grafik: Gerd Lupp)<br />
26
Karin Frommhagen, Maik Denner, Ralf-Uwe Syrbe, Harald Neitzel<br />
5 Innovationsmöglichkeiten der landbaulichen Entwicklung<br />
(Karin Frommhagen, Maik Denner, Ralf-Uwe Syrbe, Harald Neitzel)<br />
5.1 Vielfalt der nutzbaren Kulturarten<br />
zur Energiegewinnung in der Feldflur<br />
Zur Versorgung der Biogasanlagen mit nachwachsenden<br />
Rohstoffen wird zurzeit überwiegend Silomais<br />
<strong>ein</strong>gesetzt. Der vermehrte Mais anbau führt<br />
aber in <strong>ein</strong>igen Gegenden schon zu verarmten<br />
Fruchtfolgen oder Monokulturen. In dem Maße,<br />
wie der Maisanbau weiter erhöht wird, sinkt auch<br />
die Akzeptanz für die Bioenergieanlagen in der Bevölkerung.<br />
Zudem führt <strong>ein</strong>e reduzierte Fruchtartenvielfalt<br />
im Feldbau auch zum Rückgang der Biodiversität.<br />
Neue Energiepflanzen können diesem<br />
Trend entgegenwirken, aber auch zusätzliche Probleme<br />
mit sich bringen. Letzteres gilt zum Beispiel<br />
für invasive Neophyten wie Staudenknötericharten<br />
und ihre Kreuzungen, die von den Züchtern als<br />
neue Energiepflanzen beworben werden.<br />
Meist sind es aber pflanzenbauliche und ökonomische<br />
Aspekte, welche zu <strong>ein</strong>er <strong>ein</strong>geschränkten<br />
Nutzung der Mais-Alternativen führen. Die Trockenmasseerträge<br />
liegen oft unter jenen von Mais.<br />
Außerdem sind Vergärbarkeit und Gasausbeute<br />
der Substrate ungünstiger, sodass mehr Masse in<br />
die Anlagen <strong>ein</strong>gebracht werden muss, was für<br />
Technik und Betriebsführung <strong>ein</strong>e Herausforderung<br />
darstellen kann. Zusammen genommen wird<br />
mehr Fläche für den gleichen Ertrag benötigt, die<br />
entweder nicht zur Verfügung steht oder der Nahrungsmittelerzeugung<br />
verloren geht. Nicht zuletzt<br />
liegen die Kosten für die Bereitstellung alternativer<br />
Substrate mitunter deutlich höher, sodass die Wirtschaftlichkeit<br />
der Anlagen neu bewertet werden<br />
muss (Abbildung 16).<br />
Abbildung 16 zeigt die Hektarerträge gem<strong>ein</strong>sam<br />
mit den Kosten für jene Energiepflanzen, welche<br />
als beste Alternativen zum Mais gehandelt werden.<br />
Ökonomisch günstig wären demnach Pflanzen mit<br />
geringen Kosten (rot) und vergleichsweise hohen<br />
Erträgen (blau, grün) wie z. B. Durchwachsene Silphie<br />
oder Szarvasi. Abseits der Durchschnittswerte<br />
kommt es dabei natürlich auch auf die Ertragssicherheit<br />
und auf die Standortansprüche an. Weitere<br />
wichtige Kriterien im Sinne dieser Studie sind nicht<br />
zuletzt die (förder)rechtlichen Belange und ökologischen<br />
Wirkungen der neuen Pflanzen. Nicht jede<br />
Fruchtart wird in der Praxis schon angebaut und zu<br />
<strong>ein</strong>igen besteht noch Forschungsbedarf. Im Folgenden<br />
wird <strong>ein</strong>e Auswahl von diesen Alternativfrüchten<br />
in Form von Steckbriefen für <strong>ein</strong>e möglicherweise<br />
künftige Nutzung vorgestellt 13 :<br />
Abb. 16: Vergleich von Erträgen und Kosten relevanter Bio energie-Kulturen (Grafik: Ralf-Uwe Syrbe)<br />
27
Innovationsmöglichkeiten der landbaulichen Entwicklung<br />
Durchwachsene Silphie<br />
(Silphium perfoliatum)<br />
ze werden drei bis 10 Stängel ausgebildet, die 1,80<br />
bis 3,00 m hoch werden. Ab Juli ersch<strong>ein</strong>t die leuchtend<br />
gelbe Blüte der Pflanze. Die Blütezeit reicht bis<br />
in den September. Durch den langen Blühzeitraum<br />
ist sie als Bienenweide sehr gut geeignet und stellt<br />
in der Landschaft <strong>ein</strong>en schönen Blickfang dar.<br />
Die Durchwachsene Silphie schützt durch die lange<br />
Standzeit den Boden vor Erosion und Auswaschung.<br />
Sie stellt k<strong>ein</strong>e besonders hohen Ansprüche<br />
an den Standort, benötigt aber reichliche N-Düngung.<br />
Ihr Anbau ist auf Grenzlagen bis 600 m ü.<br />
NN und ab <strong>ein</strong>er Ackerzahl von 25 möglich. Als besonders<br />
günstig sind ihre Trockentoleranz und die<br />
Winterfestigkeit zu erwähnen.<br />
Abb. 17: Durchwachsene Silphie auf den Versuchsfeldern des<br />
LfULG in Pommritz (Foto: Birgit Fleischer)<br />
Die Durchwachsene Silphie ist <strong>ein</strong> ausdauernder<br />
Korbblütler, der im Anpflanzjahr nur <strong>ein</strong>e bodenständige<br />
Rosette bildet. Daraus entwickeln sich ab<br />
dem zweiten Jahr etwa ab April bis Mai vierkantige<br />
Stängel. Abhängig von Standort und Alter der Pflan-<br />
Im Jahr 2011 wurden ca. 125 ha Durchwachsene<br />
Silphie im Rahmen <strong>ein</strong>es FNR-Förderprojektes der<br />
Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft mit der<br />
Firma Chrestensen angelegt und betreut. Weitere<br />
ca. 20 bis 50 ha sind außerhalb des Projekts, u. a. in<br />
Gülzow, Göda und Lüchow-Dannenberg (in <strong>ein</strong>em<br />
Biobetrieb) angelegt worden. Die Erfahrungen zeigen,<br />
dass die Kultur wegen ihres hohen Stickstoffbedarfes<br />
für den Bioanbau wenig geeignet ist, dass<br />
Steckbrief Durchwachsene Silphie (Silphium perfoliatum)<br />
Herkunft Nordamerika<br />
Standzeit 11 bis 12 Jahre<br />
Aussaat auf f<strong>ein</strong>krümeliges, möglichst unkrautfreies, abgesetztes Saatbett,<br />
zwischen Mitte April bis spätestens Juni<br />
Anpflanzung<br />
(wird bevorzugt)<br />
Düngung<br />
Pflanzenschutz<br />
ökologische<br />
Bedeutung 14<br />
Erntetermine<br />
Erträge<br />
Methanausbeute<br />
28<br />
auf f<strong>ein</strong>krümeliges, möglichst unkrautfreies, abgesetztes Saatbett,<br />
zwischen Mitte April bis spätestens Juli<br />
4 Pflanzen je m²<br />
Stickstoffdüngung mineralisch oder organisch, etwa Bedarf von Silomais<br />
(140 bis 160 kg N/ha, Ausbringung im zeitigen Frühjahr)<br />
durch die langsame Jugendentwicklung ist <strong>ein</strong> Herbizid<strong>ein</strong>satz im Pflanzjahr<br />
unabdingbar, Zulassung nach § 18 b PflSchG<br />
durch weite Abstände ist <strong>ein</strong>e mechanische Unkrautbekämpfung möglich,<br />
ab dem 2. Standjahr nicht mehr nötig<br />
als ökologische Vorrangflächen ungeeignet, mittlere Werte für Klimaschutz,<br />
Wildkräuter-Vielfalt, Boden- und Gewässerschutz<br />
Ackerwildkräuter durch heterogene Struktur zum Teil vorhanden, Bienenweide:<br />
Blüte ab Juli, durch langsame Jugendentwicklung für Bodenbrüter geeignet,<br />
Brutlebensraum für Dorngrasmücke, Wirbellosenfauna bietet Nahrungsbasis<br />
bei ca. 26 bis 28 % Trockenmasse; Blühende/Beginn Samenreife<br />
Ende August bis Ende September<br />
zwischen 15 und 17 t Trockenmasse je Hektar und Jahr<br />
ca. 300 bis 320 l/kg oTS (liegt weniger als 10 % unter der von Mais)
Karin Frommhagen, Maik Denner, Ralf-Uwe Syrbe, Harald Neitzel<br />
sie aber bei etwas größerem Reihenabstand von<br />
ca. 75 cm <strong>ein</strong>e Vielzahl, auch seltener, Begleitarten<br />
zulässt 15 .<br />
Blühmischungen<br />
Abb. 18: Blühmischung auf den Versuchsfeldern des LfULG bei<br />
Pommritz (Foto: Ralf-Uwe Syrbe)<br />
Die sogenannten Blühmischungen bestehen aus<br />
Wildpflanzen- und Kulturarten, die über mehrere<br />
Jahre nutzbare, 1,5 bis 3,5 m hohe, blütenreiche<br />
Bestände bilden. In den ersten zwei Jahren dominieren<br />
die <strong>ein</strong>- bis zweijährigen Pflanzen. In den<br />
weiteren Jahren etablieren sich dann zunehmend<br />
die Stauden. Ziel ist es, Mischungen zu konzipieren,<br />
die <strong>ein</strong>erseits gute Erträge für die Verwendung in<br />
der Biogasanlage ausbilden, andererseits Lebensraum<br />
für Vögel und Kl<strong>ein</strong>wild schaffen. Nach der<br />
Aussaat besteht <strong>ein</strong>e fünfjährige Bodenruhe mit nur<br />
<strong>ein</strong>mal jährlicher Düngung und Ernte. Die Blühdauer<br />
erstreckt sich durch die Artenvielfalt über die gesamte<br />
Aufwuchszeit bis zur Ernte. Dadurch bieten<br />
die so bewachsenen Flächen Vögeln, Bienen und<br />
anderen Kl<strong>ein</strong>tieren Lebens- und Nahrungsraum.<br />
Durch die unterschiedlichen Wuchshöhen und den<br />
dichten Bestand ist die Lagerneigung (d. h. die Gefahr,<br />
dass windiges Wetter und Niederschläge die<br />
Stängel über größere Flächen hinweg umknicken<br />
lassen) sehr gering. Das Landschaftsbild wird durch<br />
diese bunten Mischungen ebenfalls positiv be<strong>ein</strong>flusst.<br />
Die Bayerische Landesanstalt für W<strong>ein</strong>bau und Gartenbau<br />
(LWG) hat zusammen mit der Firma Saaten<br />
Zeller aus Unterfranken Saatmischungen entwickelt.<br />
Für <strong>ein</strong>e optimale Standortanpassung wurde<br />
das Saatgut von bestehenden Wiesen aus der Region<br />
entnommen. Über <strong>ein</strong> Auswahlverfahren wurden<br />
25 aus ca. 240 Pflanzenarten ausgewählt. Die<br />
Steckbrief Blühmischungen für Bioenergie<br />
Standzeit<br />
Aussaat<br />
Düngung<br />
Pflanzenschutz<br />
ökologische<br />
Bedeutung 14<br />
Erntetermine<br />
Erträge<br />
Methanausbeute<br />
5 Jahre<br />
auf f<strong>ein</strong>krümeliges, möglichst unkrautfreies, abgesetztes Saatbett,<br />
zwischen Mitte April und Mitte Mai<br />
10 kg je Hektar, Ablage oberirdisch und mit gutem Bodenschluss<br />
Stickstoffdüngung mineralisch oder organisch<br />
für P, K, Mg und Ca mittlere Versorgungsstufe,<br />
Ausbringung im zeitigen Frühjahr<br />
kann verzichtet werden<br />
als ökologische Vorrangflächen geeignet, hohe Werte für alle Belange,<br />
teilweise reiche Ackerwildkrautflora, ausdauernde Bienenweide wegen<br />
unterschiedlicher Blütezeiträume, Nahrungslebensraum für viele Feldvögel,<br />
als Brutlebensraum nur bei Aussaat bis Ende März geeignet, artenreiche<br />
Wirbellosenfauna<br />
im 1. Standjahr bei ca. 28 % Trockenmasse; meist September<br />
ab dem 2. Standjahr bei ca. 31 % Trockenmasse; ab Ende Juli<br />
starke Streuung:<br />
im 1. Standjahr zwischen 5 und 12 t Trockenmasse je Hektar<br />
ab dem 2. Standjahr zwischen 8 und 15 t Trockenmasse je Hektar<br />
250 bis 320 l/kg oTS (liegt ca. 10 bis 15 % unter der von Mais)<br />
29
Innovationsmöglichkeiten der landbaulichen Entwicklung<br />
gezielte Auswahl speziell angepasster Wildpflanzen-<br />
und Kulturarten bietet sogar unter schwierigen<br />
Standortbedingungen optimale Erträge ohne starke<br />
Düngung und Pflanzenschutzmaßnahmen.<br />
Im Landkreis Konstanz sowie in drei benachbarten<br />
Landkreisen nehmen 15 Landwirte an <strong>ein</strong>em Versuch<br />
mit Blühmischungen teil. Es wurde auf rund<br />
28 ha ausgesät. Der Biomasseertrag wird fünf Jahre<br />
lang untersucht. Auch in Niedersachsen laufen<br />
entsprechende Versuche: Im Jahre 2011 wurden<br />
etwa 200 ha durch 70 Landwirtschaftsbetriebe aus<br />
12 Bundesländern angelegt. Es sind 12 verschiedene<br />
Mischungen verfügbar, die an unterschiedliche<br />
Standortbedingungen angepasst sind.<br />
Mehrjährige Ackergras- und Leguminosen- Gras-Mischungen<br />
Steckbrief Ackergras- und Leguminosen-Gras-Mischungen<br />
Standzeit zwei bis drei Jahre<br />
Aussaat März bis April, als Blanksaat oder auch Untersaat (z. B: Sommergerste)<br />
ca. 20 - 35 kg/ha, bei niedrigerer Bodenqualität und Wasserverfügbarkeit sollte die<br />
Aussaatmenge erhöht werden<br />
Anwalzen für besseren Bodenschluss, Aufgang und Bestockung<br />
Pflege bei sehr hohem Unkrautdruck ist <strong>ein</strong> zeitiger Schröpfschnitt zu empfehlen<br />
Düngung Bedarf durch mikrobielle N-Fixierung gering, erfolgt nach Entzug; bei Boden-pH unter<br />
5,8 Grundkalkung erforderlich<br />
Pflanzenschutz Nicht notwendig, ggf. Schröpfschnitt<br />
ökologische<br />
Bedeutung 14<br />
Erntetermine<br />
Erträge<br />
Methanertrag<br />
(Mittelwerte)<br />
mittlere Werte für Klima-, Boden- und Gewässerschutz<br />
Ackerwildkräuter bei mehrjähriger Nutzung vorhanden, gute Bienenweide:<br />
Blütenangebot begünstigt insbesondere Bienen und Hummeln, bei angepasstem<br />
Mahdregime sehr günstiger Lebensraum für Feldlerchen, Grauammern, ggf. auch<br />
Braunkehlchen u. a. Bodenbrüter, Nahrungsfläche für Beutegreifer, Wirbellosenfauna<br />
profitiert von mehrjähriger Nutzung und lückigen Strukturen, Äsungsfläche und<br />
Kinderstube für Wild, besonders für Feldhasen<br />
Gräser: Beginn Ähren-/Rispenschieben<br />
Leguminosengemenge: Knospenbildung bis Beginn der Blüte<br />
Folgeaufwüchse ab Ende der Schossphase, mit Anwelken vor dem Silieren, ca. alle 4<br />
bis 6 Wochen<br />
höhere und feuchtere Lagen: Weidelgras und Gräsermischung Jahres-Gesamtertrag<br />
von 70 bis 150 dt Trockenmasse/ha; Rotkleegras-Gemenge Jahres-Gesamtertrag von<br />
65 bis 130 dt Trockenmasse/ha; Trockene und leichte Standorte: leguminosenbetonte<br />
Mischungen Jahres-Gesamtertrag von 60 bis 120 dt TM/ha<br />
abhängig von Hauptkomponente, Schnitt und Standort, teilweise über dem von Mais:<br />
Weidelgras-Mischungen 320 bis 330 l/kg oTS<br />
Rotkleegras um 310 l/kg oTS<br />
Luzerne-Rotkleegras 300 – 305 l/kg oTS<br />
Luzernegras ca. 290 l/kg oTS<br />
Die mehrjährigen Ackergras- und Leguminosen-Gras-Gemenge<br />
sind Ackerfrüchte, die zwei<br />
bis drei Jahre mehrschnittig genutzt werden können.<br />
Die Auswahl der Mischungen ist vom jeweiligen<br />
Standort: Boden, Niederschlag, Höhenlage,<br />
Tiefsttemperaturen abhängig. Die Mischungen<br />
entsprechen denen zur Futtermittelgewinnung und<br />
können in Sachsen als „Sächsische Qualitäts-Saatmischungen“<br />
handelsfertig bezogen werden 14 .<br />
Die Schnitthäufigkeit liegt zwischen drei bis fünf<br />
Mal pro Jahr. Der Methanertrag je Hektar ist abhängig<br />
von der Mischung und dem jeweiligen<br />
Schnittzeitpunkt. Bei der Schnitthäufigkeit muss<br />
30
Karin Frommhagen, Maik Denner, Ralf-Uwe Syrbe, Harald Neitzel<br />
Wichtig ist die gute Silierbarkeit des Materials und<br />
<strong>ein</strong> niedriger Ligningehalt, um <strong>ein</strong>e gute Vergärbarkeit<br />
garantieren zu können. Deshalb ist bei gräserbetonten<br />
Mischungen das Erntefenster eng gestellt,<br />
da der ansteigende Rohfasergehalt die Vergärbarkeit<br />
herabsetzt.<br />
Abb. 19: Leguminosen-Gras-Mischung für die energetische<br />
Nutzung (Foto: Karin Frommhagen)<br />
zwischen den Kosten und Erlösen abgewogen werden.<br />
Die dreischnittige Nutzung ist bei insgesamt<br />
höheren Trockenmasse-Erträgen und niedrigeren<br />
Erntekosten <strong>ein</strong>er höheren Häufigkeit vorzuziehen.<br />
Die Gemenge tragen zur Humuserhaltung und<br />
Humusmehrung auf den Flächen bei. Die Leguminosen<br />
reichern den Boden mit Stickstoff an und<br />
vermindern so den Düngerbedarf. Durch die Bodenbedeckung<br />
leisten sie auch <strong>ein</strong>en Beitrag zum<br />
Schutz vor Erosion. Die Wuchshöhen sind wesentlich<br />
niedriger als die von Mais oder vergleichbaren<br />
Energiepflanzen. Die Artenvielfalt auf den Flächen<br />
ist höher. Damit wird die Fruchtfolge auch optisch<br />
aufgelockert. Der Einsatz von Pflanzenschutzmaßnahmen<br />
kann entfallen, die Häufigkeit der Schnitte<br />
kommt allerdings der Ansiedlung von Bodenbrütern<br />
und Niederwild nicht entgegen.<br />
Sorghumhirsen (Sorghum spec.)<br />
Abb. 20: Zuckerhirse auf Versuchsanbaufläche in Trossin<br />
(Foto: Karin Frommhagen)<br />
Abb. 21: Kolbenhirse auf Versuchsfläche in Trossin<br />
(Foto: Karin Frommhagen)<br />
31
Innovationsmöglichkeiten der landbaulichen Entwicklung<br />
Sorghumhirsen sind wie der Mais C4-Pflanzen. Sie<br />
stammen aus Äquatorialafrika und sind somit wärmeliebend<br />
und nicht winterhart. Wir unterscheiden<br />
zwischen:<br />
• Sorghum bicolor (Zucker- und Futterhirse)<br />
• Sorghum sudanense (Sudangräser)<br />
• Sorghum bicolor x Sorghum sudanense<br />
(Sudangrashybride)<br />
Sorghumhirsen verfügen über <strong>ein</strong> weitverzweigtes,<br />
f<strong>ein</strong>es und tief reichendes Wurzelsystem. Dadurch<br />
kann die Hirse Wasser und Nährstoffe noch aus<br />
tieferen Schichten aufnehmen und in <strong>ein</strong>en hohen<br />
Biomasseertrag umsetzen. Sie ist in der Lage, nach<br />
kurzen Trockenperio den das Wachstum fortzusetzen<br />
und trocknet nicht so schnell ab.<br />
Die Pflanzen bilden markerfüllte Halme aus, die an<br />
der Basis je nach Sorte unterschiedlich stark bestocken<br />
(Seitentriebe entwickeln). Die Halme werden<br />
ca. 2-3 Meter hoch, je nach Vegetationsverlauf also<br />
größer als jene von Mais. An der Spitze bildet die<br />
Hirse Rispen (Kolben) aus. Der Mengenertrag hängt<br />
von der Verzweigung und der Höhe der Stängel ab.<br />
Der Anbau ist auf guten Böden mit ausreichendem<br />
Wasserangebot und auf leichten, trockenen Standorten<br />
möglich. Wichtig ist, dass die Böden sich im<br />
Frühjahr rasch erwärmen. Die leistungsstarken Sorten<br />
benötigen ca. 120 Tage zur Reife und werden<br />
schon kurz nach dem Silomais geerntet. Durch die<br />
etwas späteren und flexibleren Aussaat- bzw. Erntetermine<br />
können bei kombiniertem Sorghum- und<br />
Maisanbau Arbeitsspitzen vermieden werden. Einige<br />
Sorten eignen sich besonders zum Zweitfruchtanbau.<br />
Für den Sorghumhirse-Anbau stehen in Deutschland<br />
<strong>ein</strong>ige geprüfte Sorten zur Verfügung. Für<br />
diese Pflanzenarten wurden schon zeitig und<br />
auf verschiedenen Standorten Anbauversuche<br />
durchgeführt. Dies geschah u. a. im Rahmen der<br />
EVA-Projekte „Entwicklung und Vergleich von optimierten<br />
Anbausystemen für die landwirtschaftliche<br />
Produktion von Energiepflanzen zur Biogaserzeugung<br />
unter den verschiedenen Standortbedingungen<br />
Deutschlands“ und des Vorhabens „Pflanzenbauliche,<br />
ökonomische und ökologische Bewertung<br />
von Sorghumarten und -hybriden als Energiepflanzen“<br />
unter Federführung des LfULG Sachsen. Darin<br />
werden Pflanzenschutzmaßnahmen und Düngemöglichkeiten<br />
wie auch der Einsatz von Gärresten<br />
Steckbrief Sorghumhirsen (Sorghum spec.) 16<br />
Herkunft Afrika<br />
Standzeit <strong>ein</strong>jährig<br />
Aussaat f<strong>ein</strong>krümeliges, gut abgesetztes Saatbett, Bodentemperatur ab 12 °C<br />
25 Körner/m² bei Futterhirse<br />
40 Körner/m² bei Sudangrashybriden<br />
Pflege<br />
bis Bestandsschluss im Juni zweimalige Unkrautregulierung (Häufeln, Striegeln,<br />
Hacken); bei mehrjährigem Anbau im Frühjahr kurz vor dem Austrieb zur<br />
Ausdünnung grubbern<br />
Düngung vergleichbar mit Mais: 120 – 140 kg N/ha; 20 – 50 kg P/ha; 120 – 150 kg K/ha<br />
Pflanzenschutz ab BBCH-Stadium 13 zugelassene Mittel<br />
ökologische<br />
Bedeutung<br />
Erntetermine<br />
Erträge<br />
Methanertrag<br />
als ökologische Vorrangfläche nicht geeignet<br />
Aufgrund der späten Einsaat ungünstig als Brutlebensraum für Feldvögel<br />
Sudangrashybride: August bis September<br />
Futterhirsen: September bis Oktober<br />
für Silierung: optimaler Trockenmassegehalt von 28 – 35 %<br />
Sudangrashybride: 9 bis 20 t Trockenmasse je Hektar und Jahr<br />
Zucker- und Futterhirsen: 10 bis 25 t Trockenmasse je Hektar und Jahr 17<br />
abhängig von der Sorte, ca. 300 bis 360 l/kg oTS, ähnlich wie Mais<br />
32
Karin Frommhagen, Maik Denner, Ralf-Uwe Syrbe, Harald Neitzel<br />
geprüft. Für die Sorghumhirsen gibt es durch den<br />
Forschungsvorlauf belastbare Werte und Aussagen<br />
zum Anbau. Im Vergleich zu Mais waren <strong>ein</strong>ige<br />
Hirse-Sorten besonders auf (südlichen) D-Standorten<br />
ertragreicher, während auf Löss der Mais höhere<br />
Erträge brachte.<br />
Sida, Virginiamalve, Riesenmalve, Virginische Samtmalve (Sida hermaphrodita)<br />
Abb. 22: Sida-Bestand (Fotos: Sascha Hermus, 3N Kompetenzzentrum Niedersachsen, Netzwerk Nachwachsende Rohstoffe e. V.)<br />
Die Sida, <strong>ein</strong> Malvengewächs, wurde bisher schon<br />
als Futter-, Heil- oder Faserpflanze genutzt. Als<br />
Energiepflanze wird sie in der thermischen Verwertung<br />
und in Biogasanlagen <strong>ein</strong>gesetzt. Die<br />
Sida hat <strong>ein</strong> gut ausgeprägtes Wurzelsystem und<br />
ist somit trockenheitstolerant. Die Höhe des Ertrages<br />
wird dennoch vom Wasserangebot bestimmt.<br />
Als „Nordamerikanerin“ ist sie frostbeständig. Für<br />
die Verwendung in der Biogasanlage werden die 3<br />
bis 4 m hohen Stängel bei <strong>ein</strong>em Durchmesser von<br />
4 cm mit dem Laub geerntet. Der hohe Ertrag setzt<br />
erst im 3. Standjahr <strong>ein</strong>.<br />
Die Sida blüht mit weißer Blüte, ihr kommt als Bienenweide<br />
<strong>ein</strong>e hohe Bedeutung zu. Sie bindet Kohlenwasserstoff<br />
und Schwermetalle und kommt damit<br />
in der Rekultivierung kontaminierter Böden zum<br />
Einsatz. Da die Pflanzen mehrere Jahre am Standort<br />
bleiben, leisten sie <strong>ein</strong>en guten Beitrag zum Schutz<br />
des Bodens vor Erosion.<br />
Zur Beurteilung der Leistung liegen zurzeit in<br />
Deutschland nur Werte aus wissenschaftlichen Untersuchungen<br />
der Landesanstalt für Landwirtschaft,<br />
Forsten und Gartenbau in Sachsen-Anhalt aus den<br />
Jahren 2008 bis 2010 vor. Auf der Versuchsfläche<br />
33
Innovationsmöglichkeiten der landbaulichen Entwicklung<br />
ging der Bestand lückig auf und musste nachgepflanzt<br />
werden. Sie wächst sehr hoch, verholzt dabei<br />
aber relativ stark, was ihre Fermentierbarkeit<br />
<strong>ein</strong>schränkt. Aus Polen liegen mehr Erfahrungswerte<br />
vor. Versuchsergebnisse wurden vom Institut für<br />
Energetik Warschau 2010 veröffentlicht.<br />
Steckbrief Sida, Virginiamalve, Riesenmalve, Virginische Samtmalve (Sida hermaphrodita)<br />
Herkunft USA<br />
Standzeit 20 bis 30 Jahre<br />
Pflanzung 30 bis 35 Tausend Pflanzen je Hektar (Presstöpfe)<br />
von <strong>ein</strong>er Aussaat ist wegen geringer Keimfähigkeit abzuraten<br />
Boden muss f<strong>ein</strong>krümelig und unkrautfrei s<strong>ein</strong><br />
Düngung 100 - 170 kg N/ha bei Pflanzung<br />
Pflanzenschutz durch die langsame Jugendentwicklung ist <strong>ein</strong> Herbizid<strong>ein</strong>satz vor der Pflanzung<br />
unabdingbar<br />
ökologische<br />
Bedeutung 14<br />
Erntetermine<br />
Erträge<br />
Methanertrag<br />
als ökologische Vorrangfläche nicht geeignet<br />
hochwüchsige Kultur für Bodenbrüter wenig geeignet,<br />
Deckungsmöglichkeiten für Kl<strong>ein</strong>säuger<br />
2 - 3 m hohe Stängel mit Laub im frühen Herbst für Biogas,<br />
im Winter für die thermische Verarbeitung<br />
ca. 9 bis 13 t Trockenmasse je Hektar und Jahr, auf sehr st<strong>ein</strong>igen und leichten Böden<br />
etwa 8 t Trockenmasse je Hektar und Jahr<br />
Silierfähigkeit und Gasausbeute sind mit Luzerne vergleichbar, mit ca. 300 l/kg oTS<br />
etwa 10 % geringer als Mais. Der Biogasertrag von Sida-Silage liegt nach polnischen<br />
Untersuchungen 18 sogar bei 652 Ndm³/kg und damit deutlich über dem Wert für<br />
Mais (427 Ndm/kg).<br />
Mehrjährige Energiegräser: Ungarisches Energiegras<br />
(Agropyron elongatum)<br />
Abb. 23: Ernte des Riesenweizengrases (Foto: Ralf Heise)<br />
Das Ungarische Energiegras wurde in Szarvas (Ungarn)<br />
aus zwei asiatischen Arten gezüchtet. Es wird<br />
unter den Sortennamen „Szarvasi-1R“, „Alkar Powergras“<br />
und „HULK Energiegras“ vertrieben. Botanisch<br />
ist es <strong>ein</strong> Riesenweizengras und bildet <strong>ein</strong><br />
weitverzweigtes, tiefgründiges Wurzelsystem aus.<br />
Dadurch kann es die Wasserreserven des Bodens<br />
gut ausschöpfen, ist also trockenheitsresistent, aber<br />
auch gut frosttolerant bis -35 °C. Die Humusbildung<br />
im Boden wird auch bei Entnahme der oberirdischen<br />
Pflanzenteile durch die starke Wurzelbildung<br />
gefördert. Die Gräser erreichen <strong>ein</strong>e Wuchshöhe<br />
von 2 m, es werden zwei Schnitte pro Jahr empfohlen.<br />
Zur Beurteilung der Leistung liegen aus<br />
Deutschland bisher nur die dreijährigen Untersuchungen<br />
der landwirtschaftlichen Lehranstalten in<br />
Triesdorf (Bayern) vor, u. a. da <strong>ein</strong>e Versuchs-Saat<br />
in Lüchow-Dannenberg 2012 nicht aufgegangen<br />
war. Die Methanausbeuten der Silage liegen bezogen<br />
auf die Trockenmasse etwas höher als jene von<br />
Mais. Vor allem die späteren Schnitte können aber<br />
auch pelletiert oder getrocknet als Brennstoff bzw.<br />
Ausgangsstoff für die pyrolytische Gaserzeugung<br />
<strong>ein</strong>gesetzt werden, wobei geringere Aschegehalte<br />
als beim Stroh und relativ hohe Heizwerte (bezogen<br />
auf den Hektarertrag) die Kultur nach ungarischen<br />
Testergebnissen selbst zu KUP als konkurrenzfähig<br />
darstellen 19 .<br />
34
Karin Frommhagen, Maik Denner, Ralf-Uwe Syrbe, Harald Neitzel<br />
Steckbrief Ungarisches Energiegras, Riesenweizengras (Agropyron elongatum)<br />
Herkunft künstliche Hybridsorte aus mittelasiatischem Riesenweizengras<br />
Standzeit max. 5 Jahre, wegen Beibehaltung des Ackerstatus, sonst 20 Jahre möglich<br />
Aussaat mit konventioneller Technik für Drillsaat nach gründlicher Saatbettvorbereitung<br />
20 - 30 kg/ha, 1 - 2 cm tief mit Anwalzen zum Bodenschluss<br />
im Frühjahr, besser: Spätsommer (benötigt Kältereiz)<br />
Pflege R<strong>ein</strong>igungsschnitt im Herbst bei Wuchshöhe von 15 cm auf 3 cm für Bestockung<br />
Düngung im Frühjahr 90 - 100 kg N/ha,<br />
ca. 60 - 70 kg N nach jedem Schnitt<br />
ökologische<br />
Bedeutung<br />
Pflanzenschutz<br />
Erntetermine<br />
Erträge<br />
Methanertrag<br />
als ökologische Vorrangfläche nicht geeignet 14<br />
Deckung für Kl<strong>ein</strong>säuger<br />
durch die langsame Jugendentwicklung ist <strong>ein</strong> Herbizid<strong>ein</strong>satz vor der Aussaat<br />
unabdingbar, der nächste nach dem 4-Blatt-Stadium<br />
bei ca. 28 bis 32 % Trockenmasse bei voller Rispe; enges Erntefenster! durch schnelle<br />
Trockenmasse-Zunahme; bis 15 cm Schnitttiefe maximal<br />
2 Schnitte: Ende Juni und September<br />
ca. 19 t Trockenmasse je Hektar (Versuchspraxisanbau) und Jahr<br />
ca. 350 l/kg oTS, ähnlich wie Mais<br />
Miscanthus, Chinagras (Miscanthus x giganteus)<br />
Abb. 24: Miscanthusbestand bei Göda im Landkreis Bautzen<br />
(Foto: Birgit Fleischer)<br />
Miscanthus ist <strong>ein</strong>e ausdauernde Gräserart, die aus<br />
dem tropischen und subtropischen Raum (vor allem<br />
Japan, China, Korea und Thailand) stammt. Sie<br />
gehört zur Familie der Süßgräser und ist <strong>ein</strong>e C4-<br />
Pflanze. Diese wird 2 bis 4 Meter hoch. In unseren<br />
Breiten wird, bedingt durch die Klimaansprüche,<br />
hauptsächlich Miscanthus x giganteus angebaut.<br />
Dieser entstand durch <strong>ein</strong>e zufällige Kreuzung zwischen<br />
Miscanthus saccariflorus und Miscanthus<br />
sinensis und ist somit <strong>ein</strong> Artbastard, der über Rhizome<br />
vermehrt wird. Die Rhizome bilden Horste,<br />
die nicht invasiv sind. In ihnen werden die Nährstoffe<br />
gegen Ende der Vegetationsperiode <strong>ein</strong>gelagert.<br />
Es ist wichtig, dass bis dahin die Blätter abtrocknen<br />
und der Prozess der Umverlagerung abgeschlossen<br />
ist, um die Pflanze vor Frost zu schützen. Generell<br />
ist <strong>ein</strong> Anbau bei Lagen unter 700 m ü. NN möglich.<br />
Miscanthus kann auf leichten bis mittelschweren<br />
humosen Böden angebaut werden. Ausreichend<br />
Bodenluft und <strong>ein</strong>e gute Wasserführung sind unabdingbar,<br />
denn Staunässe wird nicht vertragen.<br />
Geerntet werden die Stängel im zeitigen Frühjahr;<br />
die auf dem Acker verbleibenden Blätter bilden <strong>ein</strong>e<br />
Humusschicht auf dem Boden. Zusammen mit der<br />
tiefen Durchwurzelung wird der Boden nicht nur<br />
vor Erosion geschützt, sondern es kommt auch zu<br />
<strong>ein</strong>er Humusanreicherung von ca. 8,5 t pro Hektar<br />
und Jahr.<br />
35
Innovationsmöglichkeiten der landbaulichen Entwicklung<br />
Steckbrief Miscanthus, Chinagras (Miscanthus x giganteus) 20<br />
Standzeit<br />
Pflanzung<br />
Pflege<br />
Düngung<br />
Pflanzenschutz<br />
Ökologische<br />
Bedeutung<br />
Erntetermine<br />
Erträge<br />
Brennwert<br />
Stoffliche<br />
Verwertung<br />
Energetische<br />
Verwertung<br />
20 Jahre<br />
mit konventioneller Technik, Pflanzmaschine<br />
10.000 Rhizome/ha, 12 - 15 cm tief mit Anwalzen zum Bodenschluss<br />
Anfang April bis Ende Mai möglich, Rhizome müssen zügig gepflanzt und bis dahin<br />
feucht gehalten werden<br />
der Boden wird im Herbst vorher etwa 20 cm tief gepflügt und im Frühjahr mit <strong>ein</strong>er<br />
Grubber-Eggen-Kombination <strong>ein</strong>geebnet, um auflaufende Unkräuter zu bekämpfen<br />
im 1. Standjahr bei aufkommendem Unkrautbewuchs: hacken, eggen oder striegeln<br />
nach starken Regenfällen und den daraus resultierenden Verschlammungen und<br />
Verkrustungen ist hacken oder eggen sehr wichtig<br />
im 2. Standjahr den Boden lockern und Unkraut mechanisch beseitigen<br />
auf schlechten Böden evtl. ab 3. Standjahr mit Mist oder Gülle<br />
durch die langsame Jugendentwicklung ist <strong>ein</strong> starker Unkrautaufwuchs kritisch, hier<br />
ist dann <strong>ein</strong> Herbizid<strong>ein</strong>satz unabdingbar, Zulassung nach § 18 b PflSchG<br />
für ökologische Vorrangflächen nicht geeignet<br />
durch die Konkurrenzkraft werden Ackerwildkräuter im älteren Bestand verdrängt<br />
Bodenlebewesen profitieren von <strong>ein</strong>er ausgeprägten Streuschicht<br />
k<strong>ein</strong> geeigneter Lebensraum für Bodenbrüter, bietet Rehen <strong>ein</strong> Rückzugsgebiet,<br />
Deckung für Fasan und Rebhuhn, Lebensraum für viele Kl<strong>ein</strong>säuger, Vögel und<br />
zahlreichen Insekten, Mäuse werden begünstigt<br />
ab dem 3. Standjahr zwischen März und April, vor dem Neuaustrieb bei<br />
Trockenmassegehalt unter 18 %<br />
mit Maishäcksler<br />
10 bis 15 cm hohe Stoppeln sollten stehen bleiben.<br />
ca. 15 bis 20 t Trockenmasse je Hektar, abhängig vom Standort und Wasserangebot<br />
(200- 250l/kg TM)<br />
2,2 kg entsprechen <strong>ein</strong>em Liter Heizöl oder dem gleichen Brennwert wie Holz<br />
4,5 kWh/kg (bei 15 % Wassergehalt)<br />
Mulch mit stark unkrautunterdrückender Wirkung, pH-neutral, Siliziumdünger<br />
Tier<strong>ein</strong>streu<br />
Bauzuschlagsstoff<br />
Dämmplatten, Wärmedämmung<br />
Zuschlagsstoff in der Kunststoffindustrie<br />
Dach<strong>ein</strong>deckung<br />
als Häcksel, Pellet oder Brikett in speziellen Brennöfen<br />
kritisch ist die hohe Staubbelastung bei Häcksel und der niedrige Ascheschmelzpunkt<br />
5.2 Kurzumtriebsplantagen und Agroforstsysteme<br />
als Ergänzung der traditionellen<br />
Landbewirtschaftung<br />
5.2.1 Kurzumtriebsplantagen als Alternative<br />
im Energiepflanzenanbau<br />
Kurzumtriebsplantagen (KUP) sind Anpflanzungen<br />
schnellwachsender Bäume oder Sträucher, deren<br />
Stockausschlag in regelmäßigen Abständen genutzt<br />
wird. Das anfallende Holz wird überwiegend<br />
in Form von Hackschnitzeln energetisch verwertet<br />
oder auch <strong>ein</strong>er stofflichen Nutzung (Zellstoff-,<br />
Spanplatten- oder Dämmstoffindustrie) zugeführt.<br />
KUP fallen nicht unter die Definition von Wald 21 ,<br />
wenn sie mindestens <strong>ein</strong>mal innerhalb von 20 Jahren<br />
beerntet werden. Unter dieser Voraussetzung<br />
sind KUP landwirtschaftliche Dauerkulturen, deren<br />
Flächen nach EG-Verordnung 1120/2009 beihilfefähig<br />
sind (Abbildung 25, Abbildung 26).<br />
36
Karin Frommhagen, Maik Denner, Ralf-Uwe Syrbe, Harald Neitzel<br />
KUP im Vergleich zu <strong>ein</strong>jährigen Ackerkulturen und<br />
bei umweltgerechter Anlage und Bewirtschaftung<br />
<strong>ein</strong>e Vielzahl von Ökosystemdienstleistungen erbringen<br />
können (vgl. Kapitel 4). Die Förderung puffert<br />
die relativ hohen Anfangsinvestitionen (durchschnittlich<br />
ca. 3.000 Euro/ha) der KUP-Anlage ab,<br />
da in den ersten Anwuchsjahren noch k<strong>ein</strong>e Erlöse<br />
erzielt werden.<br />
Abb. 25: Weiden-KUP bei Weigersdorf (Foto: Ralf-Uwe Syrbe)<br />
Um Direktzahlungen von der EU für KUP-Flächen<br />
erhalten zu können, müssen in Deutschland <strong>ein</strong>e<br />
oder mehrere der folgenden Baumarten/-gattungen<br />
verwendet werden: Weiden, Pappeln, Robinie,<br />
Birken, Erlen, Gewöhnliche Esche, Stiel-, Traubenoder<br />
Rot-Eiche. Von den Wachstumsbedingungen<br />
her können KUP auf <strong>ein</strong>em breiten Standortsspektrum<br />
etabliert werden (vgl. die Standortsansprüche<br />
der o. g. Baumarten). Neben den in erster Linie in<br />
Frage kommenden Ackerstandorten ist umstritten,<br />
ob KUP auch auf Grünland, im Wald oder auf<br />
Brachflächen angebaut werden sollten. Entsprechende<br />
Projekte werden erprobt bzw. wissenschaftlich<br />
untersucht. Aus Sicht des Umweltschutzes sind<br />
KUP allerdings als Alternative zu herkömmlichen,<br />
<strong>ein</strong>jährigen Ackerkulturen zu bevorzugen.<br />
Für den Anbau schnellwachsender Baumarten gibt<br />
es mehrere Optionen, z. B. als flächenhafte KUP<br />
auf <strong>ein</strong>em gesamten Feld oder auf Teilflächen zur<br />
arbeitswirtschaftlichen Optimierung der „Restfläche“,<br />
als KUP-Streifen zum Erosionsschutz, zur<br />
Strukturanreicherung in „ausgeräumten“ Landschaften<br />
oder als Bestandteil <strong>ein</strong>es Agroforstsystems<br />
(siehe unten), Anbau auf mit Schwermetallen<br />
oder Arsen belasteten Flächen als Alternative zum<br />
Nahrungs- und Futtermittelanbau, Anbau auf Rekultivierungsflächen<br />
22 .<br />
Für die Anlage von KUP auf Ackerland sowie die<br />
Rückwandlung in konventionell genutzten Acker<br />
sind k<strong>ein</strong>e Genehmigungen erforderlich. Die Anlage<br />
von KUP kann im Zuge investiver Förderung<br />
finanziell unterstützt werden. Dies ist sinnvoll, da<br />
Für die Anbauentscheidung spielt die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung<br />
<strong>ein</strong>e große Rolle. Die größten<br />
Kostenfaktoren sind das Pflanzmaterial und die<br />
Pflanzung, die Ernten, die Rück umwandlung und<br />
die Trocknung der Hackschnitzel. Erlöse werden<br />
durch den Verkauf der Holzbiomasse im Turnus der<br />
Ernten erzielt. Aufgrund der längeren Nutzungsdauer<br />
und Flächenbindung ist <strong>ein</strong>e vertragliche<br />
Regelung zwischen Anbauer und Verwerter überlegenswert.<br />
Hohe Kosten für <strong>ein</strong>e Einzäunung gegen<br />
Wildschäden be<strong>ein</strong>flussen das betriebswirtschaftliche<br />
Ergebnis negativ und sollten nach Möglichkeit<br />
vermieden werden. Entsprechend der Angaben in<br />
Grunert & Becker (2011) wurden für Pappel- und<br />
Weiden-KUP (Pflanzdichte 8.000 - 12.000 Stück/<br />
ha, Trockenmasseertrag 12 t atro<br />
/ha*Jahr) unter den<br />
Bedingungen im mitteldeutschen Trockengebiet<br />
positive Ergebnisse zwischen 484 und 749 €/ha*-<br />
Jahr errechnet (Betriebsprämie als Durchschnittssatz<br />
von 344 €/ha berücksichtigt). Die Wirtschaftlichkeit<br />
<strong>ein</strong>er geplanten KUP sollte im konkreten Einzelfall<br />
kalkuliert werden, erste Anhaltspunkte gibt <strong>ein</strong> für<br />
diesen Zweck entwickelter KUP-Rechner.<br />
http://www.waldwissen.net/waldwirtschaft/holz/<br />
energie/fva_kup_rechner/index_DE<br />
Abb. 26: Hecke und KUP bei Methau (Foto: Thomas Glaser)<br />
37
Innovationsmöglichkeiten der landbaulichen Entwicklung<br />
Im Jahr 2012 wurden KUP in Deutschland auf <strong>ein</strong>er<br />
Fläche von ca. 4.000 - 5.000 ha angebaut. In Sachsen<br />
sind es bisher lediglich ca. 240 ha, davon 5 ha<br />
(2011) im Landkreis Görlitz. Bezüglich der Anbaufläche<br />
spielen KUP also zurzeit noch k<strong>ein</strong>e nennenswerte<br />
Rolle. Es handelt sich um <strong>ein</strong>e relativ neuartige<br />
Anbaukultur.<br />
Bezüglich der Bedingungen und Verfahren zur Anlage,<br />
Bewirtschaftung und Ernte von KUP liegt inzwischen<br />
jedoch schon <strong>ein</strong>e umfangreiche Fachliteratur<br />
vor 23 . Auch das Sächsische Landesamt für<br />
Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) hat<br />
sich in den vergangenen Jahren umfänglich mit dem<br />
Thema befasst und Empfehlungen für den Anbau<br />
schnellwachsender Baumarten auf landwirtschaftlichen<br />
Flächen herausgegeben 24 .<br />
Flächenauswahl von KUP unter Berücksichtigung<br />
landschaftsökologischer, natur- und bodenschutzfachlicher<br />
Aspekte<br />
KUP können je nach Lage, Gestaltung und Art und<br />
Weise der Bewirtschaftung günstig für Klima-, Boden-,<br />
Gewässer- und Naturschutz s<strong>ein</strong> (sogenannte<br />
„Synergie“), unter Umständen aber auch zu Konflikten<br />
mit diesen Schutzgütern führen. Zum Beispiel<br />
kann <strong>ein</strong>e KUP schädliche Stoff<strong>ein</strong>träge in empfindliche<br />
Ökosysteme zurückhalten und zur Vermeidung<br />
von Bodenerosion beitragen. Dies hängt mit ihrer<br />
i. d. R. extensiveren Bewirtschaftung (bzgl. Düngeund<br />
Pflanzenschutzmittel) sowie ihrer Struktur als<br />
Dauerkultur zusammen. Eine KUP könnte, an ungeeigneter<br />
Stelle angelegt, aber auch zum Verlust<br />
der Habitate seltener Offenlandarten, die Gehölze<br />
meiden, führen (z. B. Kiebitz, Feldlerche).<br />
Tab..3: Wirkungsbeziehungen zwischen Naturschutz und KUP auf Ackerflächen<br />
(die Farben für die Flächenauswahl finden sich in Abbildung 27 wieder)<br />
Synergie<br />
Überwiegend<br />
Synergie<br />
(Einzelfall<br />
prüfen)<br />
Ausschluss<br />
(k<strong>ein</strong>e<br />
Synergie)<br />
Neutral<br />
Ausschluss<br />
außerhalb von<br />
Ackerflächen<br />
Besonders in erosionsgefährdeten Abflussbahnen<br />
Besonders in erosionsgefährdeten Steillagen<br />
in waldarmen Gebieten des LEP 2003 (Karte 10)<br />
anschließend an Schutzgüter (bzw. um die definierten Schutzabstände) für Gewässer, ausgewählte FFH-<br />
LRT, SBK-Biotope und BTLNK-Strukturelemente<br />
innerhalb der Regionalplanungskategorie „strukturierungsbedürftige Agrarflur“<br />
in den Schutzgebieten: LSG, NP, BR (Zone 3 und 4); hier jeweils Vorgaben aus den Schutzgebiets-VO<br />
beachten sowie innerhalb der Natura 2000 (FFH+SPA)-„Restkulisse“ abzüglich der FFH-LRT + FFH-<br />
Habitate der Anhang-II- Arten der FFH-RL (jeweils Ausschlussflächen)<br />
Spezialfall Robinie: zu prüfen innerhalb <strong>ein</strong>es 500 m Schutzabstandes um besonders gefährdete FFH-LRT<br />
und SBK-Biotope sowie um ausgewählte besonders gefährdete BTLN<br />
im Bereich der Bodendenkmäler laut DIA des LfA<br />
innerhalb der Vorrang-/Vorbehaltsgebiete Landschaftsbild (Kulturlandschaftsschutz), Erholung, Arten- und<br />
Biotopschutz, Waldmehrung sowie regionale Grünzüge des Regionalplans<br />
Schwerpunktflächen des Naturschutzes:<br />
NSG, NLP, BR Zone 1 und 2, FFH-LRT + biotopabhängige Schutzabstände<br />
FFH-Arthabitate der Arten des Anhanges II der FFH-RL<br />
SBK-Biotope + biotopabhängige Schutzabstände<br />
FND, ND, geologische ND + biotopabhängige Schutzabstände<br />
10 m – Gewässerrandstreifen, Kern-/Verbindungsflächen der BVP für offene Agrarräume<br />
(Kulturlandschafts-)Elemente der struktur- und artenreichen Kulturlandschaft:<br />
Weitere ausgewählte BTLN der BTLNK+ biotopabhängige Schutzabstände<br />
ausgewählte historische Kulturlandschaftselemente (Ackerterrasse, Hohlweg, Burgwall, Landwehr) und<br />
Schutzabstände<br />
restliche Ackerfläche<br />
auf Grünland, in Wald, Siedlung, Gewässer etc. ist i. d. R. aus Natur-, Klima- und Bodenschutzsicht<br />
Ausschluss von KUP zu empfehlen bzw. Anlage von KUP nicht möglich<br />
Abkürzungen: LEP = Landesentwicklungsplan, FFH-LRT = Lebensraumtypen nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL), SBK = Selektive<br />
Biotopkartierung, BTLNK = (flächendeckende) Biotoptypen- und Landnutzungskartierung, BTLN = Biotop- und Landnutzungstypen, LSG =<br />
Landschaftsschutzgebiet, NP = Naturpark, BR = Biosphärenreservat, VO = Verordnung, SPA = Vogelschutzgebiet, DIA = Dokumentations- und<br />
Informationssystem des Sächsischen Landesamtes für Archäologie (LfA), NSG = Naturschutzgebiet, NLP = Nationalpark, FND = Flächen naturdenkmal,<br />
ND = Naturdenkmal, BVP = Biotopverbundplanung<br />
38
Karin Frommhagen, Maik Denner, Ralf-Uwe Syrbe, Harald Neitzel<br />
der Kriterien in Tabelle 3 werden für 16 % der<br />
Ackerfläche durch die Anlage <strong>ein</strong>er KUP Synergien<br />
zu Naturschutzzielen erwartet. Weitere 36 % sind<br />
als neutral hinsichtlich <strong>ein</strong>es KUP-Anbaus zu bewerten.<br />
Für 29 % der Ackerfläche sind die Synergien<br />
oder Risiken erst im Zuge <strong>ein</strong>er genaueren Analyse<br />
der Vor-Ort-Verhältnisse <strong>ein</strong>schätzbar. 19 % der<br />
gegenwärtigen Ackerfläche sollten aus Gründen<br />
des Flächennaturschutzes vorsorglich von KUP ausgespart<br />
werden. Die Kulissen sind als Empfehlung<br />
für die Standortsuche zu verstehen, und sollten<br />
z. B. im Zuge der Entscheidungen zur Vergabe von<br />
Fördermitteln berücksichtigt werden. Die komplexen<br />
Belange des Artenschutzes können mit <strong>ein</strong>er<br />
Flächenkulisse weniger gut abgebildet werden und<br />
sollten immer im Einzelfall nach vorhergehender<br />
standortsspezifischer Bewertung beurteilt werden.<br />
Die Synergieklassenkulisse von Abbildung 27 ist<br />
nicht bindend. Im Einzelfall sind kl<strong>ein</strong>flächige oder<br />
streifenförmige, naturschutzgerecht gestaltete Anlagen<br />
anders zu bewerten als großflächige, <strong>ein</strong>heitlich<br />
strukturierte KUP.<br />
Anlage und Bewirtschaftung von KUP unter Berücksichtigung<br />
landschaftsökologischer, naturund<br />
bodenschutzfachlicher Aspekte<br />
Abb. 27: Empfohlene Flächenauswahl für KUP auf Ackerland<br />
(Basis BTLNK 2005) im Landkreis Görlitz<br />
Für die Frage, wo KUP aus Sicht des Natur- und<br />
Bodenschutzes angelegt werden sollten, wurden<br />
sachsenweite Gebietskulissen für „Vorzugsflächen“<br />
(Synergieflächen) und für „Vorsorgeflächen“ (Risiko-<br />
und Ausschlussflächen) für KUP auf Ackerflächen<br />
erstellt, die im Internet verfügbar sind 25 . Im<br />
Projekt LÖBESTEIN wurden detaillierte Kriterien für<br />
<strong>ein</strong>e Naturschutz-Synergieklassenkulisse für Anforderungen<br />
des Flächennaturschutzes (v. a. Schutzgebiete,<br />
Biotopschutz) sowie für solche des Artenschutzes<br />
erarbeitet und am Beispiel des Landkreises<br />
Görlitz getestet. Beispielhaft sind die berücksichtigten<br />
Kriterien des Flächennaturschutzes in Tabelle 3<br />
dargestellt, die zugehörige Synergieklassenkulisse<br />
für den Landkreis Görlitz in Abbildung 27.<br />
Nach der in Abbildung 27 beispielhaft auf den<br />
Landkreis Görlitz angewendeten Analyse mittels<br />
Wenn <strong>ein</strong>e KUP auch der Verwirklichung natur- und<br />
bodenschutzfachlicher Ziele dienen oder in hohem<br />
Maße landschaftsökologische Funktionen erfüllen<br />
und Ökosystemdienstleistungen erbringen soll, sind<br />
folgende Empfehlungen für die Anlage und Bewirtschaftung<br />
sinnvoll 26 :<br />
• Standortwahl so, dass Synergien zu Zielen des<br />
Klima-, Boden-, Gewässer- und Naturschutzes<br />
genutzt und Konflikte vermieden werden (vgl.<br />
vorherigen Abschnitt),<br />
• Bevorzugung kl<strong>ein</strong>flächiger oder streifenweiser<br />
KUP oder bei großen Flächen Verwendung unterschiedlicher<br />
Arten, Sorten, Klone,<br />
• Schaffung bzw. Belassung von Randstrukturen,<br />
Begleitbiotopen (Gehölz- und Staudensäume,<br />
Blühstreifen) oder auch von (kl<strong>ein</strong>eren) Lücken<br />
innerhalb der KUP; Zulassen der Entwicklung<br />
spontaner Begleitbiotope auch innerhalb der<br />
KUP auf 5 - 10 % ihrer Fläche, weil dies die Artenvielfalt<br />
fördert und <strong>ein</strong>e bessere Einpassung<br />
ins Landschaftsbild ermöglicht,<br />
39
Innovationsmöglichkeiten der landbaulichen Entwicklung<br />
• Verwendung <strong>ein</strong>heimischer Gehölzarten; Verzicht<br />
auf invasive sowie auf gentechnisch veränderte<br />
Arten; Schutzabstände bei KUP mit Robinie<br />
zu wertvollen Lebensräumen (v. a. zu Trockenund<br />
Magerbiotopen),<br />
• Anlage der KUP möglichst nur mit extensiver<br />
Bodenbearbeitung; weitgehender Verzicht auf<br />
Düngung und nach Möglichkeit auch auf Pestizide,<br />
• Erhaltung <strong>ein</strong>er gewissen strukturellen Vielfalt bei<br />
der Bewirtschaftung, z. B. durch räumlich gestaffelte<br />
Erntetermine (in größeren KUP); bedeutsam<br />
bei KUP, die dem Erosionsschutz dienen sollen,<br />
• Beerntung außerhalb der Vegetationsperiode<br />
(außerhalb der Brut-, Aufzuchtszeit); bodenschonende<br />
Befahrung möglichst bei Bodenfrost;<br />
bodenschonende Rückwandlung der KUP unter<br />
Beachtung des Bodengefügeschutzes,<br />
• Vermeidung längerer Phasen offenen Bodens<br />
(wegen Erosionsgefahr),<br />
• Verzicht auf den Anbau großflächiger KUP in<br />
Gebieten mit sensiblem Grundwasserstand (KUP<br />
verbrauchen mehr Wasser als <strong>ein</strong>jährige Kulturen).<br />
Die Maßnahmen sollten auch <strong>ein</strong>e besondere Förderung<br />
erfahren. Bei Berücksichtigung dieser Empfehlungen<br />
können KUP <strong>ein</strong>en Beitrag zum Schutz<br />
der biologischen Vielfalt, zum Bodenschutz, Grundwasser-<br />
und Gewässerschutz sowie bei längerer<br />
Standzeit auch zur Biotopvernetzung für an Strukturen<br />
gebundene Arten leisten.<br />
Nach dem Ende der Nutzungszeit <strong>ein</strong>er KUP kann<br />
die Fläche wieder als Ackerfläche für den Anbau<br />
<strong>ein</strong>jähriger Kulturen genutzt werden. Hierzu wird<br />
sie nach der letzten Ernte mit Forstmulchern bearbeitet<br />
und anschließend ca. 20 bis 30 cm tief<br />
gefräst. Dieses Verfahren ist in der landwirtschaftlichen<br />
Praxis erprobt 22 . Mit der Rückumwandlung<br />
von KUP in Grünland liegen noch k<strong>ein</strong>e praktischen<br />
Erfahrungen vor.<br />
5.2.2 Agroforstsysteme<br />
In Agroforstsystemen wird der Anbau <strong>ein</strong>jähriger<br />
landwirtschaftlicher Kulturen oder von Grünland<br />
mit der Anpflanzung von Sträuchern oder Bäumen<br />
auf <strong>ein</strong>er Fläche kombiniert. Landwirtschaft und<br />
Forstwirtschaft, die heute i. d. R. räumlich getrennt<br />
stattfinden, werden in Agroforstsystemen quasi auf<br />
<strong>ein</strong>er Fläche gem<strong>ein</strong>sam betrieben. Unterschieden<br />
werden silvoarable (landwirtschaftliche Komponente<br />
Ackerbau) und silvopastorale Agroforstsysteme<br />
(landwirtschaftliche Komponente Grünland inkl.<br />
Weideland) 27 . Agroforstsysteme sind gesetzlich k<strong>ein</strong><br />
Wald 28 , da die Flächen gleichzeitig der Erzeugung<br />
landwirtschaftlicher Produkte dienen.<br />
In bestimmten Regionen der Welt besitzen Agroforstsysteme<br />
große Bedeutung, z. B. als traditionelle<br />
kl<strong>ein</strong>bäuerliche Nutzung in Gebieten mit Tropischem<br />
Regenwald als natürliche Vegetation, oder<br />
als „Dehesa“ (System aus Korkeichen, Schw<strong>ein</strong>ezucht<br />
und Feldbau) im Westen von Spanien. Früher<br />
waren Agroforstsysteme auch in Deutschland weiter<br />
verbreitet. Ein bekanntes Beispiel sind die lichten<br />
Hudewälder, in denen Waldweide betrieben wurde.<br />
Die heute bekanntesten noch praktizierten Agroforstsysteme<br />
sind Streuobstwiesen (im Landkreis<br />
Görlitz gab es 2005 noch 270 ha dieses geschützten<br />
Biotops) und Windschutzhecken. Im Zuge der<br />
Spezialisierung und Intensivierung in der Landwirtschaft<br />
kam es zunehmend zu <strong>ein</strong>er Trennung der<br />
Nutzungen, so dass Agroforstsysteme heute in Mitteleuropa<br />
nur noch <strong>ein</strong>e geringe wirtschaftliche Bedeutung<br />
besitzen. Aktuell werden sie weitgehend<br />
aus Gründen der Bewahrung traditioneller Kulturlandschaften<br />
erhalten und gepflegt (z. B. Streuobstwiesen,<br />
St<strong>ein</strong>rückenlandschaften).<br />
Agroforstsysteme können bei nachhaltiger Bewirtschaftung<br />
zahlreiche positive Umweltwirkungen<br />
und ÖSD erbringen u. a.: 29<br />
• hohe Erträge durch optimale Nutzung der Standortfaktoren<br />
(z. B. erschließen die Baumwurzeln<br />
Nährstoffe in tieferen Bodenschichten),<br />
• Diversifizierung der Produktpalette,<br />
• Erhöhung der Arten- und Lebensraumvielfalt,<br />
• positive Auswirkungen auf das Mikroklima,<br />
• Schutz des Bodens vor Erosion; Humusanreicherung,<br />
40
Karin Frommhagen, Maik Denner, Ralf-Uwe Syrbe, Harald Neitzel<br />
• Senkung der Anfälligkeit der landwirtschaftlichen<br />
Kulturen gegenüber Krankheiten, Schädlingen,<br />
klimatischen Stress,<br />
• positive Wirkungen auf Weidetiere (Bäume spenden<br />
Schatten),<br />
• Verschönerung des Landschaftsbildes durch<br />
Strukturanreicherung.<br />
In der jüngeren Vergangenheit werden Agroforstsysteme<br />
wieder häufiger diskutiert und auch unter<br />
mitteleuropäischen Bedingungen wissenschaftlich<br />
untersucht und praktisch erprobt z. B. der sogenannte<br />
Energiewald der BTU Cottbus in der Bergbaufolgelandschaft<br />
Welzow-Süd. Dabei stehen<br />
insbesondere Agroforstsysteme mit Wertholzproduktion<br />
und Agroforstsysteme mit Energieholzproduktion<br />
im Fokus, wobei Wert- und Energieholzproduktion<br />
auch auf <strong>ein</strong>er Fläche kombiniert zur<br />
Anwendung kommen kann.<br />
Eine Wertholzproduktion (Ziel: Furnierholz) kann<br />
am besten mit Edellaubbaumarten (z. B. Wildkirsche,<br />
Esche, Berg- und Spitzahorn, Elsbeere, Erle)<br />
erfolgen, die weitständig in Reihen angepflanzt<br />
werden. Die Produktionszeiten sind aufgrund der<br />
Lichtstellung bei <strong>ein</strong>em Zieldurchmesser in Brusthöhe<br />
von 55 - 60 cm mit 50 - 70 Jahren wesentlich kürzer<br />
als im Wald. Hohe Furnierholzpreise setzen <strong>ein</strong><br />
astfreies Stammstück von 5 - 10 m voraus, welches<br />
durch „Ästungsmaßnahmen“ in den ersten 15 Jahren<br />
nach der Pflanzung „erzogen“ wird. Der Abstand<br />
der Bäume in der Reihe ist entsprechend der<br />
Kronendurchmesser der Wertholzbäume zu wählen,<br />
der Abstand zwischen den Reihen hängt von<br />
der landwirtschaftlichen Nutzung ab. Zum Beispiel<br />
ergeben 26 m Reihenabstand und 15 m Baumabstand<br />
in der Reihe <strong>ein</strong>en Zielbaumbestand von 26<br />
pro ha 29 .<br />
Der Anbau schnellwachsender, ausschlagfähiger<br />
Bäume (v. a. Pappeln und Weiden) für die Produktion<br />
von Energieholz kann in sogenannten Alley-Cropping-Systemen<br />
erfolgen. Dabei handelt es<br />
sich um KUP-Streifen, die auf Ackerflächen integriert<br />
werden (Kap. 5.2.1). Hierbei sind Agroforstsysteme<br />
mit Energiepflanzenanbau möglich. Aktuelle<br />
Forschungen zeigen, dass die Gehölzstreifen<br />
zum Erosionsschutz beitragen, positive Auswirkungen<br />
auf das Mikroklima und damit auf die Ertrags-<br />
sicherheit auf landwirtschaftlichen Ungunst-Standorten<br />
haben und die biologische Vielfalt sowie das<br />
Landschaftsbild bereichern.<br />
Agroforstsysteme ermöglichen <strong>ein</strong>erseits jährliche<br />
Einnahmen aus der Landwirtschaft und andererseits<br />
Einnahmen aus dem Verkauf von Hackschnitzeln<br />
oder von Wertholz, letzteres allerdings frühestens<br />
etwa 50 Jahre nach der Pflanzung. Eine ökonomische<br />
Bewertung des gesamten Systems kommt zum<br />
Ergebnis, dass mit Agroforstsystemen vergleichbare<br />
ökonomische Ergebnisse wie mit herkömmlichen<br />
landwirtschaftlichen Kulturen erzielt werden können.<br />
Agroforstsysteme könnten v. a. für Betriebe<br />
interessant werden, die in die Energie- und / oder<br />
Wertholzproduktion <strong>ein</strong>steigen, aber gleichzeitig<br />
ihre Flächen im Status Landwirtschaftsfläche erhalten<br />
wollen 30 .<br />
5.3 Materialien aus der Grünlandwirtschaft<br />
und Landschaftspflege<br />
5.3.1 Grünland<br />
Grünland ist <strong>ein</strong>e landwirtschaftlich genutzte oder<br />
gepflegte Fläche, auf welcher Gras und krautige<br />
Pflanzen als Dauerkultur wachsen und die beweidet<br />
oder gemäht wird. Davon zu trennen ist der<br />
Feldfutterbau (u. a. Ackergras, Kleegras, Luzerne,<br />
Klee), wo Grünlandpflanzen nur vorübergehend<br />
auf Ackerflächen zur Futtergewinnung <strong>ein</strong>gesät<br />
und die Flächen nach spätestens 5 Jahren wieder<br />
umgebrochen werden. Der Anteil des Dauergrünlandes<br />
im Landkreis Görlitz betrug 2011 20.184 ha,<br />
was 32 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche entspricht.<br />
Grünlandaufwuchs wird in der Regel zur<br />
Ernährung von Nutztieren, vor allem von Raufutterfressern<br />
wie Wiederkäuern oder Pferden, verwendet.<br />
Grünlandaufwüchse lassen sich darüber<br />
hinaus als nachwachsender Rohstoff nutzen, z. B. in<br />
Biogasanlagen, in Feuerungsanlagen oder zur Kompostierung.<br />
Dies ist insofern von Interesse, weil seit<br />
1990 die Tierbestände stark rückläufig waren und<br />
es nun fast überall <strong>ein</strong>en Überschuss an Grünlandflächen<br />
gibt, der zur Ernährung der Tierbestände<br />
nicht benötigt wird, zumal <strong>ein</strong> erheblicher Teil des<br />
Futters aus dem Feldfutterbau (z. B. in Form von<br />
Maissilage) gewonnen wird. Für diese Flächen werden<br />
also Nutzungsalternativen benötigt. Sinnvollerweise<br />
könnten diese natürlich auch darin bestehen,<br />
41
Innovationsmöglichkeiten der landbaulichen Entwicklung<br />
Im Naturschutzgesetz finden sich rechtliche Regelungen<br />
zur Beschränkung des Grünlandumbruches.<br />
Sie besagen, dass auf erosionsgefährdeten Hängen,<br />
in Überschwemmungsgebieten, auf Standorten mit<br />
hohem Grundwasserstand sowie auf Moorstandorwieder<br />
verstärkt Gras anstelle von Silomais in der<br />
Tierfütterung <strong>ein</strong>zusetzen. Besonders auf ertragsschwachen<br />
Standorten stehen aber auch Aufgaben<br />
der Landschaftspflege und des Naturschutzes im<br />
Mittelpunkt der Grünlandbewirtschaftung. Durch<br />
den Ausbau der Bioenergie, die Diskussion zum<br />
Schutz der Biodiversität und die allgem<strong>ein</strong>e Verknappung<br />
an landwirtschaftlicher Nutzfläche wird<br />
auch dem Grünland wieder mehr Aufmerksamkeit<br />
entgegen gebracht. Leider stehen dabei nicht immer<br />
s<strong>ein</strong>e Erhaltung und Nutzung im Zentrum der<br />
Interessen, sondern auf ackerfähigen Lagen auch<br />
der mögliche Umbruch zum Maisacker oder die Anlage<br />
von Miscanthus- bzw. Kurzumtriebsplantagen.<br />
Grünland konzentriert sich häufig auf Standorten<br />
mit Grenzertrags<strong>ein</strong>flüssen wie Vernässung oder<br />
Stauvernässung, Grundwasserferne, Hanglagen,<br />
Flachgründigkeit, st<strong>ein</strong>ige Böden, klimatische Ungunst<br />
in Gebirgslagen oder die Lage in Auen. Gerade<br />
dort trägt es zur Bereitstellung vieler Ökosystemdienstleistungen<br />
bei:<br />
1. Grünland leistet in s<strong>ein</strong>er Nutzung als Weide<br />
oder Wiese in Verbindung mit der Veredlung<br />
durch Wiederkäuer <strong>ein</strong>en essentiellen Beitrag<br />
zur Ernährung <strong>ein</strong>er wachsenden Weltbevölkerung.<br />
2. Als Leguminose reichert es auf natürlichem<br />
Wege Stickstoff im Boden an und erhält somit<br />
die Bodenfruchtbarkeit. Der gebundene Luftstickstoff<br />
ist Grundlage für die Bildung von<br />
Futtereiweiß.<br />
3. Es unterstützt durch s<strong>ein</strong>en dauerhaften Bewuchs<br />
die Regulierung des Wasserhaushaltes<br />
und die Neubildung sauberen Grundwassers.<br />
4. Es hat entscheidenden Einfluss auf die Reduzierung<br />
von Erosion durch Wind oder Wasser.<br />
5. Dauergrünland begünstigt die Humusbildung<br />
und die Entwicklung des Bodenlebens, damit<br />
ist es nach Wald und Moor die wichtigste<br />
CO2-Senke in der Landschaft.<br />
6. Als vom Menschen geschaffene Sekundärvegetation<br />
beherbergt es vor allem bei extensiver<br />
Bewirtschaftung <strong>ein</strong>e große Zahl von<br />
Pflanzen- und Tierarten.<br />
7. Grünland ist <strong>ein</strong>e Kulturformation mit vielfältigen<br />
historischen, ästhetischen und ethisch begründbaren<br />
Werten.<br />
Intensive Grünlandnutzung erfordert <strong>ein</strong>e Vielzahl<br />
von Mähschnitten oder hohen Beweidungsdruck,<br />
verbunden mit relativ hohem Düngeraufwand<br />
und meliorativen Maßnahmen. Wertvolle Ökosystemdienstleistungen<br />
erbringt hingegen extensiv<br />
genutztes Grünland. Von <strong>ein</strong>er extensiven Wiesen-Nutzung<br />
wird z. B. gesprochen, wenn:<br />
• <strong>ein</strong>e jährliche Mahd und der Abtransport des<br />
Schnittgutes als Grundmerkmale der Wiesennutzung<br />
gegeben sind,<br />
• die natürlichen Bodenverhältnisse und die standortstypische<br />
spontane Wiesenvegetation nicht<br />
gezielt verändert werden,<br />
• auf den Einsatz von mineralischem Stickstoff,<br />
Pestiziden und Gülle weitgehend verzichtet wird,<br />
• die Nutzungshäufigkeit und -termine mit der Regenerationsfähigkeit<br />
der typischen Pflanzen- und<br />
Tierarten ver<strong>ein</strong>bar sind.<br />
Grünlandpflege<br />
Die wichtigsten Arbeitsschritte zur Grünlandpflege<br />
sind unabhängig von ihrer Nutzungsweise (als<br />
Weide, Wiese, Bioenergiefläche). Dazu gehören vor<br />
allem Abschleppen, Walzen, Nachsaat, Mahd oder<br />
Beweidung 31 . Je nach Zustand und Schutzstatus <strong>ein</strong>er<br />
Fläche können spezifische Maßnahmen bzw.<br />
Rücksichten auf Erfordernisse des Naturschutzes<br />
notwendig werden, die gleichzeitig die Voraussetzungen<br />
für den Erhalt von Fördermitteln sind 32 .<br />
Mehrere Fördermöglichkeiten, insbesondere der<br />
Sächsischen Richtlinie Agrarumweltmaßnahmen<br />
und Waldmehrung (AuW) stehen zur Unterstützung<br />
<strong>ein</strong>er naturschutzgerechten Grünlandnutzung<br />
auch in Zukunft zur Verfügung.<br />
Erhaltung von Dauergrünland / Umbruchverbot<br />
42
Karin Frommhagen, Maik Denner, Ralf-Uwe Syrbe, Harald Neitzel<br />
ten <strong>ein</strong> Umbruch von Grünland zu unterlassen ist<br />
(entspricht nicht der guten fachlichen Praxis). Ein<br />
Umbruch von Grünland auf diesen Standorten sowie<br />
unabhängig von den Standortsmerkmalen auf<br />
<strong>ein</strong>er Fläche von mehr als 5 000 m² unterliegt in<br />
Sachsen der Eingriffsregelung, bedarf <strong>ein</strong>er Genehmigung<br />
und erfordert die Durchführung von Ausgleichsmaßnahmen.<br />
Beispiele für Nutzungsalternativen von Grünland<br />
neben der Futtergewinnung und Beweidung<br />
Entwicklung von Heupellets 33<br />
Die thermische Nutzung (Verbrennung) von Mahdgut<br />
ist problematisch aufgrund der hohen Emissionswerte<br />
von Schwermetallen, Staub, Säurebildnern<br />
und wegen des für die meisten Feuerungsanlagen<br />
ungünstigen Abbrandverhaltens sowie der niedrigen<br />
Ascheschmelzpunkte. Dafür müsste <strong>ein</strong> extra<br />
Kesseltyp zugelassen werden; diese Typprüfungen<br />
sind für die Hersteller bei den geringen Verkaufszahlen<br />
derzeit aber noch nicht finanzierbar, sodass<br />
diese Entwicklungen gestoppt wurden 34 . Aufgrund<br />
der großen Volumina von Heu sind Transporte über<br />
größere Entfernungen unwirtschaftlich. Erst durch<br />
das Pelletieren kann aus Heu und anderen halmgutartigen<br />
Biomassen (z. B. Stroh) <strong>ein</strong> qualitativ<br />
hochwertiger Brennstoff hergestellt werden, dessen<br />
energetische Nutzung auch außerhalb des landwirtschaftlichen<br />
Bereiches möglich ist. Kapazitäten<br />
dafür sind vorhanden; Heupellets haben <strong>ein</strong>en unteren<br />
Heizwert von 17,5 MJ/kg bei <strong>ein</strong>er Energiedichte<br />
von 2.500 kWh/m³ (geringerer Heizwert und<br />
höherer Aschegehalt als Holzpellets) 33 . Allerdings<br />
sind aufgrund der o. g. Probleme viele Holz- und<br />
Kohle-Feuerungsanlagen gegenwärtig für die Verbrennung<br />
von Heupellets noch nicht geeignet. Ein<br />
Verkauf der Pellets ist mit geringen Gewinnspannen<br />
wirtschaftlich möglich. Die Herstellung von Brennstoffpellets<br />
aus landwirtschaftlicher Biomasse und<br />
deren Verbrennung steht noch am Anfang und bedarf<br />
weiterer Forschung und Entwicklung 35 .<br />
Biogas aus Gras<br />
In Deutschland werden mehr als 30 % der Biogasanalagen<br />
mit Gras als Ko-Substrat betrieben, dies<br />
macht ca. 8 % Gras oder Grassilage als Massenanteil<br />
am Gesamtsubstrat aus. Im EEG ist „Landschaftspflegematerial<br />
<strong>ein</strong>schließlich Landschafts-<br />
pflegegras“ der Einsatzstoffvergütungsklasse (EVK)<br />
II mit dem höheren Vergütungssatz zugeordnet.<br />
Als Landschaftspflegegras gilt nur Grünschnitt von<br />
maximal zweischürigem Grünland. Gras von Dauergrünlandflächen<br />
und Ackergras, welches nicht als<br />
Landschaftspflegematerial <strong>ein</strong>gestuft werden kann,<br />
darf natürlich auch in Biogasanlagen <strong>ein</strong>gesetzt<br />
werden, unterliegt aber der um 2 Cent geringeren<br />
Vergütung nach EVK I. Um den Verschmutzungsgrad<br />
gering zu halten, sollte die Schnitthöhe 7 cm<br />
nicht unterschreiten. Empfehlenswert ist das Anwelken<br />
des Grasschnittes auf mindestens 30 % Trockensubstanzgehalt,<br />
<strong>ein</strong>e saubere (möglichst dichte,<br />
fäulnis- und schimmelfreie) Silierung und die Zerkl<strong>ein</strong>erung<br />
des Materials (Häcksellänge 5 - 7 mm).<br />
Die Vergärung wird durch <strong>ein</strong>e vorgeschaltete<br />
Hydrolyse begünstigt. Eine gute Verwertung ist<br />
mit längeren Verweilzeiten in der Anlage verbunden.<br />
Die Gaserträge frischer Grünschnittproben<br />
in Futterqualität liegen bei ca. 0,4 m³/kg oTS (bei<br />
Anwelksilage bis 0,48 m³/kg oTS; zum Vergleich:<br />
Rindergülle: 0,26 m³/kg oTS, Maissilage: 4,5 m³/<br />
kg oTS). Sie gehen allerdings stark zurück, wenn<br />
später geschnitten wird, z. B. beim ersten Schnitt<br />
im August auf 0,36 m³/kg oTS 33,36 . Eine verstärkte<br />
Nutzung von Grünland als Biogassubstrat könnte<br />
zwar alternative Verwertungsoptionen und damit<br />
<strong>ein</strong>e weitere Nutzungsgrundlage zur Erhaltung von<br />
Dauergrünlandflächen schaffen. Doch steht die Intensivierung<br />
der Grünlandnutzung dem Schutz der<br />
Biodiversität entgegen und bietet z. B. für bodenbrütende<br />
Vogelarten k<strong>ein</strong> geeignetes Habitat.<br />
Landwirtschaftsbetriebe mit eigener Biogasanlage<br />
oder <strong>ein</strong>er Anlage in unmittelbarer Nachbarschaft,<br />
welche die faserreichen Stoffe verarbeiten kann,<br />
können sich <strong>ein</strong>e zusätzliche stabile Einnahmequelle<br />
erschließen und den nicht anderweitig benötigten<br />
Grünlandaufwuchs energetisch in der Biogasanlage<br />
nutzen. Allerdings ist das Substrat von Dauergrünland<br />
weniger homogen im Vergleich zu Ackergras<br />
oder gar zu Maissilage.<br />
5.3.2 Landschaftspflegematerial<br />
Der Begriff „Landschaftspflegematerial“ im Zusammenhang<br />
mit der energetischen Verwertung und<br />
dem Erhalt des entsprechenden Bonus ist noch umstritten.<br />
Die Clearingstelle EEG bemüht sich um <strong>ein</strong>e<br />
Konkretisierung der Definition. Anbaubiomasse wie<br />
z. B. Mais, Raps oder Getreide zählen grundsätzlich<br />
43
Innovationsmöglichkeiten der landbaulichen Entwicklung<br />
nicht als Landschaftspflegematerial. Unter Landschaftspflegematerial<br />
versteht man in der Regel<br />
Biomasse, die bei der Pflege, pfleglichen Nutzung<br />
oder Umgestaltung von Biotopen, Schutzgebieten<br />
und gestalterischen Landschaftselementen anfällt<br />
wie z. B.:<br />
• Mahdgut von Feucht- und Streuwiesen, von<br />
mageren Flachland- und Bergmähwiesen sowie<br />
aus der Pflege von Gräben und Flussauen,<br />
• Grünschnitt von kommunalen Grünflächen, des<br />
Straßenbegleitgrüns und aus Fluss- und Grabensohlen,<br />
• Materialien aus der Streuobstwiesen- und<br />
Hecken verjüngung<br />
• Schilf aus der Teichwirtschaft,<br />
• zu beseitigende Neophyten.<br />
Vor allem im Süden des Landkreises Görlitz werden<br />
Neophyten wie Drüsiges Springkraut ( Abbildung<br />
28) und asiatische Staudenknöterich-Arten (Abbildung<br />
29) bekämpft.<br />
Abb. 29: Staudenknöterich (Fallopia spec.)<br />
(Foto: Harald Neitzel)<br />
rung oder Fruchtfolgenverengung. Der Mehrfachnutzen<br />
aus Naturschutz und Energiegewinnung<br />
kann zu <strong>ein</strong>er höheren Akzeptanz beider Anliegen<br />
beitragen.<br />
Energetisches Nutzungspotenzial<br />
Das Potenzial für <strong>ein</strong>e (energetische) Verwertung<br />
von Reststoffen aus der Landschaftspflege wurde<br />
in verschiedenen Studien 37 abgeschätzt und bewertet.<br />
Das Regionale Energie- und Klimaschutzkonzept<br />
für die Planungsregion Oberlausitz-Niederschlesien<br />
beziffert dieses Reststoffpotenzial für den<br />
Landkreis Görlitz mit 11.891 t holziger und 8.532 t<br />
halmgutartiger Biomasse pro Jahr. Für die Holzverbrennung<br />
gibt es inzwischen gut entwickelte Kessel<br />
und „Best-practice“ Beispiele. Eine energetische<br />
Nutzung der halmgutartigen und krautigen Landschaftspflegebiomasse<br />
wird hingegen noch wenig<br />
praktiziert (s. o.).<br />
Herausforderungen für die energetische Nutzung<br />
von Landschaftspflegematerial sind 38 :<br />
Ab b. 28: Drüsiges Springkraut (Impatiens glandulifera)<br />
(Foto: Harald Neitzel)<br />
Die energetische Nutzung von Landschaftspflegematerial<br />
leistet nicht nur <strong>ein</strong>en Beitrag zum Klimaschutz.<br />
Damit sind auch finanzielle Belastungen<br />
zu reduzieren, da aktuell diese Materialien i. d. R.<br />
als kostenverursachendes Abfallprodukt entsorgt<br />
werden müssen. Es bestehen k<strong>ein</strong>e Nutzungskonkurrenzen<br />
zur Nahrungsmittelerzeugung und k<strong>ein</strong>e<br />
Konflikte mit dem Naturschutz wegen Intensivie-<br />
• Dezentralität, Sperrigkeit und geringe Einzelmengen<br />
(hohe Transportkosten, kritische Energiebilanz<br />
bei Transporten über 10 km),<br />
• oft hohe Bergungskosten (z. B. auf steilen, nassen<br />
Grenzertragsstandorten),<br />
• ungünstige Materialeigenschaften machen speziellen<br />
Aufschluss, z. B. durch Hydrolyse, erforderlich,<br />
44
Karin Frommhagen, Maik Denner, Ralf-Uwe Syrbe, Harald Neitzel<br />
• Ertragsschwankungen (inhomogenes Gärgut,<br />
Verunr<strong>ein</strong>igungen, Energieausbeute),<br />
• hohe Bereitstellungskosten, erhöhter technischer<br />
Aufwand, geringer Energiegehalt,<br />
• geringe Planungssicherheit aufgrund der Fördermittelabhängigkeit,<br />
• es lohnt sich wegen der nur geringfügig höheren<br />
Förderung weniger als die Verwertung nachwachsende<br />
Rohstoffe (Kap. 5.6.2).<br />
Voraussetzungen für die energetische Nutzung<br />
von Landschaftspflegematerial<br />
Sobald es möglich ist, Landschaftspflegematerial<br />
energetisch sinnvoll und effektiv zu verwerten,<br />
wäre dies aus ökologischer und wirtschaftlicher<br />
Sicht zweckmäßiger, als auf <strong>ein</strong>e steigende Nutzung<br />
von Anbaubiomasse zu setzen.<br />
Die energetische Verwertung von Landschaftspflegematerial<br />
erforderte spezifische Voraussetzungen:<br />
• Standorte zur Verarbeitung,<br />
• <strong>ein</strong>e geeignete Verwertungstechnologie,<br />
• den notwendigen Investor und Betreiber.<br />
Das Potenzial im Landkreis Görlitz ermöglicht es,<br />
jährlich jeweils 1.000 bis 2.000 t Landschaftspflegematerial<br />
an insgesamt drei Standorten zur wirtschaftlichen<br />
Verwertung zu bringen. Diese Entwicklung<br />
kann mit der Einrichtung kommunaler<br />
Grüngutannahmestellen und dem schrittweisen<br />
Aufbau und der Anwendung entsprechender Aufbereitungstechnik<br />
gekoppelt werden. Damit würde<br />
zudem <strong>ein</strong> wesentlicher Beitrag zur Organisation<br />
und zum Aufbau von regionaler Wertschöpfung,<br />
und somit der Schaffung von sicheren Arbeitsplätzen<br />
geleistet.<br />
5.4 Energiepflanzen im ökologischen<br />
Landbau<br />
Der ökologische Landbau befindet sich in Deutschland<br />
nach wie vor im Aufwind, angetrieben durch<br />
die boomende Nachfrage nach ökologisch erzeugten<br />
Agrarprodukten, welche leider längst nicht<br />
mehr aus dem Inland gedeckt werden kann. Allerdings<br />
stellt die Bioenergie als neue Anbaualternative<br />
<strong>ein</strong>e ernsthafte Flächenkonkurrenz dar, welche<br />
u. a. zur Verteuerung der Pachten beitrug. Die Zahl<br />
der Landwirte, welche auf ökologische Wirtschaftsweise<br />
umstellen, geht zurück. So stieg nach früheren<br />
Wachstumsraten von durchschnittlich 7 % die<br />
ökologisch bewirtschaftete Fläche in Deutschland<br />
2011 nur noch um 2,3 % auf 1.013.000 ha an 39 .<br />
Ökologischer Landbau und die Bereitstellung von<br />
Bioenergie schließen sich k<strong>ein</strong>eswegs aus. Die Biogaserzeugung<br />
in ökologisch wirtschaftenden Betrieben<br />
bietet gute Voraussetzungen, um die Ansprüche<br />
an <strong>ein</strong>e umweltverträgliche Energiegewinnung<br />
umzusetzen. Bio-Landwirte stehen zur Energiewende<br />
und setzen in der Bioenergieproduktion anstelle<br />
von Mais vor allem auf Kleegras, aber auch auf die<br />
Verwertung von Abfall- und Reststoffen sowie Materialien<br />
aus der Landschaftspflege, welche nicht in<br />
Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion stehen<br />
und deren Nutzung die biologische Vielfalt ebenso<br />
wie die Böden schützen. Die Eingliederung <strong>ein</strong>er<br />
„Ökogas“-Produktion in den geschlossenen<br />
und durchdachten Kreislauf <strong>ein</strong>es Bio-Bauernhofes<br />
kann <strong>ein</strong>e sinnvolle und umweltfreundliche Option<br />
darstellen, wenn dabei auch die Fragen des<br />
Boden- und Naturschutzes berücksichtigt werden.<br />
In Deutschland liefern heute 150 Ökogas-Anlagen<br />
30.000 kW dieser nachhaltigsten Form der Bioenergie<br />
40 . Durchschnittlich besteht der Substratmix<br />
in Bio-Biogasanlagen aus 55 % Wirtschaftsdünger,<br />
Abb. 30: Substrat<strong>ein</strong>satz von Bio-Biogasanlagen<br />
(Grafik: Sabine Witschas, Ralf-Uwe Syrbe)<br />
45
Innovationsmöglichkeiten der landbaulichen Entwicklung<br />
Stroh oder Silageresten, 21 % Kleegras- oder Grassilage,<br />
17 % Maissilage und 7 % sonstigen Substraten<br />
41 (Abbildung 30). Sie werden wegen ihres<br />
höheren Flächenbedarfes häufig in Form von Gem<strong>ein</strong>schaftsanlagen<br />
genutzt.<br />
5.4.1 Ziele und Grundsätze des Ökolandbaus<br />
Mist oder Gülle weniger hochwertige Düngemittel<br />
zur Verfügung, sodass <strong>ein</strong> Ersatz für die Viehhaltung<br />
benötigt wird. Praxisbetriebe berichten von<br />
<strong>ein</strong>er Ertragssteigerung durch die Einbeziehung von<br />
Biogas-Gärresten um 15 bis 20 % in der gesamten<br />
Fruchtfolge 41 (Abbildung 31).<br />
Die Rahmenbedingungen des Ökolandbaus sind<br />
seit 1991 in den EU-Richtlinien zum Öko-Landbau<br />
geregelt. Eine wichtige Zielstellung ist die Schaffung<br />
<strong>ein</strong>es geschlossenen Betriebskreislaufes. Dazu<br />
gehört die Regeneration der Bodenfruchtbarkeit<br />
durch nachhaltige Nutzung der Humus- und Nährstoffe<br />
ebenso wie die Wiederverwendung anfallender<br />
Materialien und der verantwortungsvolle Umgang<br />
mit Energie.<br />
Das Anbausystem und speziell die Bodenbearbeitung<br />
müssen so ausgelegt s<strong>ein</strong>:<br />
• dass die natürliche Bodenfruchtbarkeit und das<br />
Bodenleben erhalten werden,<br />
• dass die Bodenstabilität und die biologische Vielfalt<br />
im Boden gefördert werden,<br />
• dass Schäden, wie Verdichtungen und Erosion<br />
vermieden werden.<br />
• Dazu ist es vor allem notwendig, den Humusgehalt<br />
zu erhalten oder zu steigern.<br />
Die Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit soll weiterhin<br />
gesichert werden durch den Anbau von Leguminosen<br />
als mehrjährige Fruchtfolgen, Untersaaten<br />
oder Gründüngung und durch die Anwendung von<br />
Wirtschaftsdünger und Kompost aus dem eigenen<br />
Betrieb. Der Einsatz weiterer Düngemittel, Bodenverbesserungs-<br />
und Pflanzenschutzmaßnahmen ist<br />
in den Anhängen der Verordnung EU-Öko-Durchführungsverordnung<br />
42 geregelt.<br />
Eine Verwirklichung des Grundansatzes der Kreislaufwirtschaft<br />
heißt konkret, dass Ackerbau und<br />
Viehhaltung an<strong>ein</strong>ander gekoppelt sind: auf der<br />
Ackerfläche werden Verkaufsfrüchte und Futterpflanzen<br />
für die Tierhaltung erzeugt, die pflanzlichen<br />
Abfälle und der tierische Dung wiederum kommen<br />
als Dünger zurück auf den Acker. Bei viehlosen<br />
Betrieben hingegen stehen durch das Fehlen von<br />
Abb. 31: Gewährleistung <strong>ein</strong>es geschlossenen Betriebskreislaufes<br />
von Nährstoffen unter Einbeziehung <strong>ein</strong>er Biogasanlage im<br />
ökologischen Landbau; Grafik: Sebastian Tramsen nach 43<br />
Abbildung 31 veranschaulicht, dass auch Bio-Landwirtschaftsbetriebe<br />
ohne eigene Viehhaltung die<br />
Anforderungen an geschlossene Wirtschaftskreisläufe<br />
erfüllen können. Mit dem Gärrest aus <strong>ein</strong>er<br />
Biogasanlage erhalten sie <strong>ein</strong> zugelassenes Düngemittel,<br />
welches Treibhausgasemissionen im Vergleich<br />
zur direkten Nutzung von Wirtschaftsdüngern<br />
vermindert und den Pflanzen leicht nutzbare<br />
Nährstoffe bereitstellt. Durch den Betrieb <strong>ein</strong>er modernen<br />
Biogasanlage (s. Abschn. 5.7) kann in Form<br />
des Gärrestes <strong>ein</strong> Düngerpool gebildet werden.<br />
5.4.2 Auswirkungen auf die Ökosysteme<br />
Werden die Aufwüchse stickstoffspeichernder Zwischenkulturen<br />
wie z. B. Kleegras nicht gemulcht<br />
,sondern zur energetischen Verwertung geerntet,<br />
so kann damit <strong>ein</strong> Großteil der klimawirksamen<br />
Lachgas-Emissionen auf dem Acker vermieden<br />
werden 43 . Wildpflanzenmischungen und andere<br />
Energiekulturen des Ökolandbaues können Insekten<br />
<strong>ein</strong> reichhaltiges Nahrungsangebot außerhalb<br />
der Obst-und Rapsblüte bieten. Doch nicht nur für<br />
Insekten bieten die Pflanzen <strong>ein</strong> interessantes Habitat.<br />
Da die Ernte der Kulturen außerhalb der Brut-<br />
46
Karin Frommhagen, Maik Denner, Ralf-Uwe Syrbe, Harald Neitzel<br />
und Setzzeiten von Wildtieren erfolgt, wird ihnen<br />
hier die Aufzucht der Jungen ermöglicht 43,44,45 .<br />
Energie<strong>ein</strong>satz und Energieproduktion<br />
Der Ökolandbau erzeugt durch den Anbau von<br />
Leguminosen s<strong>ein</strong>en Stickstoffdünger selbst und<br />
ist damit energieeffizienter als die konventionelle<br />
Landwirtschaft, bei der <strong>ein</strong> Großteil des Energieverbrauches<br />
in die Herstellung der Mineraldünger<br />
fließt. Kleegras beispielsweise ist in der Lage,<br />
300 kg Stickstoff zu binden und gleichzeitig <strong>ein</strong>en<br />
Methanertrag von 3.450 Nm 3 pro Hektar und Jahr<br />
zu liefern 43,46 .<br />
Unkrautproblematik<br />
Da im Ökolandbau k<strong>ein</strong>e Herbizide <strong>ein</strong>gesetzt werden,<br />
kommt der Reduktion des Unkrautsamenpotenzials<br />
<strong>ein</strong>e besondere Bedeutung zu 43 . Die direkte<br />
Nutzung des Wirtschaftsdüngers kann dazu führen,<br />
dass Samen weiter im Betrieb verschleppt werden.<br />
Diese Kette wird von <strong>ein</strong>er Biogasanlage mit vorgeschalteter<br />
Hydrolyse zuverlässig unterbrochen. Die<br />
Biogasanlage bietet zudem <strong>ein</strong>e Möglichkeit zur<br />
Verwertung von stark verunkrauteten Kulturen.<br />
Humushaushalt<br />
Ein zentrales Element des Ökolandbaus ist die<br />
Förderung <strong>ein</strong>es aktiven Bodenlebens und <strong>ein</strong>es<br />
fruchtbaren Bodens 43 . Dazu benötigen die Bodenorganismen<br />
Energie und organisches Ausgangsmaterial,<br />
sodass <strong>ein</strong>e verstärkte Biomasseentnahme<br />
zum Zweck der energetischen Nutzung diesem Ziel<br />
zuwiderlaufen kann. Demgegenüber wird die Humusanreicherung<br />
durch den Einsatz von Gärresten<br />
unterstützt. Entscheidend ist also, wie viel Pflanzenmaterial<br />
auf der Fläche bleibt und welches (Nährstoff-<br />
und Energie-) Potenzial dieses für weitere<br />
Humifizierungsprozesse bereithält. Mit dem Anbau<br />
von Kleegras und der Verwertung von Zwischenfrüchten<br />
wird es wirtschaftlich interessant, deren<br />
Anteil an der Fruchtfolge auszuweiten. Kleegras<br />
kann durch die Bodenruhe und durch die große<br />
Menge von Wurzeln und Ernterückständen, die auf<br />
dem Feld verbleiben, trotz energetischer Nutzung<br />
der oberirdischen Biomasse <strong>ein</strong>en positiven Beitrag<br />
zur Humusbildung leisten 43 . So verbleibt beim Kleegras<br />
<strong>ein</strong> Drittel des Aufwuchses zur Humifizierung<br />
auf dem Acker 43 .<br />
5.4.3 Ökonomische Aspekte der Biogaserzeugung<br />
im Ökolandbau<br />
Öko-Bauern haben durch ihre umweltverträglichere<br />
Produktionsweise höhere Produktionskosten als<br />
ihre Kollegen in der konventionellen Landwirtschaft.<br />
Diese höheren Kosten wurden in der Vergangenheit<br />
durch Fördermaßnahmen und höhere Produktpreise<br />
kompensiert. Für Klee- und Luzernegras gibt es<br />
z. B. erhöhte Vergütungen, die jedoch zurzeit auf<br />
den Anbau als Zwischenfrucht beschränkt sind. Der<br />
Ökologische Landbau konnte jedoch nicht in gleichem<br />
Maße wie der konventionelle Landbau von<br />
den Steigerungen der Weltmarktpreise für agrarische<br />
Produkte in den letzten 5 - 6 Jahren profitieren<br />
und hat dadurch mittlerweile an Vorzüglichkeit<br />
verloren.<br />
Biogasanlagen und die Veredelung von beispielsweise<br />
Kleegras und Zwischenfrüchten in der Biogasanlage<br />
eröffnen auch den Bio-Landwirten die<br />
Möglichkeit <strong>ein</strong>es neuen Produktionszweiges, der<br />
die stofflichen Kreisläufe im Betrieb ergänzt. Doch<br />
Energie aus ökologischer Landwirtschaft wird nicht<br />
höher vergütet, sodass auf dieser Verwertungslinie<br />
k<strong>ein</strong>e Kompensation für den Mehraufwand besteht.<br />
5.5 Innovationen in der Biogastechnologie<br />
Neueste Biogastechnologien eröffnen Perspektiven<br />
für <strong>ein</strong>e nachhaltige Energieerzeugung zur Verwertung<br />
von inhomogenen Materialien wie Reststoffen,<br />
Landschaftspflegematerialien, Zwischenfrüchten<br />
und alternativen Energiepflanzen. So können<br />
durch die getrennt betriebene Hydrolyse und Versauerung<br />
sowie weitere Verbesserungen (robustere<br />
Rührwerke, thermisch getrennte Bereiche im<br />
Fermenter) faser- und ligninreiche Substrate besser<br />
aufgeschlossen und energetisch genutzt werden. Es<br />
empfiehlt sich die Fest-Flüssig-Trennung des Gärrestes.<br />
Somit steht zum <strong>ein</strong>en zur Versorgung der<br />
Kulturen <strong>ein</strong>e flüssige Phase mit hohen Ammoniumgehalten<br />
zur Verfügung, die emissionsarm ausgebracht<br />
werden kann und sich besonders für die<br />
gezielte Düngung im Bestand eignet. Zum anderen<br />
steht der feste Gärrest zur Humusreproduktion zur<br />
Verfügung. Eine genaue Einschätzung der Humuswirkung<br />
von Gärresten ist aktuell jedoch noch in<br />
der wissenschaftlichen Diskussion.<br />
47
Innovationsmöglichkeiten der landbaulichen Entwicklung<br />
Die neue Anlagentechnologie bietet insbesondere<br />
<strong>ein</strong>e wirtschaftliche Verwertungsmöglichkeit für<br />
extensive Grünlandaufwüchse. Dem allgem<strong>ein</strong>en<br />
Trend, dass wertvolle Grünlandstandorte für den<br />
Anbau von Energiepflanzen umgebrochen werden<br />
47 , kann damit entgegen gewirkt werden. Für<br />
den Ökolandbau ergibt sich <strong>ein</strong>e weitere Möglichkeit,<br />
durch organische Dünger die Bodenfruchtbarkeit<br />
des Dauergrünlandes auf den Acker zu<br />
übertragen 48 und so Nährstoffe für den Ackerbau<br />
zu erschließen. Für die Mehrung des Humus steht<br />
nach den Entwicklungen der letzten Jahre mit Gärresten<br />
aus der Biogasanlage <strong>ein</strong> geeigneter Einsatzstoff<br />
bereit 43 .<br />
5.6 Ökonomische Analyse des Anbaus<br />
alternativer Energiepflanzen und von<br />
Agrarumweltmaßnahmen<br />
5.6.1 Ausgangssituation und Zielstellung<br />
Der Maisanbau hat in den letzten 60 Jahren <strong>ein</strong>en<br />
fast beispiellosen Aufstieg gezeigt. Waren es in<br />
Deutschland 1965 noch 100.000 ha Mais, so stieg<br />
die Anbaufläche bis 2012 auf 2,5 Millionen ha an.<br />
Dabei hat der züchterische Fortschritt sukzessive<br />
den Anbau der ursprünglich tropischen Pflanzen<br />
in immer nördlicheren Regionen erlaubt. Es stehen<br />
heute geprüfte und weiterentwickelte Sorten<br />
für fast jeden Standort zu Verfügung. Dabei liefert<br />
Mais hohe Biomasseerträge bei im Vergleich mit<br />
mehrschnittigen Kulturen sehr viel geringeren Produktionskosten.<br />
Folglich werden neue Pflanzenarten<br />
zur energetischen Nutzung eher skeptisch<br />
betrachtet. Oft liegen noch k<strong>ein</strong>e signifikanten<br />
Praxiserfahrungen und genormten Werte zum<br />
Vergleich vor. Die Maissilage nimmt daher in der<br />
derzeitigen Biogasproduktion <strong>ein</strong>e bestimmende<br />
Stellung <strong>ein</strong>. Durch den Zubau an weiteren Biogasanlagen<br />
auf Grundlage nachwachsender Rohstoffe<br />
wird allgem<strong>ein</strong> davon ausgegangen, dass es zu<br />
<strong>ein</strong>em erhöhten Anbau von Mais kommen wird.<br />
Den Befürchtungen über Monokulturen, Zubau<br />
der Landschaft, erhöhter Wasser- und Wind erosion<br />
und der Abnahme der Artenvielfalt kann nur durch<br />
alternative Ansätze im Anbau von Energiepflanzen<br />
entgegen getreten werden.<br />
Aufgrund der EEG-Novelle 2012, die <strong>ein</strong>en sogenannten<br />
„Maisdeckel“ enthält (maximal<br />
60 % Trockenmasse der Substrate dürfen Mais,<br />
Lieschkolbenschrot oder Getreidekorn s<strong>ein</strong>), wird<br />
die teilweise Substitution von Mais notwendig, um<br />
neue Biogasanlagen betreiben zu können. Darüber<br />
hinaus gibt das EEG 2012 mit der Zusatzvergütung<br />
nach Einsatzvergütungsklassen <strong>ein</strong>en zusätzlichen<br />
Anreiz für den Anbau alternativer Substrate.<br />
Es gibt mehrere gute Gründe für die Vermeidung<br />
<strong>ein</strong>es hohen Maisanteils:<br />
• <strong>ein</strong>e ansprechende und abwechslungsreiche Gestaltung<br />
der Kulturlandschaften entspricht dem<br />
Bedürfnis der lokalen Akteure,<br />
• Schutz des Bodens vor Degradation (Verdichtung,<br />
Erosion, Humusverlust, Verminderung des<br />
Bodenlebens), u. a. durch ausreichende Bodenbedeckung,<br />
• Maßnahmen zum Schutz der Bodenbrüter, zur<br />
Bewahrung der Artenvielfalt,<br />
• Senkung von Pflanzenschutzmaßnahmen und<br />
des Düngungsaufwandes zur Vermeidung von<br />
Emissionen und Erhöhung der Biodiversität,<br />
• Inanspruchnahme von Ackerland zur Bereitstellung<br />
von Substraten.<br />
Im Folgenden sollen Kosten und Leistungen alternativer<br />
Verfahren zur Substratgewinnnung vergleichend<br />
dargestellt werden. Dabei werden neben den<br />
r<strong>ein</strong> ökonomischen Kosten und Leistungen auch<br />
die ökologischen Kosten und Leistungen der verschieden<br />
Optionen in <strong>ein</strong>er übersichtlichen Matrix<br />
dargestellt. Ziel ist es, den Anbau nachwachsender<br />
Rohstoffe durch die Verwendung <strong>ein</strong>er Kombination<br />
alternativer Kulturarten ökonomisch und<br />
ökologisch zu optimieren.<br />
5.6.2 Vorgehensweise<br />
Für die Durchführung der ökonomischen Analyse<br />
wurde Mais als Referenz festgelegt und mit alternativen<br />
Energiepflanzen ins Verhältnis gesetzt. In <strong>ein</strong>em<br />
Excel-basierten Datenblatt wurde <strong>ein</strong>e Berechnungsgrundlage<br />
erstellt und Kosten und Leistungen<br />
in Form <strong>ein</strong>er Matrix dargestellt.<br />
Zuzüglich zum Anbau alternativer Substrate wurden<br />
48
Karin Frommhagen, Maik Denner, Ralf-Uwe Syrbe, Harald Neitzel<br />
Maßnahmen für den Erhalt und die Ausbreitung<br />
der Bodenbrüter in die Berechnung und Betrachtung<br />
mit <strong>ein</strong>bezogen. Diese Maßnahmen müssen<br />
für die jeweiligen Fruchtarten, Feldstücke und die<br />
Betriebsstruktur technologisch machbar und wirtschaftlich<br />
sinnvoll s<strong>ein</strong>.<br />
Auswahl des Energiepflanzenspektrums<br />
Im Bereich der <strong>ein</strong>jährigen Energiepflanzen wurden<br />
die Zuckerhirse und das Sudangras herangezogen.<br />
Hier liegen belastbare Werte vor. Bei den Zwischenfrüchten<br />
wurden besonders die Wintergetreidearten<br />
als Ganzpflanzensilage und das Kleegras<br />
betrachtet. Diese Früchte werden schon jetzt zum<br />
Schutz des Bodens angebaut. Hier liegen ebenso<br />
belastbare Werte und Erfahrungen der Praxisbetriebe<br />
im Anbau vor.<br />
Das Dauergrünland spielt im Landkreis Görlitz <strong>ein</strong>e<br />
große Rolle, daher wurde hier der Vergleich von<br />
Dauergrünland in konventioneller und ökologischer<br />
Bewirtschaftungsweise mit angelegt.<br />
Für die mehrjährigen Energiepflanzen wurden<br />
drei Fruchtarten ausgewählt. Topinambur und<br />
Durchwachsene Silphie haben <strong>ein</strong>en hohen Anbauaufwand,<br />
zeichnen sich aber durch <strong>ein</strong>en langjährigen<br />
hohen Ertrag aus. Hierzu gibt es gute Praxisversuche,<br />
aber für die Durchwachsene Silphie<br />
noch k<strong>ein</strong>e standardisierten Werte. Das gleiche gilt<br />
für die Wildpflanzenmischung, die hier als Substitutionsmuster<br />
zum Mais und nicht als Blühstreifen<br />
zu betrachten ist.<br />
Der Zweitfruchtanbau wurde außer Acht gelassen,<br />
da gerade auf trockenen und Grenzstandorten k<strong>ein</strong>e<br />
wirtschaftliche Steigerung zu erwarten ist und<br />
da der erhöhte Aufwand nicht mit dem Ertrag korreliert.<br />
Des Weiteren wirkt sich diese Anbauart negativ<br />
auf die Brutmöglichkeiten mit Ruhezeiten auf<br />
dem Feld, die Bodenbelastung mit Pflanzenschutzmaßnahmen<br />
und Düngung aus.<br />
Auswahl der Naturschutzmaßnahmen<br />
Die Naturschutzmaßnahmen wurden aus dem Bodenbrüterprogramm<br />
Sachsen ausgewählt:<br />
• Maßnahme R1: Ackerrandstreifen an Wintergetreide,<br />
ohne Bewirtschaftung,<br />
• Maßnahme R2a: Brachestreifen, ohne Bewirtschaftung,<br />
• Maßnahme F1: Feldlerchenfenster in Winterung,<br />
ohne mechanische Unkrautbekämpfung,<br />
• Maßnahme F2a: Feldlerchenstreifen im Mais,<br />
Schwarzbrache,<br />
• Maßnahme F2b: Feldlerchenstreifen im Mais,<br />
begrünte Fläche mit 50%-iger Aussaatstärke<br />
Sommergetreide,<br />
• Maßnahme F2c: Feldlerchenstreifen im Mais, begrünte<br />
Fläche mit 50 %-iger Aussaatstärke Winterweizen,<br />
• Maßnahme F2e: Feldlerchenstreifen im Mais mit<br />
biogastauglichen Wintergemenge.<br />
Der Beitrag der alternativen Energiepflanzen für die<br />
Ökosystemdienstleistungen wird in <strong>ein</strong>er „+/-“-Tabelle<br />
der jeweiligen Fruchtart dargestellt.<br />
Datengrundlage und Aufbau der Berechnungen<br />
Die Ergebnisdarstellung wurde entsprechend der<br />
Ertragslagen im Landkreis Görlitz in zwei Arbeitsblättern<br />
mit jeweils niedrigem und mittlerem Ertragsniveau<br />
aufgebaut. Die Berechnungen sind für<br />
<strong>ein</strong>en 20-ha-Schlag angelegt 49 .<br />
Zur Berechnung der Vergleichsmöglichkeiten zwischen<br />
der Energiepflanzen in Kosten und Erlösen<br />
sowie Aufwand an Düngung und Pflanzenschutzmaßnahmen,<br />
Ruhezeiten auf dem Feld, Bodenbedeckung<br />
und Humusbildung wurde die Matrix so<br />
erstellt, dass die Struktur des Landwirtschaftsbetriebes<br />
im Hinblick auf den Energiepflanzenanbau<br />
interaktiv berechnet und gestaltet werden kann. In<br />
der gleichen Übersicht werden ausgewählte Möglichkeiten<br />
der Naturschutzmaßnahmen für Bodenbrüter<br />
abgebildet, diese können nach Sinnfälligkeit<br />
über <strong>ein</strong>e Auswahl-Liste ausgewählt werden. Über<br />
diese Liste können die zu erwartenden Einbußen<br />
49
Innovationsmöglichkeiten der landbaulichen Entwicklung<br />
und das Förderentgelt für die Naturschutzmaßnahme<br />
berechnet werden.<br />
Deckungsbeitragsrechnung auf der Grundlage<br />
hof eigener Biogasanlagen<br />
Bei der Betrachtung der ökonomischen Auswirkung<br />
für die teilweise Ablösung des Maisanbaus wurden<br />
in <strong>ein</strong>er dreistufigen Deckungsbeitragsrechnung<br />
die tatsächlichen „Verluste“ und „Gewinne“ der<br />
Alternativen zum Maisanbau ermittelt. Da die erzeugten<br />
Substrate nicht direkt verkauft, sondern<br />
über die Biogasanlage veredelt werden, muss der<br />
Preis der Substrate für die Deckungsbeitragsrechnung<br />
aus der Veredelung über <strong>ein</strong>e konkrete Anlage<br />
berechnet werden. Auf diesem Wege lassen<br />
sich die Alternativsubstrate direkt vergleichen. Im<br />
Folgenden wird von der Annahme ausgegangen,<br />
dass der Erlös über <strong>ein</strong>e hofeigene, dezentrale Biogasanlage<br />
mit bis zu 500 kW el erzielt wird.<br />
Die Anlage arbeitet mit <strong>ein</strong>em Wirkungsgrad von<br />
38 %, die Anlagekosten liegen bei 3600 € je kW el<br />
und die Abschreibung erfolgt über 15 Jahre. Der<br />
hier dargestellte Deckungsbeitrag III b<strong>ein</strong>haltet die<br />
Kosten der Herstellung der Substrate bis zur Biogas<br />
anlage zuzüglich der Kosten der Biogasanlage<br />
im Verhältnis zu den erzielten Erlösen aus der Biogasanlage.<br />
Dadurch spielt der derzeitige oder auch<br />
zu erwartende Substratpreis k<strong>ein</strong>e Rolle, da die Erlöse<br />
direkt über die Biogasanlage erzielt werden.<br />
Die Erlöse für die Strom<strong>ein</strong>speisung sind aus dem<br />
EEG 2012 entnommen und festgeschrieben.<br />
5.6.3 Vergleich des ökonomischen Ertrages<br />
alternativer Energiepflanzen<br />
Biomasseerträge<br />
Zum Vergleich der Erträge wurden die Trockenmasseerträge<br />
je Hektar (Dezitonne Originalsubstanz (dt<br />
OS) mit festgelegtem Trockenmassegehalt (TM) je<br />
ha Ackerfläche) herangezogen, da die Trockenmasse-Gehalte<br />
sehr unterschiedlich sind (Abbildung<br />
16). Im Vergleich zur Standardfrucht treten hier<br />
Schwankungen über die zwei oben definierten Ertragslagen<br />
zwischen 14 % und 61 % auf. Nur die<br />
Durchwachsene Silphie kann gegenüber Mais <strong>ein</strong>en<br />
höheren Ertrag aufweisen. Pflanzen mit <strong>ein</strong>em<br />
niedrigeren Trockenmasse-Gehalt benötigen aber<br />
<strong>ein</strong>en größeren Siloraum, was bei der Auslastung<br />
des Siloraumes Beachtung finden muss.<br />
Da der Deckungsbeitrag über die Verstromung in<br />
<strong>ein</strong>er 500-kW-BGA ermittelt wird, ist es wichtig, die<br />
Methanausbeute je Hektar und Frucht zu ermitteln<br />
(Abbildung 16). Der Methangehalt wird in der Literatur<br />
für die Originalsubstanz mit Standard-Trockenmasse-Gehalt<br />
ausgewiesen. Die höchsten<br />
Methangehalte hängen im Wesentlichen vom<br />
optimalen Trockenmasse-Gehalt ab. Gegenüber<br />
Silo mais zeigt die Durchwachsene Silphie <strong>ein</strong> Plus<br />
Tab. 4: Ertragsvergleich von Mais und alternativen Biogassubstraten für <strong>ein</strong>e Schlaggröße von 20 ha, bei niedriger Ertragslage<br />
(Ver<strong>ein</strong>fachte Berechnung ohne Mehrvergütung bis 150 MW)<br />
Vergl. <strong>ein</strong>jährige Winterzwischenfrüchte /<br />
Überjährig<br />
mehrjährige Kulturen<br />
Kultur Mais Zuckerhirse<br />
Sudangras<br />
Klee-<br />
Gras-<br />
Silage<br />
GPS<br />
Wiroggen<br />
GPS Wiweizen<br />
GPS<br />
Triticale<br />
DGL<br />
ökologisch<br />
DGL<br />
Topinambur<br />
4 Jahre<br />
Durchw.<br />
Silphie<br />
11 Jahre<br />
Wildpfl.-<br />
mischg.<br />
5 Jahre<br />
Mengenertrag dt/ha 350 440 330 176 176 264 264 138 176 305 536 333<br />
(Trockenmasse) dt/ha 122,5 96,8 89 62 62 92 92 48 62 88 150 100<br />
Diff. zu Mais % -21 -27 -50 -50 -25 -25 -61 -50 -28 22 -18<br />
Methanertrag in m³/t FM 106 80 80 93 75 103 75 93 93 78 90 85<br />
Methanertrag in m³/ha 3.710 3.520 2.640 1.637 1.320 2.719 1.980 1.283 1.637 2.379 4.821 2.833<br />
Diff. zu Mais % -5 -29 -56 -64 -27 -47 -65 -56 -36 30 -24<br />
Energieertrag kWh/ha 37.100 35.200 26.400 16.386 13.200 27.192 19.800 12.834 16.368 23.790 48.214 28.333<br />
Energieertrag ) Kwh el<br />
/ha 14.098 13.376 10.032 6.227 5.016 10.333 7.524 4.877 6.220 9.040 18.321 10.767<br />
Diff. zu Mais % -5 -29 -56 -64 -27 -47 -65 -56 -36 30 -24<br />
Vergütung durch EEG bis<br />
500 kWh, gesamt.<br />
18,30 ct/kWh 20,30 ct/kWh<br />
Erlös €/ha 2580 2448 1836 1139 918 1891 1377 990 1263 1835 3719 2186<br />
Diff. zu Mais €/ha 0 -132 -744 -1440 -1662 -689 -1203 -1590 -1317 -745 1139 -394<br />
50
Karin Frommhagen, Maik Denner, Ralf-Uwe Syrbe, Harald Neitzel<br />
Tab. 5: Ertragsvergleich von Mais und alternativen Biogassubstraten für <strong>ein</strong>e Schlaggröße von 20 ha, bei mittlerer Ertragslage<br />
(Ver<strong>ein</strong>fachte Berechnung ohne Mehrvergütung bis 150 MW)<br />
Vergl. <strong>ein</strong>jährige Winterzwischenfrüchte /<br />
Überjährig<br />
mehrjährige Kulturen<br />
Kultur Mais Zuckerhirse<br />
Klee-<br />
Gras-<br />
Silage<br />
GPS<br />
Wiroggen<br />
GPS<br />
Wiweizen<br />
GPS<br />
Triticale<br />
DGL<br />
ökologisch<br />
DGL<br />
Topinambur<br />
4 Jahre<br />
Durchw.<br />
Silphie<br />
11 Jahre<br />
Wegen der für viele Bodenbrüter ungünstigen Bearbeitungs-<br />
und Erntetermine wirken sich Zweikultursysteme<br />
ökologisch nicht positiv aus. Diese<br />
Intensivierung durch <strong>ein</strong>en Anbau von zwei Hauptfrüchten<br />
im Jahr wurde mit der gleichen Methodik<br />
im Auftrag der FNR untersucht und erbrachte für<br />
das Beispiel der leichten D-Standorte Sachsens für<br />
die Kombinationen Winterroggen-Mais, Winterroggen-Sudangras<br />
und Winterroggen-Zuckerhirse<br />
sowohl unter ungünstigen als auch unter durch-<br />
Sudangras<br />
Wildpfl.-<br />
mischg. 5<br />
Jahre<br />
Mengenertrag dt/ha 440 600 490 314 220 352 352 202 251 428 607 400<br />
(Trockenmasse) dt/ha 154 132 132 110 77 123 123 71 88 124 170 120<br />
Diff. zu Mais % -14 -14 -29 -50 -20 -20 -54 -43 -19 10 -22<br />
Methanertrag in m³/t FM 106 80 80 93 75 103 75 93 93 78 90 0<br />
Methanertrag in m³/ha 4.664 4.800 3.920 2.920 1.650 3.626 2.640 1.879 2.334 3.338 5.464 3.400<br />
Diff. zu Mais % 3 -16 -37 -65 -22 -43 -60 -50 -28 17 -27<br />
Energieertrag kWh/ha 46.640 48.000 39.200 29.202 16.500 36.256 26.400 18.806 23.368 33.384 54.643 34.000<br />
Energieertrag ) Kwh el /ha 17.723 18.240 14.896 11.097 6.270 13.777 10.032 7.146 8.880 12.686 20.764 12.920<br />
Diff. zu Mais % 3 -16 -37 -65 -22 -43 -60 -50 -28 17 -27<br />
Vergütung durch EEG bis<br />
500 kWh, gesamt.<br />
18,30 ct/kWh 20,30 ct/kWh<br />
Erlös €/ha 3.243 3.338 2.726 2.031 1.147 2.521 1.836 1.451 1.803 2.575 4.215 2.623<br />
Diff. zu Mais €/ha 0 95 -517 -1213 -2096 -722 -1407 -1793 -1441 -668 972 -621<br />
Einige Flächen werden nicht aufgrund ihrer Vorzüglichkeit<br />
mit <strong>ein</strong>er bestimmten Kultur belegt, sondern<br />
sind wegen anderer Gründe an <strong>ein</strong>e bestimmte Fläim<br />
Methanertrag von 30 %, während die Winterroggen-Ganzpflanzen-Silage<br />
<strong>ein</strong> Minus von bis zu<br />
65 % aufweist 50 .<br />
Es wird deutlich, wie wichtig es ist, auch andere<br />
Pflanzen zu betrachten, wenn das Geschäftsinteresse<br />
nicht nur auf Masseertrag, sondern vor allem<br />
auf Energieertrag abzielt.<br />
Ertragsvergleich nach Erlös aus der Verstromung in<br />
der Biogasanlage<br />
Im Energieertrag setzt sich die Tendenz fort. Im Erlös<br />
aus dem Energieertrag verschiebt sich das Bild<br />
aufgrund der unterschiedlichen Vergütung nach<br />
Einsatzvergütungsklassen. Wie ersichtlich wird, gibt<br />
es nach den aktuellen Förderbedingungen k<strong>ein</strong>en<br />
wirkungsvollen finanziellen Ausgleich.<br />
Zweikultursysteme<br />
schnittlichen Jahresbedingungen durchgängig negative<br />
Deckungsbeiträge 51 .<br />
5.6.4 Produktionskosten alternativer Energiepflanzen<br />
Vergleich des Flächenbedarfs nach Energiepflanzenart<br />
Um die gleiche Biogasanlage mit <strong>ein</strong>em festgelegten<br />
Wirkungsgrad wirtschaftlich betreiben zu können,<br />
wird stets die gleiche Gasausbeute benötigt.<br />
Aus der unterschiedlich hohen Methanausbeute je<br />
Hektar resultiert <strong>ein</strong>e unterschiedlich hohe Anbaufläche<br />
der jeweiligen Fruchtart. Für die 500-kW-BGA<br />
werden in der Standardfrucht ca. 214 bzw. 270 ha<br />
Anbaufläche benötigt. Die Zuckerhirse weicht nur<br />
geringfügig positiv davon ab. Die Durchwachsene<br />
Silphie schneidet etwas besser ab, wobei wie schon<br />
beschrieben, der Siloraum größer werden muss. Das<br />
Dauergrünland und die Ganzpflanzensilage Winterroggen<br />
erfordern dagegen wesentlich größere Flächen.<br />
Für die gleiche Menge an Methan würde hier<br />
die 1,5- bis 2,8- fache Fläche in Anspruch genommen<br />
werden.<br />
Gebundene Flächennutzung<br />
51
Innovationsmöglichkeiten der landbaulichen Entwicklung<br />
chennutzung gebunden. Dies trifft zum Beispiel<br />
auf Winterzwischenfrüchte zu, die zum Schutz des<br />
Bodens vor Erosion angebaut werden. Auch Dauergrünland<br />
ist in der Anbaustruktur des jeweiligen<br />
Unternehmens vorgegeben und kann nicht umgewandelt<br />
werden. Die entstehenden Substrate<br />
werden zum Teil je nach Qualität für die Fütterung<br />
verwendet. Darüber hinaus anfallende Substrate<br />
könnten in der Biogasanlage <strong>ein</strong>gesetzt werden. In<br />
diesen Fällen hängt die Nutzung der Substrate im<br />
Wesentlichen von den Produktionskosten ab. Bei<br />
Einsatz von Pflanzenarten mit höherem Ligninanteil<br />
muss besonderes Augenmerk auf <strong>ein</strong>e passende<br />
Biogastechnologie gelegt werden.<br />
Produktionskosten je ha Ackerfläche nach Energiepflanzenart<br />
Die Produktionskosten setzen sich aus den Direktkosten,<br />
den variablen und den fixen Kosten zusammen.<br />
Die Saat- und Pflanzkosten werden bei den<br />
mehrjährigen Energiepflanzen auf die entsprechenden<br />
Nutzungsjahre umgelegt. Da Durchwachsene<br />
Silphie und Topinambur gepflanzt werden, ist bei<br />
ihnen der Aufwand höher. Zum derzeitigen Stand<br />
kann aber nur so der Anbauerfolg gewährleistet<br />
werden. Die variablen Kosten sind dennoch mit<br />
denen von Mais vergleichbar, die fixen Kosten liegen<br />
bei Silphie und Wildpflanzenmischung deut-<br />
Tab. 6: Produktionskosten und Flächenbedarf von Mais und alternativen Biogassubstraten für <strong>ein</strong>e Schlaggröße von 20 ha, bei<br />
niedriger Ertragslage<br />
Mais<br />
Zuckerhirse<br />
Sudangras<br />
Klee-<br />
Gras-<br />
Silage<br />
GPS<br />
Wiroggen<br />
GPS<br />
Wiweizen<br />
GPS<br />
Triticale<br />
DGL<br />
ökologisch<br />
DGL<br />
Topinambur<br />
4 Jahre<br />
Durchw.<br />
Silphie<br />
11 Jahre<br />
Wildpfl.-<br />
mischg.<br />
5 Jahre<br />
Mengenertrag (OS) dt/ha 350 440 330 176 176 264 264 138 176 305 536 333<br />
Direktkosten €/ha 451 297 351 230 206 298 305 165 198 278 514 267<br />
Saatgut €/ha 145 73 60 58 47 70 53 41 29 156 373 250<br />
var. Kosten d. Arb.-<br />
erledigg.<br />
€/ha 217 258 253 237 152 177 177 214 267 192 303 124<br />
variable Kosten, ges. €/ha 668 555 604 467 358 475 482 379 465 470 817 391<br />
fixe Kosten €/ha 636 719 728 553 429 486 486 519 600 577 273 194<br />
Prod.-kosten €/ha 1.304 1.274 1.333 1.020 787 961 968 898 1.065 1.046 1.090 585<br />
Prod.-kosten €/dt TM 11 13 15 17 13 10 10 19 17 12 7 6<br />
Diff. zu Mais €/dt TM 2 4 6 2 -1 -1 8 6 1 -4 -5<br />
Flächenbedarf 500<br />
kW el<br />
Anlage<br />
ha/a 270 284 379 610 758 368 505 779 611 420 207 353<br />
Diff. zu Mais ha 15 109 341 488 98 236 510 341 151 -62 83<br />
Tab. 7: Produktionskosten und Flächenbedarf von Mais und alternativen Biogassubstraten für <strong>ein</strong>e Schlaggröße von 20 ha, bei<br />
mittlerer Ertragslage<br />
Mais<br />
Zuckerhirse<br />
Sudangras<br />
Klee-<br />
Gras-<br />
Silage<br />
GPS<br />
Wiroggen<br />
GPS<br />
Wiweizen<br />
GPS<br />
Triticale<br />
DGL<br />
ökologisch<br />
DGL<br />
Topinambur<br />
4 Jahre<br />
Durchw.<br />
Silphie<br />
11 Jahre<br />
Wildpfl.-<br />
mischg.<br />
5 Jahre<br />
Mengenertrag (OS) dt/ha 440 600 490 314 220 352 352 202 251 428 607 400<br />
Direktkosten €/ha 541 354 463 309 256 361 368 243 261 310 518 271<br />
Saatgut €/ha 145 73 60 42 47 70 53 41 29 156 373 250<br />
var. Kosten d. Arb.-<br />
erledigg.<br />
variable Kosten,<br />
ges.<br />
€/ha<br />
252 321 315 400 184 225 225 277 361 237 337 124<br />
€/ha 794 675 778 709 440 586 593 520 622 547 855 395<br />
fixe Kosten €/ha 702 861 863 840 467 564 564 652 774 686 298 194<br />
Prod.-kosten €/ha 1.496 1.536 1.641 1.550 907 1.150 1.157 1.172 1.396 1.233 1.153 589<br />
Prod.-kosten €/dt TM 10 12 12 14 12 9 9 17 16 10 7 5<br />
Diff. zu Mais €/dt TM 2 2 4 2 -1 -1 7 6 0 -3 -5<br />
Flächenbedarf 500<br />
kW el<br />
Anlage<br />
ha/a 214 208 255 342 606 276 379 532 428 300 183 294<br />
Diff. zu Mais ha -6 41 128 392 61 164 317 214 85 -31 80<br />
52
Karin Frommhagen, Maik Denner, Ralf-Uwe Syrbe, Harald Neitzel<br />
lich niedriger. Daraus folgen vergleichbare und bei<br />
mehrjährigen Kulturen niedrigere Produktionskosten<br />
je Hektar und je Tonne Trockenmasse.<br />
Kosten der Biogasanlage<br />
In der Betrachtung wird die 500-kW-Biogasanlage<br />
kostenseitig <strong>ein</strong>heitlich in Ansatz gebracht.<br />
Die Fruchtarten werden getrennt, nicht in der Mischung<br />
durchgerechnet. Eine Wichtung der Anteile<br />
kann dann auf dieser Grundlage für den jeweiligen<br />
Betrieb errechnet werden. Der unterschiedlich hohe<br />
Mengenbedarf belastet somit die Eingangskosten<br />
der Biogasanlage. Der Bedarf an Fermenter- und<br />
Lagerraum variiert nach dem unterschiedlichen<br />
Mengenbedarf der <strong>ein</strong>gesetzten Fruchtart. Die daraus<br />
resultierenden Investitions- und Betriebskostenschwankungen<br />
werden in der Matrix zur Ver<strong>ein</strong>fachung<br />
nicht berücksichtigt und gleich hoch<br />
angesetzt. Da in allen Berechnungen und Betrachtungen<br />
die Vergleichbarkeit über die Anbaufläche<br />
der jeweiligen Fruchtart hergestellt wurde, wurde<br />
dieses Verfahren auch bei den Betriebskosten der<br />
Biogasanlage angewandt.<br />
5.6.5 Deckungsbeitragsrechnung unter Berücksichtigung<br />
der Kosten von Biogasanlagen<br />
Der Deckungsbeitrag I (Erlöse minus Direktkosten,<br />
auch direktkostenfreie Leistung) ist für alle betrachteten<br />
Fruchtarten positiv. Dennoch gibt es deutliche<br />
Unterschiede. Der DB I von Mais liegt zwischen<br />
2.130 und 2.700 €/ha. Für Zuckerhirse ergibt der<br />
DB I mit 22 bzw. 280 €/ha <strong>ein</strong>en geringfügigen,<br />
für Durchwachsene Silphie mit ca. 1.150 €/ha <strong>ein</strong>en<br />
deutlichen Mehrerlös. Topinambur, Wildpflanzenmischung,<br />
Sudangras und GPS Winterweizen liegen<br />
abhängig von der Ertragslage etwa 200 bis 600 €/<br />
ha unter dem DB I von Mais. Die Zwischenfrüchte:<br />
Kleegrassilage, Triticale- und Winterroggen-Ganzpflanzensilage<br />
sowie das Dauergrünland ergeben<br />
sogar <strong>ein</strong>en im Vergleich deutlichen Minderertrag<br />
von ca. 1.000 bis 1.500 €/ha zu Mais.<br />
Auch der Deckungsbeitrag II (Erlöse minus variable<br />
Kosten) ist bei allen vorgestellten Fruchtarten positiv.<br />
Hier setzt sich der Trend des DB I fort, wobei<br />
sich die Varianz über ca. plus 990 und minus<br />
Tab. 8: Deckungsbeitrag I bis III für Mais und alternative Biogassubstrate, Berechnung für <strong>ein</strong>e Schlaggröße von 20 ha bei niedriger<br />
Ertragslage (Ver<strong>ein</strong>fachte Berechnung ohne Mehrvergütung bis 150 MW)<br />
Mais<br />
Zuckerhirse<br />
Sudangras<br />
Klee-<br />
Gras-<br />
Silage<br />
GPS<br />
Wiroggen<br />
GPS<br />
Wiweizen<br />
GPS<br />
Triticale<br />
DGL<br />
ökologisch<br />
DGL<br />
Topinambur<br />
4 Jahre<br />
Durchw.<br />
Silphie<br />
11 Jahre<br />
Wildpfl.-<br />
mischg.<br />
5 Jahre<br />
Mengenertrag dt OS/ha 350 440 330 176 176 264 264 138 176 305 536 333<br />
Direktkosten €/ha 451 297 351 230 206 298 305 165 198 278 514 267<br />
variable Kosten,<br />
ges.<br />
Erlös aus<br />
Energieertrag<br />
Kosten der<br />
Energieerzeugung<br />
in der<br />
BGA<br />
€/ha 668 555 604 467 358 475 482 379 465 470 817 391<br />
€/ha 2580 2448 1836 1139 918 1891 1377 990 1263 1835 3719 2186<br />
€/ha 1762 1672 1254 778 627 1292 941 610 777 1130 2290 1346<br />
DB I<br />
€/ha 2129 2151 1485 909 712 1593 1072 825 1065 1557 3347 1936<br />
(Erlös-DK)<br />
Diff. zu Mais €/ha 0 22 -644 -1219 -1417 -536 -1056 -1303 -1064 -571 1218 -193<br />
DB II<br />
€/ha 1912 1893 1232 672 560 1416 895 611 798 1365 2902 1795<br />
(Erlös-var.K)<br />
Diff. zu Mais €/ha -19 -680 -1240 -1352 -496 -1017 -1300 -1114 -547 990 -117<br />
DB III<br />
€/ha 150 221 -22 -106 -67 124 -45 2 20 235 612 449<br />
DB II-Kosten BGA<br />
Diff. zu Mais €/ha 71 -172 -256 -216 -25 -195 -148 -129 86 462 300<br />
53
Innovationsmöglichkeiten der landbaulichen Entwicklung<br />
Tab. 9: Deckungsbeitrag I bis III für Mais und alternative Biogassubstrate, Berechnung für <strong>ein</strong>e Schlaggröße von 20 ha bei mittlerer<br />
Ertragslage (Ver<strong>ein</strong>fachte Berechnung ohne Mehrvergütung bis 150 MW)<br />
Mais<br />
Zuckerhirse<br />
Sudangras<br />
Klee-<br />
Gras-<br />
Silage<br />
GPS<br />
Wiroggen<br />
GPS<br />
Wiweizen<br />
GPS<br />
Triticale<br />
DGL<br />
ökologisch<br />
DGL<br />
Topinambur<br />
4 Jahre<br />
Durchw.<br />
Silphie<br />
11 Jahre<br />
Wildpfl.-<br />
mischg.<br />
5 Jahre<br />
Mengenertrag dt OS/ha 440 600 490 314 220 352 352 202 251 428 607 400<br />
Direktkosten €/ha 541 354 463 309 256 361 368 243 261 310 518 271<br />
variable<br />
Kosten, ges.<br />
Erlös aus<br />
Energieertrag<br />
€/ha 794 675 778 709 440 586 593 520 622 547 855 395<br />
€/ha 3.243 3.338 2.726 2.031 1.147 2.521 1.836 1.451 1.803 2.575 4.215 2.623<br />
Diff. zu Mais €/ha 0 95 -517 -1213 -2096 -722 -1407 -1793 -1441 -668 972 -621<br />
Kosten der<br />
Energieerzeugung<br />
in der<br />
BGA<br />
€/ha 2.215 2.280 1.862 1.387 784 1.722 1.254 893 1.110 1.586 2.596 1.615<br />
DB I<br />
€/ha 2.702 2.984 2.263 1.722 892 2.160 1.468 1.208 1.541 2.265 3.842 2.373<br />
(Erlös-DK)<br />
Diff. zu Mais €/ha 0 282 -439 -980 -1.810 -542 -1.234 -1.494 -1.161 -437 1.140 -329<br />
DB II<br />
€/ha 2.450 2.663 1.948 1.321 708 1.935 1.243 931 1.180 2.028 3.360 2.228<br />
(Erlös-var.K)<br />
Diff. zu Mais €/ha 0 213 -502 -1.128 -1.742 -515 -1.207 -1.519 -1.269 -421 910 -222<br />
DB III<br />
€/ha 234 383 86 -66 -76 213 -11 37 70 443 764 613<br />
DB II - Kosten<br />
BGA<br />
Diff. zu Mais €/ha 0 149 -149 -300 -310 -21 -245 -197 -164 209 530 379<br />
1.700 €/ha erstreckt. Eine nähere Betrachtung<br />
wäre am Beispiel der Zuckerhirse, der Durchwachsenen<br />
Silphie, aber auch des Sudangrases und der<br />
Ganzpflanzensilage Winterweizen lohnenswert.<br />
Die alternativen Energiepflanzen bergen <strong>ein</strong> hohes<br />
Biomassenpotenzial in sich. Durch den Praxisanbau<br />
und die Weiterentwicklung von standortgerechten<br />
Sorten, Pflanzenschutzmitteln und Anbauverfahren<br />
können sie zur Einhaltung der guten fachlichen<br />
Praxis beitragen.<br />
Im Deckungsbeitrag III (DB II minus Kosten der<br />
Biogasanlage) geraten die Gemenge, außer der aus<br />
Winterweizen, in den negativen Bereich. Deutlich<br />
positive Ergebnisse sind hier nur bei Mais, Zuckerhirse,<br />
Ganzpflanzensilage Winterweizen, Topinambur,<br />
Durchwachsener Silphie und der Wildpflanzenmischung<br />
zu verzeichnen.<br />
5.6.6 Ökonomische Aspekte der Anwendung<br />
naturschutzgerechter Maßnahmen<br />
Nutzungsalternativen<br />
Durch Alternativen zum Maisanbau sind positive<br />
Effekte für die Artenvielfalt erreichbar. Dazu zählen<br />
die Schaffung von Brutmöglichkeiten für Bodenbrüter<br />
oder Äsung für Kl<strong>ein</strong>- und Niederwild.<br />
Zwischenfrüchte sorgen für <strong>ein</strong>e Bodendeckung<br />
im Winter und für <strong>ein</strong>e bessere Humusbildung. Die<br />
Brutmöglichkeiten werden aber durch den zeitigen<br />
Schnittzeitpunkt <strong>ein</strong>geschränkt. Hier würde <strong>ein</strong>e<br />
geringe Terminverlagerung zu <strong>ein</strong>em späteren Zeitpunkt<br />
hin viel bewirken.<br />
Das Dauergrünland schafft durch s<strong>ein</strong>e Artenvielfalt,<br />
aber auch durch s<strong>ein</strong>e Lage in der Landschaft, zum<br />
Beispiel im hügeligen Gelände, als Verbindung zu<br />
anderen Gebieten wie Wald, Seen oder Wanderwegen,<br />
<strong>ein</strong>en guten Erholungswert für den Menschen<br />
und bietet kl<strong>ein</strong>en Wildtieren Futtermöglichkeiten.<br />
Durch die hohe Erntefrequenz in der intensiven<br />
Nutzung wird aber den Bodenbrütern k<strong>ein</strong>e ausreichende<br />
Möglichkeit zur Vermehrung gegeben. Die<br />
Wirtschaftlichkeit des Grünlandes kann aber nur<br />
über <strong>ein</strong>e intensive Nutzung gewährleistet werden.<br />
Das schafft <strong>ein</strong>en Konflikt zum Lebensraum der<br />
Kl<strong>ein</strong>tiere.<br />
Die mehrjährigen Energiepflanzen weisen zwar im<br />
Anbaujahr <strong>ein</strong>e hohe Frequenz in der Feldbear-<br />
54
Karin Frommhagen, Maik Denner, Ralf-Uwe Syrbe, Harald Neitzel<br />
beitung auf, werden aber in den Nutzungsjahren<br />
wenig befahren. Teilweise kommt ab dem zweiten<br />
Jahr k<strong>ein</strong> Pflanzenschutz mehr zum Einsatz. Die<br />
Düngung und mechanische Bearbeitung erfolgt<br />
zeitig im Jahr und die Ernte erst im Spätsommer<br />
und später. Durch die lange Standzeit wird der<br />
Boden vor Erosion geschützt und bietet auch im<br />
Winter Unterschlupf für kl<strong>ein</strong>ere Tiere. Die Bestände<br />
der Durchwachsenen Silphie und des Topinamburs<br />
werden aber sehr hoch und dicht. Hier müsste,<br />
ähnlich wie bei den Maisschlägen auch, über<br />
die Anlage von Wildpflanzenstreifen nachgedacht<br />
werden, bei den mehrjährigen Früchten über <strong>ein</strong>e<br />
mehrjährige Wildpflanzenmischung.<br />
Für den Maisanbau werden im derzeitigen<br />
Förderzeitraum über das Bodenbrüterprogramm<br />
Möglichkeiten der Feldlerchenstreifen<br />
angeboten, um den Vögeln in diesen hohen<br />
und dichten Beständen Brutmöglichkeiten zu<br />
gewährleisten. Eine Möglichkeit ist der Anbau von<br />
biogastauglichem Wintergemenge. Dadurch wird<br />
der Ernteausfall kompensiert. Auch Zuckerhirse<br />
und Sudangras bilden hohe und dichte Bestände<br />
aus. Die Flächen werden aber viel befahren, deshalb<br />
bietet sich ähnlich wie beim Mais die Anlage<br />
von Feldlerchenstreifen an.<br />
Ökonomische Auswirkungen von Maßnahmen<br />
aus dem Bodenbrüterprogramm<br />
In die Berechnungsmatrizen wurden Maßnahmen<br />
aus dem Bodenbrüterprogramms Sachsen integriert.<br />
In die Berechnung des Minderertrages geht<br />
die maximale Fläche <strong>ein</strong>, die dafür verwendet wird.<br />
Teilweise ist diese durch das Förderprogramm begrenzt,<br />
ansonsten ist <strong>ein</strong> Flächenanteil von maximal<br />
7 % festgelegt. Es werden berechnet:<br />
• der Minderertrag,<br />
• die Fördermittelhöhe,<br />
• die Aufwandsminimierung,<br />
• der Ertrag aus Randstreifen, der in die Biogasanlage<br />
<strong>ein</strong>geht.<br />
Der Beitrag der Landwirtschaft zum Naturschutz in<br />
diesem Förderprogramm kann somit beziffert werden.<br />
Beim Dauergrünland und bei der Wildpflanzenmischung<br />
wird k<strong>ein</strong>e Maßnahme integriert, da<br />
beide Anbauarten bereits gute Möglichkeiten für<br />
die Bodenbrüter bieten. Da die Fördermittelhöhe an<br />
die Fläche, nicht aber an den Ertrag gebunden ist,<br />
machen sich die Eingriffe mit steigendem Ertragspotenzial<br />
auch stärker bemerkbar. Das kann aber<br />
nicht das <strong>ein</strong>zige Kriterium für die Durchführung<br />
naturschutzrechtlicher Maßnahmen s<strong>ein</strong>. In der unmittelbaren<br />
Unternehmensbetrachtung wird es notwendig,<br />
die genauen Schläge, Aufwendungen und<br />
Arbeitsgänge zu benennen. Damit die Maßnahmen<br />
sinnvoll für die Natur und im Betrieb praktisch<br />
durchführbar sind, können zum Beispiel Bündelungen<br />
mit benachbarten Feldstücken berücksichtigt<br />
werden. Die meisten Maßnahmen erwirtschaften<br />
Tab. 10: Ökonomische Auswirkungen <strong>ein</strong>er beispielhaften Anwendung von Maßnahmen aus dem Bodenbrüterprogramm, berechnet<br />
für <strong>ein</strong>e Schlaggröße von 20 ha bei niedriger Ertragslage (Ver<strong>ein</strong>fachte Berechnung ohne Mehrvergütung bis 150 MW)<br />
Mais<br />
Zuckerhirse<br />
Sudangras<br />
Klee-<br />
Gras-<br />
Silage<br />
GPS<br />
Wiroggen<br />
GPS<br />
Wiweizen<br />
GPS<br />
Triticale<br />
Topinambur<br />
4 Jahre<br />
Durchw.<br />
Silphie<br />
11 Jahre<br />
Mengenertrag (OS) dt/ha 350 440 330 176 176 264 264 305 536<br />
Maßnahme Bodenbrüter F2e F2b F2a R2a F1 R1 R1 F2e R2a<br />
Minderertrag durch<br />
Flächenreduzierung<br />
Minder-Erlös aus<br />
Stromertrag BGA<br />
Fördermittel nach<br />
Maßnahme<br />
Aufwandminimierung,<br />
variable Kosten<br />
Erlös aus Energieertrag<br />
Streifennutzung<br />
% 7 7 7 7 0,6 5 5 7 7<br />
€/ha -180,60 -171,35 -128,51 -79,76 -5,51 -94,55 -68,84 -128,46 -0,11<br />
€/ha 105 105,00 105,00 31,57 20,00 37,50 37,50 105,00 8,42<br />
€/ha 41,45 34,55 39,64 27,80 1,05 17,23 18,21 27,57 48,61<br />
€/ha 32,13 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 32,13 0,00<br />
Saldo €/ha -2,02 -31,80 16,13 -20,40 15,54 -39,81 -13,14 36,24 56,93<br />
55
Innovationsmöglichkeiten der landbaulichen Entwicklung<br />
außer den Einnahmen durch die Fördermittel k<strong>ein</strong>en<br />
Erlös. Die Berechnungen zeigen aber auch, dass<br />
für mehrere Kulturen die Naturschutzmaßnahmen<br />
<strong>ein</strong>en positiven Ertrag liefern. Es empfiehlt sich deshalb,<br />
dass diese Maßnahmen und ihre ökonomische<br />
Vorzüglichkeit besser beworben werden.<br />
Tab. 11: Ökonomische Auswirkungen <strong>ein</strong>er beispielhaften Anwendung von Maßnahmen aus dem Bodenbrüterprogramm, berechnet<br />
für <strong>ein</strong>e Schlaggröße von 20 ha bei mittlerer Ertragslage (Ver<strong>ein</strong>fachte Berechnung ohne Mehrvergütung bis 150 MW)<br />
Mais<br />
Zuckerhirse<br />
Sudangras<br />
Klee-<br />
Gras-<br />
Silage<br />
GPS Wiroggen<br />
GPS Wiweizen<br />
GPS<br />
Triticale<br />
Topinambur<br />
4 Jahre<br />
Durchw.<br />
Silphie<br />
11 Jahre<br />
Mengenertrag (OS) dt/ha 350 440 330 176 176 264 264 305 536<br />
Maßnahme Bodenbrüter F2e F2b F2a R2a F1 R1 R1 F2e R2a<br />
Minderertrag durch<br />
Flächenreduzierung<br />
Minder-Erlös aus<br />
Stromertrag BGA<br />
Fördermittel nach<br />
Maßnahme<br />
Aufwandminimierung,<br />
variable Kosten<br />
Erlös aus Energieertrag<br />
Streifennutzung<br />
% 7 7 7 7 0,6 5 5 7 7<br />
€/ha -227,03 -233,65 -190,82 -142,15 -6,88 -126,06 -91,79 -128,46 -0,11<br />
€/ha 105,00 105,00 105,00 31,57 20,00 37,50 37,50 105,00 8,42<br />
€/ha 49,13 42,39 51,18 42,21 1,30 21,96 22,93 27,57 48,61<br />
€/ha 40,16 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 32,13 0,00<br />
Saldo €/ha -72,90 -86,27 -34,64 -68,37 14,42 -66,60 -31,36 36,24 56,93<br />
56
Ralf-Uwe Syrbe, Olaf Bastian, Reimund St<strong>ein</strong>häußer, Gerd Lupp, Harald Neitzel, Birgit Fleischer<br />
6 Handlungsmöglichkeiten in der Region<br />
(Ralf-Uwe Syrbe, Olaf Bastian, Reimund St<strong>ein</strong>häußer, Gerd Lupp, Harald Neitzel, Birgit Fleischer)<br />
6.1 Empfohlene Maßnahmen<br />
Viele Triebkräfte der Landschaftsentwicklung (Kap.<br />
3.3) sind allgem<strong>ein</strong> gültig und gelten somit auch<br />
für den Landkreis Görlitz. Aber was kann vor Ort<br />
getan werden, um <strong>ein</strong>e umweltverträgliche Nutzung<br />
erneuerbarer Energien zu fördern? Orientiert<br />
man sich am European Energy Award (Kap. 2), so<br />
kommen vor allem diese fünf Ansätze infrage: Entwicklung<br />
<strong>ein</strong>er Strategie, eigene Energieproduktion,<br />
Forschung, Ingenieurtechnik und vor allem Energie<strong>ein</strong>sparung.<br />
Neben Klima- und Umweltschutz hat<br />
der Ausbau der regenerativen Energien viele weitere<br />
Effekte für den Landkreis. Das EEG ermöglicht<br />
auch den Bürgerinnen und Bürgern <strong>ein</strong>e Teilnahme<br />
an der Energiewende: sei es mit <strong>ein</strong>er Photovoltaik-Anlage<br />
auf dem Dach oder mit <strong>ein</strong>er gem<strong>ein</strong>schaftlich<br />
betriebenen Solar- oder Windkraftanlage<br />
(Kap. 6.2.3). Kommunen können Bioenergie als<br />
kostengünstige Alternative zur Öl- oder Gasheizung<br />
für öffentliche Gebäude nutzen. Dafür ließe<br />
sich anfallendes Landschaftspflegematerial effektiv<br />
verwerten, das ansonsten entsorgt werden müsste.<br />
Die finanziell stark belasteten Kommunen könnten<br />
so ihren Haushalt entlasten und die stetig steigenden<br />
Energiekosten reduzieren.<br />
Landwirte haben die Möglichkeit, mit der Bioenergienutzung<br />
ihre ökonomische Basis zu erweitern<br />
und viele der anfallenden Reststoffe gleichermaßen<br />
umweltgerecht wie auch gewinnbringend zu verwerten.<br />
Es ist auf jeden Fall sinnvoll, z. B. Mist, Gülle<br />
und Pflanzenreste in der Biogasanlage energetisch<br />
zu verwerten und die Gärreste als Dünger auf<br />
den Feldern auszubringen. Prinzipiell kann für die<br />
Energiegewinnung <strong>ein</strong>e Vielzahl von Pflanzenarten<br />
angebaut werden, was die Vielfalt der Ackerflur<br />
bereichert. Hocheffiziente Feuerungsanlagen sind<br />
heute in der Lage, Stückholz, Pellets, Hackschnitzel<br />
oder auch Alt- und Abfallhölzer vollautomatisiert zu<br />
nutzen und somit <strong>ein</strong>en Beitrag zur Einsparung fossiler<br />
Brennstoffe und zur regionalen Wertschöpfung<br />
zu leisten.<br />
6.1.1 Ganzheitliche Konzepte<br />
Unser bisheriges, auf fossilen Energieträgern basie-<br />
rendes Wirtschaftssystem befindet sich international<br />
im Umbruch. Nicht nur die früher oder später<br />
unausweichliche Änderung der Energiebasis hin<br />
zur Nutzung erneuerbarer Energiequellen, sondern<br />
auch die sozialen und politischen Rahmenbedingungen<br />
bedürfen großer Veränderungen und darüber<br />
hinaus in unserer demokratischen Gesellschaft<br />
<strong>ein</strong>er intensiven Debatte. Dieser Wandel zu <strong>ein</strong>er<br />
Lebensweise, die begrenzte natürliche Ressourcen<br />
verantwortungsbewusst und nachhaltig nutzt,<br />
wird als Beginn <strong>ein</strong>er „Großen Transformation“ in<br />
Richtung Langfristigkeit und Zukunftsfähigkeit verstanden<br />
52 . Notwendig sind neu definierte Ziele und<br />
Planungen, welche über den Tellerrand <strong>ein</strong>zelner<br />
Ressorts, Legislaturperioden und Tagesaufgaben<br />
hinausgehen (Kap. 2). Damit die Entwicklung aber<br />
nicht zum Stückwerk wird, ist der Sinn jeder Maßnahme<br />
im größeren Zusammenhang zu sehen.<br />
Diese Zusammenhänge bestehen auch grenzüberschreitend.<br />
Gerade am Landkreis Görlitz mit s<strong>ein</strong>er<br />
langen Grenze zu Polen und der Tschechischen Republik<br />
zeigen sich die engen internationalen Verflechtungen<br />
(Kap. 3.2). In der Möglichkeit, fehlende<br />
Ressourcen zu importieren, besteht allerdings<br />
auch die Versuchung, Umwelt- und Mengenprobleme<br />
zu verschieben, anstatt zu lösen. Doch in der<br />
Kooperation und im von<strong>ein</strong>ander Lernen liegt auch<br />
großes Potenzial. So sollten wertvolle Erfahrungen<br />
hinsichtlich Kulturpflanzenarten und -züchtungen<br />
(z. B. Sida, Kap. 5.1) mit den Nachbarländern ausgetauscht<br />
werden. Eine stärkere grenzüberschreitende<br />
Vernetzung der Akteure ist wünschenswert.<br />
Biomasse als erneuerbare Energiequelle wird <strong>ein</strong>en<br />
Beitrag zur ausreichenden und stabilen Energieversorgung<br />
leisten. Da die Anbauflächen und das<br />
Pflanzenwachstum jedoch begrenzt sind (Kap. 3.3),<br />
muss der erwartete Beitrag zum Klimaschutz auch<br />
in Relation zum Flächenverbrauch und zu den Alternativen<br />
(wie Sonnen- oder Windenergie) gesehen<br />
werden. Zu allererst kommt es darauf an, Energie<br />
<strong>ein</strong>zusparen. Das verlangt nicht nur Effizienz<br />
beim Verbrauch, sondern auch – wo möglich – Einschränkung<br />
von Aktivitäten. Der Energieaufwand<br />
bei Bodenbearbeitung, Anbau, Düngung, Pflanzenschutz,<br />
Transport, Verarbeitung und Vermarktung<br />
57
Handlungsmöglichkeiten in der Region<br />
Künftige Lösungen sollten innovativ s<strong>ein</strong> und von<br />
den Menschen der Region ausgehen. Daran müssten<br />
sich alle beteiligen können. Wettbewerbe, Preise,<br />
Beratungs- und Begleitungsangebote wären<br />
hierfür besonders geeignet. Vorhandenes Wissen ist<br />
weiterzugeben, sodass es die potenziellen Anwender<br />
auch erreicht. Dafür bedarf es sozialer Netzwerke<br />
jeglicher Art und engagierter Einzelkämpfer,<br />
welche Mut haben und den nötigen finanziellen<br />
Rückhalt bekommen, um auf Akteure zuzugehen<br />
und nachhaltige Lösungen auch über längere Zeiträume<br />
umzusetzen. Die Region, Gem<strong>ein</strong>den, Ämder<br />
Biomasse muss stets im Verhältnis zur Energieausbeute<br />
berücksichtigt werden. Angesichts der<br />
wachsenden Weltbevölkerung sollte die Bioenergie-Anlagenstruktur<br />
so ausgebaut werden, dass zunehmend<br />
Rest- und Abfallstoffe verwertet werden<br />
können, welche schrittweise die angebauten Energiepflanzen<br />
ersetzen. Bestehende Anlagen müssen<br />
regelmäßig gewartet und nachgerüstet werden,<br />
dabei empfiehlt sich <strong>ein</strong>e Modernisierung, um z. B.<br />
auch faserreiche Stoffe und krautiges Material zu<br />
verwerten oder um durch bedarfsgerechte Elektrizitätslieferung<br />
weniger flexible Energieträger, wie<br />
Wind und Sonne, zeitlich zu ergänzen (Kap. 5.7).<br />
Ganzheitliche Ansätze für <strong>ein</strong>en nachhaltigen Umgang<br />
mit erneuerbaren Ressourcen sind u. a. im<br />
Permakultur-Konzept des alternativen Nobelpreisträgers<br />
Bill Mollison zusammengefasst. Obwohl<br />
sich der Begriff aus den Wörtern „permanent“ und<br />
„agriculture“ bildet, ist damit mehr als <strong>ein</strong>e dauerhaft<br />
umweltgerechte Landwirtschaft gem<strong>ein</strong>t.<br />
Ansätze der Permakultur können in vielfältigen Lebensbereichen<br />
angewendet werden: z. B. in Ökonomie,<br />
Energiegewinnung, Landschaftsplanung<br />
und bei der regionalen Wertschöpfung 53 . Folgende<br />
Prinzipien sind in diesem Zusammenhang für die<br />
Entwicklung der Bioenergie bedeutsam: Sorge für<br />
die Erhaltung des Bodens und die davon lebenden<br />
Menschen, teile Gewinne, lerne von der Natur,<br />
ernte und speichere Energie, erwirtschafte Erträge,<br />
hinterfrage übliche Praktiken, erzeuge k<strong>ein</strong>en<br />
Abfall, nutze erneuerbare Ressourcen, schätze und<br />
erhalte deren Wert (Kap. 4). Moderne Planung bedeutet<br />
danach, dass größere Systeme sich von unten<br />
her aus kl<strong>ein</strong>en Lösungen entwickeln und möglichst<br />
viele Varianten (Lieferanten, Energieformen,<br />
Verbraucher) integrieren sollten (Kap. 6.2) 54 .<br />
6.1.2 Umweltbildung und Förderung des regionalen<br />
Bewussts<strong>ein</strong>s<br />
Große ökonomische Macht geht von den Verbrauchern<br />
aus. Damit diese aber reale Entscheidungsmöglichkeiten<br />
haben, bedarf es Bildung und Aufklärung<br />
über Nachhaltigkeitsaspekte und regionale<br />
Potenziale. Im Energiesektor gibt es mehr und mehr<br />
Entscheidungsmöglichkeiten. Nicht nur die eigene<br />
Technik in Wohnung, Haus und Garten sollte sparsam,<br />
gesund und nachhaltig s<strong>ein</strong>, auch die Wahl<br />
der Energieträger und -anbieter bis hin zum persönlichen<br />
Engagement bieten Ansatzpunkte, zur<br />
Zukunftsfähigkeit beizutragen. Dazu zählen der<br />
Anschluss an örtliche Nahwärmenetze, die Nutzung<br />
regional erzeugter Produkte, selbst Energie zu erzeugen<br />
oder Abfälle zu verwerten.<br />
Voraussetzung für verantwortungsbewusste Entscheidungen<br />
ist <strong>ein</strong>e umfassende Umweltbildung,<br />
die nur vor Ort geleistet werden kann. Ein Beispiel<br />
dafür stellt die wichtige „Aufklärungsarbeit“<br />
hinsichtlich der Neophytenproblematik dar (Kap.<br />
5.3.2). Wer diese Arten und die von ihnen verursachten<br />
Probleme nicht erkennt, ist schnell versucht,<br />
die Ausbreitung von Pflanzen zu begünstigen,<br />
welche <strong>ein</strong>mal in die natürlichen Ökosysteme<br />
<strong>ein</strong>gedrungen nie wieder daraus entfernt werden<br />
können, heimische Organismen verdrängen und<br />
sogar Gesundheitsprobleme hervorrufen können.<br />
Auch die Erhaltung des Artenreichtums in der Landschaft<br />
sowie von Zeugnissen des kulturellen Erbes<br />
gelingt nur, wenn genügend Bürgerinnen und Bürger<br />
diese erkennen und ihren Wert schätzen gelernt<br />
haben (Kap. 6.2.5) (Abbildung 32).<br />
Abb. 32: Blühstreifen um Maisfeld, angelegt auf vertragliche<br />
Forderung des Verpächters (Foto: Sarah Walz)<br />
58
Ralf-Uwe Syrbe, Olaf Bastian, Reimund St<strong>ein</strong>häußer, Gerd Lupp, Harald Neitzel, Birgit Fleischer<br />
ter, Ver<strong>ein</strong>e und Stiftungen sind gefragt, solche Initiativen<br />
stärker zu unterstützen.<br />
6.1.3 Regionale Wertschöpfung und Steuerungs<br />
möglichkeiten<br />
Wie Kap. 4 und 5 zeigen, bergen die neuen Bioenergie-Pfade<br />
Potenziale und Risiken, je nachdem<br />
wie sich Technologien entwickeln und wie die Menschen<br />
mit ihnen umgehen. Deshalb kann es zu k<strong>ein</strong>em<br />
Zeitpunkt „endgültige Wahrheiten“ geben:<br />
Alle Entscheidungen, Pläne und Fördermöglichkeiten<br />
benötigen <strong>ein</strong>e regelmäßige Überprüfung und<br />
Korrektur, welche sich am Erfolg der ganzheitlichen<br />
Ziele orientieren sollten. Wertvoll sind vorausschauend<br />
aufgebaute Infrastrukturen (z. B. Gas- und<br />
Wärmenetze), wenn sie schrittweise verbessert, an<br />
neueste Technologien angepasst und im Sinne der<br />
Nachhaltigkeit weiter entwickelt werden.<br />
Jede Kommune sollte Biomasse erfassen und sortengerecht<br />
nutzen. Nicht die Kompostierung von<br />
Gartenabfällen, Herbstlaub, Grünschnitt, Speiseresten,<br />
Klärschlamm und anderen organischen Wertstoffen<br />
ist der Königsweg, weil dadurch das Gros<br />
der organischen Masse zu CO 2<br />
„veratmet“ und in<br />
die Atmosphäre abgegeben wird. Deren Vergärung<br />
zu Biogas kann stattdessen CO 2<br />
-Emissionen vermeiden,<br />
Dünger und Energie erzeugen. Diese Produkte<br />
sind gut speicherbar, bis sie gebraucht werden.<br />
Die energetische Verwertung von nachwachsenden<br />
Rohstoffen und insbesondere von Nahrungsmitteln<br />
darf höchstens <strong>ein</strong>e Übergangslösung darstellen,<br />
bis dieser Energiepfad auch ohne diese nachhaltig<br />
funktioniert. Die Verbrennung und Vergasung von<br />
Biomasse wäre sinnvoll, wenn damit Emissionen,<br />
Humusverarmung und Langstreckentransporte<br />
vermieden werden (Kap. 3). Auch hier kommt es<br />
darauf an, immer wieder nachzurechnen und ggf.<br />
umzusteuern.<br />
Die EU setzt für Investitionen im Energiebereich <strong>ein</strong>en<br />
gut nutzbaren Förderrahmen. Der Europäische<br />
Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen<br />
Raumes (ELER) wird in Sachsen durch das<br />
Entwicklungsprogramm für den ländlichen Raum<br />
(EPLR) umgesetzt, mit folgenden vier Schwerpunkten:<br />
Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der<br />
Land- und Forstwirtschaft, Verbesserung der Umwelt<br />
und Landschaft, Lebensqualität im ländlichen<br />
Raum und Diversifizierung der ländlichen Wirtschaft<br />
sowie mit dem Förderprogramm LEADER (Liaison<br />
entre des actions de développement de l‘économie<br />
rurale, deutsch: Verbindung zwischen Aktionen zur<br />
Entwicklung der ländlichen Wirtschaft). Auf Basis<br />
dieser Schwerpunkte existieren in Sachsen verschiedene<br />
Förderrichtlinien, die <strong>ein</strong> Engagement im Bereich<br />
„Bioenergie“ finanziell unterstützen. So wird<br />
die Erstanpflanzung von Kurzumtriebsplantagen<br />
subventioniert und die Schaffung alternativer Einkommensmöglichkeiten<br />
in der Landwirtschaft begünstigt.<br />
Gefördert werden auch die Maßnahmen<br />
der Integrierten Ländlichen Entwicklungskonzepte<br />
(ILEK).<br />
Innovative Technologien sind naturgemäß zunächst<br />
unbekannt, vor allem liegen kaum Praxiserfahrungen<br />
vor. Um der oft berechtigten Skepsis<br />
entgegenzutreten, werden Netzwerke benötigt, in<br />
denen (auch ungünstige und daher in den Medien<br />
oft verschwiegene) Erfahrungen weitergegeben<br />
werden können und Interessenten sich zusammen<br />
finden, um „auf kurzem Wege“ Kontakte, Tipps<br />
aber auch Rohstoffe und vieles mehr auszutauschen.<br />
Im folgenden Kapitel (6.2) werden <strong>ein</strong>ige<br />
solcher Netzwerke vorgestellt, um potenzielle Akteure<br />
zu <strong>ein</strong>er Mitarbeit zu ermutigen. Ergänzt wird<br />
dies durch die Präsentation ausgewählter Praxisbeispiele<br />
(Kap. 6.3). Diese Beispiel-Palette kann freilich<br />
nicht erschöpfend s<strong>ein</strong>, denn auch viele noch nicht<br />
realisierte Ansätze (z. B. Kap. 5.4) verdienen <strong>ein</strong>e<br />
Praxis-Chance und anpackende Akteure mit Pioniergeist.<br />
Die Etablierung regionaler Wertschöpfungsketten<br />
kann auch mit ökologischen Aspekten verbunden<br />
werden, wenn z. B. verstärkt regionales Saat- und<br />
Pflanzgut für Landschaftsgestaltungsmaßnahmen<br />
verwendet wird oder Ko-Substrate für die Bioenergienutzung<br />
von Marginalflächen in Anlagennähe<br />
gewonnen werden. Umweltstandards und räumlich<br />
angepasste Sorten können zur Etablierung von<br />
regionalen Labels genutzt werden, mit denen <strong>ein</strong>e<br />
bessere Vermarktung regionaler Produkte möglich<br />
wäre.<br />
6.1.4 Bedarfsgerechte Nutzung und Gestaltung<br />
der Landschaft<br />
Die Bewahrung der Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes,<br />
der Mannigfaltigkeit an Arten und<br />
Ökosystemen sowie der Schönheit der Landschaft<br />
59
Handlungsmöglichkeiten in der Region<br />
ist <strong>ein</strong> Anliegen der Mehrheit der Bevölkerung im<br />
Landkreis (Kap. 4.3). Dieser Bedarf realisiert sich<br />
nicht im Selbstlauf, sondern erfordert <strong>ein</strong>e klare<br />
und öffentlich legitimierte Willensäußerung. Eine<br />
solche Bedarfsdefinition wäre z. B. mit Hilfe der<br />
Landschafts- und Regionalplanung sinnvoll, deren<br />
Möglichkeiten zur Steuerung der Landschaftsentwicklung<br />
bei Weitem nicht ausgeschöpft sind. Es<br />
liegt letztlich in den Händen der Kommunen bzw.<br />
der Akteure des Kreises, genauer zu definieren, wo<br />
und mit welcher Flächenwirkung Bioenergie und<br />
ihre Substrate erzeugt werden sollen. Die o. g. Umfragen<br />
ergaben auch, dass z. B. die meisten Landwirte<br />
zur Erhaltung der Böden und vieler anderer<br />
Umweltleistungen beitragen wollen. Dazu müssen<br />
verbindliche Richtlinien für alle Landwirte gelten,<br />
um faire Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten.<br />
Wie an konkreten Beispielen 55 nachgewiesen wurde,<br />
kann <strong>ein</strong>e Extensivierung von Ackerflächen mit ungünstigen<br />
Standortbedingungen für den Landwirt<br />
sogar dann ökonomisch sinnvoll s<strong>ein</strong>, wenn k<strong>ein</strong>e<br />
Nutzung mehr stattfindet und „nur“ Bodenerosion<br />
vermieden oder andere Umweltleistungen gefördert<br />
werden. Viele Leistungen sind jedoch nicht<br />
zum Nulltarif zu haben, denn sie erfordern <strong>ein</strong>en<br />
gewissen Pflegeaufwand für die Ökosysteme, <strong>ein</strong>en<br />
Nutzungsverzicht oder neue technische Lösungen.<br />
Je stärker das Interesse der Gesellschaft an diesen<br />
Leistungen ist, umso logischer ersch<strong>ein</strong>t der Schluss,<br />
dass dafür auch Gegenleistungen erwartet werden.<br />
Weltweit haben sich, zumeist auf privatwirtschaftlicher<br />
Basis, schon etliche Systeme zur Vergütung<br />
von Ökosystemdienstleistungen („Payment for<br />
Ecosystem Services“) etabliert. Hierzulande steckt<br />
diese Entwicklung aber noch in den Anfängen. Zumindest<br />
bei der Verteilung von Steuermitteln sollte<br />
in Zukunft auch der (mit Entwicklungsverzicht<br />
erkaufte) Leistungstransfer aus der ökologisch intakten<br />
Landschaft an die Stadtbevölkerung Berücksichtigung<br />
finden, der durch Naherholung ebenso<br />
selbstverständlich in Anspruch genommen wird wie<br />
die zentralen Leistungen der Städte für das umliegende<br />
Land.<br />
Auch die energetische Biomassenutzung muss zur<br />
Erhaltung der harmonischen Kulturlandschaft und<br />
<strong>ein</strong>er angemessenen biologischen Vielfalt beitragen.<br />
Es ist allerdings kaum möglich, ausschließlich<br />
biomassespezifische Anbauanforderungen bzw.<br />
-standards zu entwickeln, denn ökologische Kriterien<br />
für den Energiepflanzenanbau treffen vielfach<br />
auf die landwirtschaftliche Pflanzenproduktion im<br />
Allgem<strong>ein</strong>en zu.<br />
Deshalb sollen zunächst für <strong>ein</strong>ige im Landkreise<br />
Görlitz liegende Gebiete besondere Handlungsempfehlungen<br />
im Interesse des Schutzes von Natur<br />
und Landschaftsbild gegeben werden 56 :<br />
• Für die Agrarlandschaft in der Oberlausitz empfiehlt<br />
sich <strong>ein</strong>e Erhöhung des Anteils an Flurgehölzen<br />
und Hecken, an Extensiväckern und<br />
Ackerrandstreifen.<br />
• In der Agrarlandschaft der südlichen Oberlausitz<br />
ist <strong>ein</strong>e Restrukturierung ausgeräumter Gebietsteile<br />
durch Feldraine, Ackerrandstreifen, Gewässerrandstreifen<br />
sowie durch Flurgehölze und Hecken<br />
mit <strong>ein</strong>heimischen Pflanzen wichtig.<br />
• Die Wirkungen der durch Wälder betonten Bergkuppen<br />
der Offenlandschaft, insbesondere im<br />
Oberlausitzer Bergland, und prägnante Aussichten<br />
sollten erhalten werden. Dazu ist zu verhindern,<br />
dass Sichtachsen zuwachsen bzw. durch<br />
hohe Fruchtarten verstellt werden (Abbildung<br />
32). Es bieten sich Möglichkeiten, historische<br />
Landnutzungsformen mit Leben zu erfüllen. So<br />
könnten z. B. in Waldhufenfluren streifenförmige<br />
KUP angelegt werden. Dies würde dem „erzählerischen<br />
Gehalt“ der Landschaft und zugleich<br />
der Flurgliederung entgegen kommen.<br />
Abb. 33: Lausitzer Bergland (Foto: Gerd Lupp)<br />
• Für Bereiche mit vorwiegendem Getreide- und<br />
Futteranbau sollte <strong>ein</strong> später Stoppelumbruch<br />
60
Ralf-Uwe Syrbe, Olaf Bastian, Reimund St<strong>ein</strong>häußer, Gerd Lupp, Harald Neitzel, Birgit Fleischer<br />
oder Zwischenfruchtanbau in Unter- und Mulchsaat,<br />
unter Verzicht auf Tiefpflügen und bei reduziertem<br />
Herbizid<strong>ein</strong>satz, gewählt werden.<br />
• Für die Teichgebiete, Auen, Moore und Wälder<br />
im Bereich von Weißem und Schwarzem Schöps,<br />
Spree und Kl<strong>ein</strong>er Spree sowie Löbauer Wasser<br />
ist <strong>ein</strong>e überwiegende Grünlandnutzung des Offenlandes<br />
sowie <strong>ein</strong>e extensive Bewirtschaftung<br />
unter Belassung von Randstreifen und Beachtung<br />
der Lebenszyklen geschützter Arten notwendig,<br />
um <strong>ein</strong>e visuelle „Verwaldung“ durch Kurzumtriebsplantagen<br />
und hochwüchsige Fruchtarten<br />
(z. B. Miscanthus) zu verhindern. Wichtig sind<br />
hier die Gliederung in Wälder, Äcker, Grünländer<br />
und Teiche sowie der Erhalt prägnanter Wald-Offenlandgrenzen.<br />
• Für die Bergbaufolgelandschaft ergeben sich Potenziale<br />
für die Entwicklung vielgestaltiger Waldbilder<br />
durch neue Nutzungsformen.<br />
Nachfolgend sind Maßnahmen aufgeführt, die zur<br />
Sicherung konkreter Ökosystemdienstleistungen<br />
bzw. der Schutzgüter Boden, Wasser, Klima, Luft,<br />
biologische Vielfalt und Landschaftsbild beitragen.<br />
Mit ihnen wäre <strong>ein</strong>e umweltverträgliche, nachhaltige<br />
Produktion von Biomasse für energetische<br />
Zwecke im Interesse der Bevölkerungsmehrheit zu<br />
gewährleisten. Viele dieser Anforderungen sind<br />
bereits in Gesetzen, Verordnungen und Regeln der<br />
guten fachlichen Praxis verankert 57 .<br />
Maßnahmen zur Gewährleistung der Versorgungs-ÖSD<br />
Die Kernaufgabe der Landwirtschaft ist die Erzeugung<br />
von Nahrungsmitteln. Dafür sollten auch die<br />
die Rohstoffe aus dem eigenem Bestand der Agrarbetriebe<br />
kommen, sodass für die Energieproduktion<br />
vorrangig Nebenprodukte, Abfälle und Rückstände<br />
verwertet werden. Durch die Produktion von Energiepflanzen<br />
darf nicht der Nutzungsdruck auf die<br />
begrenzt verfügbaren Agrarflächen steigen und die<br />
Produktion von Nahrungsmitteln verteuert oder<br />
verdrängt werden.<br />
Maßnahmen zur Gewährleistung der Regulations-ÖSD<br />
Die Maßnahmen-Palette für diese Ökosystemleis-<br />
tungen (ÖSD) ist so vielfältig, dass sie in drei Themenschwerpunkte<br />
untergliedert als Stichpunkt aufgelistet<br />
wird:<br />
Kohlenstoffspeicherung, Verminderung des Ausstoßes<br />
von Treibhausgasen in der Atmosphäre<br />
• Sicherung <strong>ein</strong>er tatsächlich positiven Klimabilanz<br />
vom Anbau bis zur Reststoffverwertung,<br />
• Verwertung organischer Reststoffe sowie von<br />
Biomasse aus der Landschaftspflege,<br />
• k<strong>ein</strong> Umbruch von Grünland (besonders von<br />
Feuchtgrünland oder Niedermooren),<br />
• Vermeidung langer Transportwege sowie von<br />
Emissionen bei Lagerung und Ausbringung der<br />
Biomasse, dazu ist <strong>ein</strong> Flächennachweis der Substratbereitstellung<br />
nötig.<br />
Boden- und Gewässerschutz<br />
• Schließung der Nährstoffkreisläufe, vor allem<br />
Düngung nach der guten fachlichen Praxis,<br />
• Bevorzugung von Anbausystemen mit geringem<br />
Bedarf an Düngung und chemischem Pflanzenschutz<br />
(integrierter Pflanzenbau) sowie mit geringer<br />
Gefahr für Bodenerosion und -verdichtung<br />
(konservierende Bodenbearbeitung),<br />
• Erhaltung <strong>ein</strong>er ausgeglichenen standorttypischen<br />
Humusbilanz,<br />
• Vermeidung von Schadstoffanreicherungen in<br />
Böden sowie Nähr- und Schadstoffausträgen in<br />
andere Umweltmedien bei der Entsorgung mineralischer<br />
und organischer Abfälle (Aschen, Gärreste,<br />
Schlempen),<br />
• Beachtung des standortangepassten Anbaues<br />
von stark wasserzehrenden Kulturen,<br />
• k<strong>ein</strong>e Beregnung auf Feldern zur energetischen<br />
Biomasseproduktion.<br />
Biologische Vielfalt (Biodiversität)<br />
• k<strong>ein</strong>e Be<strong>ein</strong>trächtigung ökologisch sensibler<br />
Standorte (z. B. Hanglagen, Moore),<br />
61
Handlungsmöglichkeiten in der Region<br />
• Ausrichtung der Landwirtschaft an den Managementplänen<br />
in Natura-2000-Gebieten,<br />
• Einrichtung ökologischer Vorrangflächen (z. B.<br />
Hecken und Gehölze, Kl<strong>ein</strong>gewässer, Feuchtgebiete,<br />
unbefestigte Wege, Blühstreifen, Feldlerchenfenster<br />
[Abbildung 34], Extensivgrünland,<br />
Streuobstwiesen, Pufferstreifen um sensible<br />
Gebiete) entsprechend den Umweltanforderungen<br />
der ggf. neu ausgerichteten EU-Agrarpolitik<br />
(„Greening“),<br />
partiell extensive Produktion,<br />
• Anbau von Blühmischungen (u. a. Verbesserung<br />
des Landschaftsbildes),<br />
• k<strong>ein</strong> Anbau gentechnisch veränderter Organismen<br />
oder invasiver Arten,<br />
• Saatbettbereitung und mechanische Arbeitsgänge<br />
wie Grubbern und Pflügen zeitlich bündeln<br />
(Anfang - Mitte April), k<strong>ein</strong>e Ernte von Wintergetreide<br />
im Mai/Juni,<br />
• sparsamer Einsatz von Pflanzenschutzmitteln,<br />
• Stehenlassen von Stoppelfeldern (wichtige Nahrungshabitate<br />
für Greifvögel und körnerfressende<br />
Singvögel außerhalb der Brutzeit),<br />
Abb. 34: Feldlerchenfenster in Winterraps bei Gebelzig (Landkreis<br />
Görlitz) (Foto: FV Sächsische Vogelschutzwarte Neschwitz<br />
e. V., Jan-Uwe Schmidt)<br />
• Stilllegungsflächen (<strong>ein</strong>- und mehrjährige Brachen)<br />
sowie Streifen oder Inseln innerhalb der<br />
Schläge (schlaginterne Naturschutzbrachen), als<br />
Rückzugsräume, Reproduktionsstätten und Nahrungsquellen<br />
standorttypischer Arten,<br />
• standortangepasste Anbauvielfalt: Einhaltung <strong>ein</strong>er<br />
drei- bis fünfgliedrigen Fruchtfolge und Begrenzung<br />
des Maisanteils,<br />
• Bevorzugung von Fruchtarten, bei denen in der<br />
Brutzeit (April-Juni/Juli) wenige Bearbeitungsgänge<br />
durchgeführt werden, die <strong>ein</strong>e lockere Bestandsstruktur<br />
haben und <strong>ein</strong> reichhaltiges Nahrungsangebot<br />
für Wildtiere aufweisen, wie z. B.<br />
Winter- oder Sommergetreide, Leguminosen,<br />
• Förderung mehrjähriger Kulturen (z. B. Ackerfutter),<br />
• Beibehaltung kl<strong>ein</strong>er Bewirtschaftungs<strong>ein</strong>heiten,<br />
• extensive Nutzung und Pflege des Grünlandes,<br />
d. h. k<strong>ein</strong>e weitere Intensivierung, Vermeidung<br />
früher Mahdtermine, Mahd zeitlich versetzt sowie<br />
von innen nach außen oder von <strong>ein</strong>er Seite<br />
zur anderen, Mindest-Schnitthöhe von 14 cm,<br />
Verwendung <strong>ein</strong>es Balkenmähwerks (schont Insekten<br />
und Amphibien und ermöglicht rasche<br />
Wiederbesiedlung durch Feldvögel), zweiter<br />
Grasschnitt erst Ende Juni/Anfang Juli, mehrjährige<br />
Brachestreifen von mindestens 10 m Breite<br />
im Grünland (als Braunkehlchen-Lebensraum),<br />
• staunasse Bereiche (in feuchten Jahren) aus der<br />
Bewirtschaftung herausnehmen und gezielter<br />
Nestschutz bei Vorkommen gefährdeter Brutvogelarten<br />
(Limikolen),<br />
• Nutzung des Aufwuchses von Naturschutzflächen<br />
zur energetischen Verwertung.<br />
Maßnahmen zur Erhaltung der Kulturellen Ökosystemdienstleistungen<br />
Zur Pflege der landschaftlichen Eigenart dienen<br />
vor allem die oben genannten Anforderungen für<br />
<strong>ein</strong>zelne Gebiete. Die Bewahrung des Landschaftscharakters<br />
schließt auch <strong>ein</strong>e zeitgemäße Weiterentwicklung<br />
<strong>ein</strong>. Die Entwicklung der Bioenergie<br />
bietet somit neue Chancen zur Landschaftsgestaltung<br />
(Abbildung 34). So können hochwüchsige<br />
Fruchtarten wie Mais zu <strong>ein</strong>er Bereicherung der Flur<br />
beitragen. Problematisch werden sie nur, wenn sie<br />
62
Ralf-Uwe Syrbe, Olaf Bastian, Reimund St<strong>ein</strong>häußer, Gerd Lupp, Harald Neitzel, Birgit Fleischer<br />
Abb. 35: Oberlausitzer Landschaft mit Miscanthus-Anbau<br />
(Foto: Olaf Bastian)<br />
dominieren oder auf großen Schlägen angebaut<br />
werden. Zur Vermeidung der Ver<strong>ein</strong>heitlichung der<br />
Landschaft können als grobe Mindestwerte 1,5 : 1<br />
für das Getreide-Maisverhältnis und 2 : 1 für das<br />
Getreide-und-Raps-zu-Mais-Verhältnis dienen.<br />
Neue Bioenergieanlagen sollten möglichst auf<br />
vorhandenen Gewerbe- und Industrieflächen errichtet<br />
werden oder auf den Wirtschaftshöfen der<br />
landwirtschaftlichen Betriebe. Bauliche Anlagen<br />
sind nach Höhe, Umfang und äußerer Gestaltung<br />
dem Charakter des ländlichen Raumes und s<strong>ein</strong>em<br />
Landschaftsbild anzupassen. Eine entsprechende<br />
Gestaltung und Eingrünung der Anlagen kann dazu<br />
beitragen, sie störungsarm in die Landschaft <strong>ein</strong>zubinden.<br />
6.1.5 Steuerungsbedarf oberhalb der Landkreis-Ebene<br />
Auch zukünftig werden die gegenwärtigen Förderinstrumente<br />
im ländlichen Raum wirksam s<strong>ein</strong>, sodass<br />
diese schrittweise an die genannten Anforderungen<br />
angepasst werden müssen:<br />
1. gute fachliche Praxis in der Landwirtschaft,<br />
2. Vorschriften der Cross Compliance (CC),<br />
3. Auflagen des EEG,<br />
4. Bedingungen für die Förderprogramme für<br />
Agrar-Umweltmaßnahmen usw.<br />
Ergänzend zu den bestehenden Steuerungsinstrumenten<br />
werden die Möglichkeiten der Wasserrahmenrichtlinie<br />
(WRRL) und der FFH-Richtlinie der<br />
EU bisher zu wenig genutzt. Die Intensivierung<br />
des Pflanzenbaus und <strong>ein</strong>e Begünstigung der Bodenerosion<br />
durch <strong>ein</strong>jährige, spät deckende Pflanzen,<br />
wie z. B. Mais, können sich nachteilig auf die<br />
Biotop- und Gewässerqualität auswirken. Dennoch<br />
sind bisher k<strong>ein</strong>e Beschränkungen oder Kriterien in<br />
den WRRL-Bewirtschaftungsplänen zur Erreichung<br />
<strong>ein</strong>es guten Gewässerzustandes enthalten. Auch<br />
die Managementpläne der FFH-Gebiete, in denen<br />
zumindest <strong>ein</strong> Verschlechterungsverbot für bestimmte<br />
Arten besteht, reflektieren noch nicht die<br />
Folgen des Energiepflanzenanbaues. Beide sollten<br />
für <strong>ein</strong>en möglichen weiteren Bioenergieausbau<br />
den damit bestehenden Risiken Rechnung tragen.<br />
Landnutzungsänderungen durch verstärkte Bioenergieproduktion<br />
mit positiven Auswirkungen auf<br />
ÖSD sollten unterstützt werden. Hier ist zum <strong>ein</strong>en<br />
an GREENING-Maßnahmen und Umschichtungen<br />
in die 2. Säule innerhalb der GAP oder an <strong>ein</strong>e bessere<br />
EEG-Vergütung für alternative Energiepflanzen<br />
oder für gemischte Substrate zu denken. Sowohl<br />
die Szenarien (Kap. 3) als auch die ökonomischen<br />
Kalkulationen (Kap. 5.6) zeigen aber, wie wenig<br />
zielführend die bisherige Steuerungswirkung dieser<br />
Instrumente ist: Einerseits wird der Anbau klassischer<br />
Biogaspflanzen finanziell unterstützt, andererseits<br />
wird angesichts wachsender Maiswüsten in<br />
<strong>ein</strong>igen Teilen Deutschlands mittels Maisdeckel und<br />
Fruchtfolgevorschriften dieser künstlich initiierten<br />
Entwicklung entgegen gewirkt. Es ist völlig unverständlich,<br />
warum Marktfrüchte wie Mais, die als<br />
Energiepflanze höhere Deckungsbeiträge als in der<br />
Nahrungsproduktion abwerfen (Kap. 5.6), mit Subventionen<br />
der Einsatzstoff-Vergütungsklasse I gestützt<br />
werden müssen, die nur zwei Cent unter dem<br />
Förder-Höchstbetrag liegen. Hier werden Gelder<br />
der EEG-Umlage in <strong>ein</strong>em wenig umweltfreundlichen<br />
Sinne verwendet, anstatt sie bedarfsgerecht<br />
<strong>ein</strong>zusetzen, nämlich zur Förderung der weniger lukrativen,<br />
aber sozial erwünschten Verwertung von<br />
Landschaftspflegematerial und Dauerkulturen.<br />
Stärker als bisher sind Maßnahmen zu unterstützen,<br />
welche:<br />
• Produktivität im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit<br />
fördern,<br />
63
Handlungsmöglichkeiten in der Region<br />
• integrierte Versorgungsketten entstehen lassen,<br />
• die gezielte Erhaltung bzw. Verbesserung der<br />
Ökosysteme gewährleisten,<br />
• fachliche Erfolge nachweisen und Maßnahmen<br />
verstärkt erfolgsorientiert honorieren.<br />
Grundsätzlich muss angestrebt werden, dass die<br />
Förderbeträge für Agrarumweltmaßnahmen angehoben<br />
werden, um zum <strong>ein</strong>en die gestiegenen<br />
Lohn- und Maschinenkosten und zum anderen <strong>ein</strong>e<br />
angemessene Honorierung von fachlich anspruchsvollen<br />
naturschutzgerechten Bewirtschaftungs- und<br />
Pflegemaßnahmen mit <strong>ein</strong>em erhöhten Investitionsaufwand<br />
zu ermöglichen. Zur Sicherung bzw.<br />
Wiederherstellung des Biotopverbundes sind Maßnahmen<br />
der Biotopneuanlage und der Biotopwiederherstellung<br />
inklusive des erforderlichen Managements<br />
angemessen zu fördern (betrifft auch<br />
die Gewässer).<br />
Die Erfahrungen der Vergangenheit belegen, dass<br />
neben den Landwirten besonders Landschaftspflege-<br />
und Naturschutzverbände sowie andere Naturschutz<strong>ein</strong>richtungen<br />
in freier Trägerschaft (z. B.<br />
Naturschutzstationen) bei der ländlichen Entwicklung<br />
mitwirken. Diese freien Träger müssen für<br />
naturschutzorientierte Maßnahmen in allen Bereichen<br />
auch weiterhin antrags- und zuwendungsberechtigt<br />
s<strong>ein</strong> und damit diese Leistungspakete<br />
bearbeiten dürfen. Wichtig ist <strong>ein</strong>e verbesserte<br />
Förderung investiver Maßnahmen in Naturschutz<br />
und Landschaftspflege, damit Landschaftspflegeverbände<br />
sich zu effektiven Wirtschafts<strong>ein</strong>heiten<br />
entwickeln können.<br />
6.2 Bestehende informelle Netzwerke in<br />
der Oberlausitz und kompetente Ansprechpartner<br />
Um zukünftig bestehende Biomassepotenziale zur<br />
energetischen Nutzung im Landkreis optimal und<br />
nachhaltig zu nutzen, sind <strong>ein</strong>e gute Vernetzung<br />
der Akteure aller Sparten (Landwirtschaft, Politik,<br />
Naturschutz, Landschaftspflege, Wissenschaft und<br />
Forschung sowie Wirtschaft) sowie <strong>ein</strong> regelmäßiger<br />
und reger Informationsaustausch unter ihnen<br />
von großer Bedeutung.<br />
Im Folgenden werden <strong>ein</strong>ige bestehende Netzwerke<br />
mit ihren Ansprechpartnern aufgeführt.<br />
6.2.1 Kooperationsnetzwerk<br />
„Regionale In fra strukturen Nachwachsender<br />
Rohstoffe“ (INR)<br />
Das Netzwerk INR ist <strong>ein</strong> Kooperationsprojekt von<br />
mehr als 100 Firmen zur Unterstützung des Aufbaus<br />
regionaler Infrastrukturen auf Basis der Verwertung<br />
biogener Rohstoffe.<br />
Die Arbeit des Netzwerkes hat k<strong>ein</strong>e regionale Begrenzung<br />
und steht weiteren Mitgliedern offen.<br />
Die Projektarbeit erfolgt im Wesentlichen in aufgabenbezogenen<br />
Arbeitsgruppen, Arbeitskreisen<br />
und Kooperationsprojekten. Dazu werden jeweils<br />
projektspezifische Kooperationsver<strong>ein</strong>barungen abgeschlossen.<br />
Netzwerkkoordinator ist der Ver<strong>ein</strong> IBEU:<br />
© IBEU Dresden e.V.<br />
Kontakt:<br />
IBEU Dresden e. V.<br />
Außenstelle im<br />
Energie- und Umweltzentrum<br />
„Äppelw<strong>ein</strong>schenke“ Obergurig<br />
Großdöbschützer Str. 2<br />
02692 Obergurig<br />
Ansprechpartner: Günter Keil<br />
Tel.: 0359389802-0<br />
E-Mail: eup-obergurig@t-online.de<br />
www.sinu.de<br />
64
Ralf-Uwe Syrbe, Olaf Bastian, Reimund St<strong>ein</strong>häußer, Gerd Lupp, Harald Neitzel, Birgit Fleischer<br />
Kooperationsteilnetzwerk Bio-Rohstoff-Region<br />
Oberlausitz/Niederschlesien<br />
Das Projekt „Bio-Rohstoff-Region<br />
Oberlausitz/Niederschlesien“ wurde<br />
von <strong>ein</strong>er Arbeitsgruppe des Kooperationsnetzwerkes<br />
INR praktisch vorbereitet<br />
und soll Anfang 2014 offiziell<br />
starten. Es integriert und koordiniert<br />
komplexe und vielfältige Projekte zur<br />
stofflichen und energetischen Verwertung<br />
biogener Rohstoffe (<strong>ein</strong>schließlich biogener<br />
Reststoffe). Ziel ist, die Region verstärkt mit<br />
Energieträgern und Rohstoffen zu versorgen, welche<br />
in der Region selbst erzeugt werden.<br />
Interessengem<strong>ein</strong>schaft (IG) Miscanthus Sachsen<br />
Die IG Miscanthus Sachsen<br />
ist <strong>ein</strong> Facharbeitskreis<br />
aus interessierten<br />
Mitgliedern des Kooperationsnetzwerkes<br />
INR.<br />
In der IG Miscanthus arbeiten Unternehmen und<br />
Institutionen zusammen, welche die vielfältigen Potenziale,<br />
die in der Pflanze Miscanthus x giganteus<br />
stecken, zur breiten Nutzung bringen wollen – wirtschaftlich<br />
und nachhaltig.<br />
Auf dem Miscanthus-Feldweg in Buscheritz, Gem<strong>ein</strong>de<br />
Göda im Landkreis Bautzen, kann man<br />
die jährliche Vegetationsabfolge unterschiedlicher<br />
Miscanthus-Bestände erleben. Anmeldungen zu<br />
Fachgesprächen, Führungen und Vorträgen sind<br />
möglich.<br />
Kontakt: kontakt@miscanthus-sachsen.de<br />
www.miscanthus-sachsen.de<br />
6.2.2 Biomasse Schraden e.V.<br />
Der BIOMASSE SCHRADEN e.V. berät bei der Anla-<br />
ge von Kurzumtriebsplantagen mit schnellwachsenden<br />
Baumarten auf landwirtschaftlichen Flächen.<br />
Er betreut Landwirte und Landbesitzer, beginnend<br />
bei der Flächenauswahl, Pflege, bis hin zur Ernte<br />
und Rückumwandlung der Flächen. Er berät auch<br />
bei der Trocknung, Lagerung und Verwertung von<br />
Holz.<br />
6.2.3 Energieeffizientes Göda e.V.<br />
Der Ver<strong>ein</strong> ist aus der Teilnahme der Gem<strong>ein</strong>de und<br />
ihren Partnern am Bundeswettbewerb „Energieeffiziente<br />
Stadt“ 2009/10 hervorgegangen, bei dem<br />
beispielhaft für viele ländliche Gebiete <strong>ein</strong> Konzept<br />
zur Verbesserung der Energieeffizienz und die breite<br />
Nutzung erneuerbarer Energieträger erarbeitet<br />
wurde. Auf der Webseite www.energie-goeda.de<br />
werden Gödaer Energieprojekte vorgestellt. Hier<br />
entstand unter anderem <strong>ein</strong> beispielhaftes Bürgersolarkraftwerk.<br />
Der Ver<strong>ein</strong> will Anregungen geben, erneuerbare<br />
Energiequellen und Energieeffizienzpotenziale<br />
stärker als bisher zu nutzen. Er betreibt <strong>ein</strong>e starke<br />
Öffentlichkeitsarbeit für die Idee der Bürger-Energie-Gesellschaften<br />
(private Zusammenschlüsse zum<br />
Zweck des gem<strong>ein</strong>schaftlichen Anschaffens und<br />
Betreibens von Erzeugungsanlagen für regenerative<br />
Energien).<br />
Ansprechpartner: Dr. Martin Schneider<br />
Telefon: 035937-88868<br />
E-Mail: info@energie-goeda.de<br />
www.energie-goeda.de<br />
6.2.4 Servicestelle Energie im Landkreis<br />
Görlitz<br />
Zentraler Ansprechpartner für Energiefragen im<br />
Landkreis Görlitz ist die Servicestelle Energie. Sie<br />
arbeitet im Auftrag des Landkreises Görlitz, verantwortet<br />
durch die Entwicklungsgesellschaft Niederschlesische<br />
Oberlausitz mbH. Die Servicestelle führt<br />
die Aufgaben der Energieagentur Neiße weiter.<br />
Ansprechpartner: Christoph Biele<br />
Telefon: 035828-889723<br />
E-Mail: christoph.biele@wirtschaft-goerlitz.de<br />
www.wirtschaft-goerlitz.de<br />
65
Handlungsmöglichkeiten in der Region<br />
6.2.5 Lehr- und Forschungsstandorte in der<br />
Region<br />
Hochschule Zittau/Görlitz<br />
An der Hochschule Zittau/Görlitz konzentrieren<br />
sich in verschiedenen Instituten und Fakultäten viele<br />
Fachkompetenzen, von denen hier <strong>ein</strong>e Auswahl<br />
mit ihren Ansprechpartnern genannt werden sollen:<br />
Am Institut für Ökologie und Umweltschutz (IÖU)<br />
wurde im Projekt BioEnergyNet der Energieatlas<br />
Lausitz erstellt. Es handelt sich dabei um <strong>ein</strong> Internet-Portal<br />
für die deutsch-tschechische Grenzregion<br />
Lausitz und Nordböhmen, das u. a. zahlreiche<br />
interaktive Karten kostenlos bereitstellt 58 .<br />
Ansprechpartner:<br />
Dr. Dietmar Bothmer<br />
d.bothmer@hszg.de<br />
Die Fakultät Maschinenwesen und das Institut für<br />
Prozesstechnik, Prozessautomatisierung und Messtechnik<br />
(IPM) führen verschiedene Projekte zur<br />
thermochemischen Konversion von Biomasse durch<br />
und organisieren jährlich <strong>ein</strong>e Tagung zum Thema<br />
Elektroenergie aus Biomasse in dezentraler Anwendung<br />
– Technik, Ökonomie, Ökologie.<br />
Ansprechpartner:<br />
Prof. Juergen Schoenherr<br />
j.schoenherr@hszg.de<br />
An der Fakultät Mathematik/Naturwissenschaften<br />
wurde <strong>ein</strong>e umfangreiche Recherche zum Stand der<br />
Forschung hinsichtlich der Auswirkung der Ausbringung<br />
von Gärresten aus Biogasanlagen auf Böden<br />
gemacht. Die Ergebnisse stehen Interessierten offen.<br />
Ansprechpartner:<br />
Prof. R<strong>ein</strong>er Schulz<br />
r.schulz@hszg.de<br />
Thematisch relevante Studiengänge lassen sich unter<br />
diesem Link finden: http://www.hszg.de/studium/unsere-studiengaenge.html.<br />
Dabei soll der<br />
Studiengang „Ökologie und Umweltschutz“ besonders<br />
hervorgehoben werden: http://f-n.hszg.<br />
de/studienangebot/oekologie-und-umweltschutz.<br />
html.<br />
Internationales Begegnungszentrum (IBZ)<br />
St. Marienthal in Ostritz<br />
Ansprechpartner:<br />
Prof. Tobias Zschunke<br />
t.zschunke@hszg.de<br />
In der Fakultät Maschinenwesen werden Forschungsprojekte<br />
zur Biogasgewinnung aus unterschiedlichen<br />
Biomassen realisiert.<br />
Ansprechpartner:<br />
Prof. Bernd Haschke<br />
b.haschke@hszg.de<br />
Projekte des Instituts für Verfahrensentwicklung,<br />
Torf- und Naturstoff-Forschung (iTN) zielen u. a.<br />
auf die ganzheitliche Aufbereitung von Biomassen<br />
ab.<br />
Abb. 36: IBZ in der Klosteranlage St. Marienthal (Foto: Archiv<br />
IBZ St. Marienthal)<br />
Das IBZ St. Marienthal leistet – ähnlich wie<br />
viele andere Institutionen aus dem Netzwerk<br />
Umweltbildung Sachsen – durch jährlich etwa 50,<br />
meist mehrtägige Veranstaltungen im Umweltbildungsbereich<br />
<strong>ein</strong>en Beitrag zur Förderung des<br />
66
Ralf-Uwe Syrbe, Olaf Bastian, Reimund St<strong>ein</strong>häußer, Gerd Lupp, Harald Neitzel, Birgit Fleischer<br />
Umweltbewussts<strong>ein</strong>s. Dabei werden alle Bevölkerungsgruppen<br />
(von Kindern bis Senioren, von Laien<br />
bis Experten) erreicht und jeweils zielgruppenspezifisch<br />
angesprochen. Zahlreiche Veranstaltungen<br />
haben grenzüberschreitenden Charakter.<br />
Die Energie-ökologische Modellstadt Ostritz ist <strong>ein</strong>e<br />
von 11 Stationen entlang der Lernstraße Energie,<br />
welche seit 2003 acht deutsche und drei polnische<br />
Lern- und Erlebnisorte vernetzt und damit <strong>ein</strong>en lebendigen<br />
Einblick in die Energiegeschichte und Zukunft<br />
der Oberlausitz darbietet.<br />
Die Stiftung IBZ bietet interessierten Kommunen,<br />
deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie interessierten<br />
Bürgerinnen und Bürgern aller Altersund<br />
Ausbildungsstufen Exkursionen zu den praktischen<br />
Modellbaust<strong>ein</strong>en Biomasseheizkraftwerk,<br />
Windpark, Wasserkraftanlage, Solaranlagen und<br />
zur Pflanzenkläranlage in der Energie-ökologischen<br />
Modellstadt an und organisiert Seminare sowie<br />
Workshops zu Themen wie „Initiierung von bürgerschaftlichem<br />
Engagement“, „Agenda 21 Prozesse“<br />
und zu Möglichkeiten, erneuerbare Energieträger<br />
zu nutzen.<br />
Nähere Information unter www.ibz-marienthal.de<br />
Am IBZ ist in der PONTES-Agentur auch die Servicestelle<br />
Bildung des Landkreises Görlitz untergebracht.<br />
Das Ziel, Energiebildung in den Bildungsstrukturen<br />
des Landkreises zu verankern, wird hier<br />
durch die Werkstatt „Energiebildung“ umgesetzt.<br />
Zusammen mit regionalen und überregionalen Akteuren<br />
entwickelt die Werkstatt dafür Methoden<br />
und Instrumente und erfüllt dabei vor allem zwei<br />
Funktionen:<br />
• Sie ist <strong>ein</strong> Vernetzungsinstrument und stimmt mit<br />
den relevanten Akteuren die Umsetzungsmaßnahmen<br />
ab.<br />
• Darüber hinaus ist sie selbst regionaler Akteur<br />
und setzt Maßnahmen der Energiebildung um.<br />
Mehr Informationen unter: http://www.pontes-pontes.eu/ueber-pontes/netzwerkthemen/<br />
energiebildung.html<br />
Kontakt: Tel.: 035823 77-252<br />
E-Mail: pontes@ibz-marienthal.de<br />
Brandenburgische Technische Universität Cottbus<br />
(BTU)<br />
Im Arbeitsbereich „Multifunktionale Landnutzung<br />
und Agroforstwirtschaft“ des Lehrstuhls für Bodenschutz<br />
und Rekultivierung der BTU Cottbus wird<br />
schwerpunktmäßig zu den Themen:<br />
• Agroforstwirtschaft und neuartige Landnutzungssysteme,<br />
• Biomasseerzeugung für die Bioenergieproduktion<br />
mit Kurzumtriebsplantagen und alternativen<br />
Anbausystemen,<br />
• Rekultivierung von Bergbaufolgelandschaften<br />
geforscht. Hierzu sind u. a. im Bereich der sogenannten<br />
Energielandschaft Welzow Süd verschiedene<br />
Dauerversuche angelegt worden.<br />
Ansprechpartner:<br />
Dr. Christian Böhm<br />
Tel.: 0355-694145<br />
E-Mail: boehmc@tu-cottbus.de<br />
www.tu-cottbus.de/projekte/de/multiland<br />
Forschungsverbundprojekt „Agrofornet“<br />
Von Oktober 2010 bis August 2014 läuft das durch<br />
das Bundesministerium für Bildung und Forschung<br />
(BMBF) innerhalb des Förderschwerpunktes „Nachhaltiges<br />
Landmanagement“ geförderte Projekt<br />
„Agrofornet“. Koordinator des gesamten Projektes<br />
ist das Institut für Internationale Forst- und Holzwirtschaft<br />
der TU Dresden. Das Gesamtziel dieses<br />
Forschungsvorhabens besteht im Aufbau von regionalen<br />
Wertschöpfungsnetzen zur nachhaltigen und<br />
67
Handlungsmöglichkeiten in der Region<br />
effizienten Erzeugung und Bereitstellung von holziger<br />
Biomasse aus Land- und Forstwirtschaft sowie<br />
der offenen Landschaft in den drei Modellregionen<br />
„Lausitz“, „Mittelsächsisches Lößhügelland“ und<br />
„Südliche Metropolregion Hamburg“.<br />
Untersucht wird die nachhaltige Bereitstellung und<br />
Verwendung von Holz für energetische Zwecke.<br />
Quellen sind neben Energieholz aus Wäldern und<br />
Kurzumtriebsplantagen auf landwirtschaftlichen<br />
Flächen z. B. Restholz aus Schadereignissen, holziger<br />
Grünschnitt, Landschaftspflegeholz oder Hölzer<br />
aus der Straßenpflege. Auf der Verwerterseite werden<br />
Kommunen, Agrarbetriebe, andere Betriebe<br />
und Institutionen <strong>ein</strong>bezogen und deren Aktivitäten<br />
zur energetischen Nutzung von Holz beratend gefördert.<br />
An mehreren Fallbeispielen wird die gesamte<br />
Verwertungskette von der Bereitstellung über<br />
Trocknung, Transport und Lagerung bis zur energetischen<br />
Verwendung optimiert. Hierbei werden<br />
Produzenten und Verwerter von Energieholz vom<br />
Kreisforstamt unterstützt. Das Projekt baut auch auf<br />
der Clusterinitiative Forst & Holz Oberlausitz auf.<br />
Ansprechpartner für den Landkreis Bautzen:<br />
Kreisforstamt Bautzen<br />
Christian Schöne<br />
Tel.: 03591 - 5251 68001 / - 68129<br />
E-Mail: kreisforstamt@lra-bautzen.de<br />
christian.schoene@lra-bautzen.de<br />
www.agrofornet.de<br />
Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft<br />
und Geologie<br />
Im Referat Pflanzenbau des Sächsischen Landesamtes<br />
für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie<br />
(LfULG) werden verschiedene Fragen des Energiepflanzenanbaus<br />
bearbeitet. Eine große Rolle spielen<br />
dabei Anbauversuche, um effektive Energiepflanzen<br />
für die energetische Verwertung bereit zu<br />
stellen. Dabei werden sowohl <strong>ein</strong>jährige als auch<br />
mehrjährige Pflanzen hinsichtlich Ertrag und Nachhaltigkeitskriterien<br />
untersucht. Auch die effektive<br />
Verwertung dieser Pflanzen im ländlichen Raum<br />
spielt <strong>ein</strong>e bedeutende Rolle.<br />
Das LfULG steht für alle Landwirte und Interessierte<br />
als Ansprechpartner für die Belange des Energiepflanzenanbaus<br />
und der energetischen Verwertung<br />
zur Verfügung. Innerhalb des Landkreises Görlitz<br />
kann man an der Versuchsstation Pommritz (Hochkirch)<br />
den Anbau verschiedener Energiepflanzen<br />
besichtigen.<br />
Ansprechpartner:<br />
Dr. Kerstin Jäkel<br />
Waldheimer Straße 219, 01683 Nossen<br />
Tel.: 035242- 6317104<br />
E-Mail: Kerstin.Jaekel@smul.sachsen.de<br />
www.smul.sachsen.de/lfulg<br />
Pierre Seibold<br />
02627 Pommritz Nr. 1<br />
Tel.: 035939-81278<br />
E-Mail: Pierre.Seibold@smul.sachsen.de<br />
Institut für Energieoptimierte Standorte<br />
Als wissenschaftliche Einrichtung engagiert sich<br />
das 2011 gegründete Institut für Energieoptimierte<br />
Standorte (EOS) sowohl in der Grundlagenforschung<br />
als auch in der anwendungsorientierten Forschung.<br />
EOS erarbeitet interdisziplinäre, langfristig<br />
wirksame, energetische Konzepte zur Sicherung <strong>ein</strong>er<br />
hohen Energieeffizienz. Das Institut EOS ist <strong>ein</strong>e<br />
gem<strong>ein</strong>nützige Forschungs<strong>ein</strong>richtung der Hochschule<br />
Lausitz in Senftenberg und Cottbus, welche<br />
sich ausschließlich über die Realisierung externer<br />
Projekte, die von der kommunalen bis zur europäischen<br />
Ebene reichen, finanziert. Fachkompetenzen<br />
aus mehreren Fakultäten und Studiengängen der<br />
Hochschule Lausitz an beiden Standorten werden<br />
hier zusammengeführt und genutzt.<br />
Energieoptimierte Standorte sind Stadtquartiere,<br />
Gewerbegebiete und Industrieansiedlungen,<br />
die unter Berücksichtigung besonders komplexer<br />
Strukturen <strong>ein</strong> Höchstmaß an Energieeffizienz aufweisen,<br />
gemessen an ganzheitlichen Kriterien, wie<br />
zum Beispiel: Wärmeverbrauch, Versorgungsstrukturen,<br />
Verkehrsinfrastruktur und Einsatz erneuerbarer<br />
Energien.<br />
Das EOS begleitet Kommunen, Unternehmen und<br />
auch private Verbraucher, die individuell richtigen<br />
68
Ralf-Uwe Syrbe, Olaf Bastian, Reimund St<strong>ein</strong>häußer, Gerd Lupp, Harald Neitzel, Birgit Fleischer<br />
und zukunftssicheren Entscheidungen zu treffen. Ziel<br />
ist es, interdisziplinäre, langfristig wirksame energetische<br />
Konzepte zu erarbeiten und umzusetzen, die<br />
die zukünftigen Anforderungen an die Energieeffizienz<br />
von Versorgungsgebieten mit ihren variablen<br />
Bestandteilen erfüllen. Das EOS forscht und berät<br />
in den Themenbereichen Architektur, Wohn- und<br />
Sozialbau, Energie- und Versorgungstechnik, Verkehrswesen<br />
sowie Energiemanagement, Energieund<br />
Umweltökonomie. Dabei orientiert es sich an<br />
den Grundsätzen Nachhaltigkeit, Wirtschaftlichkeit<br />
und Versorgungssicherheit. Die Gem<strong>ein</strong>de Rietschen<br />
wurde durch das Team z. B. bei der Bürgerberatung<br />
zu Energieeffizienz/Energie<strong>ein</strong>sparung und Erneuerbare<br />
Energien unterstützt, wobei auch das Projekt<br />
„Nahwärme Ortsteil Daubitz: Genossenschaft<br />
Dorfheizung“ beratend begleitet wurde.<br />
Ansprechpartnerin:<br />
Prof. Dr.-Ing. Kathrin Lehmann<br />
Institut für Energieoptimierte Standorte<br />
c/o Hochschule Lausitz (FH)<br />
Fakultät 1<br />
Großenhainer Straße 57, 01968 Senftenberg<br />
Tel.: 03573 85-511<br />
E-Mail: Kathrin.Lehmann@hs-lausitz.de<br />
www.energieoptimierter-standort.de<br />
6.2.6 Förderver<strong>ein</strong> Sächsische Vogelschutzwarte<br />
Neschwitz e.V .<br />
6.3 Beispiellösungen aus dem Landkreis<br />
Görlitz<br />
6.3.1 Holzhackschnitzel-Wärmeversorgung<br />
in der Gem<strong>ein</strong>de Hohendubrau<br />
Ein gutes Beispiel für die Nutzung der Bioenergie im<br />
Landkreis Görlitz ist die Gem<strong>ein</strong>de Hohendubrau,<br />
die im Ortsteil Gebelzig mehrere kommunale Gebäude<br />
mit Holzhackschnitzeln beheizt. Der Heizbedarf<br />
des Schlosskomplexes mit Kindergarten und<br />
Grundschule in Gebelzig wurde früher mit Öl gedeckt.<br />
Nach der Sanierung erfolgt die Wärmeversorgung<br />
nun über <strong>ein</strong> Nahwärmenetz, unterstützt<br />
von <strong>ein</strong>em Sonnenkollektor auf dem Dach des ehemaligen<br />
Speichers. Außerdem sind <strong>ein</strong>e Bankfiliale,<br />
<strong>ein</strong> Einkaufsmarkt und Wohnhäuser an die Wärmetrasse<br />
angeschlossen. Die Ölheizung bleibt weiterhin<br />
als Spitzenlastkessel in Bereitschaft.<br />
Die Hackschnitzel werden aus Materialien der<br />
Landschaftspflege, von Durchforstungen und mit<br />
Hilfe <strong>ein</strong>er eigenen Kurzumtriebsplantage erzeugt.<br />
Einen Großteil der Holzhackschnitzel liefert <strong>ein</strong>e<br />
Weiden-KUP am Standort Weigersdorf. Gleichzeitig<br />
werden sämtliche anfallende Holzabfälle der<br />
Gem<strong>ein</strong>de, welche zur Hackschnitzelerzeugung<br />
geeignet sind, verwendet. Damit ist die gesamte<br />
Erzeugerkette in Hohendubrau in der Hand der Gem<strong>ein</strong>de.<br />
59<br />
6.3.2 Biogasanlage und Nahwärmenutzung<br />
in Berthelsdorf<br />
Information und Beratung zum vogelschutzgerechten<br />
Anbau der Energiepflanzen Raps, Mais,<br />
Sonnenblume u. a. für <strong>ein</strong>e lebenswerte sächsische<br />
Agrar landschaft bietet der:<br />
Förderver<strong>ein</strong> Sächsische Vogelschutzwarte<br />
Neschwitz e. V.<br />
Park 4, 02699 Neschwitz<br />
Tel. 035933-179862<br />
E-Mail: foerderver<strong>ein</strong>@vogelschutzwarte-neschwitz.de<br />
Durch <strong>ein</strong>e langjährige Kooperation mit der Ver<strong>ein</strong>igung<br />
zur Nutzung erneuerbarer Energien (VEE)<br />
Sachsen konnte die Idee <strong>ein</strong>es Bioenergiezentrums<br />
in der Oberlausitz inklusive der Biogasanlage Berthelsdorf<br />
umgesetzt werden. Bioenergiezentrum<br />
und Biogasanlage werden dabei in zwei eigenständigen<br />
Gesellschaften geführt, können sich aber<br />
durch zahlreiche Synergieeffekte stützen (z. B. Wärmenutzung).<br />
Die Biogasanlage stellt für die durch<br />
Substratlieferverträge (20 Jahre) an die Anlage angebundenen<br />
Landwirte in der strukturschwachen<br />
Region <strong>ein</strong>e wichtige weitere Einkommensquelle<br />
mit Zukunftsperspektive dar. Die erzeugte elektrische<br />
Energie entspricht dem Bedarf von ca. 1.500<br />
Haushalten.<br />
69
Handlungsmöglichkeiten in der Region<br />
Die Biogasanlage (Abbildung 37) wurde auf <strong>ein</strong>em<br />
1,5 ha großen Grundstück errichtet und ist über gut<br />
ausgebaute Fahrstraßen problemlos erreichbar. Der<br />
Betrieb der Biogasanlage außerhalb des Ortes ist<br />
auch durch den Ernteverkehr ohne verkehrsbedingte<br />
Rückwirkungen möglich.<br />
Die Anlage wurde nach damaligen neuesten Erkenntnissen<br />
errichtet. Anstatt mit verschleißanfälligen<br />
Förderschnecken wird die Biomasse mit <strong>ein</strong>er<br />
Krananlage in die Fermenter <strong>ein</strong>gebracht. Die qualitativ<br />
hochwertige Biomasseaufbereitung ermöglicht<br />
es, die Anlage auch mit „minderwertiger“ oder Ersatzbiomasse,<br />
wie z. B. Landschaftspflegematerial,<br />
zu betreiben. Diese mechanische Aufbereitung erfolgt<br />
durch <strong>ein</strong>en Querstromzerspaner. Durch die<br />
flexible Nutzung von Einsatzstoffen wäre auch <strong>ein</strong><br />
Umstieg auf <strong>ein</strong>e Abfallanlage in Zukunft möglich.<br />
Die Anlage wird derzeit noch überwiegend mit<br />
nachwachsenden Rohstoffen betrieben. Folgende<br />
Einsatzstoffe werden verwendet:<br />
Für <strong>ein</strong>en optimalen Anlagenbetrieb werden mindestens<br />
230 ha landwirtschaftliche Fläche benötigt.<br />
Insgesamt konnten 250 ha gesichert und mit Substratlieferverträgen<br />
mit <strong>ein</strong>er Laufzeit von 20 Jahren<br />
langfristig vertraglich fixiert werden. Auf dieser<br />
Fläche wird mit <strong>ein</strong>em durchschnittlichen Ertrag von<br />
44 Tonnen Frischmasse pro Hektar und Jahr gerechnet.<br />
Die Substrate werden in zwei gleich großen<br />
Fahrsilos von je 6.500 m³ Nutzinhalt gelagert. Die<br />
Tab. 12: Einsatzstoffbedarf der BGA Berthelsdorf<br />
Einsatzstoffe<br />
Menge pro Jahr<br />
Maissilage<br />
6.600 t<br />
Grassilage<br />
2.300 t<br />
GPS*und Zwischenfrüchte 2.200 t<br />
*Ganzpflanzensilage aus Getreide wie Roggen o.ä.<br />
Beschickung der Silos erfolgt über LKW und Traktoren<br />
mit Anhängerzügen, die vor der Entladung auf<br />
<strong>ein</strong>er Waage gewogen werden.<br />
Die Biogas Berthelsdorf GmbH & Co. KG erwirtschaftet<br />
jährlich ca. 845.000 € Energieerlöse aus<br />
Strom und 40.000 € aus Wärme.<br />
Das Nahwärmesystem<br />
Abb. 37: Biogasanlage Berthelsdorf (Foto: Awite Bioenergie<br />
GmbH)<br />
In Berthelsdorf wird die gesamte im BHKW erzeugte<br />
Wärme genutzt. Die Verstromung des Biogases<br />
erfolgt nicht an der Biogasanlage selbst. Um die<br />
Tab. 13: Steckbrief BGA Berthelsdorf<br />
Die Biogasanlage Berthelsdorf im Überblick<br />
Gesamtleistung der Anlage<br />
536 kW elektrisch<br />
Wärmeleistung der Anlage<br />
519 kW thermisch<br />
Standort<br />
Herrnhuter Straße, 02747 Berthelsdorf<br />
Kosten<br />
ca. EUR 2,9 Mio.<br />
Fertigstellung Dezember 2008<br />
Anlagenkonzept<br />
Trockenvergärung nach EEG<br />
Betreiber<br />
Biogas Berthelsdorf GmbH & Co. KG<br />
Wärmenutzungskonzept<br />
Nahwärmenutzung umliegender Liegenschaften<br />
Erzeugte Strommenge rd. 4 Mio kWh p. a.<br />
Erzeugte Wärmemenge<br />
rd. 3,9 Mio kWh p. a. (100 % Auskopplung)<br />
70
Ralf-Uwe Syrbe, Olaf Bastian, Reimund St<strong>ein</strong>häußer, Gerd Lupp, Harald Neitzel, Birgit Fleischer<br />
Wärme direkt beim Verbraucher zu erzeugen, wurde<br />
<strong>ein</strong>e 350 m lange Gasleitung von der Biogasanlage<br />
zum BHKW-Standort im Ort gelegt. Von dort<br />
sind die Wärmekunden (Tabelle 14) über <strong>ein</strong> 750 m<br />
langes Nahwärmenetz angebunden. Das System ist<br />
so gesteuert, dass die Wohn- und Verwaltungsgebäude<br />
sowie die Gärtnerei bevorzugten Zugriff haben.<br />
Die Restwärme nutzt das Bioenergiezentrum.<br />
Der Bau des Nahwärmenetzes wurde mit <strong>ein</strong>em Investitionszuschuss<br />
in Höhe von 164 T€ gefördert.<br />
Tab. 14: Übersicht der Wärmenutzer der BGA Berthelsdorf<br />
Wärmenutzer<br />
Diakoniewerk<br />
Oberlausitz<br />
Gärtnerei<br />
F. Dienel<br />
3 Gebäude,<br />
Hr. Neuer<br />
Verwaltungsund<br />
Wohngebäude<br />
Bioenergiezentrum<br />
(Holztrocknung)<br />
Bedarf<br />
ca. 400.000 - 500.000 kWh<br />
ca. 200.000 kWh<br />
ca. 100.000 kWh<br />
ca. 100.000 kWh<br />
ca. 3.000.000 kWh<br />
6.3.3 Bürgergenossenschaft „Dorfheizung<br />
Daubitz“<br />
Unter dem Eindruck beständig steigender Energiekosten<br />
entstand in Daubitz, <strong>ein</strong>em Ortsteil der<br />
Gem<strong>ein</strong>de Rietschen, die Idee, die Abwärme der<br />
Biogasanlage des ortsansässigen Agrarbetriebes als<br />
günstige Heizenergie zu nutzen. Bis dahin erzeugten<br />
die Bürger ihre Heizwärme fast ausschließlich<br />
über Ölheizungen. Die Einwohner nahmen 2010<br />
Verhandlungen mit dem örtlichen Agrarbetrieb auf,<br />
der dem Anliegen sehr aufgeschlossen gegenüber<br />
stand. Sie gründeten bereits 2011 die Bürgergenossenschaft<br />
Dorfheizung Daubitz e. G.<br />
Durch die Schlesische Agrargenossenschaft ist im<br />
Zentrum des Ortsteiles <strong>ein</strong> Blockheizkraftwerk errichtet<br />
worden, welches die Wärme für die Dorfheizung<br />
erzeugt. Durch die Dorfheizung Daubitz<br />
e. G. wird das Nahwärmenetz <strong>ein</strong>schließlich <strong>ein</strong>er<br />
Feuerungsanlage zur Absicherung von Verbrauchsspitzen<br />
und als Redundanz errichtet. Die Nahwärmeversorgung<br />
soll ab der Heizperiode 2013/2014<br />
abgesichert werden.<br />
Insgesamt haben im Ortsteil Daubitz 52 Grundstücksbesitzer<br />
ihre Bereitschaft zum Anschluss an<br />
die Dorfheizung schriftlich bestätigt. Laut Satzung<br />
muss jeder Wärmekunde auch Mitglied der Genossenschaft<br />
werden. Wichtige Mitglieder sind<br />
die Gem<strong>ein</strong>de Rietschen, die Evangelische St. Georgs<br />
Kirchengem<strong>ein</strong>de, die Schlesische Agrargenossenschaft<br />
Daubitz e.G. sowie die Evangelische<br />
Freikirchliche Gem<strong>ein</strong>de. Die Kommune selbst betreibt<br />
im betreffenden Bereich wichtige gem<strong>ein</strong>dliche<br />
Einrichtungen wie ihre Grundschule, <strong>ein</strong> Ver<strong>ein</strong>shaus<br />
sowie das Gebäude der Feuerwehr. Die<br />
Evangelische Kindertagesstätte, die Evangelische<br />
Kirche, das Pfarrhaus der Evangelischen Kirchengem<strong>ein</strong>de<br />
sowie die Einrichtung der Freikirchlichen<br />
Gem<strong>ein</strong>de der Brüdergem<strong>ein</strong>de Lausitz e. V. sind<br />
wichtige Einrichtungen des Ortsteiles, die von <strong>ein</strong>er<br />
breiten Bevölkerungsschicht genutzt werden.<br />
All diese Einrichtungen werden an die Dorfheizung<br />
angeschlossen.<br />
Weitere Privathaushalte außerhalb des direkten<br />
Umfeldes, welches bei der Planung und Prüfung<br />
der Wirtschaftlichkeit des Projektes betrachtet wurde,<br />
haben bereits Interesse bekundet. Durch den<br />
Anschluss an das Nahwärmenetz werden die im<br />
Dorfzentrum stehenden Gebäude enorm aufgewertet.<br />
Alle beteiligten Gebäude erhalten <strong>ein</strong> Heizungssystem<br />
nach neuestem Energiestandard mit<br />
zurzeit optimalem Wirkungsgrad.<br />
Die „Wärmekunden“ erhalten durch den Anschluss<br />
an die Dorfheizung langfristig gesicherte Wärmepreise,<br />
die sich nicht an den Öl- und Gaspreisen<br />
orientieren. Ein wesentlicher Nutzen der Dorfheizung<br />
ist, dass nicht nur durch den Bau der Anlage,<br />
sondern auch durch ihren Betrieb die lokalen Wertschöpfungsketten<br />
gestärkt werden.<br />
In der Biogasanlage der Agrargenossenschaft werden<br />
hauptsächlich Rindergülle und Rinderfestmist<br />
aus der eigenen Rinderproduktion, dazu Maissilage<br />
<strong>ein</strong>gesetzt. Durch die Veredlung von Reststoffen<br />
wird so <strong>ein</strong>e erweiterte Wertschöpfung erreicht.<br />
Durch die Anlage wird im Bereich der Verwaltung<br />
nach Gesamtausbau zusätzlich <strong>ein</strong>e Teilzeitstelle<br />
(50 %) geschaffen. Der Agrarbetrieb erhält für die<br />
von ihm produzierte Wärme langfristig gebundene<br />
Kunden. Für die Wartung und den Betrieb der Anlage<br />
werden ortsansässige Unternehmen <strong>ein</strong>gesetzt.<br />
71
Handlungsmöglichkeiten in der Region<br />
Das Projekt wurde im Rahmen des Förderprogrammes<br />
Integrierte Ländliche Entwicklung (ILE) in der<br />
ILE-Region Lausitzer Seenland umgesetzt.<br />
Das Gesamtvorhaben wurde über <strong>ein</strong>en Mix aus<br />
folgenden verschiedenen Quellen finanziert:<br />
• Fördermittel aus der ILE-Region,<br />
• Förderkredit der Kreditan stalt für Wieder aufbau<br />
(KfW),<br />
• Mittel des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle<br />
(BAFA),<br />
• Mittel der Hausbank,<br />
• Investitionszuschüsse der Mitglieder der Genossenschaft.<br />
Die für den Wärmeabnehmer entstehenden Kosten<br />
wurden auf der Basis der entstehenden Investitions-<br />
und Betreiberkosten ermittelt und in die<br />
Wärmelieferverträge <strong>ein</strong>gearbeitet. Monatlich sind<br />
<strong>ein</strong> Arbeitspreis und Grundpreis zu zahlen. Ferner<br />
entsteht dem Wärmeabnehmer in Form des Baukostenzuschusses<br />
<strong>ein</strong>e <strong>ein</strong>malige Aufwendung.<br />
Ansprechpartner für das Projekt:<br />
Grontmij GmbH<br />
i. V. Helmut Perk<br />
Ressortleiter Raum- & Umweltplanung Rietschen<br />
Tel.: 035772 424-10<br />
E-Mail: helmut.perk@grontmij.de<br />
6.3.4 Energie-ökologische<br />
Modellstadt Ostritz St. Marienthal<br />
Strom und Wärme für <strong>ein</strong>e ganze Stadt aus erneuerbaren<br />
Energieträgern<br />
Die Stiftung Internationales Begegnungszentrum<br />
St. Marienthal hat, ebenso wie die Stadt Ostritz,<br />
nach der politischen Wende im Jahr 1990 <strong>ein</strong> großes<br />
Interesse an <strong>ein</strong>er nachhaltigen Stadtentwicklung<br />
sowie an <strong>ein</strong>er Neuorientierung gezeigt. Die<br />
Bezeichnung der Region als „Schwarzes Dreieck“<br />
war Sinnbild für <strong>ein</strong>e Natur und Landschaft zerstö-<br />
rende Wirtschaftspolitik. Unter der Mithilfe zahlreicher<br />
engagierter Partner entstand das Projekt<br />
„Energie-ökologische Modellstadt Ostritz – St. Marienthal“.<br />
Mit diesem Projekt erreicht <strong>ein</strong>e Kl<strong>ein</strong>stadt<br />
in geradezu modellhafter Weise dadurch ihre<br />
Zukunftsfähigkeit, dass sie konzeptionelle Arbeit,<br />
bürgerschaftliches Engagement und Bildung für<br />
Nachhaltigkeit so verknüpft, dass <strong>ein</strong>e nachhaltige<br />
Stadt- und Regionalentwicklung im umfassenden<br />
Sinne (sozial, ökologisch, wirtschaftlich) möglich ist.<br />
Die Entwicklung der Modellstadt lässt sich in zwei<br />
Phasen unterteilen.<br />
Phase 1<br />
Die erste Phase erstreckte sich über den Zeitraum<br />
von 1996 bis 2000. In dieser Zeit wurden in Ostritz<br />
schrittweise Demonstrationsanlagen mit erneuerbaren<br />
Energieträgern errichtet. Zu den Demonstrationsanlagen<br />
gehören das Biomasseheizkraftwerk,<br />
das Wasserkraftwerk in St. Marienthal, die Solaranlagen<br />
auf gem<strong>ein</strong>nützigen und privaten Einrichtungen<br />
sowie die Windräder im Ortsteil Leuba. Durch<br />
die Umsetzung des Projektes „Energie-ökologische<br />
Modellstadt Ostritz-St. Marienthal“ ist es möglich,<br />
die gesamte Stadt Ostritz mit Wärme und Strom<br />
aus regenerativen Energieträgern zu versorgen.<br />
Phase 2<br />
Im Jahr 2004 entstand <strong>ein</strong>e Bürgerinitiative, um die<br />
Modellstadt weiter zu entwickeln. Ostritzer Bürgerinnen<br />
und Bürger definierten auf Initiative des Internationalen<br />
Begegnungszentrums St. Marienthal<br />
sechs Schwerpunktbereiche, in denen sich die Stadt<br />
weiterentwickeln sollte.<br />
Während in der ersten Phase der „Energie-ökologischen<br />
Modellstadt“ überwiegend technische Projekte<br />
realisiert wurden, geht es in der zweiten Phase<br />
vor allem um die nachhaltige Entwicklung der Stadt.<br />
Dies bedeutet <strong>ein</strong>e gleichzeitige Entfaltung im sozialen,<br />
ökologischen, wirtschaftlichen und kulturellen<br />
Bereich.<br />
Weitere Informationen unter:<br />
www.modellstadt.ibz-marienthal.de<br />
72
Ralf-Uwe Syrbe, Olaf Bastian, Reimund St<strong>ein</strong>häußer, Gerd Lupp, Harald Neitzel, Birgit Fleischer<br />
6.4 Zertifizierung von Biomasse –<br />
Chancen für mehr Nachhaltigkeit?<br />
6.4.1 Zertifizierung von holziger Biomasse –<br />
FSC, PEFC und Naturland<br />
In der Forstwirtschaft bestehen bereits seit <strong>ein</strong>igen<br />
Jahren mit dem „Forest Stewardship Council“, kurz<br />
FSC, und dem „Programme for the Endorsement of<br />
Forest Certification Schemes“, abgekürzt PEFC,<br />
zwei anerkannte, weltweit verbreitete Systeme zur<br />
Zertifizierung nachhaltiger Waldbewirtschaftung.<br />
Obwohl diese Zertifikate freiwillig sind, beteiligen<br />
sich in Deutschland sehr viele Waldbesitzer, Sägewerke,<br />
Papierhersteller und weiterverarbeitende<br />
Betriebe. Ihre Logos finden Endkunden auf zahlreichen<br />
Produkten wie Milch- oder Getränkeverpackungen,<br />
Buchrücken, im Baumarkt oder auf Möbeln.<br />
Das sehr weit verbreitete PEFC-System basiert auf<br />
den Ver<strong>ein</strong>barungen der Europäischen Ministerkonferenzen<br />
zum Schutz der Wälder und wird von europäischen<br />
Waldbesitzerverbänden sowie der europäischen<br />
Forst- und Holzwirtschaft getragen. Viele<br />
Wälder, die im Besitz der Bundesländer und von Gem<strong>ein</strong>den<br />
sind, ebenso Privatwälder, sind PEFC-zertifiziert.<br />
Einzuhalten sind Standards der naturnahen<br />
Waldbewirtschaftung, wie Erhalt und Schaffung<br />
von Mischbeständen, Unterlassung von Kahlschlägen,<br />
bodenschonende Waldbewirtschaftung und<br />
Schutz von Biotopen. Auf Grundlage <strong>ein</strong>es regionalen<br />
Waldberichts, der alle fünf Jahre erhoben<br />
wird und damit <strong>ein</strong>e Kontrolle bietet, findet <strong>ein</strong>e<br />
regionale Zertifizierung statt. Die regionalen Waldbesitzer<br />
können durch <strong>ein</strong>e Selbstverpflichtung, die<br />
jährlich durch Stichproben von den Zertifizierungsstellen<br />
wie dem TÜV-Nord überprüft werden, <strong>ein</strong>e<br />
PEFC-Zertifizierung erhalten 60 .<br />
Beim FSC wird die gesamte Verwertungskette zertifiziert.<br />
Hauptunterschied zu PEFC ist der <strong>ein</strong>zelbetriebliche<br />
Ansatz und <strong>ein</strong>e entsprechende Kontrolle<br />
jedes <strong>ein</strong>zelnen Betriebes. Neben ökologischen<br />
Kriterien, die in ihrem Anspruch über die Standards<br />
des PEFC hinausgehen (z. B. nicht bewirtschaftete<br />
„Referenzflächen“, Pestizid<strong>ein</strong>satz), werden explizit<br />
auch soziale und ökonomische Zielstellungen<br />
(<strong>ein</strong>zuhaltende Mindeststandards für Unternehmer,<br />
Sozialversicherungspflicht) gefordert und regelmäßig<br />
durch unabhängige Gutachter überprüft. In<br />
Deutschland sind vor allem Waldflächen im kommunalem<br />
Besitz (z. B. Freiburg im Breisgau), aber<br />
auch Privatwälder nach FSC zertifiziert 61 .<br />
Daneben gibt es die Möglichkeit, als Mitglied<br />
des Ökolandbauver<strong>ein</strong>s Naturland gemäß deren<br />
Richtlinien <strong>ein</strong>e ökologische Waldbewirtschaftung<br />
durchzuführen. Der Weg führt dort über <strong>ein</strong>en Lizenzvertrag<br />
mit der Naturland Zeichen GmbH, in<br />
dem sich der Lizenznehmer an die Richtlinien von<br />
Naturland bindet und im Gegenzug das Naturlandzeichen<br />
für s<strong>ein</strong>e Produkte nutzen kann. Auch hier<br />
werden regelmäßige Kontrollen durch unabhängige<br />
staatlich zugelassene Kontrollstellen durchgeführt.<br />
Die Naturland-Kriterien sind noch strenger als bei<br />
FSC (z. B. 10 % Referenzflächen ohne Bewirtschaftung,<br />
Anlehnung der zu entwickelnden Wälder<br />
an die regionale Naturwaldgesellschaft etc.). Der<br />
Stadtwald von Lübeck wird nach diesen Kriterien<br />
bewirtschaftet 62 .<br />
6.4.2 Zertifizierung flüssiger Biomasse<br />
Die zunehmende Nutzung von flüssiger Biomasse,<br />
insbesondere für Bio-Treibstoffe und Pflanzenölkraftwerke,<br />
führte dazu, dass Ethanol und Biodiesel<br />
aus Indonesien und Brasilien <strong>ein</strong>geführt wurde. Mit<br />
der Abholzung von Regenwäldern zur Deckung des<br />
wachsenden Bedarfs an Biotreibstoffen, etwa für<br />
Palmölplantagen oder Sojaanbauflächen, werden<br />
Naturschutz- und Klimaschutzziele, die mit dem<br />
Einsatz von Biomasse als Energieträger eigentlich<br />
bezweckt werden, ad Absurdum geführt. Um dieser<br />
Entwicklung entgegenzusteuern, gelten seit 2009<br />
die Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung und<br />
die Biomassestrom-Nachhaltigkeitsverordnung. Betreiber<br />
z. B. von Pflanzenölkraftwerken erhalten nur<br />
dann die EEG-Vergütung, wenn diese nachweisen,<br />
ausschließlich zertifizierte Treibstoffe bzw. Pflanzenöle<br />
<strong>ein</strong>zusetzen. Das Zertifizierungssystem soll<br />
die Einhaltung von Mindeststandards bei der Erzeugung<br />
von flüssiger Biomasse unabhängig vom Herkunftsland<br />
sichern. Entlang der gesamten Verwertungskette<br />
vom Acker bis zum Kraftwerk müssen<br />
Nachhaltigkeitskriterien <strong>ein</strong>gehalten werden und<br />
<strong>ein</strong>e genaue Massenbilanzierung erfolgen. Dies<br />
beginnt bei den Agrarbetrieben, denen die Einhaltung<br />
entsprechender Nachhaltigkeitsstandards besch<strong>ein</strong>igt<br />
wird. Anlagenbetreiber müssen den Einsatz<br />
dieser Rohstoffe nachweisen und Lieferwege<br />
bzw. -mengen <strong>ein</strong>deutig zurückverfolgen können.<br />
73
Fazit und Ausblick<br />
Zudem müssen im Rahmen der Verwertung nachweislich<br />
mindestens 35 % weniger Treibhausgase<br />
freigesetzt werden, als wenn bei der energetischen<br />
Verwertung fossile Energieträger <strong>ein</strong>gesetzt würden.<br />
Die Produktion gemäß dieser gesetzlichen Vorgaben<br />
wird durch <strong>ein</strong> Zertifikat <strong>ein</strong>es vom Bundesamt<br />
für Ernährung und Landwirtschaft anerkannten<br />
Zertifizierungssystems besch<strong>ein</strong>igt. Kontrolliert<br />
werden diese Kriterien jährlich durch sogenannte<br />
Audits. Aktuell gültige Zertifizierungssysteme werden<br />
durch das Bundesamt für Landwirtschaft und<br />
Ernährung veröffentlicht 63 .<br />
Für die Produktion von Biogas gibt es bislang k<strong>ein</strong>e<br />
Regelungen, es ist aber zu erwarten, dass <strong>ein</strong> Zertifizierungssystem<br />
ähnlich dem für flüssige Biomasse<br />
etabliert wird, da mit der EEG-Novelle im Jahr 2011<br />
auch die Voraussetzungen für die Zertifizierung<br />
flüssiger und fester Biomasse geschaffen wurden.<br />
6.4.3 Nachhaltigkeit selbst gemacht – Regionale<br />
Standards setzen<br />
Über die gesetzlichen Standards zur Zertifizierung<br />
oder die forstlichen Zertifikate hinaus bestehen in<br />
der Bildung regionaler Markenzeichen Möglichkeiten,<br />
sich freiwillig auf <strong>ein</strong>zuhaltende Standards zu<br />
<strong>ein</strong>igen. Für das regionale Markenzeichen werden<br />
<strong>ein</strong>zuhaltende Qualitäts- und Erzeugungsstandards<br />
festgelegt, ebenso <strong>ein</strong>e genaue räumliche Abgrenzung,<br />
in der die Produktion bzw. Weiterverarbeitung<br />
der Rohstoffe erfolgt.<br />
Das Logo des regionalen Markenzeichens, oft als<br />
„Dachmarke“ bezeichnet, wird durch <strong>ein</strong> Gremium<br />
dann vergeben, wenn Erzeuger und Verwerter<br />
die Einhaltung der gesetzten regionalen Standards<br />
nachweisen und sie ihre Ware im definierten Bereich<br />
<strong>ein</strong>er Region anbauen bzw. daraus beziehen.<br />
Diese regionalen Ansätze leben vor allem von ihrer<br />
Transparenz auch und gerade gegenüber dem Endkunden,<br />
dem Einwohner oder Besucher <strong>ein</strong>er Region.<br />
Beispiele für derartige Strategien, die regionale<br />
Qualitätskriterien bei der Erzeugung erneuerbarer<br />
Energie entwickeln, sind beispielsweise Plenum-Bodensee<br />
(www.plenum-bodensee.de), die Regionalmarke<br />
EIFEL oder die Bioenergie-Region 2.0 in der<br />
Altmark (www.altmark.eu).<br />
Für die gegründete Bio-Rohstoff-Region Oberlausitz-Niederschlesien<br />
wird <strong>ein</strong> derartiger Ansatz<br />
ebenfalls <strong>ein</strong> Weg s<strong>ein</strong>, zu <strong>ein</strong>er verbesserten Erzeugung<br />
und Verwertung von Energiepflanzen zu<br />
gelangen, Produzenten von Biomasse, Anlagenbetreiber<br />
und Endkunden besser zu vernetzen und<br />
Wertschöpfung zu generieren.<br />
7 Fazit und Ausblick<br />
Die Bereitstellung von Bioenergie bietet zahlreiche<br />
Entwicklungsperspektiven, gerade für <strong>ein</strong>en<br />
peripheren ländlichen Raum wie den Landkreis<br />
Görlitz. Bedingt durch verschiedene Anreize, z. B.<br />
durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz, aber auch<br />
durch energiepolitische Zielsetzungen des Freistaates<br />
Sachsen und des Landkreises, wird der Energiepflanzenanbau<br />
die Landschaft in Zukunft stärker<br />
prägen. Wie sich dies auswirkt, ist von vielen<br />
Faktoren abhängig. Die Vielfalt verfügbarer Technologien<br />
erlaubt sowohl stark zentralisierte Lösungen,<br />
die an wenige Großanlagen gekoppelt sind,<br />
als auch kl<strong>ein</strong>räumig-dezentrale Entwicklungen.<br />
Zugleich bestimmen die Entscheidungen und das<br />
Verhalten der Menschen im Landkreis Görlitz - der<br />
Produzenten, der Konsumenten und der in ihrem<br />
Lebensumfeld Betroffenen - wesentlich mit, in<br />
welche Richtung die Entwicklung geht. Aufgrund<br />
der begrenzten Verfügbarkeit der Ressource Boden<br />
werden die Weichen für die zukünftige Landnutzung<br />
bereits jetzt gestellt. Dabei entscheidet sich,<br />
welche Leistungen die Agrarlandschaft künftig erbringen<br />
kann, ob ihr historisch entstandener Charakter<br />
erhalten bleibt, die Fruchtbarkeit der Böden,<br />
die Menge und Qualität von Wasser und Luft, die<br />
Vielfalt an Arten und Ökosystemen.<br />
Grundsätzlich ist mit <strong>ein</strong>er weiteren Zunahme an<br />
Bioenergieanlagen und <strong>ein</strong>er Intensivierung der<br />
Landnutzung sowohl im Wald als auch auf dem<br />
Acker zu rechnen. Jedoch muss festgestellt werden,<br />
dass sich diese Ausdehnung des Energiepflanzenanbaus<br />
im Landkreis Görlitz gegenwärtig noch<br />
auf <strong>ein</strong>em im Vergleich zu anderen Regionen in<br />
Deutschland niedrigen Niveau abspielt. Dennoch ist<br />
auch hier sehr bald damit zu rechnen, dass die Flä-<br />
74
Fazit und Ausblick<br />
chenressourcen für den Anbau von Energiepflanzen<br />
erschöpft sind, wodurch Flächenkonkurrenzen zunehmen,<br />
verbunden mit steigenden Bodenpreisen.<br />
Durch <strong>ein</strong>e Analyse von Rohstoffangebot und Energiebedarf<br />
kann <strong>ein</strong>e abgestimmte und nachhaltige<br />
Versorgung des Landkreises mit Bioenergie ermöglicht<br />
werden. Dabei muss zunehmend die Nutzung<br />
von Reststoffen und Landschaftspflegematerial in<br />
den Mittelpunkt rücken. Die dafür geeignete Technologie<br />
steht prinzipiell zur Verfügung, muss im<br />
Landkreis Görlitz aber noch <strong>ein</strong>geführt werden und<br />
Nachahmer finden. Ein wichtiger Schritt in diese<br />
Richtung wäre der Aufbau entsprechender Pilotanlagen,<br />
im Idealfall in Form von Gem<strong>ein</strong>schaftsanlagen<br />
regionaler Akteure.<br />
Artenvielfalt und Energiepflanzenanbau schließen<br />
sich nicht aus. Eine größere Vielfalt an Energiepflanzen<br />
hinsichtlich Artenzahl, Genvarianz, Wuchshöhe,<br />
Bestandsführung, Ersch<strong>ein</strong>ungsbild und Nahrungsgrundlage<br />
für Wildtiere könnten <strong>ein</strong>en Beitrag<br />
zur Biodiversität und zum Naturschutz leisten. Ein<br />
Hauptaugenmerk muss auf die spezifischen Standortbedingungen<br />
gelegt werden. Produktivität und<br />
Bodenerhalt sind eng mit<strong>ein</strong>ander verknüpft, um<br />
heute und in Zukunft wirtschaftlich arbeiten zu<br />
können. Besonders auf diese Problematik abgestellte<br />
Fördermaßnahmen, die den Beitrag der Landwirte<br />
für die Landschaft vergüten, sind weiterhin<br />
notwendig und sollten auch in Zukunft realisiert<br />
werden.<br />
Bioenergie stellt sich für viele Akteure als ökonomisch<br />
und ökologisch interessante Alternative dar.<br />
In ihrer noch kurzen Geschichte fehlen Erfahrungen.<br />
So führten teilweise ungeeignete Rahmensetzungen<br />
zu unerwünschten Nebenwirkungen. Als<br />
besonders nachteilig erwiesen sich z. B. die Privilegierung<br />
von landwirtschaftlichen Anlagen, die<br />
dadurch fern von Verbrauchern errichtet wurden,<br />
und die <strong>ein</strong>seitig gesetzten Anreize ohne Rücksicht<br />
auf Bedarf und Flächenwirkungen. In diesen Punkten<br />
sind <strong>ein</strong> Umdenken und überlegte Korrekturen<br />
notwendig. Da die zukünftige Entwicklung nie völlig<br />
vorhersehbar ist, sollten die langfristigen Folgen<br />
von Entscheidungen stets bedacht und anpassungsfähige<br />
Strukturen geschaffen werden.<br />
Wenn auch die äußeren politischen und ökonomischen<br />
Rahmenbedingungen <strong>ein</strong>e entscheidende<br />
Rolle spielen, so bestehen aber auch viele Gestaltungsmöglichkeiten<br />
vor Ort. Eine wichtige Voraussetzung<br />
für <strong>ein</strong>e zukunftsfähige Bioenergie -Perspektive<br />
für den Erhalt <strong>ein</strong>er gesunden Umwelt und<br />
<strong>ein</strong>er vielfältigen Landschaft im Landkreis ist das<br />
Engagement s<strong>ein</strong>er Bürger. Wenn dieser Leitfaden<br />
hierfür Anregungen und Hilfestellung aufgezeigt<br />
hat, kann s<strong>ein</strong>e Zielstellung als erfüllt betrachtet<br />
werden.<br />
Podsumowanie i perspektywy<br />
Dostarczanie bioenergii otwiera wiele perspektyw<br />
rozwoju, przede wszystkim obszarom wiejskim<br />
położonym na peryferiach, takim, jak powiat<br />
ziemski Görlitz. Dzięki różnym zachętom,<br />
np. wynikającym z ustawy o odnawialnych<br />
źródłach energii, jak też dzięki celom polityki<br />
energetycznej Kraju ZwiązkowegoSaksonii i<br />
powiatu, uprawa roślin energetycznych będzie<br />
w przyszłości jeszcze bardziej kształtować<br />
krajobraz. Jakie to będzie miało skutki, zależy<br />
od wielu czynników. Różnorodność dostępnych<br />
technologii pozwala zarówno na rozwiązania w<br />
dużym stopniu scentralizowane, oznaczające<br />
przyłączenie użytkowników do niewielkiej<br />
liczby dużych instalacji, jak też na rozwiązania<br />
- na małych obszarach - zdecentralizowane.<br />
Jednocześnie istotny wpływ na to, w którym<br />
kierunku ten proces się potoczy, mają decyzje<br />
oraz zachowania ludzi mieszkających w powiecie<br />
Görlitz – jako producentów, konsumentów i osób<br />
zainteresowanych swoim otoczeniem. Ze względu<br />
na ograniczoną dostępność ziemi pod uprawy, już<br />
teraz wytyczane są zasady jej wykorzystywania<br />
w przyszłości. To teraz rozstrzyga się, jak w<br />
przyszłości może wyglądać krajobraz rolniczy, czy<br />
jego historycznie ukształtowany charakter zostanie<br />
zachowany, czy zachowana zostanie żyzność<br />
gleb, jakość wody i powietrza, różnorodność<br />
gatunkówi ekosystemów.<br />
Zasadniczo trzeba liczyć się z większą ilością<br />
instalacji bioenergetycznych i wzrostem<br />
75
Fazit und Ausblick<br />
intensywności użytkowania ziemi, zarówno na<br />
obszarach leśnych jak i rolniczych. Jednakże<br />
należy stwierdzić, iż takie poszerzanie upraw roślin<br />
energetycznych w powiecie Görlitz ma obecnie<br />
wymiar mniej intensywny, niż w innych regionach<br />
Niemiec. Mimo to również tutaj już niedługo należy<br />
się liczyć z wyczerpaniem zasobów powierzchni<br />
dla uprawy roślin energetycznych, co przyniesie<br />
wzrost konkurencji o powierzchnie, powiązany ze<br />
wzrostem cen za ziemię.<br />
Na podstawie analizy podaży surowców i<br />
popytu na energię można przyjąć, że istnieje<br />
możliwość zapewnienia spójnego i trwałego/<br />
zrównoważonego systemu zaopatrzenia<br />
powiatu w bioenergię. Wówczas w centrum<br />
zainteresowania musi się w coraz większym<br />
stopniu znaleźć kwestia wykorzystywania<br />
pozostałości innych niż produkty uboczne ( n.p.<br />
słoma) i materiały organiczne, powstające podczas<br />
zabiegów pielęgnacyjnych roślin. Potrzebna do<br />
tego technologia jest zasadniczo dostępna, ale<br />
w powiecie Görlitz należy ją dopiero wdrożyć i<br />
znaleźć naśladowców. Ważnym krokiem w tym<br />
kierunku byłaby budowa odpowiednich instalacji<br />
pilotażowych, najlepiej w formie wspólnych<br />
inwestycji podmiotów regionalnych.<br />
Różnorodność gatunków i uprawa roślin<br />
energetycznych nie wykluczają się. Większa<br />
różnorodność roślin energetycznych pod<br />
względem ilości gatunków, wariantów<br />
genetycznych, wysokości wzrostu, zarządzania<br />
zapasami, zasobów pokarmowych dla<br />
dzikich zwierząt mogłyby przyczynić się do<br />
bioróżnorodności i ochrony przyrody. Szczególną<br />
uwagę należy zwrócić na specyficzne warunki<br />
wynikające z danej lokalizacji. Produktywność i<br />
ochrona gleb są ściśle ze sobą powiązane, jeżeli<br />
celem jest to, by teraz i w przyszłości móc działać<br />
ekonomicznie. Środki w postaci dofinansowania,<br />
kierowanego na realizację tych zagadnień przez<br />
rolników na rzecz krajobrazu są nadal potrzebne i<br />
winny być również w przyszłości realizowane.<br />
Bioenergia jest dla wielu podmiotów interesującą<br />
alternatywą ekonomiczną i ekologiczną. W jej<br />
krótkiej jeszcze historii brakuje doświadczeń.<br />
Częściowo nieodpowiednio wyznaczone kierunki<br />
prowadziły do niepożądanych działań ubocznych.<br />
Szczególnie negatywne skutki przyniosło np.<br />
uprzywilejowanie urządzeń rolniczych, które<br />
budowano z dala od użytkowników, a także<br />
jednostronnie ustanowione zachęty, bez<br />
uwzględnienia zapotrzebowania i oddziaływania<br />
upraw na glebę. W tych punktach potrzebna<br />
jest zmiana myślenia i przemyślane korekty. Ze<br />
względu na to, że przyszły rozwój nigdy nie jest w<br />
pełni przewidywalny, zawsze należy uwzględniać<br />
długoterminowe skutki decyzji i stwarzać<br />
elastyczne struktury reagowania, wyposażone w<br />
mechanizmy przystosowawcze. Na pierwszym<br />
planie powinna się znaleźć rozbudowa lokalnych i<br />
regionalnych sieci, mających na celu pozyskiwanie<br />
i wykorzystanie biomasy oraz wymianę energii<br />
elektryczneji wymianę doświadczeń ponad<br />
granicami państw.<br />
Chociaż zewnętrzne polityczne i ekonomiczne<br />
warunki ramowe odgrywają decydującą rolę, to<br />
mimo wszystko istnieje jeszcze wiele możliwości<br />
działania lokalnego. Ważnym warunkiem istnienia<br />
perspektyw przyszłościowych dla bioenergii, dla<br />
zachowania zdrowego środowiska i różnorodności<br />
krajobrazu w powiecie, jest zaangażowanie<br />
jego obywateli. Jeśli te przemyślenia staną się<br />
impulsem i pomocą do spełnienia wspomnianego<br />
warunku, wówczas można mówić o spełnieniu<br />
celów, które tym przemyśleniom przyświecały.<br />
76
Quellenverzeichnis<br />
1 Richtlinie 2009/28/EG des Europäischen Parlaments<br />
und des Rates vom 23. April 2009 zur Förderung der<br />
Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen und zur<br />
Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinien<br />
2001/77/EG und 2003/30/EG.<br />
2 Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft<br />
(SMUL) (2009): Programm zur Biologischen<br />
Vielfalt im Freistaat Sachsen des Sächsischen Staatsministeriums<br />
für Umwelt und Landwirtschaft. Dresden,<br />
27 S. [online: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/<br />
download/natur/BioDiv_Prog_Mrz09_fin.pdf, Zugriff<br />
am 12.06.2013]<br />
3 Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft<br />
(SMUL) (2009a): Programm zur Biologischen<br />
Vielfalt im Freistaat Sachsen des Sächsischen Staatsministeriums<br />
für Umwelt und Landwirtschaft. Dresden.<br />
4 Bundesamt für Naturschutz (BfN): Hotspots der Biologischen<br />
Vielfalt. [online: http://www.biologischevielfalt.de/hotspots.html,<br />
Zugriff 12.06.2013]<br />
5 Datenauskunft vom Sächsischen Landesamt für Umwelt,<br />
Landwirtschaft und Geologie, Außenstelle Löbau<br />
2012.<br />
6 Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie e.V. (DGS):<br />
Karte der erneuerbaren Energien. [online: http://www.<br />
energymap.info, Zugriff am 12.06.2013]<br />
7 Kommission der Europäischen Union (2010): Die<br />
GAP bis 2020: Nahrungsmittel, natürliche Ressourcen<br />
und ländliche Gebiete – die künftigen Herausforderungen.<br />
Mitteilung der Kommission an das Europäische<br />
Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschaftsund<br />
Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen.<br />
[online: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUri-<br />
Serv.do?uri=COM:2010:0672:FIN:de:PDF, Zugriff am<br />
12.06.2013]<br />
8 Kremen, C. (2005): Managing ecosystem services:<br />
what do we need to know about their ecology? Ecology<br />
Letters 5 (8) 468-479.<br />
9 Umweltbundesamt (Hrsg., 2008): Bodenschutz beim<br />
Anbau nachwachsender Rohstoffe - Empfehlungen der<br />
„Kommission Bodenschutz beim Umweltbundesamt“,<br />
2. Aufl. 2009.<br />
10 Bernardy, P.; Dziewiaty, K. (2005): Zur Problematik<br />
des Anbaus nachwachsender Rohstoffe und dem Erhalt<br />
<strong>ein</strong>er artenreichen Ackerlandschaft, Literaturrecherche<br />
als Vorbereitung zur Einrichtung <strong>ein</strong>es Arbeitskreises.<br />
Landkreis Lüchow-Dannenberg (unveröffentlicht).<br />
11 Glemnitz, M.; Platen, R.; Hufnagel, J. (2010): Auswirkungen<br />
des landwirtschaftlichen Anbaus von Energiepflanzen<br />
auf die Biodiversität - Optionen in der Anbaugestaltung.<br />
Umwelt und Raum 1, S. 77-90.<br />
Greiff, K. B.; Weber-Blaschke, G.; Faustlich, M.; von<br />
Haaren, C. (2010): Förderung <strong>ein</strong>es umweltschonenden<br />
Energiepflanzenanbaus. Naturschutz und Landschaftsplanung<br />
42, S. 101-107.<br />
12 Böhm, C.; Quinkenst<strong>ein</strong>, A.; Freese, D. (2012): Vergleichende<br />
Betrachtung des Agrarholz- und Energiemaisanbaus<br />
aus Sicht des Bodenschutzes. Bodenschutz<br />
2/2012, S. 36-43.<br />
13 Folgende Quellen wurden für die Erstellung der<br />
Steckbriefe verwendet:<br />
FNR (2012): Energiepflanzen für Biogasanlagen<br />
Sachsen. [Online: http://mediathek.fnr.de/media/<br />
downloadable/files/samples/f/n/fnr_brosch.energiepflanzen-sachsen.pdf,<br />
Zugriff am 13.06.2013]<br />
Fachverband Biogas e.V. (Hrsg.) (2012): Biogas Journal<br />
Sonderheft Juni.<br />
Hermus, S. (3N Kompetenzzentrum e.V.) (2012): Vortrag<br />
„Blühende Energiepflanzen DLG“ am 13.11.12<br />
zur „Agritechnica“ in Hannover.<br />
Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft<br />
(KTBL) e.V. (2006): Datensammlung Energiepflanzen.<br />
[online-Zugriff im November 2012]<br />
Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft<br />
(KTBL) (2010/2011): Datensammlung Betriebsplanung<br />
Landwirtschaft 2010/2011.<br />
Landwirtschaftskammer Niedersachsen; 3 N Kompetenzzentrum<br />
(Hrsg.) (2010): Energiepflanzen in Niedersachsen,<br />
Anbauhinweise und Wirtschaftlichkeit.<br />
Thüringische Landesanstalt für Landwirtschaft (TLL)<br />
- Thüringer Zentrum Nachwachsende Rohstoffe<br />
(2010): Projektbericht: Optimierung des Anbauver-<br />
77
fahrens für Durchwachsene Silphie (Silphium perfoliatum)<br />
als Kofermentpflanze in Biogasanlagen<br />
sowie Überführung in die landwirtschaftliche Praxis<br />
(FNR-Förderkennzeichen 22004307).<br />
Aktuelle Produktflyer und -broschüren über <strong>ein</strong>- und<br />
mehrjährige Wildpflanzenmischungen von: Firma<br />
SaatenZeller, BSV Saaten, Firma Camena, Rudolff<br />
Feldsaaten, Syngenta Seeds GmbH, KWS Mais<br />
GmbH, AGRAVIS Raiffeisen AG, Deutsche Saatenveredlung<br />
AG.<br />
Flyer Ungarisches Energiegras der Firma Energieberater<br />
Ralf Heise e.K.<br />
Flyer SIDA der Firma Visscher Holland.<br />
14 Gilt ohne Düngung, PSM und Beregnung nach<br />
NABU 2013.<br />
15 NABU (2013): Naturverträgliche Nutzung ökologischer<br />
Vorrangflächen – <strong>ein</strong> Mehrwert für Biodiversität<br />
und Landwirtschaft? IFAB Mannheim, 74 S.<br />
16 Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft<br />
und Geologie (LfULG) (2012): Energiepflanze Sorghum:<br />
Pflanzenbauliche, ökonomische und ökologische Bewertung<br />
(Faltblatt).<br />
17 Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft<br />
und Geologie (LfULG) (2013): Anbautechnik Sorghumhirsen<br />
– Ein Beitrag zur Diversifizierung des Energiepflanzenspektrums.<br />
18 Instytut Energetyki (Hrsg.) (2010): Monografia: Nowoczesne<br />
technologie pozyskiwania i energetycznego<br />
wykorzystywania biomasy. Warszawa.<br />
19 Gem<strong>ein</strong>nützige Forschungs- und Entwicklungsgesellschaft<br />
für Landwirtschaft, Szarvas (Ungarn). [online:<br />
http://www.energiafu.hu/nemesit_de.html, Zugriff am<br />
13.06.13]<br />
20 IG Miscanthus in der Schweiz (http://www.miscanthus.ch),<br />
IG Miscanthus Sachsen (www.miscanthus-sachsen.de),<br />
Fa. Herbasch (www.herbasch.de).<br />
21 § 2 Abs. 2 BWaldG: „K<strong>ein</strong> Wald im Sinne dieses Gesetzes<br />
sind 1. Grundflächen, auf denen Baumarten mit<br />
dem Ziel baldiger Holzentnahme angepflanzt werden<br />
und deren Bestände <strong>ein</strong>e Umtriebszeit von nicht länger<br />
als 20 Jahren haben (Kurzumtriebsplantagen), und<br />
2. Flächen mit Baumbestand, die gleichzeitig dem Anbau<br />
landwirtschaftlicher Produkte dienen (agroforstliche<br />
Nutzung), …“<br />
22 Grunert, M.; Becker, R. (2011): Schnellwachsende<br />
Baumarten. Anbau auf landwirtschaftlichen Flächen.<br />
Hrsg.: Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft<br />
und Geologie, Dresden, Informationsbroschüre mit<br />
7 S. [online: https://publikationen.sachsen.de/bdb/artikel/12641/documents/13783,<br />
Zugriff am 28.02.2013]<br />
23 z. B.: Reeg et al. (2009), Bemmann & Knust (2010),<br />
Skodawessely et al. (2010), DLG e.V. (2012) - genaue<br />
Zitate siehe unter Quellennachweis 30<br />
24 u. a.: Feger et al. (2009), Röhricht & Ruscher (2009),<br />
Feldwisch (2011), Grunert & Becker (2011), Röhricht et<br />
al. (2011a, b), Schubert et al. (2011), Tröger et al. (2013)<br />
- genaue Zitate siehe unter Quellennachweis 30<br />
25 http://www.landwirtschaft.sachsen.de/landwirtschaft/23730.htm<br />
26 vgl. auch NABU (Hrsg.) (2012): Naturschutzfachliche<br />
Anforderungen für Kurzumtriebsplantagen. Praktische<br />
Umsetzung von Maßnahmen bei der Neuanlage und<br />
Bewirtschaftung von Energieholzflächen (Voruntersuchung).<br />
Berlin, 32 S. [online: http://www.bfn.de/fileadmin/MDB/documents/themen/erneuerbareenergien/<br />
Publikationen_EuE/kup-anforderungen.pdf, Zugriff am<br />
28.02.2013]<br />
27 Chalmin, A. (2008): Agroforstsysteme in Deutschland.<br />
Landinfo 7/2008, 7 S.<br />
28 § 2 Abs. 2 Bundes-Wald-Gesetz<br />
29 Reeg, T.; Bemmann, A.; Konold, W.; Murach, D.;<br />
Spiecker, H. (Hrsg.) (2009): Anbau und Nutzung von<br />
Bäumen auf landwirtschaftlichen Flächen, WILEY-VCH<br />
Verlag GmbH & Co. KGaA, W<strong>ein</strong>heim, 355 S.<br />
30 Verwendete Literatur:<br />
Bemmann, A.; Knust, C. (Hrsg.) (2010): AGRO-<br />
WOOD, Kurzumtriebsplantagen in Deutschland und<br />
europäische Perspektiven, Weißensee Verlag, Berlin,<br />
340 S.<br />
Chalmin, A. (2008): Agroforstsysteme in Deutsch-<br />
78
land. Landinfo 7/2008, 7 S.<br />
DLG e. V. Fachzentrum Land- und Ernährungswirtschaft,<br />
Ausschuss für Forstwirtschaft (Hrsg.) (2012):<br />
DLG-Merkblatt 371. Kurzumtriebsplantagen. Anlage,<br />
Pflege, Ernte und Wertschöpfung. Frankfurt/<br />
Main, 39 S. [online: http://www.energieholz-portal.de/files/dlg-merkblatt_371.pdf,<br />
Zugriff am<br />
10.01.2013]<br />
Feger, K.-H.; Petzold, R.; Schmidt, P. A.; Glaser, T.;<br />
Schroiff, A.; Döring, N.; Feldwisch, N.; Friedrich, C.;<br />
Peters W.; Schmelter, H. (2009): Natur- und bodenschutzgerechte<br />
Nutzung von Biomasse-Dauerkulturen,<br />
TP 2.1. „Standortpotenziale, Standards und<br />
Gebietskulissen für <strong>ein</strong>e natur- und bodenschutzgerechte<br />
Nutzung von Biomasse zur Energiegewinnung<br />
in Sachsen unter besonderer Berücksichtigung von<br />
Kurzumtriebsplantagen und ähnlichen Dauerkulturen“<br />
des Verbundprojektes „Umweltgerechter Anbau<br />
von Energiepflanzen“, Hrsg.: Sächsisches Landesamt<br />
für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie,<br />
Dresden, 160 S. [online: http://www.landwirtschaft.<br />
sachsen.de/landwirtschaft/23730.htm, Zugriff am<br />
10.01.2013]<br />
Feldwisch, N. (2011): Umweltgerechter Anbau von<br />
Energiepflanzen. Rahmenbedingungen und Strategien<br />
für <strong>ein</strong>en an Umweltaspekten ausgerichteten<br />
Anbau der für Sachsen relevanten Energiepflanzen,<br />
Schriftenreihe des Sächsischen Landesamtes für Umwelt,<br />
Landwirtschaft und Geologie, Heft 43/2011,<br />
72 S. [online: https://publikationen.sachsen.de/<br />
bdb/artikel/15109, Zugriff am 15.11.2012]<br />
Grunert, M.; Becker, R. (2011): genaues Zitat siehe<br />
unter 22<br />
NABU (Hrsg.) (2012): genaues Zitat siehe unter 26<br />
Reeg, T. et al. (2009): genaues Zitat siehe unter 29<br />
Röhricht, C.; Ruscher, K. (2009): Anbauempfehlungen.<br />
Schnellwachsende Baumarten im Kurzumtrieb,<br />
Hrsg.: Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft<br />
und Geologie, Dresden, 60 S. [online: https://<br />
publikationen.sachsen.de/bdb/artikel/13410, Zugriff<br />
am 10.01.2013]<br />
Röhricht, C.; Grunert, M.; Ruscher, K. (2011a): Feldstreifenanbau<br />
schnellwachsender Baumarten. Demonstrationsanbau<br />
von schnellwachsenden Baumarten<br />
auf großen Ackerschlägen als Feldstreifen unter<br />
Praxisbedingungen des mitteldeutschen Trockengebietes,<br />
Schriftenreihe des Sächsischen Landesamtes<br />
für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Heft<br />
29/2011, 52 S. [online: https://publikationen.sachsen.de/bdb/artikel/15041,<br />
Zugriff am 10.01.2013]<br />
Röhricht, C.; Grunert, M.; Ruscher, K. (2011b):<br />
Kurzumtriebsplantage Köllitsch. Etablierung <strong>ein</strong>er<br />
Energieholzanlage im Lehr- und Versuchsgut Köllitsch<br />
des Sächsischen Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft<br />
und Geologie, Schriftenreihe des Sächsischen<br />
Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie,<br />
Heft 33/2011, 58 S. [online: https://publikationen.sachsen.de/bdb/artikel/15076,<br />
Zugriff am<br />
10.01.2013]<br />
Schubert, J.; Jacob, S.; Blasko, H.; Richter, S.; Matke,<br />
M. H. (2011): Schnellwachsende Baumarten,<br />
Streifenanbau in der Praxis, Streifenanbau schnell<br />
wachsender Baumarten als wirtschaftlich nutzbares<br />
Element der Landschaftsgestaltung und des Erosionsschutzes,<br />
1. Projektphase. Hrsg.: Sächsisches Landesamt<br />
für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie,<br />
Dresden, 56 S. [online: http://www.landwirtschaft.<br />
sachsen.de/landwirtschaft/download/AB_LPV_Streifenanbau_2011_08_17.pdf<br />
, Zugriff am 10.01.2013]<br />
Skodawessely, C.; Pretzsch, J.; Bemmann, A. (Hrsg.)<br />
(2010): Beratungshandbuch zu KUP, Eigenverlag der<br />
TU Dresden, 103 S.<br />
Tröger, M.; Denner, M.; Glaser, T. (in Druckvorbereitung):<br />
Kurzumtriebsplantagen im Einklang mit<br />
dem Naturschutz – Entwicklung <strong>ein</strong>er Methodik für<br />
die Beurteilung der Eignung von Ackerflächen für<br />
Kurzumtriebsplantagen (KUP) im Einklang mit dem<br />
Naturschutz – getestet am Beispiel des Landkreises<br />
Görlitz. Schriftenreihe des Sächsischen Landesamtes<br />
für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie<br />
31 Sächsische Landesanstalt für Landwirtschaft (2004):<br />
Grünlandpflege. [online: https://publikationen.sachsen.<br />
de/bdb/artikel/13648/documents/15676, Zugriff am<br />
14.06.2013]<br />
32 Döring, Jörg (2005): Hinweise zur Landschaftspflege.<br />
Materialien zu Naturschutz und Landschaftspflege.<br />
Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie 113. S.<br />
79
33 Kiesewalter, S.; Albert, E.; Röhricht, Ch.; Riehl, G.;<br />
(2007): Nutzungsalternativen von Grünlandaufwüchsen<br />
in sächsischen Vorgebirgslagen – Ein Beitrag zur Erhaltung<br />
der Kulturlandschaft und des ländlichen Raums.<br />
Schriftenreihe der Sächsischen Landesanstalt für Landwirtschaft.<br />
Heft 2/2007, 122 S.<br />
34 Pers. Auskunft von Dr. K. Jäkel (LfULG) im Mai 2013.<br />
35 vgl. Kiesewalter et al. (2007): genaues Zitat siehe unter<br />
33<br />
36 DLG (2012) Biogas aus Gras: Wie Grünlandaufwüchse<br />
zur Energieerzeugung beitragen können. DLG-Merkblatt<br />
386<br />
37 z. B. Feger, K.-H.; Petzold, R.; Schmidt, P.A.; Glaser,<br />
T.; Schoiff, A.; Döring, N.; Feldwitsch, N.; Friedrich, C.;<br />
Peters, W.; Schmelter, H. (2009): Natur- und bodenschutzgerechte<br />
Nutzung von Biomasse-Dauerkulturen.<br />
Schriftenreihe des Sächsischen Landesamtes für Umwelt,<br />
Landwirtschaft und Geologie. Dresden, 158 S.<br />
38 Grunewald, K.; Syrbe, R.-U. (2013) (im Druck): Bilanz<br />
der Landschaftspflege in Sachsen. Schriftenreihe des<br />
Sächsischen Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft<br />
und Geologie.<br />
39 Bioland-Bundesverband (2012): Bioenergie vom<br />
Acker bremst Biolandbau aus. Pressemitteilung vom<br />
14.02.2012, Mainz.<br />
40 Bioland-Bundesverband; AG Ökogas im Naturland<br />
e.V. (2013): Altmaier blockiert Ausbau von Biogasanlagen<br />
im Öko-Landbau. gem<strong>ein</strong>same Pressemitteilung<br />
vom 01.02.013, Gräfelfing.<br />
41 Grieb, B.; Gerlach, F. (2013): BioBiogas. Erfahrungen<br />
bei der Erzeugung von Biogas im Ökologischen Landbau.<br />
Ottenottebrock-Völker U. (Hrsg.): Der Kritische<br />
Agrarbericht. AgrarBündnis, Konstanz, S. 102-108.<br />
42 Öko-Durchführungs-Verordnung. Verordnung (EG)<br />
Nr. 889/2008 der Kommission vom 5. September 2008<br />
mit Durchführungsvorschriften zur Verordnung (EG) Nr.<br />
834/2007 des Rates über die ökologische/biologische<br />
Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/<br />
biologischen Erzeugnissen hinsichtlich der ökologischen/<br />
biologischen Produktion, Kennzeichnung und Kontrolle,<br />
ABl. Nr. L 250 vom 18. September 2008, S. 1.<br />
43 Danner, W.; Kilian, D. (2012): Biogas und Ökolandbau.<br />
Die perfekte Kombination. Snow Leopard Projects<br />
GmbH, Reisbach, 20 S.<br />
44 Biertümpfel, A.; Conrad, M. (2010): Leckerbissen für<br />
Bienen und Methanbakterien. In: Biogas Journal Sonderheft<br />
Energiepflanzen, S. 67–69.<br />
45 Vollrath, B.; Kuhn, W. (2010): Neu: Wildpflanzen geben<br />
Biogas. In: Biogas Journal Sonderheft Energiepflanzen,<br />
S. 30-33.<br />
46 Stinner, P. W.; Deuker, K.; Möller, K.; Leithold, G.<br />
(2004): Biogaspotenzial aus Koppelprodukten des ökologischen<br />
Marktfruchtbaues. In: Kauter, D.; Kämpf, A.;<br />
Claup<strong>ein</strong>, W.; Diepenbrock, W. (Hrsg.): Effizienter Pflanzenbau<br />
für Nahrung und Rohstoffe im 21. Jahrhundert.<br />
Kurzfassungen der Vorträge und Poster, 47. Jahrestagung<br />
: vom 21. bis 23. September 2004 in Braunschweig.<br />
Stuttgart: Heimbach, S. 245-246.<br />
47 Bundesamt für Naturschutz (BfN) (2009): Where<br />
have all the flowers gone? - Grünland im Umbruch.<br />
Bonn Bad Godesberg. [online: http://www.bfn.de/fileadmin/MDB/documents/themen/landwirtschaft/Gruenlandumbruch_end.pdf,<br />
Zugriff am 25.06.2013]<br />
48 Neuerburg, W. (1992): Grundlagen des Pflanzenbaus.<br />
Fruchtfolge. In: Neuerburg, W.; Padel, S.; Alvermann,<br />
G. (Hrsg.): Organisch-biologischer Landbau in<br />
der Praxis. Umstellung, Betriebs- und Arbeitswirtschaft,<br />
Vermarktung, Pflanzenbau und Tierhaltung. München:<br />
BLV-Verlagsgesellschaft, S. 69-116.<br />
49 Die Kosten des Anbaus, der Standardertrag in Dezitonnen<br />
(dt) Frischmasse und der Trockenmassegehalt,<br />
der Methanertrag und der Ertrag der Verstromung in<br />
der Biogasanlage wurden aus der KTBL - Datensammlung<br />
„Energiepflanzen“ entnommen. Die Werte zur<br />
Durchwachsenen Silphie wurden aus dem FNR-Projekt<br />
„Erhöhung des Leistungspotenzials und der Konkurrenzfähigkeit<br />
der Durchwachsenen Silphie (Silphium<br />
perfoliatum) als Energiepflanze durch Züchtung und<br />
Optimierung des Anbauverfahrens“, Förderkennzeichen<br />
22001110, sowie „Energiepflanzen für Biogasan lagen<br />
Sachsen“, FNR 2012 und dem Sonderheft „Biogasjournal“<br />
des Verbandes Biogas, Juni 2012 entnommen. Die<br />
Werte für die mehrjährige Wildpflanzenmischung wurden<br />
ebenso der Veröffentlichung „Energiepflanzen für<br />
Biogasanlagen Sachsen“, FNR 2012, dem FNR – Pro-<br />
80
jekt „Energie aus Wildpflanzen“, Förderkenn zeichen<br />
22005308, und Produktflyern der im Quellennachweis<br />
benannten Firmen entnommen.<br />
50 Normwerte sind der Anlage 1-3 zum EEG 2012(1)<br />
und der KTBL-Datensammlung Energiepflanzen (2) entnommen.<br />
51 Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR)<br />
(Hrsg.) (2012): Energiepflanzen für Biogasanlagen:<br />
Sachsen. Gülzow, 92 S.<br />
52 Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung für<br />
Umweltfragen (2011): Hauptgutachten: Welt im Wandel<br />
– Gesellschaftsvertrag für <strong>ein</strong>e Große Transformation.<br />
Berlin, 420 S.<br />
53 [online: http://permakultur-akademie.net, Zugriff<br />
am 24.06.2013]<br />
58 [online: http://www.bioenergynet.eu/?energieatlas=1,<br />
Zugriff am 2406.2013]<br />
59 Der European Energy Award® im Landkreis Görlitz.<br />
Dokumentation 2008 – 2011.<br />
60 [online: https://pefc.de/, Zugriff am 24.06.2013]<br />
61 [online: http://www.fsc-deutschland.de, Zugriff am<br />
24.06.2013]<br />
62 [online: http://www.naturland.de/wald_und_holz.<br />
html, Zugriff am 24.06.2013]<br />
63 [online: http://www.ble.de/SharedDocs/Downloads/02_Kontrolle/05_NachhaltigeBiomasseerzeugung<br />
/Anerkennung_de.pdf?__blob=publicationFile; Zugriff<br />
am 26.10.2012]<br />
54 Regenerative Leadership Institute (2012): Introduction<br />
to Sustainable Living and Permaculture Design. Ebook<br />
47 S. [online: http://www.permaculturedesigntraining.<br />
com/ebook/permaculture.pdf, Zugriff 25.06.2013]<br />
55 Bastian, O.; Syrbe, R.-U.; Rosenberg, M.; Rahe,<br />
D.; Grunewald, K. (2013): The Five Pillar EPPS Framework<br />
for Quantifying, Mapping and Managing Ecosystem<br />
Services. Ecosystem Services. [online: http://<br />
dx.doi.org/10.1016/j.ecoser.2013.04.003, Zugriff am<br />
12.06.2013]<br />
56 Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft<br />
und Geologie LfULG (2007): Fachliche Arbeitsgrundlagen<br />
für <strong>ein</strong>en landesweiten Biotopverbund im Freistaat<br />
Sachsen.<br />
57 Zu diesen Regelungsdokumenten gehören vor allem:<br />
Cross Compliance VO (EG); Direktzahlungen-Verpflichtungen-Gesetz<br />
(DirektZahlVerpflG 2004), Verordnungen<br />
zum Erhalt des Dauergrünlands der Bundesländer,<br />
Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung; Düngemittelverordnung,<br />
Gentechnikgesetz (GenTG); Bundesnaturschutzgesetz,<br />
Naturschutzgesetze der Länder;<br />
FFH-Richtlinie; Über<strong>ein</strong>kommen über die Biologische<br />
Vielfalt (CBD), Nationale Biodiversitätsstrategie; Bundesbodenschutzgesetz;<br />
Wasserhaushaltsgesetz (WHG),<br />
Wasserrahmenrichtlinie (WRRL); Richtlinie Erneuerbare<br />
Energien; Baugesetzbuch.<br />
81
ISBN 978-3-00-042194-5