Als PDF-Datei herunterladen - Ärzteblatt Sachsen-Anhalt
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Schutz durch Kälte:<br />
Therapeutische Kühlung hilft Patienten<br />
Mediziner trafen sich zum<br />
1. Hallenser Hypothermiegespräch<br />
PD Dr. med. Rainer Kollmar aus Erlangen,<br />
Referent<br />
Am 18. Juni 2011 fand in Halle-Dölau<br />
das 1. Hallenser Hypothermiegespräch<br />
statt. An der Tagung zum Thema<br />
„Therapeutische Hypothermie“ im<br />
Krankenhaus Martha-Maria nahmen<br />
Mediziner und Rettungsassistenten aus<br />
ganz Deutschland teil. Unter therapeutischer<br />
Hypothermie versteht man die<br />
gezielte Absenkung der Körperkerntemperatur<br />
eines Patienten, beispielsweise<br />
nach einem Herzinfarkt, Schlaganfall<br />
oder einem Schädel-Hirn-<br />
Trauma. Aber auch bei Frühgeborenen<br />
wird die „Kühl-Therapie“ bereits<br />
eingesetzt: „Die Hypothermie kann<br />
entscheidend dazu beitragen, die Spätfolgen<br />
unterschiedlichster Akutschädigungen<br />
des Gehirns deutlich zu<br />
mindern“, betont Privatdozent Dr.<br />
med. Harald Fritz, Chefarzt der Klinik<br />
für Anästhesiologie, Intensivmedizin<br />
und Schmerztherapie im Krankenhaus<br />
Martha-Maria Halle-Dölau. „Schon<br />
die Absenkung der Hirntemperatur um<br />
wenige Grad Celsius schützt die<br />
Nervenzellen und Nervenfasern signifikant.“<br />
So werden – etwa bei einem Herzstillstand<br />
– der Körper und insbesondere<br />
das Gehirn nicht mehr ausreichend<br />
durchblutet und mit Sauerstoff versorgt.<br />
Bereits nach fünf Minuten beginnen<br />
deshalb Abbauprozesse in den Gehirnzellen,<br />
die zu schwerwiegenden und<br />
irreversiblen Spätfolgen beim Patienten<br />
führen. Diese Abbauprozesse<br />
können durch eine Absenkung der<br />
Körperkern- und insbesondere der<br />
Hirntemperatur stark verlangsamt<br />
beziehungsweise aufgehalten werden.<br />
<strong>Als</strong> Therapieform ist die Hypothermie<br />
schon seit den 1950er-Jahren bekannt,<br />
geriet jedoch außerhalb der Verwendung<br />
bei Operationen am offenen<br />
Herzen mit Herz-Lungen-Maschinen<br />
– aufgrund der damals kaum beherrschbaren<br />
Nebenwirkungen wieder in<br />
Vergessenheit. Wurden früher die Pati-<br />
enten noch in Badewannen mit<br />
Eiswasser gelegt, stehen den Medizinern<br />
heute moderne Geräte für eine<br />
gezielte, schonende und konstante<br />
Kühlung zur Verfügung. Wie in vielen<br />
Bereichen ist aber auch hier die Finanzierung<br />
ein Problem: „Aus experimentellen<br />
Studien wissen wir sehr genau,<br />
wie hochwirksam die Hypothermie ist.<br />
Um umfangreiche klinische Studien<br />
durchzuführen – und damit auch eine<br />
Grundlage für eine ausreichende<br />
Finanzierung durch die Krankenkassen<br />
zu schaffen- fehlt es jedoch häufig an<br />
Mitteln, da hinter dieser Therapieform<br />
keine finanzstarke Industrie, wie etwa<br />
im Pharma-Bereich, steht“, erläutert<br />
Chefarzt Dr. Fritz. Der Initiator des 1.<br />
Hallenser Hypothermiegesprächs<br />
erhofft sich durch das Treffen der Fachleute<br />
auch eine Verbesserung im<br />
Austausch der Mediziner untereinander:<br />
„Noch gibt es keine zentrale<br />
Plattform, um beispielsweise Studienergebnisse<br />
und Praxiserfahrungen<br />
auszutauschen.<br />
Teilnehmer und Referenten des Kongresses<br />
Podiumsdiskussion mit Referenten v.l.n.r.: Dr. med. Sebastian<br />
Wolfrum, Lübeck; Dr. med. Hans-Jörg Busch, Freiburg; Prof. Dr.<br />
med. Thomas Höhn, Düsseldorf; Dr. med. Sabine Himmelseher,<br />
München; Prof. Dr. med. Reinhard Bauer, Jena<br />
16 <strong>Ärzteblatt</strong> <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> 22 (2011) 8