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DER ALLTAG IN DER SCHULE - EmScuola

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Produktion von Möbeln und von Schnitzarbeiten<br />

sowie die sakrale Kunst. Diese prestigeträchtige<br />

Fachschule - die in der Folge<br />

zur “Bau- und Kunsthandwerkerschule”<br />

und schließlich zur “k.k. Staats-Gewerbeschule”<br />

werden sollte - wurde nicht nur<br />

von Tirolern besucht, sondern auch von<br />

Schülern, die aus Serbien, Bayern und dem<br />

Gebiet von Verona kamen. Im Franziskanerkloster<br />

in der Bozner Altstadt hatte das<br />

ruhmreiche, von den Franziskanern geleitete<br />

Gymnasium seinen Sitz.<br />

Der Anschluss Südtirols an Italien nach<br />

dem ersten Weltkrieg hat keine sofortigen<br />

Rückwirkungen auf das Bozner Schulwesen.<br />

Anfangs wird der Bevölkerung die Beibehaltung<br />

der deutschsprachigen Schulen<br />

und das Verbleiben der Lehrer garantiert.<br />

Allerdings stehen die Behörden sofort vor<br />

einem Problem: Sie müssen Räumlichkeiten<br />

für die italienischen Schulen finden, die<br />

von den Kindern der Beamten und Soldaten<br />

des neuen Staates besucht werde.<br />

In seinem Begleitschreiben zum Gesetzentwurf,<br />

der alle Kinder aus dem Unterland<br />

und den ladinischen Tälern kurzerhand als<br />

Italiener ansieht (wodurch sich bessere<br />

Chancen zum Start der italienischsprachigen<br />

Schule in Südtirol ergeben hätten),<br />

schreibt der Bürgerliche Generalkommissar<br />

Luigi Credaro (1919-1922) allerdings:<br />

Nach der Eroberung der natürlichen Brennergrenze<br />

haben sich das Kommando der<br />

glorreichen Ersten Armee vom 8. November<br />

1918 bis zum 31. Juli 1919 und der<br />

Bürgerliche Generalkommissar vom 1. August<br />

1919 an eifrig darum bemüht, in Südtirol<br />

Kindergärten sowie Grund- und Mittelschulen<br />

für die Kinder der italienischen<br />

Familien einzurichten, die in dieser großartigen,<br />

äußersten Gegend Italiens leben,<br />

die infolge der Völkerwanderungen, zu Zeiten<br />

schmerzlichster Depression unserer<br />

Rasse, vom großen lateinischen Vaterland<br />

abgetrennt worden war. Die Mittelschulen,<br />

die sich heute nur in Bozen und Meran, den<br />

zwei größten Südtiroler Städten, befinden,<br />

gehen einer angemessenen Lösung entgegen.<br />

Um die Kindergärten, die heute nur<br />

in Bozen, Meran, Laag und Pfatten bestehen,<br />

kümmern sich - was mir auch richtig<br />

erscheint - private Einrichtungen, die reichlich<br />

von der Regierung unterstützt werden,<br />

sodass auch hier gute Erfolgsaussichten<br />

bestehen. Aber ungelöst bleibt bis heute<br />

das Problem der Grund- und Volksschulen<br />

für die italienisch- oder ladinischsprachigen<br />

Bewohner oberhalb von Salurn. 2<br />

Aus den Worten von Luigi Credaro, dieses<br />

liberalen Pädagogen und Intellektuellen, der<br />

in Leipzig studiert hatte und das österreichische<br />

Schulwesen und seine Entwicklung<br />

kannte und schätzte, spricht deutlich die<br />

Kultur seiner Zeit: Die schrittweise Italianisierung<br />

Südtirols wurde als einziges Mittel<br />

zur Integrierung des “eroberten Landes”<br />

und seiner Bevölkerung in das Königreich<br />

Italien angesehen, das im übrigen erst ein<br />

halbes Jahrhundert zuvor zu einer Einigung<br />

gefunden hatte. So wird auch die liberale<br />

Gesinnung eines Intellektuellen wie Credaro<br />

von Nationalismus und kolonialistischer<br />

Denkweise geprägt. In den ersten Monaten<br />

seiner Regierungszeit war er bemüht, die<br />

Schulausbildung sowohl unter der deutschsprachigen<br />

Bevölkerung zu fördern wie auch<br />

unter den Italienern, die zu den Protagonisten<br />

dieses “Neukolonisierungs”-Prozesses<br />

von Südtirol wurden. Er unterstützte den Bau<br />

oder den Wiederaufbau von Gebäuden, die<br />

als Schulbauten dienen konnten. Im Vergleich<br />

zu den Vorkriegsjahren waren in der ersten<br />

Nachkriegszeit 57 Volksschulklassen mehr<br />

eingerichtet worden. Außerdem waren nach<br />

der Abtrennung Südtirols von Nordtirol infolge<br />

des Friedensvertrags von Saint-Germain<br />

zwei Lehrerinnenbildungsanstalten<br />

gegründet worden (in Bozen mit 47 eingeschriebenen<br />

Schülern und in Brixen mit 36),<br />

um dem Mangel an Ausbildungsstätten für<br />

das Lehrpersonal abzuhelfen.<br />

21<br />

20<br />

19. Ein Schulheft aus den 20er Jahren.<br />

20. Eine Zeitschrift für Kinder aus den 40er<br />

Jahren.<br />

21. Geheimer Deutschunterricht seitens des<br />

Völkischen Kampfrings Südtirol.<br />

In den frühen Zwanzigerjahren kommt<br />

es auch in Bozen zu faschistischen Übergriffen<br />

und Misshandlungen, deren Wurzeln<br />

in einem übertriebenen Nationalismus zu<br />

suchen sind. Bei einem Treffen von<br />

“Schwarzhemden” am 24. April 1921 wird<br />

der traditionelle Trachtenumzug zur Eröffnung<br />

der Bozner Messe überfallen und der<br />

Marlinger Volksschullehrer Franz Innerhofer<br />

erschossen: Es handelt sich um das erste<br />

Opfer der faschistischen Gewalttätigkeiten<br />

in Südtirol. Mit der liberalen Regierung im<br />

Lande ist es zu Ende, und der Pädagoge<br />

19

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