Informatische Ideen im Mathematikunterricht - Gesellschaft für ...
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Systemorientierte Didaktik der Informatik — Sozio-technische Informatiksysteme als<br />
Unterrichtsgegenstand?<br />
(A) Mathematik & Theoretische<br />
Informatik<br />
• Formale Logik<br />
• Algorithmen<br />
• Formale Beschreibungen<br />
u. Kalküle<br />
• Numerik<br />
• Zahlentheorie<br />
• Sprache, Grammatik,<br />
Automat<br />
• Berechenbarkeit;<br />
Komplexität<br />
• Turing Maschine<br />
• . . .<br />
(B) Ingenieurwissenschaften<br />
• formale Typografie<br />
• Maschinisierung von<br />
Kalkülen<br />
• techn. Semiotik<br />
• Protokoll<br />
• Embedded Systems<br />
• Mechatronik<br />
• Hardware,<br />
Rechnerarchitektur<br />
• Vernetzung<br />
• Verteilte Systeme<br />
• . . .<br />
(C) Softwaretechnik (D) Kognition und digitale<br />
Medien<br />
• Vorgehensmodelle • Daten<br />
• Projektmanagement • Information<br />
• Modellierungstechniken • Wissen<br />
• Entwurf / Design<br />
• Kommunikation<br />
• HCI / GUI<br />
• Lernen, Arbeiten<br />
• graf. Beschreibungsmittel • Kooperation<br />
• Re-engineering<br />
• Organisation<br />
• Systemgestaltung<br />
• Medien<br />
• Programmiersprache, • Lernplattformen<br />
Compiler<br />
• Wissensmanagement<br />
• . . .<br />
• . . .<br />
Abbildung 3.1: Gegenstandsbereiche informatischer Bildung in Orientierung an der Genese der Fachwissenschaft<br />
und an den <strong>für</strong> die Systemgestaltung relevanten Teilgebieten<br />
tisierung infrage kommen. Um diese Frage zu<br />
beantworten, sollen einerseits einige der zentralen<br />
wissenschaftstheoretischen Konzepte der Informatik<br />
noch etwas genauer umrissen und andererseits<br />
die Frage nach dem allgemein bildenden<br />
Gehalt derartiger Themen erörtert werden. Insbesondere<br />
ist die Frage zu klären, ob die technischen<br />
Bezüge der Informatik dem allgemein bildende<br />
Auftrag schulischer Fächer an einer allgemein bildenden<br />
Schule widersprechen oder ob <strong>im</strong> Gegenteil<br />
das Fach neue Chancen und Perspektiven <strong>für</strong><br />
die Allgemeinbildung an diesen Schulen eröffnet.<br />
2.2 Wissenschaftstheoretische<br />
Konzepte der Informatik<br />
Gehen wir zunächst von dem Postulat aus, dass es<br />
eine wichtige Aufgaben der Informatik ist, Methoden<br />
und fachwissenschaftliche Konzepte bereitzustellen,<br />
um Informatiksysteme zu entwickeln<br />
und zu <strong>im</strong>plementieren. Es lassen sich dann in<br />
der Tradition der jeweiligen Bezugswissenschaften<br />
der Informatik wissenschaftstheoretische Konzepte<br />
ausmachen, die <strong>für</strong> das Verständnis der<br />
Fachwissenschaft Informatik und die informatische<br />
Methodik der Systemgestaltung von zentraler<br />
Bedeutung sind. Hier ist sicher nicht der Raum<br />
um einen kompletten Überblick zu geben oder die<br />
einzelnen Konzepte umfassend dazustellen. Dennoch<br />
sollen einige genannt werden, um zu verdeutlichen,<br />
wo sich aus wissenschaftspropädeutischer<br />
Sicht fachdidaktische Anknüpfungspunkte<br />
<strong>für</strong> eine Auswahl von Lehrinhalten ergeben.<br />
Die Entwicklung von Informatiksystemen<br />
setzt <strong>im</strong> Rahmen der Modellierung das formale<br />
Beschreiben von Datenstrukturen und Algorithmen<br />
voraus. Diese Formalisierung ist gleichzeitig<br />
gekoppelt mit einem Prozess der Abstraktion und<br />
Reduktion durch De-kontextualisierung. Die <strong>Ideen</strong><br />
der Entwickler und Kunden, ausgetauscht <strong>im</strong><br />
Medium von natürlicher Sprache auf der Basis interpretierbarer<br />
Information und vor dem Hintergrund<br />
eines subjektiven Erfahrungskontexts und<br />
subjektgebundenen Wissens, werden durch diesen<br />
Prozess auf formale Daten und deren formalisierbare<br />
Zusammenhänge abgebildet. Sie werden<br />
damit ihrer kontextbezogenen Semantik beraubt,<br />
sind aber nach syntaktisch eindeutigen Regeln<br />
durch Maschinen verarbeitbar. Wissen wird<br />
über den kooperativen Informationsaustausch <strong>im</strong><br />
Softwareentwicklungsprozess in eine Datenstruktur<br />
mit zugehörigen Daten transformiert, mittels<br />
formaler Beschreibungen (Algorithmen) manipulierbar.<br />
Krämer (1988) hat das Resultat dieses Prozesses<br />
<strong>im</strong> Konzept der formalen Typografien treffend<br />
zusammengefasst und beschrieben. Formale<br />
Typografien sind frei von Sinnhaftigkeit, können<br />
nach eindeutigen formalen Regeln manipuliert<br />
werden und basieren auf einem eindeutig zu<br />
identifizierenden Zeichensystem.<br />
Dieser Aspekt, die Fähigkeit von Computern,<br />
Zeichensysteme zu manipulieren, hat ihnen den<br />
Ruf als universelle symbolverarbeitende Maschine,<br />
und der Informatik die Charakterisierung als<br />
technische Semiotik eingetragen. Text erhält damit<br />
auch einen Doppelcharakter. Einerseits Medium<br />
zur menschlichen Kommunikation und andererseits<br />
Medium zur Steuerung von Maschinen. Im<br />
einen Fall mit kontextgebundener Semantik, <strong>im</strong><br />
anderen Fall sinnfrei und lediglich syntaktischen<br />
Regeln gehorchend.<br />
Diese fundamentalen Zusammenhänge der<br />
Maschinisierung von Wissen finden ihre logische<br />
Ergänzung in der Äquivalenz zwischen Klassen<br />
von Automaten und Klassen spracherzeugender<br />
Grammatiken (Chomsky, 1957). Mit dem Konzept<br />
der Turingmaschine hat die theoretische Informatik<br />
ein adäquates Beschreibungsmittel zur<br />
Durchführbarkeit dieser syntaktischen Regeln folgenden<br />
formalen Operationen gefunden.<br />
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