Informatische Ideen im Mathematikunterricht - Gesellschaft für ...
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Systemorientierte Didaktik der Informatik — Sozio-technische Informatiksysteme als<br />
Unterrichtsgegenstand?<br />
deren Einfluss auf die Interaktion mit dem<br />
System bzw. der Menschen untereinander.<br />
Informationsverarbeitung Interaktion benötigt<br />
äquivalente Prozesse innerhalb des technischen<br />
Systemparts auf der Ebene der Formalismen.<br />
Hier geht es z.B. um Algorithmen,<br />
Informationsbeschaffung, Datenstrukturen<br />
und Modellbeschreibungen etc.<br />
Netzwerke Technische (Topologien, Client/Server-<br />
Architektur, Protokolle) und soziale Perspektiven<br />
der Vernetzung (soziale Gemeinschaften,<br />
Kooperation, Kommunikation),<br />
Normen, Regeln und Gesetze In Anlehnung an<br />
das technologische Dreieck bestehende Zusammenhänge<br />
von Informatiksystemen und<br />
durch sie erzeugte Verhaltensnormen (z. B.<br />
Netiquette), Regeln (z.B. Bedienungsanleitungen)<br />
und Gesetze (z. B. Datenschutz).<br />
Soziale und ethische Aspekte Weiter gefasste<br />
Linse, die sich mit gesellschaftlichen Auswirkungen<br />
von Informatiksystemen z.B. <strong>im</strong><br />
Sinne von Digitaler Ungleichheit, Globalisierung,<br />
Rationalisierung, Ethik etc. beschäftigt.<br />
Ist ein Unterrichtsthema aus einem der Anwendungsfelder<br />
ausgewählt und <strong>für</strong> die Schüler<br />
entsprechend ihren Erfahrungen situiert worden,<br />
können die vier Sichten auf ein Informatiksystem<br />
und die didaktischen Linsen als thematische Filter<br />
dienen, um das Thema unterrichtlich weiter zu<br />
konkretisieren. Der Unterrichtsgegenstand ist mittels<br />
dieser Filter auf mögliche integrative Zugänge<br />
zu informatischen Konzepten sozio-technischer<br />
Informatiksysteme zu beleuchten. Hierbei ist es<br />
durchaus sinnvoll, mehrere Filter <strong>für</strong> einen multiperspektivischen<br />
Zugang einzusetzen. Im Sinne<br />
eines Spiralcurriculums sollten jeweils unterschiedliche<br />
Sichten, Filter und Anwendungsbereiche<br />
gewählt werden, um den Schülerinnen und<br />
Schülern den Aufbau einer kohärenten persönlichen<br />
Wissensstruktur über Informatiksysteme zu<br />
ermöglichen.<br />
4.3 Methoden der Vermittlung<br />
Wie schon oben erwähnt, findet die geforderte<br />
Situierung von Lerninhalten be<strong>im</strong> Erkunden<br />
von Informatiksystemen ihre Entsprechung in verschiedenen<br />
konstruktivistisch orientierten Theorien<br />
des Lernens. So betont beispielsweise die<br />
Cognition and Technology Group at Vanderbilt<br />
(1994), dass Lernszenarien problembasiert und in<br />
authentischen Situationen ‘geankert’ sowie verschiedene<br />
Lösungsmöglichkeiten beinhalten sollten.<br />
Offene Lernumgebungen sollten exploratives<br />
und kooperatives Lernen ermöglichen. Ähnliche<br />
Forderungen werden von Jonassen (1999)<br />
<strong>für</strong> das Lerndesign von explorativen, konstruktivistischen<br />
Lernumgebungen erhoben. Vygots-<br />
kys sozio-kulturelle Theorie betont die Bedeutung<br />
sozialer Interaktion und des kooperativen Austausches<br />
be<strong>im</strong> Wissenserwerb (Vygotsky, 1978).<br />
Hung (2002) beschreiben den Aufbau von ‘Lerngemeinschaften’,<br />
die ihre Lernprozesse weitgehend<br />
selbstständig organisieren. Auf die sich verändernde<br />
Lehrerrolle in derartigen Lernszenarien<br />
verweisen Collins et al. (1999). Nach ihrem Phasenkonzept<br />
des ‘Cognitive Apprenticeship Model’<br />
steht der wachsenden Eigenverantwortlichkeit<br />
der Lernenden <strong>im</strong> Verlauf eines andauernden<br />
Lernprozesses ein Rückzug des Lehrers hin<br />
zum Coach und Lernprozessberater gegenüber.<br />
Schließlich betont die Cognitive Flexibility Theory<br />
von Spiro (1992), dass den Lernenden unterschiedliche<br />
Sichten auf den gleichen Lerngegenstand<br />
ermöglicht werden sollte, um bei ihnen assoziatives<br />
Denken zu fördern und durch die subjektive<br />
Konstruktion themenbezogener Wissenszusammenhänge<br />
eine höhere Qualität von Wissen<br />
zu erreichen. Die Umsetzung dieser Anforderungen<br />
an Lernprozesse in der Praxis des Informatikunterrichts<br />
bedeutet hinsichtlich des methodischen<br />
Vorgehens und der medialen Repräsentation<br />
von Informatiksystemen einen Wandel in der<br />
tradierten Unterrichtsmethodik.<br />
Methodik des Informatikunterrichts orientiert<br />
sich in Lerneinheiten, die die Erstellung von Teilen<br />
eines Computerprogramms oder eines kompletten<br />
Softwareprodukts zum Ziel haben, oft an<br />
grundlegenden Vorgehensmodellen der Softwareentwicklung.<br />
Einer Phase der Problemanalyse<br />
und der Problemeingrenzung folgen Anforderungsdefinition,<br />
Designentwurf, Codierung, Implementation<br />
und Praxistest des Produkts. Diese<br />
von einigen didaktischen Ansätzen favorisierte<br />
unterrichtsmethodische Vorgehensweise der Konstruktion<br />
von Software kann <strong>für</strong> den Informatikunterricht<br />
als grundsätzlich geeignet angesehen<br />
werden, da sie eine Reihe von lerntheoretischen<br />
und lernpsychologischen Aspekten berücksichtigt.<br />
Dazu gehören Konzepte, wie das der Handlungsorientierung<br />
<strong>im</strong> Unterricht oder die Förderung<br />
der Motivation der Schülerinnen und Schüler,<br />
die durch das Erlebnis der Materialisierung einer<br />
Idee — von dem theoretischen Entwurf hin<br />
zum fertigen Softwareprodukt — exemplarisch<br />
Kenntnisse über den Prozess der Gestaltung von<br />
Informatiksystemen erlangen können. Allerdings<br />
beinhaltet dieses unterrichtsmethodische Vorgehensmodell<br />
auch eine Reihe von Mängeln:<br />
• die Komplexität der in einer konstruktiven Phase<br />
von den Schülern zu erstellenden Software<br />
ist oft nicht hinreichend, um informatische Konzepte,<br />
wie etwa das der Objektorientierung, hinreichend<br />
verdeutlichen zu können.<br />
• der Phase der Modellierung, deren Wichtigkeit<br />
<strong>im</strong>mer wieder betont wird (Hubwieser, 2000),<br />
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