3.ZT_Maerz_2011.pdf
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ZT-Magazin | Weicheier an die Macht<br />
H<br />
err Breuer, warum<br />
stellen Sie die Bedeutung<br />
der Wahrnehmungen<br />
so in den<br />
Vordergrund?<br />
Wahrnehmungen sind emotionale<br />
Wahrheiten, die nicht anfechtbar<br />
sind. Menschen haben die Neigung,<br />
in schwierigen Situationen<br />
Leidensgenossen zu suchen, um<br />
ihre Wahrnehmungen zu teilen<br />
und bestätigt zu finden. Diese individuellen<br />
Wahrnehmungen<br />
summieren sich in Organisationen<br />
zu kollektiven Überzeugungen.<br />
Können Sie dafür ein Beispiel<br />
nennen?<br />
Wenn der Meinungsführer Meier<br />
zu seinen Kollegen sagt: „Habt<br />
ihr auch bemerkt, wie hämisch<br />
der neue Chef eben gegrinst hat?<br />
Das ist ein ganz hinterhältiger…“<br />
ist seine Wahrnehmung der<br />
Grundstein zu einer dieser Geschichten,<br />
die zu kollektiven Ü-<br />
berzeugungen werden. Das illustrieren<br />
wir mit der Formel: WahrnehmungenX<br />
= kollektive Überzeugung.<br />
Je mehr eine Wahrnehmung<br />
verbreitet wird, umso mehr<br />
verfestigt sie sich zu einer offensichtlichen<br />
Wahrheit. Wenn der<br />
neue Chef dann eine Woche später<br />
seinen Mitarbeitern ganz normal<br />
guten Tag sagt, dann kann<br />
das bei diesen überspitzt gesagt<br />
auslösen: was meint er denn damit<br />
schon wieder?<br />
Und diese kollektiven Überzeugungen<br />
setzen emotionale Prozesse<br />
in Gang…<br />
Ja, positiver und negativer Art.<br />
Positive Wahrnehmungen wirken<br />
wie Vitamine oder Antiviren, sie<br />
stärken und schützen das Immunsystem<br />
der Organisation. Negative<br />
Wahrnehmungen lösen emotionale<br />
Viren aus, die das Immunsystem<br />
angreifen und schwächen.<br />
Aus diesem Grund sagen wir,<br />
dass kollektiven Überzeugungen<br />
eine Organisation mental<br />
stärken oder mental verschmutzen<br />
können.<br />
Was meinen Sie damit?<br />
Im ersten Fall wird das Unternehmen<br />
stressresilienter,<br />
risikobereiter und gewinnt an<br />
Anziehungskraft. Die mentalen<br />
Energien gehen nach außen,<br />
zum Markt und zum<br />
Kunden. Im zweiten Fall<br />
werden die mentalen Energien<br />
des Unternehmens verbraucht,<br />
um die emotionalen<br />
Brandherde im Zaum zu halten.<br />
Interne Querelen,<br />
Machtkämpfe und Selbstschutzmechanismen<br />
leiten<br />
die Aufmerksamkeit nach<br />
innen, vom Markt und Kunden<br />
weg. Die emotionalen<br />
Viren übernehmen die<br />
Macht.<br />
Emotionale Viren, was<br />
heißt das konkret?<br />
Emotionale Viren sind negative<br />
Emotionen mit Ansteckungspotenzial.<br />
Sie provozieren<br />
die bereits angesprochene<br />
mentale Verschmutzung in<br />
der Organisation und lähmen diese,<br />
ähnlich wie bei einem PC, bei<br />
dem im Hintergrund zu viele Programme<br />
ablaufen. In unserem<br />
Buch haben wir ausführlich die<br />
verschiedenen Arten, wie Angst-,<br />
Macht-, Werte und Kulturviren<br />
beschrieben und wie diese das<br />
Immunsystem einer Organisation<br />
angreifen.<br />
Aber derartige emotionale Viren<br />
sind doch nicht zu verhindern,<br />
insbesondere bei einer<br />
Fusion.<br />
Nein, aber Anzahl und Intensität<br />
der emotionalen Viren können<br />
beträchtlich verringert werden.<br />
Wenn Mitarbeiter wahrnehmen,<br />
dass die geplante Fusion eine Bedrohung<br />
darstellt, so geht es nicht<br />
Das Lernen Sie:<br />
★Welche Bedeutung Emotionen im Unternehmen<br />
haben<br />
★Wie Sie Emotionen, auch innerhalb von<br />
Gruppen, aufspüren und handhaben<br />
★Wie Sie ein mental starkes Unternehmen<br />
aufbauen<br />
darum, ob diese Wahrnehmung<br />
richtig oder falsch ist, sondern<br />
warum die Situation so bedrohlich<br />
wahrgenommen wird. In der<br />
Regel betreibt das Management<br />
jedoch einen unglaublichen Aufwand,<br />
um den Mitarbeitern zu<br />
beweisen, dass man recht hat.<br />
Dabei argumentiert es rational<br />
und die Mitarbeiter halten emotional<br />
dagegen. Daher unsere<br />
Faustregeln Nummer 1: je weniger<br />
eine Wahrnehmung akzeptiert<br />
wird, umso mehr provoziert sie<br />
eine mentale Verschmutzung in<br />
der Organisation.<br />
Und wie lautet die Faustregel<br />
Nummer 2?<br />
Für die Nichtakzeptanz ihrer<br />
Wahrnehmungen revanchieren<br />
sich die Mitarbeiter mit einer<br />
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