Was geschieht seitdem? - GdF
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Luftfahrt<br />
✈ Allein Air Berlin hatte durch die Luftraumschließung<br />
einen Verlust von 40 Mio. € zu verzeichnen.<br />
Photo: W. Fischbach<br />
größte deutsche Fluggesellschaft Air Berlin beziffert<br />
den Verlust auf ca. 40 Mio.<br />
Ob dieser Verluste und aufgrund ihrer Einschätzung,<br />
nach welcher die Luftraumschließungen überzogen<br />
und unangemessen waren, wollen einige Fluggesellschaften<br />
vor den Kadi ziehen. EasyJet marschiert da an<br />
der Spitze und bereitet mit anderen Fluggesellschaften<br />
eine Sammelklage gegen die europäischen Behörden<br />
vor. Auch Niki Lauda, ein Vertreter deutlicher Worte<br />
und Chef von FLY NIKI, beabsichtigte zunächst mit Hilfe<br />
einer Klage die EU bzw. den österreichischen Staat<br />
wegen der erlittenen Verluste zur Kasse bitten, hat<br />
sich letztendlich jedoch gegen eine Klage entschieden.<br />
Ob EasyJet und Co. Erfolg haben werden, steht jedoch<br />
auf einem anderen Blatt. Denn Wolfgang Schäuble und<br />
seine europäischen Kollegen sind zurzeit auf etwas<br />
größeren Baustellen unterwegs und werden wohl alles<br />
versuchen, diese Klagen abzuwehren.<br />
Lufthansachef Mayrhuber scheint es eine Nummer<br />
kleiner machen zu wollen. Auch er hatte die Flugverbote<br />
heftig kritisiert und sie als völlig überzogen<br />
bezeichnet. Er bot der EU jedoch einen Kompromiss<br />
an und schlug vor, die Einbeziehung der Fluggesellschaften<br />
in den Emissionshandel zu verschieben.<br />
Umweltbewegte Bürger mögen dies als einen Affront<br />
auffassen, doch eigentlich hat Mayrhuber recht.<br />
Zumindest wenn man sich um die Umwelt sorgt. Denn<br />
wenn beim Emissionshandel ein Unternehmen seine<br />
„Verschmutzungsrechte“ an ein anderes verkauft,<br />
dann nützt dies nur dem Staat (sofern er die CO 2 -<br />
Lizenzen verkauft oder versteigert) und demjenigen,<br />
der durch den Verkauf seiner Verschmutzungsrechte<br />
seine Kasse etwas aufbessern kann. Es handelt sich<br />
beim Emissionshandel also um so etwas wie ein Nullsummenspiel,<br />
das der Umwelt nicht hilft.<br />
Neben einem wirtschaftlichen Schaden haben die<br />
Luftraumschließungen auch zu „sozialem“ Schaden<br />
geführt. Wobei es dabei eigentlich gar nicht die Luftraumschließungen<br />
waren, sondern die erteilten Ausnahmeregelungen.<br />
Um genau zu sein – die Erlaubnis,<br />
mit Luftfahrzeugen mit einer MTOM von mehr als 14<br />
Tonnen nach Sichtflugregeln zu operieren. <strong>Was</strong> dies<br />
für die Flugsicherung bedeutete und vor welche Probleme<br />
Lotsen und Flugdatenbearbeiter gestellt wurden,<br />
hat Petra Reinecke bereits beschrieben. Viele<br />
Controller und Piloten mögen sich da sehr unwohl<br />
gefühlt haben. Um es einmal vorsichtig auszudrücken.<br />
Die Vereinigung Cockpit hat diese Verfahren denn auch<br />
heftig kritisiert und meinte: „Entweder der Luftraum<br />
ist sicher oder er ist es nicht.“ Die <strong>GdF</strong> hat sich dieser<br />
Kritik angeschlossen und des weiteren angemerkt,<br />
dass sich durch die Aufhebung des §22a LuftVO (keine<br />
VFR-Flüge mit Luftfahrzeugen über 14 Tonnen) ein<br />
erhöhtes Risiko für den Luftverkehr ergäbe.<br />
Besonders betroffen waren die Piloten der größten<br />
deutschen Fluggesellschaft. Deren Sicherheitspilot<br />
Jürgen Steinberg (Leiter der Flugbetriebsinspektion<br />
CF) hatte zunächst dem CVFR-Betrieb zugestimmt,<br />
aber nach einiger Zeit seine Bedenken angemeldet.<br />
<strong>Was</strong> ihn dazu bewogen hatte, ist natürlich nicht<br />
bekannt. Vielleicht waren es die Flüge von DLH 008,<br />
(EDDF – EDDH), BER 6581 (EDDH – EDDK) und BER 9359<br />
(LEPA – EDDV), deren Piloten sich in ihrem Bestreben,<br />
die für Sichtflüge vorgeschriebenen Abstände zu den<br />
Wolken einzuhalten, zu Manövern gezwungen sahen,<br />
die nicht gerade als optimales Flugprofil beschrieben<br />
werden können. „Das darf sich nicht wiederholen.<br />
Heute würde meine Empfehlung in der gleichen Situation<br />
lauten: Don´t do it.“<br />
Dass diese Äußerung dem Lufthansamanagement<br />
nicht gefallen hat, ist leicht nachvollziehbar. Lufthansa-Chefpilot<br />
Raps wurde von SPIEGEL ONLINE mit<br />
den Worten zitiert, dass es sich hier lediglich um die<br />
persönliche Einschätzung Steinbergs handele, die<br />
sich mit der Auffassung des Konzerns nicht decke.<br />
Wobei natürlich die Frage erlaubt sein muss, weshalb<br />
sich die Lufthansa einen Sicherheitspiloten leistet,<br />
dessen Meinung immer dann als rein persönlich und<br />
damit als nicht relevant eingestuft wird, wenn sie der<br />
Meinung des Vorstands nicht entspricht. Jürgen Steinberg<br />
ist daraufhin, so die offizielle Version, von seinem<br />
Posten zurückgetreten. Ob er dies nun freiwillig<br />
getan hat oder ob er dazu überredet wurde, entzieht<br />
sich natürlich der Kenntnis Außenstehender. Natürlich<br />
könnte Jürgen Steinberg persönlich befragt werden.<br />
Aber dies könnte ihn in Loyalitätskonflikte mit seinem<br />
Arbeitgeber bringen, so dass diese Möglichkeit nicht<br />
wahrgenommen werden soll.<br />
Besucht man einschlägige Internetforen, so muss man<br />
feststellen, dass innerhalb des Lufthansa-Pilotenkorps<br />
eine erhebliche Unruhe ausgebrochen ist. Die<br />
Abteilung CF, einst einmal vom legendären Heino Caesar<br />
gegründet, war eine unabhängige Institution, die<br />
sich einen hervorragenden, weit über die Lufthansa<br />
hinaus reichenden Ruf erworben hat. CF stand für eine<br />
exzellente Sicherheitskultur, um welche die Lufthansa<br />
von vielen anderen beneidet wurde. Allerdings, so ist<br />
zu hören, wurde CF vom Vorstand im Laufe der Zeit<br />
immer mehr an die Leine genommen. Nun kann darüber<br />
spekuliert werden, wie tief der Rücktritt Steinbergs<br />
die Masse der Lufthansapiloten getroffen hat<br />
und ob es sich bei jenen, die sich empört geäußert<br />
haben, nicht um eine Minderheit handelt, die eigentlich<br />
zu vernachlässigen ist. Ob es sich hier also, was ja<br />
der flugleiter 2010/04<br />
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