Kommentiertes Vorlesungsverzeichnis WS 02/03 - Institut für ...
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deutscher und Schweizer Autoren des 18. Jahrhunderts intertextuelle Bezüge zu Spinoza und<br />
Balthasar Bekker, John Locke, Pierre Bayle, Fontenelle, Montesquieu, Voltaire und Rousseau sichtbar<br />
zu machen. Zum Programm der europäischen Aufklärung gehören Vorurteilskritik, Autoritätenkritik,<br />
Methodenkritik, Popularisierung der neuen naturwissenschaftlichen Erkenntnisse, die Querelle des<br />
femmes, die Forderungen nach Toleranz, rechtlicher Gleichheit und freier Meinungsäußerung. Die<br />
Staatstheoretiker, Bildungsreformer und Volksaufklärer fanden ihre Modelle nicht nur in der<br />
athenischen Demokratie, sondern in der republikanischen Kultur und angeblich größeren<br />
Naturverbundenheit der Eidgenossen. Die bevorzugten Gattungen, in denen diese Ideen vorgetragen<br />
werden, sind Satire, utopischer Roman, Brief, bürgerliches Trauerspiel und Dialog. Zeitschriften,<br />
moralische Wochenschriften und Intelligenzblätter bringen auch die Stimme des interessierten Laien zu<br />
Gehör. Autoritätskritische Diskurse siedeln sich gerne in neugegründeten <strong>Institut</strong>ionen, in<br />
sektiererischen Gemeinschaften an, die weniger stark als traditionelle politischer oder geistlicher<br />
Kontrolle unterliegen, also etwa in den neugegründeten Hochschulen in Halle (1694) und Göttingen<br />
(1734), in der Berliner Akademie der Wissenschaften (seit 1700), in der Göttingischen Akademie unter<br />
Leitung des international renommierten Berner Gelehrten Albrecht von Haller, am Hamburger Theater,<br />
in pietistischen Konventikeln oder in Freimaurerlogen. und sind mit besonderen Formen der<br />
Geselligkeit verbunden. Salomon Gessners „Naivität“ wurde bewundert; Bodmer, Breitinger und J.C.<br />
Lavater wurden zu Vaterfiguren erklärt, bei denen sich Klopstock, Wieland und noch Goethe mit<br />
seinem Weimarer Herzog Rat holten. Die Nachtseiten der Forderung nach Vernunftherrschaft –<br />
Normierung und Ausgrenzung der sozial, ethnisch und religiös Abweichenden – wurden nicht erst von<br />
Michel Foucault entdeckt, sondern im deutschen Sprachraum von Bodmer und Breitinger, Lavater, K.<br />
Ph. Moritz, Lenz, Moses Mendelssohn, Wezel, Wieland und Schiller ausführlich erörtert. Besondere<br />
Aufmerksamkeit verdient in diesem Zusammenhang die rechtlose Situation der Juden in Preußen. Eine<br />
Übersicht über die literarischen Texte, die ich Ihnen vorstellen will, erhalten Sie in der ersten Stunde.<br />
Literaturangaben:<br />
• Werner Schneiders (Hg.): Lexikon der Aufklärung. Deutschland und Europa. München 1995.<br />
• Art. „Aufklärung“ von Carsten Zelle in: Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft, Bd. 1, hg. von Klaus Weimar<br />
u.a.. Berlin 1997, S. 160-165.<br />
• Norbert Hinske und Michael Albrecht (Hg.): Was ist Aufklärung? Beiträge aus der Berlinischen Monatsschrift. Darmstadt<br />
3 1981.<br />
• Was ist Aufklärung? Thesen und Definitionen, hg. von Ehrhard Bahr. Stuttgart 1998.<br />
• Die Philosophie der deutschen Aufklärung. Texte und Darstellung, hg. von Raffaele Ciaffardone. Stuttgart 1990.<br />
• Gunter E. Grimm: Literatur und Gelehrtentum in Deutschland. Tübingen 1983.<br />
• Friedrich Vollhardt: Selbstliebe und Geselligkeit. Tübingen 2001.<br />
• Sebastian Neumeister (Hg.): Frühaufklärung. München 1994.<br />
• Helvetien in Deutschland. Schweizer Kunst aus Residenzen deutscher Klassik 1770-1830. Ausstellungskatalog Strauhof<br />
Zürich 1990.<br />
• Christoph Schulte: Die Jüdische Aufklärung. München 20<strong>02</strong>.<br />
Vorlesung:<br />
Zeit: Dienstag 16-18<br />
Dauer: 29.10.20<strong>02</strong>-04.<strong>02</strong>.20<strong>03</strong><br />
ECTS-Punkte: 3<br />
Prof. Dr. Yahya Elsaghe/ Assistenz: Dr. Christine Kanz<br />
Einführung in die Neuere deutsche Literaturwissenschaft<br />
Das Ziel dieser Einführung in die Neuere deutsche Literatur besteht darin, historische und systematische<br />
Grundkenntnisse der wichtigsten Instrumentarien und Terminologien, der wesentlichen Methoden<br />
und Theorien zu vermitteln. Die Anrechnung der Vorlesung ist mit einer schriftlichen Prüfung verbunden.<br />
Ein detaillierter Vorlesungsüberblick wird in der ersten Stunde gegeben.<br />
Vorlesung:<br />
Prof. Dr. Wolfgang Proß<br />
Historische Anthropologie und Literaturwissenschaft