Gemeindeblatt Nr. 06 / 2006 (3,5 MB) (0 bytes)
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WELSCHNOFEN<br />
Im Gespräch mit<br />
Raika-Direktor Anton Amplatz<br />
Mit der diesjährigen Generalversammlung<br />
gab es in der Raiffeisenkasse<br />
Welschnofen einen<br />
Führungswechsel. Hubert Obwegs<br />
wechselte nach fünf Jahren<br />
zur Raiffeisenkasse Vintl. An seine<br />
Stelle trat Anton Amplatz. Aus<br />
diesem Anlass sprachen wir mit<br />
dem neuen Direktor über die Rolle<br />
der Raiffeisenkassen, das Sparen,<br />
die Schuldenfalle und über<br />
die Auswirkungen der Eigenkapitalvorschriften<br />
von Basel II.<br />
Herr Direktor Amplatz, wo liegen<br />
in Zukunft die größten Chancen und<br />
worin die größten Gefahren für die<br />
Entwicklung der Raiffeisenkasse<br />
Welschnofen?<br />
Anton Amplatz: Neue Technologien,<br />
regulative Anforderungen, die Öffnung<br />
des Bankenmarktes und die damit verbundene<br />
Globalisierung haben auch<br />
vor Südtirol nicht Halt gemacht und<br />
die Raiffeisenkassen vor neue Herausforderungen<br />
gestellt. Im Lichte dieses<br />
zunehmend härter werdenden Wettbewerbes<br />
verfügen die Raiffeisenkassen<br />
über einmalige und unverwechselbare<br />
Marktvorteile. Hier sehe ich die<br />
lokale Verwurzelung, die Kundennähe,<br />
die Kenntnis der örtlichen Besonderheiten<br />
und Erfordernisse, die persönlichen<br />
Bindungen, die Unabhängigkeit<br />
von fernen Konzernzentralen, die<br />
rechtliche und wirtschaftliche Selbständigkeit,<br />
kurze Entscheidungswege,<br />
die flexible und unbürokratische Geschäftsentwicklung.<br />
Die größten Gefahren sehe ich in<br />
den wachsenden regulativen Anforderungen<br />
für die Raiffeisenkassen, die<br />
diese in ihren unternehmerischen Tätigkeiten<br />
einbremsen und in der beabsichtigten<br />
Schutzfunktion zusätzliche<br />
Betriebskosten verursachen. All<br />
dies trifft auch für die Raiffeisenkasse<br />
Welschnofen zu.<br />
Was ist eigentlich die Hauptaufgabe<br />
der Raiffeisenkassen und was unterscheidet<br />
sie von anderen Bankengruppen?<br />
Amplatz: Der Hauptauftrag der Raiffeisenkasse<br />
liegt darin, zum Wohle der<br />
Menschen und Unternehmen im angestammten<br />
Marktgebiet zu arbeiten.<br />
Das ist der Förderauftrag, die heimische<br />
Wirtschaft mit Krediten zu versorgen,<br />
dadurch die nötigen Wachstumsimpulse<br />
zu liefern und somit die wirtschaftliche,<br />
gesellschaftliche und soziale<br />
Wohlstandsmehrung der Kunden<br />
und Mitglieder im Tätigkeitsgebiet zu<br />
sichern.<br />
Der große Unterschied zu anderen<br />
Bankengruppen besteht darin, dass die<br />
Raiffeisenkassen bei der Durchführung<br />
ihrer Tätigkeiten selbständig und eigenverantwortlich<br />
sind. Die Entscheidungen<br />
zum Wohle der Mitglieder und<br />
Kunden werden nicht fernab in Konzernzentralen<br />
getroffen, sondern direkt<br />
vor Ort, aufgrund der genauen Kenntnis<br />
des Marktes und der individuellen<br />
Erfordernisse unserer Mitglieder und<br />
Kunden. Wir tragen die lokale Marktverantwortung.<br />
Herr Direktor Amplatz, glauben Sie<br />
nicht, dass diese lokale Selbständigkeit<br />
auf Dauer nicht finanzierbar ist<br />
und die Raiffeisenkassen im Zeitalter<br />
der Globalisierung als Unternehmen<br />
zu klein sind?<br />
Amplatz: Eine kleine Betriebsgröße<br />
ist für sich gesehen noch kein Element<br />
der Schwäche. Entscheidend für<br />
die Wettbewerbsfähigkeit einer Raiffeisenkasse<br />
ist ihr Stellenwert im Markt,<br />
den wir uns unter anderem auch durch<br />
geeignete Kooperationsformen im Genossenschaftswesen<br />
sichern. So fokussieren<br />
wir uns als Raiffeisenkasse auf<br />
unser Kerngeschäft und lagern Abwicklungs-<br />
und Spezialisierungstätigkeiten<br />
an unsere zentralen Partner, den Raiffeisenverband<br />
und die Raiffeisenlandesbank,<br />
aus.<br />
Wenn Sie mich auf die zunehmend<br />
wachsenden regulativen Anforderungen<br />
im Bankgeschäft ansprechen,<br />
so ist es so, dass diese einen erhöhten<br />
Kostendruck darstellen und kritische<br />
Massen erforderlich machen.<br />
Die letzten beiden Jahre waren für<br />
die Sparer, die sich auf die Finanzmärkte<br />
wagten, sehr erfolgreich.<br />
Blickt man aber einige Jahre weiter<br />
zurück, so kann man feststellen,<br />
dass Geldanleger an den Börsen arg<br />
gebeutelt wurden. Was sollten Anleger<br />
tun?<br />
Amplatz: Ich glaube, die wichtigste<br />
Erkenntnis für den einzelnen Sparer ist,<br />
dass er ein Gesamtkonzept haben muss.<br />
Dabei geht es primär um die Grundüberlegung,<br />
wie er sich seine Lebensexistenz<br />
sichert, ob und wie er sich Wohneigentum<br />
schaffen will, über die adäquate<br />
Absicherung außerordentlicher Ereignisse<br />
bis hin zur langfristigen Absicherung<br />
des Lebensabends. Erst wenn diese<br />
Hürden überwunden sind, stellt sich<br />
die Frage, was man eventuell an zusätzlichen<br />
Ersparnissen gewinnbringend<br />
und mit einem erhöhten Risiko anlegen<br />
kann. Ich denke aber, dass die Stufen<br />
davor viel zu wenig berücksichtigt<br />
werden und sich viele vom schnellen<br />
Reichtum treiben lassen.<br />
Was risikofreudiges Anlegen angeht,<br />
gilt heute genau dieselbe Formel wie<br />
früher: Es gibt keine Risikogarantie;<br />
wer mehr Rendite haben will, muss<br />
mehr Risiko eingehen.<br />
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