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Gewaltfreie KommuniKation - Bundesverband Mediation eV

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10 QUalitätSSicherUnG UnD WeiterentWicKlUnG<br />

aggression:<br />

Diagnose<br />

ungefragte<br />

ratschläge<br />

Person a<br />

abwertung<br />

Strafen<br />

unangenehme<br />

Gefühle aus<br />

unerfüllten<br />

Bedürfnissen<br />

Schuldzuweisung<br />

ironie<br />

4/ Menschen, die wir anrufen<br />

können, wenn wir allein nicht<br />

weiter kommen und unterstützende<br />

empathie brauchen.<br />

5/ echte Gefühle (traurig,<br />

froh, müde, glücklich) im<br />

Unterschied zu interpretationen,<br />

Passivformen und<br />

Schuldzuweisungen wie „ich<br />

fühle mich nicht ernst genommen.”<br />

oder „ich hab das<br />

Gefühl, er mag mich nicht.”<br />

Druck ausüben<br />

Urteil<br />

Wunde<br />

Stress<br />

angriffe<br />

Drohungen<br />

Vorwürfe<br />

notschrei in Form<br />

von aggression<br />

in angriffen,<br />

Vorwürfen etc.<br />

äußerungen als „Schutzschild“,<br />

wenn ich Gefühle und Bedürfnisse<br />

nicht direkt äußern kann.<br />

Gefühle<br />

+<br />

Bedürfnisse<br />

Person B<br />

beginnt. Sie erlebt eine berufliche Situation mit<br />

einem Kollegen B, wo sie für ihren engagierten<br />

Beitrag Kritik erhält, also aus ihrer Sicht „heruntergemacht”<br />

wird. Frau a kocht vor Wut, weil fehlende<br />

anerkennung ihr wunder Punkt ist (abb. 2). Sie<br />

stellt sich mögliche Varianten ihrer reaktion vor:<br />

1. Sie brät ihrem Kollegen die ganze Wucht<br />

ihres Frusts in Form von aggression über. Damit<br />

erwischt den Kollegen B der Druck aus Frau a’s<br />

Kindheit, hineingepresst in ein wütend geäußertes<br />

Urteil über seine handlung. Das löst bei<br />

ihm einen Schutzmechanismus in Form von<br />

Flucht, Gegenaggression o. a. aus, jedenfalls<br />

kaum empathie. Oder:<br />

2. Sie geht in die Selbstkontrolle, weil sie die<br />

Schritte der GFK praktizieren möchte, drückt<br />

mit moderater Stimme ihre „irritation” aus<br />

und hört dem Kollegen zu. auch hier wird ihre<br />

zurückgehaltene Wut durch die unbewusste<br />

Körperbotschaft transportiert; diese ist diffus<br />

im raum. Der Kollege kann sie nicht einordnen<br />

und gerät in eine Doppelbotschaft: „ich<br />

möchte dich einfühlend verstehen” und „Du<br />

bist ein ekel“. Darauf geht der Kollege u. U.<br />

in einen unterdrückten ärger, in emotionale<br />

Distanz, denkt: ‚Du alte Schnepfe!’ und verteidigt<br />

sich auf Sachebene in Form einer<br />

Pseudoverständigung. Oder:<br />

3. Sie nimmt ihr inneres alarmlämpchen wahr<br />

(„hey, ich bin ja richtig angeschlagen!”), ruft<br />

abends ihre Giraffenhotline an und bittet<br />

um Unterstützung zur Selbstklärung. in diesem<br />

Gespräch unterscheidet sie, so gut es geht,<br />

ihren Schmerz aus der Kindheit von den Primärgefühlen<br />

(und unerfüllten Bedürfnissen) im<br />

aktuellen Konflikt. am nächsten tag geht sie<br />

mit einer geklärten emotionalen Verfassung<br />

auf den Kollegen zu und bittet ihn um ein<br />

Verständigungsgespräch, das nun erhöhte<br />

chancen hat.<br />

ich selbst habe zu anfang nicht verstanden, wie<br />

folgendes zusammen gehen soll: im Konflikt empathie<br />

geben zu wollen, wenn ich selber voll von<br />

Verletzung, enttäuschung und aggression bin. Für<br />

mich war das im Bild gesprochen so, als stürzte<br />

ich blutend zu Boden und würde dem Messerwerfer<br />

noch im Fallen einfühlung schenken: „Du,<br />

wie geht’s dir jetzt? Und was wäre dir wichtig?”<br />

Bin ich dann im Kontakt mit meiner eigenen not<br />

und Bedürftigkeit? Wohl kaum! Mir hat das Problem<br />

der real existierenden Wunden, potentiellen<br />

aggressionen und Kränkungen aus der Kindheit in<br />

der literatur rosenbergs irgendwie gefehlt (oder<br />

ich habe sie überlesen). ich habe in den ersten<br />

Jahren aus hilflosigkeit zwei unglückliche alternativen<br />

gewählt: a) Unbedingt gewaltfrei agieren<br />

zu wollen und mit unterdrückter not, Wut und<br />

Selbstkontrolle vordergründig empathisch zu sein.<br />

b) Wenn ich die Selbstkontrolle nicht zustande<br />

brachte, gar nichts zu sagen, um niemanden zu<br />

verletzen und darauf zu warten, bis ich es irgendwann<br />

richtig kann.<br />

Während dieses „Wartens” habe ich jahrelang<br />

Verhältnisse und Verhaltensweisen ertragen, die<br />

mir nicht gut taten, und war letztlich nicht im aufrichtigen<br />

Kontakt. Was ich an meinen Versuchen<br />

im rückblick wertschätze, ist das ehrliche ringen<br />

darum, den anderen nicht zu verletzen und vor<br />

mir selbst zu bestehen. leider ging der Schuss<br />

nach hinten los, wenn die Wahrheit der ganzen<br />

unterdrückten Verletzung und Wut doch irgendwann<br />

ans licht kam und dann mächtig viel Porzellan<br />

zerschlagen wurde.<br />

Das Gemisch von alter und neuer Wut –<br />

abwarten, bis ich perfekt gewaltfrei bin?<br />

Mein Plädoyer ist: echt und aufrichtig geht vor<br />

„perfekt” (was im Übrigen nie eintreffen wird)!<br />

heute versuche ich, anders mit meinem ärger,<br />

meiner Wut und meiner aggression umzugehen.<br />

Diese starken emotionen sind wertvoll, vergleichbar<br />

Feuermeldern, zeigen sie mir doch an, was<br />

ich nicht ertrage. in ihnen steckt also einerseits eine<br />

Menge lebenskraft und Veränderungsenergie!<br />

ich weiß andererseits auch durch M. rosenberg,<br />

dass sie sozusagen „2-Komponenten-Kleber” mit<br />

Spektrum der <strong>Mediation</strong> 28/2007 – Fachzeitschrift des <strong>Bundesverband</strong>es <strong>Mediation</strong> e. V.

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