Gewaltfreie KommuniKation - Bundesverband Mediation eV
Gewaltfreie KommuniKation - Bundesverband Mediation eV
Gewaltfreie KommuniKation - Bundesverband Mediation eV
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
36 Berichte zum Thema<br />
Ingrid Holzmayer und Tonia Fondermann<br />
Giraffe oder Wolf:<br />
Drei KonfliktberaterInnen berichten<br />
Ingrid Holzmayer,<br />
Referentin für Außenkommunikation<br />
und<br />
Fundraising beim<br />
forumZFD<br />
Biljana Todorovic<br />
und Nehari Sharri<br />
Anna Crummenerl<br />
mit Team<br />
1996 wurde das Forum Ziviler Friedensdienst e. V.<br />
gegründet, um eine wirksame Alternative zu Gewalt<br />
in der Gesellschaft und zwischen Staaten zu<br />
schaffen. Ziel ist es, auf zivilgesellschaftlicher Ebene<br />
ein friedliches Zusammenleben zu fördern. Die<br />
aktive, gewaltfreie Konfliktbearbeitung durch Dialog,<br />
Vermittlung und Versöhnung steht dabei im<br />
Mittelpunkt. Das forumZFD bildet in der Akademie<br />
für Konflikttransformation KonfliktberaterInnen aus<br />
und bietet Seminare, Trainings sowie Workshops<br />
an. Außerdem ist es in Projekten in Nahost, auf<br />
dem westlichen Balkan und in Deutschland tätig.<br />
Wir wollten den Stellenwert erfahren, den die GfK für<br />
Menschen hat, die als Friedensfachkräfte in und mit<br />
Konflikten arbeiten. Dazu befragten wir drei KonfliktberaterInnen<br />
nach ihren persönlichen Erfahrungen mit<br />
Rosenbergs Theorie und deren Stellenwert für ihre Arbeit.<br />
Die drei Fachkräfte arbeiten in forumZFD-Projekten<br />
in Palästina, im Kosovo und in Deutschland.<br />
Anna Crummenerl arbeitet in der Westbank mit<br />
Jahalin-Beduinen, deren territoriale Existenz durch<br />
den Bau der Mauer bedroht ist. Zusammen mit verschiedenen<br />
AkteurInnen der palästinensischen und<br />
israelischen Bevölkerung fördert sie grenzüberschreitende<br />
Kommunikation und unterstützt die Jahalin<br />
in ihrem Streben nach menschenwürdigen Lebensbedingungen.<br />
Zu den Maßnahmen des „Selfempowerment”<br />
gehören unter anderem ein Frauenzentrum<br />
sowie Computer-, Englisch- und Hebräischkurse.<br />
Biljana Todorovic arbeitet in Prizren und Mitrovica<br />
an der Vernetzung von 13 lokalen albanischen<br />
und serbischen Friedensorganisationen. Diese haben<br />
sich 2006 in der Dachorganisation ProPeace<br />
Platform zusammengeschlossen. Ziel ist es, diese<br />
zu befähigen, eine aktive Rolle im Friedensprozess<br />
zu spielen und gemeinsam verhärtete Konfliktlinien<br />
zwischen Serben und Albanern aufzuweichen.<br />
Ulrich Krause arbeitet in Oranienburg bei Berlin,<br />
im Spannungsfeld von rechtsradikaler Gewalt<br />
und mangelnder Integration von SpätaussiedlerInnen.<br />
Nach der Anfangsphase, die der Situationsanalyse<br />
gewidmet war, geht es für ihn nun darum,<br />
den daraus entwickelten Maßnahmenplan<br />
umzusetzen. Er soll es SpätaussiedlerInnen und<br />
Einheimischen erlauben, über ihre Situation ins<br />
Gespräch zu kommen und sie darin unterstützen,<br />
ihre Konflikte konstruktiv zu bearbeiten.<br />
1. Wie und wann sind Sie zum ersten Mal mit<br />
Rosenbergs Theorie der GfK in Kontakt gekommen<br />
und wie intensiv haben Sie sich damit<br />
auseinandergesetzt?<br />
Anna Crummenerl: Meinen ersten Kontakt mit<br />
GfK hatte ich während des Qualifizierungskurses<br />
zur Konfliktberaterin an der Akademie für Konflikttransformation<br />
im forumZFD im Jahr 2000.<br />
Was mir in besonderer Erinnerung geblieben ist,<br />
sind die Übungen in Wahrnehmung, Beobachtung<br />
und aktivem Zuhören. Ich erinnere mich noch an<br />
mein Erschrecken, wie schwer es mir fiel, Wahrgenommenes<br />
urteilsfrei – lediglich beobachtend –<br />
wieder zu geben. Um es kurz zu machen: es war<br />
mir nicht möglich. Sich noch mal in aller Deutlichkeit<br />
beobachtendes und urteilendes Verhalten anzuschauen,<br />
hatte für mich auch etwas Schmerzhaftes.<br />
Ich spürte, dass mir hier etwas fehlte und mir<br />
war gleichzeitig bewusst, dass dies kein ausschließlich<br />
intellektuelles Lernen erfordert, dass es hier um<br />
deine ureigene Haltung zu dir selbst geht. Letztlich<br />
tangiert es für mich eine der zentralen Fragen: Wie<br />
verbunden fühle ich mich mir selbst und der Welt<br />
um mich herum? Das erfordert Arbeit an der eigenen<br />
Bewusstheit. Es ist geistige Arbeit, Seelenarbeit,<br />
Herzensarbeit – Schwerstarbeit – sozusagen.<br />
Biljana Todorovic: Zum ersten Mal habe ich von<br />
Rosenbergs Theorie der gewaltfreien Kommunikation<br />
gehört, als ich am viermonatigen Qualifizierungskurs<br />
der Akademie für Konflikttransformation<br />
teilnahm. Das war 2006. Einer der Trainer im<br />
Kurs hat uns das Buch empfohlen und ich habe<br />
es in einem Rutsch gelesen. Ich fand es sehr interessant<br />
und auch über die Arbeit hinaus nützlich<br />
für das eigene Alltagsleben. Das Buch ist in<br />
Wirklichkeit eine Anleitung zur Kommunikation und<br />
nicht nur in der Friedensarbeit sinnvoll. Die Theorie<br />
kann wirklich in jeder Gesprächssituation angewandt<br />
werden: in der Schule, beim Einkaufen,<br />
in der Post, mit Freunden und Familie.<br />
Ulrich Krause: Zum ersten Mal kam ich damit<br />
2001 in Berührung, als mir in Vorbereitung eines<br />
Auslandseinsatzes mit Peace Brigades International<br />
(PBI) ein Freund das Buch von Rosenberg<br />
schenkte. Viele Inhalte machten großen Sinn für<br />
mich, einiges fand ich allerdings auch etwas<br />
„amerikanisch” verbrämt und idealisiert. Insgesamt<br />
glaube ich, mich mit GfK bereits sehr intensiv<br />
auseinander gesetzt zu haben.<br />
2. Finden die Theorien und Kommunikationsanweisungen<br />
Anwendung in Ihrer Praxis als<br />
Friedensfachkraft? Gibt es konkrete Situationen,<br />
in denen Sie mit dieser Theorie Erfolg/<br />
Misserfolg hatten?<br />
Anna Crummenerl: Ich arbeite in einem Projekt, in<br />
dem Muslime, Juden, Christen, Atheisten und Marxisten,<br />
Beduinen, Palästinenser, Israelis und Men-<br />
Spektrum der <strong>Mediation</strong> 28/2007 – Fachzeitschrift des <strong>Bundesverband</strong>es <strong>Mediation</strong> e. V.