Gewaltfreie KommuniKation - Bundesverband Mediation eV
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24 qUALITÄTSSICHERUNG UND wEITERENTWICKLUNG<br />
Gundi und Frank Gaschler<br />
„Gib mir die Puppe – oder Du bist nicht<br />
mehr meine Freundin!”<br />
Gundi Gaschler,<br />
zertifizierte Trainerin für<br />
<strong>Gewaltfreie</strong> Kommunikation<br />
(CNVC)<br />
1/ Vgl. Bayerischer<br />
Bildungs- und<br />
Erziehungsplan<br />
<strong>Mediation</strong> im Kindergarten.<br />
Der Kindergartenalltag – so wie wir ihn kennen<br />
und schätzen – ist vor allem von Spiel,<br />
Spaß, Kreativität, Wissbegierde,<br />
Leichtigkeit, gegenseitiger Rücksichtnahme,<br />
Verständnis und Kooperation geprägt.<br />
Dabei leisten die pädagogischen Fachkräfte<br />
Enormes, um den vielfältigen Anforderungen<br />
gerecht zu werden. Dennoch<br />
kommt es, wenn Menschen eng zusammenleben,<br />
häufig zu einer Kollision unterschiedlicher<br />
oder divergierender Strategien. Das<br />
ist auch gut so: Wir sind alle Individuen und<br />
haben ganz unterschiedliche Ideen, wie<br />
wir unser Leben gestalten wollen. Letztendlich<br />
funktioniert unser Lernen und Wachsen<br />
gerade dadurch, dass wir bestehende<br />
und neue Strategien abwägen, ausprobieren<br />
und anhand des Erfüllungsgrads unserer<br />
Bedürfnisse bewerten. Leider hindert<br />
uns die moralische Bewertung, die andere<br />
Strategie sei falsch, schlecht, unfair, gemein<br />
etc. manchmal daran, die Schönheit<br />
dahinter zu sehen. Wir beginnen einen<br />
Kampf darum, wer Recht hat und was besser<br />
ist. Wir fangen an zu denken, andere<br />
haben etwas falsch gemacht und wir benutzen<br />
alle uns zur Verfügung stehenden<br />
Mittel, um dieses zu verdeutlichen. Wenn es<br />
nicht anders geht, müssen sie halt spüren,<br />
damit sie es endlich einsehen. Der Schlüssel<br />
zur Veränderung, den wir hier anbieten,<br />
ist zu entdecken, was hinter den Handlungen<br />
steckt. Anstatt zu denken: „Jemand<br />
hat was falsch gemacht!”, frage ich: „Was<br />
braucht er oder sie?” Statt: „Ich habe etwas<br />
falsch gemacht”, frage ich mich: „Was<br />
ist mir wichtig?” Mit der Klarheit über die<br />
dahinter liegenden Bedürfnisse erreichen wir<br />
ein tiefes Verständnis der Motivation und haben<br />
gleichzeitig die Möglichkeit, viele andere<br />
Strategien zu finden, von denen einige<br />
sicher zum Konsens unter den Beteiligten gereichen.<br />
Aufgrund ihrer natürlichen Neugier<br />
sind Kinder meist sehr motiviert herauszufinden,<br />
was bei den anderen los ist.<br />
Aufrichtigkeit, Empathie und <strong>Mediation</strong><br />
Der Bayerische Bildungs- und Erziehungsplan<br />
empfiehlt <strong>Mediation</strong> im Kindergarten als Verfahren,<br />
um Konfliktparteien dabei zu helfen, wieder<br />
miteinander zu kommunizieren und Lösungen zu<br />
finden, die beide zufrieden stellt: „Mediatorinnen<br />
und Mediatoren als unbeteiligte Dritte sind verantwortlich<br />
für Verfahren und Gesprächsführung, nicht<br />
für Inhalt und Lösung. Sie sollen nicht den Konflikt<br />
beurteilen, sondern seine Lösung moderieren.<br />
Grundhaltung und Gesprächstechnik dieses Verfahrens<br />
lässt sich mit Kindern ab 3 Jahren gut umsetzen.<br />
Die pädagogische Fachkraft versucht gemeinsam<br />
mit den Kindern, ihre Konfliktsituation zu<br />
entschlüsseln und sie zu ordnen. Sie hilft ihnen, ihre<br />
Sichtweisen zur Sprache zu bringen, ihren Gefühlen<br />
Worte zu verleihen, ihre Interessen zu ‚übersetzen’<br />
– durch Fragen und fragend-klärendes Spiegeln,<br />
das die Antworten der Kinder mit eigenen<br />
Worten wiederholt. Es wird darüber geredet, welche<br />
Lösung die Kinder sehen und welche von allen<br />
akzeptiert werden kann.” 1<br />
<strong>Mediation</strong> mit oder unter Kindern<br />
Die Kinder lernen, aufrichtig auszudrücken, was<br />
sie bewegt und empathisch zu hören, was die<br />
anderen bewegt. Dies führt weg von Bewertungen<br />
und hin zum Verständnis der anderen. <strong>Mediation</strong><br />
mit bzw. unter Kindern unterscheidet sich<br />
grundsätzlich nicht von dem Verfahren mit Erwachsenen.<br />
Allerdings gibt es einzelne Aspekte,<br />
auf die ich hinweisen möchte:<br />
›<br />
Kinder sind selten gewohnt, Konflikte selbst lösen<br />
zu dürfen. Meist tun dies Eltern, Erzieherinnen<br />
und Lehrerinnen für sie, die auch bei der Lösungssuche<br />
schnell mit Rat und Tat zur Seite stehen.<br />
Meiner Erfahrung nach verfügen Kinder über genügend<br />
Kompetenzen, sich gegenseitig zu mediieren.<br />
Was es braucht, ist Übung, einen Rahmen,<br />
der dies zulässt und Geduld und Vertrauen der Erwachsenen.<br />
›<br />
Genau wie Erwachsene suchen Kinder in Konflikten<br />
schnell nach Schuldigen sowie „richtigem”<br />
und „falschem” Verhalten. Dies blockiert die Bereitschaft,<br />
die anderen verstehen zu wollen, erheblich.<br />
Hinzu kommt oft auch noch die Angst vor<br />
Strafe durch die Erwachsenen. Damit ist eine <strong>Mediation</strong><br />
chancenlos. Bevor es losgeht, muss daher<br />
von den Erwachsenen Klarheit über Absicht und<br />
Konsequenzen der <strong>Mediation</strong> geschaffen werden.<br />
Hilfreich ist, wenn die MediatorInnen dem Verhalten<br />
und den Lösungsvorschlägen wertfrei begegnen,<br />
anstatt moralisch zu be- und verurteilen.<br />
›<br />
Die Sprachfertigkeit von Kindern ist noch nicht<br />
so ausgeprägt wie die Erwachsener und kann sich<br />
auch bei Gleichaltrigen erheblich unterscheiden.<br />
Wichtig ist also sicherzustellen, dass Gesagtes auch<br />
wirklich verstanden wird. Dies geschieht am ehesten,<br />
indem die Beobachtungen, Gefühle und Bedürfnisse<br />
der anderen wiederholt werden („Kannst<br />
du bitte in deinen Worten noch mal sagen, was du<br />
verstanden hast« statt: »Hast du verstanden?”).<br />
Spektrum der <strong>Mediation</strong> 28/2007 – Fachzeitschrift des <strong>Bundesverband</strong>es <strong>Mediation</strong> e. V.