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Studie Kindeswohlgefährdung – Ursachen, Erscheinungs ... - FBTS

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Im Ergebnis ist hier festzuhalten, dass Jugendämter neben dem eindeutigen gesetzlichen Auftrag und der<br />

fachlichen Kompetenz der dort tätigen Fachkräfte eine angemessene personelle Ausstattung und kompetente<br />

Leitungen benötigen, damit sie frühzeitig und präventiv handeln, aber auch das staatliche Wächteramt<br />

im Interesse der Kinder wahrnehmen können. Es ist eine verkürzte Sichtweise, wenn in fachlichen und<br />

medialen Erörterungen prekärer Fälle (<strong>Kindeswohlgefährdung</strong>) zunächst und zumeist allein nach dem individuellen<br />

Fehlverhalten gesucht wird, die Frage eines möglichen „Organisationsversagens“ jedoch unberücksichtigt<br />

bleibt 4 . Auch die Organisationsstrukturen in den Jugendämtern müssen auf den Prüfstand, weil hier<br />

möglicherweise Barrieren und Einschränkungen verankert sind, die einer sachgerechten Wahrnehmung des<br />

Schutzauftrages zuwiderlaufen (blinde Flecken, fehlendes Risikomanagement).<br />

In der Vergangenheit ist an nicht wenigen Orten der ASD (der Allgemeine Soziale bzw. Kommunale Sozialdienst),<br />

der Dienst also, der im Wesentlichen als Außendienst des Jugendamtes bei Gefährdung des Kindeswohls<br />

und der Sicherung und dem Schutz von Kindern tätig zu werden hat, personell ausgedünnt worden<br />

bzw. war von jeher unterbesetzt und mit einer großen Fallzahl belastet, obschon der ASD der „Schlüsseldienst“<br />

der Kinder- und Jugendhilfe ist: er leitet Prozesse ein und begleitet Kinder, Jugendliche und Familien.<br />

Die hier verfügbare und vorfindbare Eingangsqualität entscheidet nicht selten über den gelingenden Verlauf<br />

von Unterstützungen und Hilfeprozessen.<br />

Durch die in vielen Kommunen gegenwärtig diskutierten bzw. auch schon vollzogenen Personalaufstockungen<br />

(vgl. dazu auch 4.6.5) müssen bessere Voraussetzungen geschaffen werden, damit die Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeiter im ASD der anspruchsvoller gewordenen Kinderschutzaufgabe gerecht werden können <strong>–</strong> auch<br />

als Partner für die Fachkräfte und die Träger der freien Kinder- und Jugendhilfe.<br />

In diesem Zusammenhang gehört auch, dass <strong>–</strong> um die anspruchsvolle, schwierige und auch persönlich herausfordernde<br />

Tätigkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesem Dienst zu würdigen <strong>–</strong> die Wertschätzung<br />

für den Allgemeinen sozialen Dienst wachsen muss. Dies gilt auch mit Blick auf Eingruppierung und<br />

Bezahlung der hier tätigen Fachkräfte.<br />

Bei alledem gilt es jedoch zu beachten, dass ein guter Kinderschutz sich immer in einer Balance von Dienstleistung<br />

(Förderung) und Schutzauftrag (bei <strong>Kindeswohlgefährdung</strong>) realisiert. Eine Verkürzung des Schutzauftrages<br />

auf Intervention und Eingriff wäre nicht nur fachpolitisch ein Rückschritt gegenüber dem bisher<br />

erreichten, es würde auch die Bereitschaft von hilfsbedürftigen Eltern beeinträchtigen, sich frühzeitig an die<br />

Kinder- und Jugendhilfe zu wenden, weil die Angst vor dem Eingriff und dem Verlust der elterlichen Autonomie<br />

hier überwiegen könnte.<br />

1.7 Elternverantwortung und Stärkung der Kinderrechte<br />

Die bisherigen Ausführungen sollten aufzeigen, dass die Frage, mit welchen Mitteln Kinder in der Gesellschaft<br />

in Deutschland wirksam gefördert und geschützt werden können, die Fachöffentlichkeit bereits seit einigen<br />

Jahren bewegt. Vor allem durch die Neufassung des Schutzauftrages der Jugendhilfe (KICK) wurde zudem<br />

die Frage aufgeworfen, ob das auf der Basis des SGB VIII im Jahr 1991 eingeführte Verhältnis zwischen Eltern,<br />

Kindern und Staat bzw. Gesellschaft und die damit verbundene Rolle der Jugendhilfe in dieser Form aufrechterhalten<br />

werden kann oder ob das Wächteramt des Staates neu definiert werden muss.<br />

Zusammengefasst lässt sich das bisherige Konzept des Kinderschutzes mit folgenden Stichworten umschreiben:<br />

Primat der grundgesetzlich geschützten Elternverantwortung<br />

Subsidiäre Rolle des Staates als Missbrauchsaufsicht („Wächteramt“)<br />

Keine eigenständigen Rechtspositionen des Kindes, sondern Reflex auf das Elternrecht<br />

Fürsorgerischer Kinderschutz<br />

Betonung der Dienstleistungsfunktion der Jugendhilfe zur Unterstützung der Familie<br />

4<br />

Vgl. dazu auch die 2009 vorgelegten Empfehlungen der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände zur Festlegung fachlicher<br />

Verfahrensstandards in den Jugendämtern bei Gefährdung des Kindeswohls, die in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass es<br />

gilt, „eine genaue Analyse zu betreiben, ob dafür Organisationsversagen die Ursache war und welche notwendigen Korrekturen zukünftig<br />

nötig sind“ (S. 3).

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