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Internet – und Telekommunikationsrecht - Dr. Gottschalk ...

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Google AdWords <strong>und</strong> Markenrecht<br />

<strong>Internet</strong> <strong>–</strong> <strong>und</strong> <strong>Telekommunikationsrecht</strong><br />

4. Markenrecht im <strong>Internet</strong><br />

4.3. Google AdWords<br />

<strong>Dr</strong>. Mischa Dippelhofer, Rechtsanwalt<br />

Zeit <strong>und</strong> Ort: Donnerstags, 16 Uhr s.t., Gebäude B 4.1, Saal 1.18<br />

Vorlesungsmaterialien im <strong>Internet</strong>: www.gottschalk-rechtsanwaelte.de


<strong>Internet</strong>- <strong>und</strong> <strong>Telekommunikationsrecht</strong>, Sommersemester 2011<br />

Google AdWords <strong>und</strong> Markenrecht<br />

Fall 11<br />

26. Mai 2011<br />

Ihr Mandant, Herr Salvatore Issimo, hat eine Firma für Künstlervermittlung. Er<br />

erzählt Ihnen, dass er am 1. November 1999 beim deutschen Patent- <strong>und</strong><br />

Markenamt die Marke „showissimo“ in Klasse 41 für die Vermittlung von<br />

Künstlern angemeldet hat. Am 10. Februar 2000 wurde sie eingetragen.<br />

Showissimo GmbH sei zugleich auch der Name seiner Firma, mit der er seit<br />

1995 in dem Geschäftsfeld der Künstlervermittlung tätig sei.<br />

In der vergangen Woche habe er den Begriff „showissimo“ in die Suchmaschine<br />

Google eingegeben. Dabei habe er festgestellt, dass in Google noch über dem<br />

Suchtreffer mit seiner Firma ein besonders hervorgehobener Link zur<br />

Homepage der Firma Grabber Showpromotion GmbH, eines direkten<br />

Konkurrenten, stehe. Er ist der Ansicht, dass die Homepage des Konkurrenten<br />

nichts mit seiner Marke zu tun habe <strong>und</strong> fragt Sie, ab man denn nichts gegen<br />

diesen Link in Google unternehmen kann.<br />

Wie gehen Sie vor?<br />

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<strong>Internet</strong>- <strong>und</strong> <strong>Telekommunikationsrecht</strong>, Sommersemester 2011<br />

Google AdWords <strong>und</strong> Markenrecht<br />

Was sind Google AdWords?<br />

• AdWords ist eine Abkürzung von „Advertising<br />

Words“. Unter dieser Bezeichnung bietet die<br />

Suchmaschine Google Werbeanzeigen an, die bei<br />

Eingabe vorgegebener Stichwörter in der<br />

Ergebnisliste über oder neben den Suchtreffern<br />

angezeigt werden.<br />

• Der Werbek<strong>und</strong>e kann die Stichworte wählen, bei<br />

deren Eingabe seine Werbeanzeige in der<br />

Ergebnisliste erscheinen soll<br />

• Google bietet ein Keyword-Tool an, mit dem<br />

Werbek<strong>und</strong>en sich Stichworte vorschlagen lassen<br />

können, unter denen die Anzeige erscheinen soll. In<br />

der Vorschlagsliste können auch fremde Marken<br />

erscheinen. Der Werbek<strong>und</strong>e muss die Stichworte<br />

jedoch bewusst auswählen.<br />

• Die über den Suchtreffern angezeigten<br />

Werbeanzeigen sehen ähnlich aus wie Suchtreffer,<br />

werden jedoch in einem blauen Kasten dargestellt<br />

<strong>und</strong> als „Anzeige“ gekennzeichnet<br />

• Ähnlich wie bei den Suchtreffern führt ein Klick auf die<br />

Werbeanzeige zu der beworbenen Website<br />

26. Mai 2011<br />

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<strong>Internet</strong>- <strong>und</strong> <strong>Telekommunikationsrecht</strong>, Sommersemester 2011<br />

Google AdWords <strong>und</strong> Markenrecht<br />

Die Keyword-Einstellungen<br />

• Beim Buchen der Keywords für die AdWord-Anzeige kann der Werbek<strong>und</strong>e unter<br />

folgenden Einstellungen wählen:<br />

<strong>–</strong> Genau passendes Keyword: Die Anzeige erscheint nur, wenn genau nach diesem<br />

Keyword gesucht wird<br />

<strong>–</strong> Passende Wortgruppe: Die Anzeige erscheint, wenn der Benutzer nach der gleichen<br />

Kombination von Worten in der gleichen Reihenfolge sucht<br />

<strong>–</strong> Ausschließendes Keyword: Die Anzeige erscheint bei Eingabe dieses Keywords nicht<br />

<strong>–</strong> Weitgehend passendes Keyword: Die Anzeige erscheint immer dann, wenn die<br />

Suchanfrage (auch neben anderen Worten) das Keyword enthält. Dies ist die<br />

Standardeinstellung <strong>und</strong> wird auch als „Broad Matching“ bezeichnet<br />

‣ Bei Verwendung der Standardeinstellung hat der Werbek<strong>und</strong>e keine Kontrolle<br />

darüber, bei welchen Kombinationen r<strong>und</strong> um das Keyword die Anzeige erscheint<br />

26. Mai 2011<br />

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<strong>Internet</strong>- <strong>und</strong> <strong>Telekommunikationsrecht</strong>, Sommersemester 2011<br />

Google AdWords <strong>und</strong> Markenrecht<br />

Kennzeichenrechtliche Relevanz von Keywords<br />

• Die Hauptfunktion einer Marke ist der Hinweis über die<br />

Produktbezeichnung auf einen bestimmten Hersteller/Anbieter<br />

<strong>–</strong> Beispiel: Die Marke „Golf“ weist im Zusammenhang mit Automobilen auf<br />

den Hersteller Volkswagen hin<br />

• Die Rechtsprechung geht daher überwiegend davon aus, dass auch<br />

ein <strong>Internet</strong>nutzer, der eine Marke in eine Suchmaschine eingibt,<br />

Informationen über die Waren <strong>und</strong> Dienstleistungen des<br />

Markeninhabers erwartet, die unter der Marke angeboten werden<br />

<strong>–</strong> Beispiel: Wer nach Automobilen sucht <strong>und</strong> „Golf“ in eine Suchmaschine<br />

eingibt, erwartet Informationen zu den Produkten von Volkswagen<br />

‣ Siehe etwa BGH Jur-PC Web-Dok 137/2006 <strong>–</strong> „Impuls“ mit weiteren<br />

Nachweisen<br />

‣ Wird somit die Suchmaschine dazu gebracht, statt oder neben dem<br />

Angebot des Markeninhabers das Angebot eines Konkurrenten<br />

anzuzeigen, werden K<strong>und</strong>en zu dem Wettbewerber umgeleitet<br />

26. Mai 2011<br />

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<strong>Internet</strong>- <strong>und</strong> <strong>Telekommunikationsrecht</strong>, Sommersemester 2011<br />

Google AdWords <strong>und</strong> Markenrecht<br />

Keywords <strong>und</strong> Metatags<br />

• Früher wurde von den Suchmaschinen zur Bestimmung des Inhalts einer<br />

Website vorrangig die Keywords im nicht sichtbaren Teil der Seite, den so<br />

genannten „Metatags“, ausgewertet<br />

• Daher wurden in den HTML-Quellcode aussagekräftige Suchbegriffe über den<br />

Inhalt der Seite eingebaut, beispielsweise:<br />


<strong>Internet</strong>- <strong>und</strong> <strong>Telekommunikationsrecht</strong>, Sommersemester 2011<br />

Google AdWords <strong>und</strong> Markenrecht<br />

Metatags in Literatur <strong>und</strong> Rechtsprechung<br />

• In der Literatur wurde schon 2005 die Ansicht vertreten, Meta-Tags könnten<br />

markenrechtlich nicht (mehr) relevant sein, da sie von den führenden<br />

Suchmaschinen kaum noch ausgewertet würden (Ernst, ITRB 2005, 91)<br />

• Im Übrigen war umstritten, ob die Verwendung fremder Marken in Metatags<br />

eine markenmäßige Benutzung darstellt<br />

26. Mai 2011<br />

<strong>–</strong> Nein: OLG Düsseldorf, CR 2004, 462 - „Impuls“, CR 2004, 936, JurPC Web-Dok<br />

69/2006, Härting, ITRB 2005,16, da Suchbegriffe nicht unbedingt einem<br />

Markeninhaber zugeordnet würden<br />

<strong>–</strong> Ja: OLG Karlsruhe MMR 2004, 256; LG Hamburg CR 2002, 136; OLG München<br />

JurPC Web-Dok. 150/2000; LG Frankfurt, JurPC Web-Dok. 87/2000 <strong>–</strong>durch<br />

die Benutzung der Marke als Keyword würden K<strong>und</strong>en auf die eigene Website<br />

umgeleitet, was eine unzulässige Markenbenutzung darstelle<br />

‣ Der BGH hat sich der Pro-Meinung angeschlossen, da ein<br />

kennzeichenmäßiger Gebrauch vorliege (Jur-PC Web-Dok 137/2006 <strong>–</strong> „Impuls“,<br />

GRUR 2007, 784 „AIDOL“)<br />

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<strong>Internet</strong>- <strong>und</strong> <strong>Telekommunikationsrecht</strong>, Sommersemester 2011<br />

Google AdWords <strong>und</strong> Markenrecht<br />

Nutzung der Google AdWords für „Trittbrettfahrer-Werbung“<br />

• Mit den AdWords hat Google eine neue <strong>–</strong> wenn auch kostenpflichtige <strong>–</strong><br />

Möglichkeit für <strong>Internet</strong>anbieter geschaffen, die eigene Website bei der Eingabe<br />

von ganz bestimmten Stichworten bei der Ausgabe der Suchergebnisse an<br />

prominenter Stelle erscheinen zu lassen<br />

• Auch diese Möglichkeit wurde wieder missbraucht, indem Werbeanzeigen unter<br />

Suchbegriffen geschaltet wurden, die den Marken bekannter Konkurrenten<br />

entsprechen<br />

• Die Resultate dieser Werbestrategie unterscheiden sich vom Einsatz der<br />

Metatags dadurch, dass der Link zur Website des Werbek<strong>und</strong>en nicht unter<br />

den Suchergebnissen, sondern in einer farbig markierten Box erscheint <strong>und</strong> auf<br />

diese Weise als Werbung gekennzeichnet ist.<br />

• Google präsentiert diese Werbelinks jedoch nicht nur neben, sondern auch<br />

unmittelbar über den Suchergebnissen, wo sie leichter mit Suchergebnissen<br />

verwechselt werden können.<br />

26. Mai 2011<br />

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<strong>Internet</strong>- <strong>und</strong> <strong>Telekommunikationsrecht</strong>, Sommersemester 2011<br />

Google AdWords <strong>und</strong> Markenrecht<br />

Verletzung eines Unternehmenskennzeichens nach § 15 MarkenG<br />

§ 15 MarkenG<br />

(2) <strong>Dr</strong>itten ist es untersagt, die geschäftliche Bezeichnung oder ein<br />

ähnliches Zeichen im geschäftlichen Verkehr unbefugt in einer<br />

Weise zu benutzen, die geeignet ist, Verwechslungen mit der<br />

geschützten Bezeichnung hervorzurufen.<br />

§ 5 MarkenG<br />

(2) Unternehmenskennzeichen sind Zeichen, die im geschäftlichen<br />

Verkehr als Name, als Firma oder als besondere Bezeichnung eines<br />

Geschäftsbetriebs oder eines Unternehmens benutzt werden. Der<br />

besonderen Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs stehen solche<br />

Geschäftsabzeichen <strong>und</strong> sonstige zur Unterscheidung des<br />

Geschäftsbetriebs von anderen Geschäftsbetrieben bestimmte<br />

Zeichen gleich, die innerhalb beteiligter Verkehrskreise als<br />

Kennzeichen des Geschäftsbetriebs gelten.<br />

26. Mai 2011<br />

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<strong>Internet</strong>- <strong>und</strong> <strong>Telekommunikationsrecht</strong>, Sommersemester 2011<br />

Google AdWords <strong>und</strong> Markenrecht<br />

Prüfung der Verletzung des Unternehmenskennzeichens in Fall 11<br />

• Handeln im geschäftlichen Verkehr?<br />

<strong>–</strong> Ist weit auszulegen: jeder Förderung eigener oder fremder<br />

Geschäftsinteressen (Ströbele/Hacker § 14 RN 29).<br />

‣ Die Werbeanzeige fördert zweifellos die eigenen geschäftlichen Interessen<br />

• Unbefugte Verwendung der Geschäftsbezeichnung oder eines ähnlichen<br />

Zeichens (§ 15 Abs. 2 1. Halbsatz)<br />

‣ Das Unternehmenskennzeichen lautet „Showissimo GmbH“<br />

‣ das verwendete Zeichen „showissimo“ ist hierzu ähnlich<br />

• Benutzung des Unternehmenskennzeichens in einer Weise, die geeignet<br />

ist, Verwechslungen hervorzurufen (§ 15 Abs. 2 2. Halbsatz)<br />

- Erste Vorraussetzung hierzu ist Branchennähe zwischen der Branche, in der<br />

die Inhaberin des Unternehmenskennzeichens tätig ist <strong>und</strong> der Branche, der<br />

die Waren <strong>und</strong> Dienstleitungen, für die das Zeichen genutzt wird, zuzuordnen<br />

sind (Ströbele/Hacker, § 15 RN 45 ff)<br />

‣ Der Link in der Anzeige weist auf die Website einer Künstleragentur<br />

26. Mai 2011<br />

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<strong>Internet</strong>- <strong>und</strong> <strong>Telekommunikationsrecht</strong>, Sommersemester 2011<br />

Google AdWords <strong>und</strong> Markenrecht<br />

Prüfung der Verletzung des Unternehmenskennzeichens in Fall 11<br />

• Zweite Voraussetzung ist, dass die Art <strong>und</strong> Weise der Verwendung des<br />

Zeichens selbst geeignet ist, Verwechslungen hervorzurufen. Ob dies bei<br />

einer Adword-Anzeige gegeben ist, ist in der neueren Rechtsprechung<br />

umstritten, da die AdWord-Anzeigen von den Suchtreffern farblich <strong>und</strong> durch<br />

das Wort „Anzeige“ abgegrenzt werden.<br />

- Das LG Braunschweig vertritt die Auffassung, die Verwechslungsgefahr sei nicht<br />

dadurch ausgeschlossen, dass die Anzeigen als solche erkennbar seien, Dies würde<br />

voraussetzen, dass sich der <strong>Internet</strong>user mit dem Mechanismus der Schaltung von<br />

Google-Anzeigen auseinandersetze, was er regelmäßig nicht tue (GRUR-RR 2007. 204).<br />

Das OLG Braunschweig tritt dieser Ansicht mit dem Argument bei, aus der Angabe<br />

„Anzeige“ entnehme der <strong>Internet</strong>nutzer nur, dass dieser Eintrag erscheine, weil hierfür<br />

bezahlt worden sei (MMR 2007, 110)<br />

- Demgegenüber hat das OLG Düsseldorf die Ansicht vertreten, die optische Trennung<br />

der Anzeigen von den Suchergebnissen in Verbindung mit der Angabe der eigenen<br />

<strong>Internet</strong>adresse des Werbenden in dem Link reiche aus, um eine Verwechslungsgefahr<br />

auszuschließen (WRP 2007, 440 <strong>–</strong>Beta Layout)<br />

- Der BGH hat sich in der Revisionsentscheidung der Ansicht des OLG Düsseldorf<br />

angeschlossen. Durch die Kennzeichnung der Adword-Werbung als Anzeige werde diese<br />

vom <strong>Internet</strong>nutzer als vom eingegebenen Suchwort unabhängige Eigenwerbung ohne<br />

Hinweis auf eine geschäftliche Verbindung zum Inhaber des Unternehmenskennzeichens<br />

angesehen (GRUR 2009, 500 <strong>–</strong>Beta Layout).<br />

26. Mai 2011<br />

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<strong>Internet</strong>- <strong>und</strong> <strong>Telekommunikationsrecht</strong>, Sommersemester 2011<br />

Google AdWords <strong>und</strong> Markenrecht<br />

Prüfung der Verletzung des Unternehmenskennzeichens in Fall 11<br />

• Konsequenzen der divergierenden Rechtsprechung für die<br />

Erfolgsaussichten eines Berufens auf eine Verletzung von § 5<br />

MarkenG<br />

<strong>–</strong> Es ist davon auszugehen, dass sich die übrige Rechtsprechung, auch<br />

die im OLG-Bezirk Braunschweig, nun dem BGH anschließen wird<br />

<strong>–</strong> Die genannten Entscheidungen betrafen alle den Fall, dass die<br />

Anzeigen rechts neben den Suchtreffern angezeigt wurden. Über das<br />

Vorliegen einer Unternehmenskennzeichenverletzung bei einer<br />

Anzeige unmittelbar über den Suchtreffern hat der BGH noch nicht<br />

entschieden.<br />

<strong>–</strong> Aus der Diktion der BGH-Entscheidung lässt sich jedoch nicht<br />

ableiten, dass er in diesem Fall anders entschieden hätte. Der BGH<br />

stellt nicht auf die räumliche Trennung der Anzeigen von den<br />

Suchtreffern ab, sondern allein auf die grafische Trennung<br />

‣ Die Geltendmachung einer Unternehmenskennzeichenverletzung<br />

durch die Verwendung des eigenen Unternehmenskennzeichens als<br />

Keyword für eine AdWord-Werbung wäre daher mit erheblichen<br />

Prozessrisiken behaftet<br />

26. Mai 2011<br />

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<strong>Internet</strong>- <strong>und</strong> <strong>Telekommunikationsrecht</strong>, Sommersemester 2011<br />

Google AdWords <strong>und</strong> Markenrecht<br />

Vorliegen einer Markenrechtsverletzung nach § 14 MarkenG<br />

§ 14 MarkenG<br />

2) <strong>Dr</strong>itten ist es untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im<br />

geschäftlichen Verkehr<br />

1. ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu<br />

benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie Schutz genießt,<br />

2. ein Zeichen zu benutzen, wenn wegen der Identität oder Ähnlichkeit des Zeichens<br />

mit der Marke <strong>und</strong> der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Marke <strong>und</strong> das<br />

Zeichen erfaßten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von<br />

Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, daß das Zeichen mit der<br />

Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird, oder<br />

3. ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen für Waren<br />

oder Dienstleistungen zu benutzen, die nicht denen ähnlich sind, für die die Marke<br />

Schutz genießt, wenn es sich bei der Marke um eine im Inland bekannte Marke<br />

handelt <strong>und</strong> die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die<br />

Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Gr<strong>und</strong> in unlauterer<br />

Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.<br />

26. Mai 2011<br />

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<strong>Internet</strong>- <strong>und</strong> <strong>Telekommunikationsrecht</strong>, Sommersemester 2011<br />

Google AdWords <strong>und</strong> Markenrecht<br />

Prüfung der Markenrechtsverletzung in Fall 11<br />

• Handeln im geschäftlichen Verkehr?<br />

<strong>–</strong> Ist weit auszulegen: jeder Förderung eigener oder fremder<br />

Geschäftsinteressen (Ströbele/Hacker § 14 RN 29).<br />

‣ Die Werbeanzeige fördert zweifellos die eigenen geschäftlichen Interessen<br />

• Identität oder Verwechslungsgefahr des benutzten Zeichens mit der<br />

Marke (§ 14 Abs. 2 Nr. 1 bzw. 2 1. Halbsatz)<br />

‣ Die Werbeanzeige erscheint bei ausschließlicher Eingabe des Suchbegriffs<br />

„showissimo“<br />

‣ Das Zeichen „showissimo“ muss somit als Keyword verwendet worden sein<br />

‣ Es liegt ein Fall der Zeichenidentität vor<br />

‣ In diesem Fall bedarf es keiner Verwechslungsgefahr (EuGH GRUR 2003, 422)<br />

• Identität oder Verwechslungsgefahr der Waren <strong>und</strong> Dienstleistungen, für<br />

die das Zeichen benutzt wird, mit den Waren <strong>und</strong> Dienstleistungen, für die<br />

die Marke geschützt ist (§ 14 Abs. 2 Nr. 1, 2 2. Halbsatz)<br />

‣ Die Marke ist für die Dienstleistung „Künstlervermittlung“ geschützt<br />

‣ Der Link in der Anzeige weist auf die Website einer Künstleragentur<br />

‣ Die Dienstleistungen sind identisch<br />

26. Mai 2011<br />

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<strong>Internet</strong>- <strong>und</strong> <strong>Telekommunikationsrecht</strong>, Sommersemester 2011<br />

Google AdWords <strong>und</strong> Markenrecht<br />

Weitere ungeschriebene Voraussetzung der Markenrechtsverletzung<br />

• Inzwischen ist als weitere, ungeschriebene Voraussetzung einer<br />

Markenrechtsverletzung die markenmäßige Benutzung allgemein<br />

anerkannt<br />

<strong>–</strong> In der neueren EuGH-Rechtsprechung wurde klargestellt, dass die EU-<br />

Markenrechtsrichtlinie, auf der das Markengesetz basiert, die Ausübung des<br />

ausschließlichen Rechts des Markeninhabers, die Benutzung des Zeichens zu<br />

verbieten, auf Fälle der markenmäßigen Benutzung beschränkt (vgl. EuGH GRUR<br />

2005, 153).<br />

<strong>–</strong> Auch in dem Urteil Louis Vuitton ./. Google France, das Markenrechtsverletzungen<br />

durch Adwords zum Gegenstand hatte, hat der EuGH nochmals bestätigt, dass die<br />

Ausübung des absoluten Rechts des Markeninhabers auf die Fälle zu beschränken ist,<br />

in denen die Benutzung des Zeichens durch einen <strong>Dr</strong>itten die Funktionen der Marke<br />

beeinträchtigen kann (GRUR 2010, 445).<br />

<strong>–</strong> Daher geht auch die Literatur ganz überwiegend davon aus, dass die markenmäßige<br />

Benutzung (im Sinne der Kriterien des EuGH) Voraussetzung einer<br />

Markenrechtsverletzung ist (vgl. Ohly GRUR 2010, 776 mit Nachweisen aus der<br />

jüngeren <strong>und</strong> älteren Literatur).<br />

26. Mai 2011<br />

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<strong>Internet</strong>- <strong>und</strong> <strong>Telekommunikationsrecht</strong>, Sommersemester 2011<br />

Google AdWords <strong>und</strong> Markenrecht<br />

Markenmäßige Benutzung durch Schaltung einer AdWord-Anzeige?<br />

• Teilweise wird dies verneint, da die Werbeanzeigen klar als solche gekennzeichnet <strong>und</strong> von den<br />

Suchergebnissen abgegrenzt seien, so dass sie vom Verkehr als unabhängige Werbung eines <strong>Dr</strong>itten<br />

wahrgenommen würden. Der Verkehr schließe aus der Platzierung bei den Suchergebnissen zur Marke<br />

nicht auf geschäftliche Verbindungen zwischen Werbetrebendem <strong>und</strong> Markeninhaber (Ullmann GRUR<br />

2007, 633; OLG Köln JurPC Web-Dok. 37/2008; KG Berlin JurPC Web-Dok. 194/2008 <strong>–</strong> Europa<br />

Möbel).<br />

• Teile der Rechtsprechung hingegen bejahen eine markenmäßige Benutzung, da die AdWord-Werbung<br />

bewusst dazu eingesetzt werde, um Benutzer, die nach einer bestimmten Marke suchen, auf die eigene<br />

Seite zu locken. Damit werde die „Lotsenfunktion“ der Marke missbraucht (OLG Braunschweig, MMR<br />

2007,110, GRUR-RR 2007, 71-73, JurPC Web-Dok. 25/2008 <strong>–</strong> Bananabay; OLG Stuttgart,<br />

MMR 2007, 649 <strong>–</strong>pcb; OLG <strong>Dr</strong>esden, CR 2007, 738)<br />

• Eine vermittelnde Auffassung lehnt eine markenmäßige Benutzung jedenfalls dann ab, wenn die<br />

AdWord-Anzeigen auf der rechten Bildschirmseite eingeblendet <strong>und</strong> damit klar von den Suchtreffern<br />

getrennt werden (OLG Frankfurt GRUR-RR 2008, 304). Eine markenmäßige Benutzung sei jedoch<br />

gegeben, wenn die AdWords-Anzeige über den Suchtreffern angezeigt werde, da es dann bei<br />

unaufmerksamen Benutzern zu Verwechslungen mit einem Suchtreffer kommen könne<br />

(Kumpf/Dippelhofer, JurPC Web-Dok. 109/2008)<br />

• Derzeit ist vor dem BGH unter dem Aktenzeichen I ZR 125/07 auch ein Fall anhängig, bei dem es um<br />

die Schaltung von AdWord-Werbeanzeigen zu dem Keyword „bananabay“ geht, das einer Marke eines<br />

Konkurrenten entspricht. Der BGH hat das Verfahren ausgesetzt <strong>und</strong> <strong>und</strong> dem EuGH die Frage zur<br />

Entscheidung vorgelegt, ob eine Benutzung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 lit. a der Richtlinie<br />

89/104/EWG vorliegt, wenn die Marke eines <strong>Dr</strong>itten als Keyword einer AdWord-Anzeige benutzt wird,<br />

die räumlich von den Suchtreffern getrennt <strong>und</strong> als Anzeige gekennzeichnet ist (GRUR 2009, 498).<br />

26. Mai 2011<br />

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<strong>Internet</strong>- <strong>und</strong> <strong>Telekommunikationsrecht</strong>, Sommersemester 2011<br />

Google AdWords <strong>und</strong> Markenrecht<br />

Die EU-Markenrechtsrichtlinie<br />

• § 14 MarkenG beruht auf dem fast wortgleichen Art. 5 der EU-Markenrechtsrichtinie:<br />

Artikel 5 der Richtlinie 2008/95/EG (früher: 89/104/EWG)<br />

Rechte aus der Marke<br />

(1) Die eingetragene Marke gewährt ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht. Dieses Recht gestattet es<br />

dem Inhaber, <strong>Dr</strong>itten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr<br />

a) ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen<br />

identisch sind, für die sie eingetragen ist;<br />

b) ein Zeichen zu benutzen, wenn wegen der Identität oder der Ähnlichkeit des Zeichens mit der Marke <strong>und</strong><br />

der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Marke <strong>und</strong> das Zeichen erfaßten Waren oder<br />

Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, die die Gefahr einschließt,<br />

daß das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.<br />

(2) Die Mitgliedstaaten können ferner bestimmen, daß es dem Inhaber gestattet ist, <strong>Dr</strong>itten zu verbieten,<br />

ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr ein mit der Marke identisches oder ihr ähnliches<br />

Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die nicht denen ähnlich sind, für die die Marke<br />

eingetragen ist, wenn diese in dem betreffenden Mitgliedstaat bekannt ist <strong>und</strong> die Benutzung des<br />

Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Marke ohne rechtfertigenden Gr<strong>und</strong> in<br />

unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.<br />

26. Mai 2011<br />

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<strong>Internet</strong>- <strong>und</strong> <strong>Telekommunikationsrecht</strong>, Sommersemester 2011<br />

Google AdWords <strong>und</strong> Markenrecht<br />

Die Erwägungsgründe der EU-Richtlinie<br />

• Die Richtline 89/104/EWG wurde inzwischen durch die Richtlinie 2008/95/EG<br />

aufgehoben <strong>und</strong> neu kodifiziert. Artikel 5 blieb allerdings unverändert.<br />

• Auf den vom BGH zu entscheidenden Fall ist noch Erwägungsgr<strong>und</strong> 10 Satz 1 der<br />

Richtlinie 89/104/EWG anwendbar. Dieser lautet: Zweck des durch die<br />

eingetragene Marke gewährten Schutzes ist es, insbesondere die<br />

Herkunftsfunktion der Marke zu gewährleisten; dieser Schutz ist absolut im Falle<br />

der Identität zwischen der Marke <strong>und</strong> dem Zeichen <strong>und</strong> zwischen den Waren oder<br />

Dienstleistungen.<br />

• Dieser Erwägungsgr<strong>und</strong> wurde in Erwägungsgr<strong>und</strong> 11 der Richtlinie<br />

2008/95/EG wie folgt neu kodifiziert: Der durch die eingetragene Marke<br />

gewährte Schutz, der insbesondere die Herkunftsfunktion der Marke<br />

gewährleisten sollte, sollte im Falle der Identität zwischen der Marke <strong>und</strong> dem<br />

Zeichen <strong>und</strong> zwischen den Waren oder Dienstleistungen absolut sein.<br />

• Satz 1 des Erwägungsgr<strong>und</strong>s wurde in eine Soll-Bestimmung geändert.<br />

• Die vom BGH aufgeworfene Frage, ob die Beeinträchtigung der Werbefunktion<br />

der Marke für eine markenmäßige Benutzung genügt, ist in den<br />

Erwägungsgründen der Richtlinien nicht normiert.<br />

26. Mai 2011<br />

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<strong>Internet</strong>- <strong>und</strong> <strong>Telekommunikationsrecht</strong>, Sommersemester 2011<br />

Google AdWords <strong>und</strong> Markenrecht<br />

Markenmäßige Benutzung durch Schaltung einer AdWord-Anzeige?<br />

• Der BGH hat daher im Fall „Bananabay“ das Verfahren ausgesetzt <strong>und</strong> dem EuGH die Frage zur<br />

Entscheidung vorgelegt, ob eine Benutzung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 lit. a der Richtlinie<br />

89/104/EWG vorliegt, wenn die Marke eines <strong>Dr</strong>itten als Keyword einer AdWord-Anzeige benutzt wird,<br />

die räumlich von den Suchtreffern getrennt <strong>und</strong> als Anzeige gekennzeichnet ist (GRUR 2009, 498).<br />

• In der Begründung führt der BGH aus:<br />

<strong>–</strong> wenn für eine markenmäßige Benutzung bereits die Beeinträchtigung der Werbefunktion der Marke ausreiche, wäre<br />

sie bei der Benutzung eines mit einer Marke identischen Zeichens als Keyword für eine AdWord-Werbung gegeben.<br />

Ob dem so sei, lasse sich aus der EuGH-Rechtsprechung nicht beantworten.<br />

<strong>–</strong> Darüber hinaus wäre eine markenmäßige Benutzung auch durch eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der<br />

Marke denkbar. Dies würde jedoch voraussetzen, dass eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion bereits in der<br />

Benutzung des Keywords für einen Hinweis auf die eigene Werbung liegen würde. Sollte die Beeinträchtigung der<br />

Herkunftsfunktion dagegen nur in Betracht kommen, wenn durch die Benutzung des Zeichens der Eindruck erweckt<br />

werde, es bestehe eine geschäftliche Verbindung zwischen Markeninhaber <strong>und</strong> Webendem, liege die Annahme einer<br />

markenmäßigen Benutzung eher fern, wenn die AdWord-Anzeige in einem räumlich getrennten Werbeblock unter<br />

der Überschrift „Anzeigen“ erscheint.<br />

• Der EuGH hat die Vorlagefrage dahingehend beantwortet, dass die Werbefunktion der Marke durch die<br />

Benutzung als Keyword für eine Adword-Werbung nicht beeinträchtigt werde. Wohl aber könne die<br />

Herkunftsfunktion der Marke beeinträchtigt sein, wenn aus der Gestaltung der Anzeige für einen normal<br />

informierten <strong>Internet</strong>nutzer nicht oder nur schwer erkennbar ist, ob die Waren von dem Markeninhaber<br />

oder einem <strong>Dr</strong>itten stammen. Es sei Sache des nationalen Gerichts, dies zu würdigen (MMR 2010, 609).<br />

‣ Damit hat der EuGH den Ball wieder an den BGH zurückgespielt. Es bleibt fraglich, welche Anforderungen<br />

der BGH nun an die Gestaltung von AdWords-Anzeigen stellen wird, um eine Verwechslung der Anzeige<br />

mit einem Hinweis auf den Markeninhaber auszuschließen.<br />

26. Mai 2011<br />

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<strong>Internet</strong>- <strong>und</strong> <strong>Telekommunikationsrecht</strong>, Sommersemester 2011<br />

Google AdWords <strong>und</strong> Markenrecht<br />

Konsequenzen aus der Entscheidung des EuGH<br />

• In der Literatur <strong>und</strong> Rechtsprechung besteht über die Konsequenzen aus der Beantwortung der<br />

Vorlagefrage durch den EuGH keineswegs Einigkeit:<br />

- Teilweise wird vertreten, die Gefahr einer Verwechslung der mit der Werbeanzeige beworbenen Waren <strong>und</strong><br />

Dienstleistungen mit denen des Markeninhabers könne nur durch einen klarstellenden Hinweis in der Werbeanzeige<br />

vermieden werden. Der Werbende müsse also in seiner Anzeige darauf hinweisen, dass er keine geschäftlichen<br />

Verbindungen zum Markeninhaber habe (Viefhuis, GRUR-Prax 2010, 302584, Musiol, GRUR-Prax 2010, 147; Stadler,<br />

MMR-Aktuell 2010, 301002; Jaeschke EuZW 2010, 419)<br />

- Nach Ansicht einiger Gerichte muss zumindest aus der Anzeige heraus erkennbar sein, dass der Werbende im<br />

Verhältnis zum Markeninhaber <strong>Dr</strong>itter ist (OLG Braunschweig GRUR-RR 2011, 91; OLG Düsseldorf GRUR-RR 2011,<br />

94). Dies gelte auch dann, wenn die Marke im Anzeigentext nicht auftauche (OLG Frankfurt GRUR-RR 2011, 137)<br />

- Andere Gerichte vertreten die Auffassung, die Herkunftsfunktion der Marke sei jedenfalls dann nicht verletzt, wenn die<br />

Marke selbst in dem Anzeigentext nicht enthalten sei (LG Berlin, Urteil vom 22.09.2010, 97 O 55/10)<br />

- Andere Autoren spekulieren, der BGH werde seine Rechtsprechung zu § 15 MarkenG im Fall Beta-Layout auf Marken<br />

übertragen. Demnach würde die Abgrenzung der Werbeanzeigen von den Suchtreffern als solche genügen<br />

(Schirmbacher GRUR-Prax 2010, 165; dies hofft auch Ohly GRUR 2010, 776)<br />

‣ Der EuGH verweist im seiner Entscheidung zur Vorlagefrage des BGH auf die Gründe der Entscheidung im<br />

Fall Google France (MMR 2010, 315).<br />

- Dort führt der EuGH weiter aus, ein Irrtum über den Ursprung der angebotenen Waren <strong>und</strong> Dienstleistungen könne<br />

sich auch aus der Situation heraus ergeben, dass die Anzeige sofort erscheint, sobald das Suchwort eingegeben wird<br />

<strong>und</strong> das zu einem Zeitpunkt, zu dem auch das Suchwort noch in der Suchmaske wiedergegeben wird (RN 85).<br />

- Der EuGH weist ferner darauf hin, dass das Bedürfnis nach Transparenz auch in der E-Commerce-Richtlinie<br />

Niederschlag gef<strong>und</strong>en habe. Nach Art. 6 dieser Richtlinie bestehe daher die Pflicht, dass der Anbieter einer Werbung<br />

klar identifizierbar sein muss (RN 86).<br />

‣ Demnach kann die räumliche Abgrenzung des „AdWord-Werbeblocks“ allein kaum genügen. Vielmehr muss<br />

der Anbieter der Anzeige über den Anzeigentext als <strong>Dr</strong>itter identifizierbar sein.<br />

26. Mai 2011<br />

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<strong>Internet</strong>- <strong>und</strong> <strong>Telekommunikationsrecht</strong>, Sommersemester 2011<br />

Google AdWords <strong>und</strong> Markenrecht<br />

Konsequenzen aus der BGH-Rechtsprechung für Fall 11<br />

• Eine Verletzung des Unternehmenskennzeichenrechts des Mandanten erscheint nach der BGH-<br />

Entscheidung „Beta Layout“ fraglich. Zwar hatte der BGH nicht den hier vorliegenden Fall einer<br />

Einblendung der AdWord-Anzeige über den Suchbegriffen nicht zu entscheiden, aus der Entscheidung<br />

lässt sich jedoch nicht ableiten, dass er in diesem Fall anders entschieden hätte.<br />

• Bezüglich einer möglichen Verletzung der Markenrechte des Mandanten ist darauf abzustellen, ob der<br />

Anbieter der Werbeanzeige aus dem Text der AdWord-Anzeige hinreichend erkennbar ist.<br />

‣ Die AdWord-Anzeige verweist auf einen <strong>Internet</strong>auftritt, dessen Domain-Namen dem Firmennamen einer<br />

<strong>Dr</strong>ittfirma entspricht. Allerdings geht weder aus der Anzeige, noch aus der Website hervor, dass<br />

zwischen der <strong>Dr</strong>ittfirma <strong>und</strong> dem Markeninhaber keine geschäftlichen Beziehungen bestehen.<br />

‣ Aus der nach den EuGH-Entscheidungen ergangenen Rechtsprechung ist nicht ablesbar, ob ein solcher<br />

Verweis auf eine Firmenhomepage zur Abgrenzung vom Markeninhaber ausreicht. Das OLG<br />

Braunschweig hat einen Verweis auf eine <strong>Dr</strong>itthomepage nicht genügen lassen (GRUR-RR 2011, 91).<br />

Dagegen würde nach der Rechtsprechung des LG Berlin (Urteil vom 22.09.2010, 97 O 55/10) bereits<br />

genügen, dass die Anzeige den Markentext nicht enthält.<br />

‣ Der BGH hat die Sache „Bananabay noch nicht entschieden. Daher besteht derzeit Unsicherheit, in<br />

welche Rechtung sich die Rechtsprechung bewegen wird.<br />

‣ Eine Klage vor dem LG Braunschweig wäre derzeit wohl Erfolg versprechend. Allerdings kann sich dies<br />

nach einer Entscheidung des BGH schnell ändern. Der Mandant ist daher darauf hinzuweisen, dass eine<br />

Klage mit erheblichen Risiken behaftet wäre.<br />

26. Mai 2011<br />

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<strong>Internet</strong>- <strong>und</strong> <strong>Telekommunikationsrecht</strong>, Sommersemester 2011<br />

Google AdWords <strong>und</strong> Markenrecht<br />

Wettbewerbsrechtsverletzung durch Google AdWords? <strong>–</strong>UWG-<br />

§ 3 Verbot unlauterer geschäftlicher Handlungen<br />

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig, wenn sie geeignet sind, die Interessen<br />

von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu<br />

beeinträchtigen.<br />

§ 4 Beispiele unlauterer geschäftlicher Handlungen<br />

Unlauter handelt insbesondere, wer<br />

9. Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder<br />

Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er<br />

a) eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,<br />

b) die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen<br />

ausnutzt oder beeinträchtigt oder<br />

10. Mitbewerber gezielt behindert;<br />

§ 6 Vergleichende Werbung<br />

(2) Unlauter handelt, wer vergleichend wirbt, wenn der Vergleich<br />

4. den Ruf des von einem Mitbewerber verwendeten Kennzeichens in unlauterer Weise<br />

ausnutzt oder beeinträchtigt,<br />

26. Mai 2011<br />

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<strong>Internet</strong>- <strong>und</strong> <strong>Telekommunikationsrecht</strong>, Sommersemester 2011<br />

Google AdWords <strong>und</strong> Markenrecht<br />

Wettbewerbsrechtsverletzung durch Google AdWords?<br />

• Ob die Schaltung von AdWords zu Kewords, die mit fremden Marken<br />

übereinstimmen, gegen §§ 3 ff UWG verstößt, war umstritten:<br />

<strong>–</strong> Das OLG Köln hat eine Wettbewerbsrechtsverletzung unter dem Gesichtspunkt des<br />

Anlehnens an einen fremden guten Ruf (§ 6 Abs. 2 Nr. 4 UWG) bejaht. Durch die<br />

Darstellung der Werbeanzeigen neben den Suchtreffern zur Marke werde der Eindruck<br />

geschäftlicher Verbindungen erweckt. Ferner liege auch eine sittenwidrige<br />

K<strong>und</strong>enumleitung ( § 4 Nr. 10 UWG) vor (K&R 2006, 240)<br />

<strong>–</strong> Das OLG Köln hat diese Ansicht jedoch inzwischen aufgegeben. In einem späteren Urteil<br />

lehnt es eine K<strong>und</strong>enumleitung ausdrücklich ab, da die Einblendung der Anzeige des<br />

Konkurrenten den <strong>Internet</strong>nutzer nicht davon abhalte, die in den Suchtreffern aufgeführte<br />

<strong>Internet</strong>seite des Markeninhabers aufzurufen (JurPC Web-Dok. 37/2008)<br />

<strong>–</strong> Das OLG <strong>Dr</strong>esden vertritt dem gegenüber die Auffassung, das Wettbewerbsrecht sei<br />

vorliegend nicht anwendbar, da das Markenrecht insoweit eine abschließende Regelung<br />

darstelle (CR 2007, 738) <strong>–</strong> dies setzt Bejahung der Markenrechtsverletzung voraus.<br />

<strong>–</strong> Das OLG Düsseldorf vertritt die Ansicht, eine Rufausbeutung sei nicht gegeben, da die<br />

Werbeanzeige ersichtlich von einem anderen Anbieter stamme. Auch eine<br />

K<strong>und</strong>enumleitung liege nicht vor, da die Anzeigen lediglich neben den Suchtreffern des<br />

Markeninhabers stünden (WRP 2007, 440 <strong>–</strong> Beta Layout).<br />

‣ Nunmehr einhellige Ablehnung der Wettbewerbsrechtsverletzung in der Rechtsprechung.<br />

26. Mai 2011<br />

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<strong>Internet</strong>- <strong>und</strong> <strong>Telekommunikationsrecht</strong>, Sommersemester 2011<br />

Google AdWords <strong>und</strong> Markenrecht<br />

Wettbewerbsrechtsverletzung durch Google AdWords?<br />

• Der BGH hat das Urteil des OLG Düsseldorf bestätigt <strong>und</strong> das Vorliegen<br />

einer Wettbewerbsrechtsverletzung verneint. (GRUR 2009, 500 <strong>–</strong>Beta Layout)<br />

• Er vertritt die Ansicht, für eine Rufausbeutung fehle es an einem<br />

Imagetransfer, der Versuch einer K<strong>und</strong>enumleitung sei jeder Werbung<br />

immanent, dabei sei es jedoch noch nicht unlauter, wenn die<br />

Werbeanzeige lediglich neben den Suchtreffern des Mitbewerbers<br />

erscheint<br />

‣ Der Ansicht der Rechtsprechung <strong>und</strong> des BGH ist beizupflichten. Wollte<br />

man allein im Erscheinen einer Werbeanzeige neben einem Suchtreffer<br />

eine unlautere Rufausbeutung sehen, müssten alle Werbeanzeigen in<br />

Zeitschriften verboten werden, die neben den Berichten über<br />

Mitbewerber stehen. Auch an einer unlauteren K<strong>und</strong>enumleitung fehlt<br />

es, da dem Benutzer immer die Wahl bleibt, statt auf den Link in der<br />

Werbeanzeige auf einen Suchtreffer zu klicken.<br />

‣ Eine Wettbewerbsrechtsverletzung liegt nicht vor<br />

26. Mai 2011<br />

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<strong>Internet</strong>- <strong>und</strong> <strong>Telekommunikationsrecht</strong>, Sommersemester 2011<br />

Google AdWords <strong>und</strong> Markenrecht<br />

Zusammenfassung: Rechtliche Bewertung von Fall 11<br />

• Eine Wettbewerbsrechtsverletzung liegt nicht vor. In der Anzeige der AdWord-Anzeige über<br />

den Suchtreffern liegt weder eine unlautere Rufausbeutung noch eine unlautere<br />

K<strong>und</strong>enumleitung.<br />

• Auch eine Verletzung des Unternehmenskennzeichens ist nach der Rechtsprechung des BGH<br />

wohl zu verneinen. Es verbleiben allerdings Zweifel, ob die Frage der Verwechslungsgefahr<br />

nicht anders zu beurteilen ist, wenn die AdWord-Anzeige, wie im vorliegenden Fall, unmittelbar<br />

über den Suchtreffern steht <strong>und</strong> daher leichter mit den Suchtreffern zu verwechseln ist.<br />

• Die Frage, ob die Schaltung einer AdWord-Anzeige unter einem Keyword, das mit der Marke<br />

eines Mitbewerbers identisch ist, eine Markenrechtsverletzung darstellt, bedarf einer<br />

Entscheidung des BGH <strong>und</strong> ist daher noch nicht höchstrichterlich entschieden.<br />

‣ Nach der EuGH-Entscheidung spricht jedoch einiges dafür, dass der BGH in der Frage der<br />

Markenmäßigen Benutzung danach unterscheiden wird, ob der Verkehr in der AdWord-<br />

Anzeige erkennen kann, dass es sich um die Werbung eines <strong>Dr</strong>itten <strong>und</strong> nicht um die des<br />

Markeninhabers handelt.<br />

‣ Eine solche Erkennbarkeit könnte sich im vorliegenden Fall aus der Anzeige der Domain des<br />

Konkurrenten ergeben, die seiner Firmenbezeichnung entspricht. Ob dies zur Abgrenzung<br />

vom Mandanten ausreicht, ist nach der bisherigen Rechtsprechung unsicher. Ein Vorgehen<br />

gegen den Konkurrenten, gestützt auf eine Markenrechtsverletzung, wäre daher mit<br />

erheblichen Prozessrisiken behaftet.<br />

26. Mai 2011<br />

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<strong>Internet</strong>- <strong>und</strong> <strong>Telekommunikationsrecht</strong>, Sommersemester 2011<br />

Google AdWords <strong>und</strong> Markenrecht<br />

Taktisches Vorgehen (Fall 11):<br />

• Problematische Ausgangslage:<br />

26. Mai 2011<br />

<strong>–</strong> Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1 UWG liegt nicht vor<br />

<strong>–</strong> Unterlassungsanspruch aus § 15 MarkenG ist äußerst fraglich<br />

<strong>–</strong> Unterlassungsanspruch aus § 14 MarkenG ist noch unsicher, bis eine Entscheidung des<br />

BGH vorliegt, eine Entscheidung im Sinne des Mandanten ist eher unwahrscheinlich<br />

• Den Mandanten auf die Risiken eines Vorgehens hinweisen <strong>und</strong> von einem Vorgehen<br />

abraten<br />

• Sollte der Mandant darauf bestehen, den Gegner abmahnen<br />

<strong>–</strong> Per Einschreiben mit Rückschein ( Zustellungsnachweis)<br />

<strong>–</strong> Vollmacht beifügen<br />

<strong>–</strong> Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung<br />

<strong>–</strong> Gebührenrechnung beifügen<br />

<strong>–</strong> Frist setzen mit Androhung gerichtlicher Schritte<br />

• Bei fehlender oder negativer Reaktion vor einer Klage ggf. die Entscheidung<br />

des BGH abwarten<br />

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<strong>Internet</strong>- <strong>und</strong> <strong>Telekommunikationsrecht</strong>, Sommersemester 2011<br />

Google AdWords <strong>und</strong> Markenrecht<br />

Exkurs: Broad Matching (die Option „weitgehend passende Keywords“)<br />

• Stellt der Anzeigenk<strong>und</strong>e bei der Buchung der AdWord-Anzeige die<br />

Option „weitgehend passende Keywords“ ein, so erscheint die<br />

Werbeanzeige auch dann, wenn das gewählte Keyword nur eines von<br />

mehreren Worten einer Suchanfrage darstellt.<br />

• Wird in diesem Fall nach einer Marke gesucht, die aus mehreren<br />

Worten besteht, wovon eines einem beschreibenden Begriff entspricht,<br />

so erscheint die zu dem beschreibenden Begriff gebuchte<br />

Werbeanzeige bei Eingabe der Marke.<br />

• Die Werbeanzeige erscheint somit in diesem Fall auch dann bei Eingabe<br />

der Marke, wenn der Anzeigenk<strong>und</strong>e überhaupt nicht beabsichtigte, die<br />

Anzeige bei Eingabe der Marke erscheinen zu lassen, sondern lediglich<br />

eine Anzeige zu einem beschreibenden Suchbegriff buchen wollte.<br />

26. Mai 2011<br />

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<strong>Internet</strong>- <strong>und</strong> <strong>Telekommunikationsrecht</strong>, Sommersemester 2011<br />

Google AdWords <strong>und</strong> Markenrecht<br />

Exkurs: Broad Matching (die Option „weitgehend passende Keywords“)<br />

• Ob auch das Erscheinen einer AdWord-Anzeige aufgr<strong>und</strong> des Broad Matching eine Markenrechtsverletzung<br />

darstellt, ist umstritten.<br />

<strong>–</strong> Das OLG Stuttgart hat in diesem Fall eine Störerhaftung des Anzeigenk<strong>und</strong>en bejaht, da dieser durch die Einstellung<br />

„weitgehend passende Keywords“ die Anzeige der Werbeanzeige neben den Suchtreffern adäquat kausal herbeigeführt<br />

habe (MMR 2007, 649 <strong>–</strong>pcb)<br />

<strong>–</strong> Demgegenüber hat das OLG München die Auffassung vertreten, die Benutzung eines beschreibenden Begriffs als<br />

Keyword müsse auch dann nach § 23 Abs. 2 MarkenG zulässig sein, wenn dies über die Verwendung der Option<br />

„weitgehend passende Keywords“ zur Einblendung der Anzeige neben den Suchergebnissen zu einer Marke führe (JurPC<br />

Web-Dok. 57/2009)<br />

<strong>–</strong> Der BGH hatte sich in einer Entscheidung im Jahr 2009 der Ansicht des OLG München angeschlossen <strong>und</strong> das Urteil des<br />

OLG Stuttgart aufgehoben. Die Verwendung der Option „weitgehend passende Keywords“ führe nicht dazu, dass die<br />

Privilegierung der Verwendung beschreibender Markenbestandteile nach § 23 Abs. 2 MarkenG entfalle. Daher dürfe bei<br />

der Verwendung eines beschreibenden Begriffes die Anwendung der Option „weitgehend passende Keywords“ nicht<br />

verboten werden (GRUR 2009, 502 -pcb)<br />

<strong>–</strong> Nach den EuGH-Entscheidungen „Bananabay“ <strong>und</strong> „Google France“ hat nun das OLG Braunschweig entschieden, die<br />

Verwendung des Suchbegriffs „Pralinen“ in Verbindung mit der Option „weitgehend passende Keywords“ könne eine<br />

Markenrechtsverletzung ergeben. Mit dieser Option habe der Werbende auch die von Google generierten Keywords in die<br />

Suchbegriffe einbezogen. Da dazu auch die Marke gehört habe, falle ihm Fahrlässigkeit zur Last (GRUR-RR 2011, 91)<br />

‣ Angesichts der technischen Gegebenheiten vermag die Entscheidung des OLG Braunschweig eher zu überzeugen. Da<br />

dem Werbenden die von Google aufgef<strong>und</strong>enen Keywords angezeigt werden, können diese auch auf fremde Marken<br />

überprüft werden. Wer entsprechend verdächtige Begriffe (etwa die Kombination des beschreibenden Begriffs mit einem<br />

Eigennamen) nicht durch eine Markenrecherche überprüft, handelt fahrlässig. Durch eine solche Pflicht zur Überprüfung<br />

der generierten Keywords wird die Schranke des § 23 MarkenG nicht berührt.<br />

‣ Es bleibt daher abzuwarten, ob der BGH in der zugelassenen Revision an seiner Linie aus der PCB-Entscheidung festhalten<br />

wird.<br />

26. Mai 2011<br />

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<strong>Internet</strong>- <strong>und</strong> <strong>Telekommunikationsrecht</strong>, Sommersemester 2011<br />

Google AdWords <strong>und</strong> Markenrecht<br />

Schlussfolie<br />

Vielen Dank für Ihre<br />

Aufmerksamkeit!<br />

<strong>Dr</strong>. <strong>Gottschalk</strong><br />

Rechtsanwälte | Wirtschaftsprüfer | Steuerberater<br />

Vorlesungsmaterialien im <strong>Internet</strong>:<br />

www.gottschalk-rechtsanwaelte.de<br />

26. Mai 2011<br />

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