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bildung<br />
Der Inklusionsprozess in NRW<br />
Sind die Schulen wirklich auf einem guten Weg?<br />
Das Statistische Landesamt IT.NRW gibt als aktuelle Meldung in diesen Tagen heraus,<br />
dass sich der Anteil der Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf, die<br />
in allgemeinen Schulen unterrichtet werden, in den letzten fünf Jahren in NRW<br />
von 10,27 auf 19,28 Prozent fast verdoppelt hat. In Westfalen stieg der Anteil<br />
im gleichen Zeitraum um mehr als 10 Prozent. Bei einer annähernd konstanten<br />
Zahl der förderbedürftigen Schülerinnen und Schüler landesweit (ca. 117.000) ist<br />
der Schüleranteil in den Förderschulen in NRW von 89,73 auf 80,72 Prozent gesunken.<br />
Spiegeln diese Zahlen nicht doch einen Erfolg auf dem Weg zur Inklusion<br />
wider? Hat Schulministerin Sylvia Löhrmann Recht, wenn sie in der Landespressekonferenz<br />
am 22. Januar 2013 darauf hingewiesen hat, dass das Land auf dem<br />
Weg zu einem inklusiven Schulsystem spürbar vorankomme?<br />
Eine ehrliche Bilanz müsste aus Sicht der<br />
<strong>GEW</strong> gleichzeitig auch benennen:<br />
u wie die Kinder mit sonderpädagogischem<br />
Förderbedarf in der allgemeinen Schule<br />
gefördert werden;<br />
u wie zufrieden die Kinder mit ihrer Situation<br />
sind;<br />
u welche Unterstützung die Lehrkräfte der<br />
allgemeinen Schulen und der Förderschulen<br />
vor Beginn des Prozesses und begleitend<br />
erhalten;<br />
u wie sich der Arbeitsplatz für die Förderschullehrkräfte<br />
verändert hat;<br />
u ob Rahmenbedingungen, die in den letzten<br />
Jahren durch einen langsamen Anstieg der<br />
„Inklusionsquoten“ und andere Vorgaben<br />
noch realisiert werden konnten, in Zukunft<br />
in gleicher Weise möglich sind.<br />
Einige Beispiele mögen diesen schwierigen<br />
Prozess, der leider nicht klug, transparent und<br />
gesteuert verläuft und nur durch das hohe<br />
Engagement der Kolleginnen und Kollegen in<br />
den Schulen möglich ist, beleuchten.<br />
Beispiel Grundschule<br />
In eine Grundschulklasse wird ein Schüler<br />
mit sonderpädagogischem Förderbedarf eingeschult.<br />
Für diesen Schüler kommt eine Sonderpädagogin<br />
oder ein Sonderpädagoge für zwei<br />
Stunden (!) pro Woche in die Klasse, in der<br />
übrigen Unterrichtszeit muss die Grundschullehrkraft<br />
die Förderung allein stemmen. Diese<br />
Einzelintegration soll zwar möglichst vermieden<br />
werden, ist in der Realität aber stark verbreitet.<br />
Gleichzeitig bedeutet das für die Kollegin aus<br />
der Förderschule, dass sie nicht mehr nur an<br />
einer Schule tätig ist, sondern an mehreren<br />
Schulen eingesetzt ist. Sie fühlt sich inzwischen<br />
als Reiselehrerin, die keine Anbindung an ein<br />
Kollegium mehr hat und keine Zeit für die<br />
notwendige Beratung mit anderen Förderschullehrkräften<br />
oder mit den RegelschullehrerInnen.<br />
Andere Grundschulen müssen bei der erstmaligen<br />
Aufnahme von Kindern mit sonderpädagogischem<br />
Förderbedarf völlig ohne sonderpädagogische<br />
Unterstützung auskommen,<br />
weil die ausgeschriebenen Stellen nicht besetzt<br />
werden können.