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entstanden. Jede Zielgerichtetheit (Teleologie) verwirft er als<br />
Selbstbeweihräucherung der Gattung Homo sapiens, die sich ganz<br />
biblisch als auserwähltes ¥olk bzw. auserwählte Gattung betrachtet, mit<br />
oder ohne Gottes Plan. Letztlich steckt in dieser Sichtweise die<br />
berechtigte Sorge dahinter, wie sich diese auserwählte Gattung<br />
tatsächlich als die Herrin der Schöpfung oder Evolution aufführt, wobei<br />
jede Teleologie ihr dazu noch den genealogischen Rechtstitel verschüfe.<br />
Es ist den Darwinisten - und in ihrer Tradition steht Gould - schon<br />
früh vorgerechnet worden, wieviele zufällige Mutationen mit positivem<br />
Fitnesseffekt sich summiert haben müssten, bis sich nur schon ganz<br />
einfache Organe gebildet hätten und wie lange dieser Prozess bei<br />
gegebener Mutationsrate gedauert hätte: viel zu lange.<br />
Dagegen erscheint das sogenannte anthropische Prinzip nach R.<br />
Breuer glaubhafter. Es besagt: Weil es im Kosmos Beobachter gibt,<br />
muss es im Universum Bedingungen geben, die ihre Existenz<br />
ermöglichen. Johannes Heinrichs geht in der Formulierung dieses<br />
Prinzips noch weiter: "Was Natur ist, offenbart sich erst voll im<br />
Menschen, und zwar sowohl in erkenntnistheoretischer wie in<br />
ontologischer Hinsicht" („Ökologik. Tiefenökologie als strukturelle<br />
Naturphilosophie“, S. 24). Oder anders ausgedrückt: Im Kosmos besteht<br />
der Drang zur Entfaltung der Noosphäre, nachdem schon die Biosphäre<br />
der Physikosphäre gefolgt ist. Es gibt Entwicklung und Sinn im<br />
Kosmos. 44<br />
Eine letzte Beobachtung zu den Grossauslöschungen, die vielleicht<br />
für die gegenwärtige in besonderem Masse von Bedeutung ist. Wir<br />
haben die fünf Katastrophen bis hierher fast ausschliesslich unter dem<br />
Aspekt des Verlustes von Arten und phylogenetischen Ästen, nicht aber<br />
unter demjenigen der Gefährdung des Lebens auf der Welt überhaupt<br />
betrachtet.<br />
Bei den Lebewesen kann man die Tiefe des Für-Sich-Seins von der<br />
Breite des Für-Andere-, Im-Zusammenhang-Seins unterscheiden.<br />
Elephanten beispielsweise sind hochentwickelte tierische Lebewesen<br />
mit reichem Verhalten, mit Seele und Intelligenz; bezüglich ihrer<br />
ökologischen Bedeutung fallen sie hingegen trotz hoher Biomasse recht<br />
wenig ins Gewicht. Sie mögen kurzfristig für den Baumbestand ein<br />
Faktor sein (Elephanten zerstören den Wald), sie sind aber in dieser<br />
Hinsicht ersetzbar. Ein Beispiel aus der Pflanzenwelt mag das<br />
umgekehrte Verhältnis veranschaulichen: Photosynthetisierende Algen<br />
sind im Vergleich mit Orchideen recht einfach. Ihr Ausfall könnte aber -<br />
etwa infolge der Verschmutzung der Meere - für die Sauerstoffbilanz<br />
der Erdatmosphäre und damit für alles höhere Leben katastrophal sein.<br />
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