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4 Die lateinische Dissertationsschrift von 1754: „Quod nimis cito ac ...

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Für den heutigen Leser historischer medizinischer Literatur ergibt sich noch ein anderes<br />

Problem, denn die moderne Medizin<br />

„vermag nicht immer auf Anhieb zu sagen, welche Krankheiten sich hinter den alten Bezeichnungen<br />

und den bisweilen <strong>von</strong> den gewohnten Symptomen abweichenden Beschreibungen<br />

verbergen. Im übrigen haben wir auch keine Gewähr, daß sie mit den heute<br />

bekannten in allen Punkten übereinstimmen; auch Krankheiten können sich ändern,<br />

sie haben ihre eigene Geschichte, die <strong>von</strong> der Evolution der Bakterien und Viren und ihres<br />

menschlichen Lebensraums abhängt.“ 196<br />

Um solche terminologische Missverständnisse auszuschließen, setzte Juncker in<br />

seinem lateinisch geschriebenen „Conspectus Therapiae Specialis“ neben die <strong>lateinische</strong>n<br />

Bezeichnungen der Infektionskrankheiten die damals gängigen deutschen<br />

Entsprechungen und versuchte die differentialdiagnostische Abgrenzung. Dass dabei<br />

„febre scarlatina“ als Untergruppe unter „purpura“ – ursprünglich der Friesel – rangiert,<br />

entspr<strong>ac</strong>h dem damaligen Erkenntnisstand. 197<br />

Juncker versuchte auch den unterschiedslosen Gebrauch <strong>von</strong> „Variolae“ als Pocken,<br />

Blattern und Spitzpocken zu präzisieren, indem er die Bezeichnungen „Variolae Verae“<br />

für die echten Pocken und „Variolae Nothae“, falsche Pocken, für die Windpocken<br />

nutzte. 198<br />

Auch die lateinisch geschriebene Dissertation der Dorothea Erxleben nennt Purpura<br />

rubra, Variolae et Morbilli, und in der deutschen Fassung bezeichnet die Autorin diese<br />

Krankheiten mit den damals üblichen Namen „rothes Friesel, Pocken und Masern.“<br />

Dass sich hinter Purpura rubra, die in den zahlreichen epidemiographischen<br />

Berichten der Ärzte im 17. Jahrhundert eine der bedeutendsten Rollen spielt, das<br />

Fleckfieber verbirgt, wurde erst im 20. Jahrhundert entdeckt.<br />

<strong>Die</strong> Geschichte der Infektionskrankheiten, der Zug und Verlauf der Epidemien und<br />

Pandemien vom Mittelalter bis in die Neuzeit sowie der Wandel der Krankheiten und<br />

Terminologien, ist interessant und aufschlussreich, würde aber an dieser Stelle zu<br />

weit führen. 199<br />

Dorothea Christiana Erxleben befand sich somit in ihrer Einschätzung gewisser e-<br />

xanthematöser Erkrankungen in Übereinstimmung mit den führenden progressiven<br />

Medizinern ihrer Zeit, wie wir aus den zitierten Quellen ersehen konnten. Einen ähnlichen<br />

Gegensatz zwischen Wissenschaft und allgemeiner Auffassung bei breiten<br />

196 Braudel (1985), S. 76.<br />

197 Vgl. Juncker (1750), S. 607.<br />

198 Vgl. Juncker, ebenda, S. 618.<br />

199 Vgl. Braudel (1985).

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