4 Die lateinische Dissertationsschrift von 1754: „Quod nimis cito ac ...
4 Die lateinische Dissertationsschrift von 1754: „Quod nimis cito ac ...
4 Die lateinische Dissertationsschrift von 1754: „Quod nimis cito ac ...
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Auf einen anderen Aspekt dieser Kongestionen, den wir bei Stahl finden, ist die Autorin<br />
jedoch nicht eingegangen. <strong>Die</strong>ser Aspekt betrifft die Urs<strong>ac</strong>he der „verstärkten<br />
spannenden Bewegung unserer peripherischen Theile. <strong>Die</strong>ses thut denn auch wirklich<br />
die Seele, welche bei einer jeden Empfindung <strong>von</strong> Kälte jene Gefahr voraussieht.“<br />
256<br />
„...dieses Bestreben der Seele liefert uns nicht selten sehr deutliche Beyspiele <strong>von</strong> der<br />
spannenden Bewegung der weichen Theile des Körpers, durch welche das Blut, dem allgemeinen<br />
Kreislaufe unbeschadet, n<strong>ac</strong>h bestimmten Theilen des Körpers mehr als n<strong>ac</strong>h<br />
andern hingetrieben wird, um in jenen, wo möglich, ausgeleert zu werden.“ 257<br />
Wie bereits an anderer Stelle ersichtlich war, hat sich die Doktorandin um eine objektive,<br />
durch ausgewogene Literaturzitate beider Richtungen der Medizin untermauerte<br />
Darstellung bemüht und hat die Polarität der Hoffmannschen und Stahlschen Schule<br />
weitgehend ausgeklammert.<br />
Sie beendet Punkt 1 ihrer Beweisführung über den nur sehr bedingten Einsatz der<br />
Adstringentien damit, dass durch sie die Absicht der Natur nicht erreicht wird.<br />
Mit Paragraph XLVIII kommt die Autorin zu Punkt 2 – Adstringentia können gefährliche<br />
Folgen nicht verhindern. Dazu rechnet die Verfasserin insbesondere Blut, das in<br />
den betreffenden Organen gestaut wird und nicht zum Abfließen gelangt. „Adstringentia<br />
autem sanguinem extravasatum in visceribus occludunt.“ 258<br />
In diesem Zusammenhang zitiert Dorothea Erxleben aus Hoffmanns Medicina Rationalis.<br />
Systematica., Bd. 4, wo dieser vor der Applikation heftig adstringierender Mittel<br />
bei Haemorrhagien warnt, vor allem bei Haemoptyse.<br />
Sehr anschaulich beschreibt sie die physiologischen Vorgänge, die in der Lunge ablaufen<br />
mit den charakteristischen Termini der Medizin des 17./ 18. Jahrhundert:<br />
„Etenim, licet fluxum ad tempus sistant, relinquunt tamen in pulmonum vesiculis sanguinis<br />
granulos, qui in corruptionem abeuntes inflammationem, putredinem, phthisin et hecticam<br />
f<strong>ac</strong>ili modo inferre possunt. De cuius rei veritate omnes, qui ex haemoptysi phthisin<br />
reportarunt, nos convincunt, et reddunt certiores, quod adstringentia hoc quoque ex fundamento<br />
in haemorrhagiis non tuto adhibeantur.“ 259<br />
256 Vgl. Stahl, zitiert n<strong>ac</strong>h der deutschen Übersetzung <strong>von</strong> Ruf (1802), Bd. 2, S. 169.<br />
257 Vgl. Stahl, ebenda, S. 169.<br />
258 Vgl. Erxleben (<strong>1754</strong>), § XLVIII, S. 35.<br />
„<strong>Die</strong> Adstringentia aber halten das extravasierte Blut in den Organen zurück.“<br />
259 Vgl. Erxleben, ebenda, § XLVIII, S. 36.<br />
„Auch wenn sie den Blutfluss vorübergehend zum Stillstand bringen können, bleiben dennoch in den Lungenbläschen<br />
Blutklümpchen zurück, die in Fäulnis übergehend, leicht Entzündung, Fäulnis, Schwindsucht und Hektik verurs<strong>ac</strong>hen<br />
können. Von der Wahrheit dieser Tats<strong>ac</strong>he überzeugen uns alle diejenigen, die <strong>von</strong> der<br />
Haemoptyse schwindsüchtig geworden sind und überzeugen uns, dass die Adstringentia auch aus diesem Grunde<br />
bei Haemorrhagien nicht sicher angewendet werden.“