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von K. von DITTMAR. - Siberian-studies.org

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eichen Flüssen und Seen und zu den reichsten<br />

Beerenplätzen. Die ganze Halbinsel Kamtschatka<br />

<strong>von</strong> Norden nach Süden und <strong>von</strong> Osten nach<br />

Westen ist <strong>von</strong> solchen guten und vollkommen<br />

fest eingetretenen Bärenstegen durchkreuzt und<br />

durchschnitten. Es könnte kein Mensch sie besser<br />

anlegen und eintreten. Man sieht oft Stege,<br />

welche schon seit uralter Zeit die Verkehrsstrassen<br />

dieser klugen Tiere gewesen sein müssen, denn,<br />

fest, graslos und fast zwei Fuß breit eingetreten,<br />

ziehen sie sich durch das Land, alles den<br />

Wanderer Störende vermeidend. Der Neuling im<br />

Lande muss glauben, wenn er plötzlich, aus dem<br />

Dickicht der Gras- und Strauchvegetation hervor,<br />

einen solchen Weg betritt, dass er einen Verbindungsweg<br />

zwischen belebten Dörfern erreicht hat,<br />

während es doch nur die Anlagen dieser vierfüßigen,<br />

außerordentlichen Wegebauingenieure<br />

sind, die jede menschliche Wohnung vermeiden.<br />

Blindlings kann man, wenn die Richtung dem<br />

Reisezweck entspricht, diesen Wegen folgen, die<br />

mit der unglaublichsten Ortskenntnis, immer aber<br />

zu den praktischen Zwecken des Wegemeisters<br />

selbst, durchgeführt sind.<br />

[127]<br />

Eine alte Sage der Kamtschadalen bringt<br />

vielleicht nicht ohne Grund die Entstehung<br />

zweier dieser Seen in Zusammenhang mit dem<br />

Auftreten neuer Vulkane. Der Scheweljutsch,<br />

heißt es, habe früher dort gestanden, wo jetzt der<br />

Kronozker See wogt, und ebenso habe der Vulkan,<br />

der jetzt die Vulkaninsel Alaïd bildet, früher im<br />

Kurilischen See seine Tätigkeit [128] gehabt und<br />

sei dann, sein Herz im See zurücklassend, auf die<br />

neue Stelle im Meer ausgewandert. Dieses Herz<br />

des Vulkans, der noch jetzt im See stehende,<br />

isolierte Fels, ist in der Sage verherrlicht und<br />

bildet vielleicht eine Erscheinung, die der<br />

Chlebalkin-Insel in der Awatscha-Bai analog ist.<br />

[139]<br />

Zu den gereichten Speisen gehörte auch eine<br />

echt kamtschadalische, die ich in der Folgezeit nur<br />

zu gut kennen lernte, nämlich die Wurzelknollen<br />

der Fritillaria Sarana, welche gekocht und gebraten<br />

der Kartoffel ähnlich schmecken, nur vielleicht<br />

etwas süßlicher.<br />

Tour zum Awatscha-Vulkan.<br />

Oktober 1851.<br />

[140]<br />

Es waren namentlich: die zweite Mutnaja, dann die<br />

Kirilkina und endlich der Sswetlyi-kljutsch (klare<br />

Quelle). Hier, an den Ufern des letzteren, zieht sich<br />

eine Waldung <strong>von</strong> hochstämmigen Pappeln hin,<br />

deren Stämme im Winter zu Baumaterial für den<br />

Peterpaulshafen gefällt werden, um dann auf dem<br />

Awatscha herabgeflößt zu werden. Auch war hier<br />

eine Jurte erbaut, um den Arbeitern vor den Schneestürmen<br />

des Winters Schutz zu gewähren. Als Baumaterial<br />

werden in dieser Gegend immer die hohen,<br />

schlanken Stämme der Pappel und der Weide<br />

(Wetlowina) und sogar geradere Stämme der Birke<br />

(B. Ermani) benutzt, da der ganze südliche Teil<br />

Kamtschatkas mit Ausnahme der kriechenden Zirbel<br />

durchaus keine Nadelbäume hat. Ebenso kommt hier<br />

die europäische Birke (B. alba), die in dichten Beständen<br />

auch schöne, gerade Stämme bildet, nicht<br />

vor und ist, gleich wie die Nadelbäume, erst im Tale<br />

des Kamtschatka-Flusses zu finden.<br />

Jetzt sah man hier schon oft Eis an den Gewässern<br />

und nicht selten Schneepartien, auf denen die Jäger<br />

sofort Spuren <strong>von</strong> Flussottern (Wydra), Zobeln und<br />

sogar noch <strong>von</strong> ein paar Bären entdeckten. Im<br />

Birkenwalde waren auch hier wieder sehr häufig<br />

Auerhühner und eine zahllose Menge <strong>von</strong> Bauen der<br />

Sammelmaus zu sehen. Diese fleißigen Tierchen hatten<br />

jetzt schon ihre Wintervorräte unter den hohen<br />

Schichten <strong>von</strong> welkem Grase und Moose reichlich<br />

angehäuft. Ein solcher Bau, aus verschiedenen<br />

kleinen Gängen [141] bestehend und durch diese<br />

nicht selten mit Nachbarbauen verbunden, enthält<br />

ein bis zwei Liter Wurzelstücke, unter denen die<br />

Sarana bei Weitem die größte Menge ausmacht.<br />

Alle Wurzeln und Knollen lagen sehr geordnet und<br />

gereinigt im Bau. Die Beraubung dieser Baue, eine<br />

nicht unwichtige Verproviantierungsarbeit der<br />

Kamtschadalen, geschieht auf sehr bedachte und<br />

rücksichtsvolle Weise, denn nie wird ein Bau ganz<br />

ausgehoben, und dann geschieht dies auch nicht zu<br />

spät im Herbst, um, falls zu viel entnommen worden,<br />

den Sammlern dennoch Zeit zu lassen, ihre Vorräte<br />

wieder zu ergänzen.<br />

K. <strong>von</strong> Dittmar, Reisen und Aufenthalt in Kamtschatka 1851–1855 ... (1890) 2

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