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von K. von DITTMAR. - Siberian-studies.org

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Die Kaufleute hatten ihre diesjährige Winterreise<br />

bis zu den nördlichen Olutorzen ausgedehnt<br />

und brachten nun alle möglichen Schätze mit.<br />

Außer den wertvollen Pelztieren hatten sie große<br />

Mengen <strong>von</strong> Rentierfellen erhandelt, die zu<br />

Pelzen, Leder und anderen Dingen verarbeitet<br />

werden. Diese Felle werden im Handel, je nach<br />

dem Alter der Tiere, <strong>von</strong> denen sie stammen,<br />

benannt und finden darnach ihre Verwendung<br />

und Bezahlung. Die Rentiere kalben im Februar,<br />

März und auch noch im April. Die jüngsten Tiere<br />

geben die schönsten und geschätztesten [217]<br />

Felle; im April und Mai geschlachtete Tiere<br />

liefern die teuersten Felle, die Wyporotki heißen;<br />

Felle im Juli geschlachteter Tiere heißen Pyshiki;<br />

September-Felle werden Nedorosli und diejenigen<br />

<strong>von</strong> alten Rentieren Posteli genannt. Außerdem<br />

kommen noch 2 Arten Rentierleder in den Handel<br />

und werden in jeder Haushaltung sehr gesucht<br />

und geschätzt: erstens die Dymljanka, ein geräuchertes<br />

und daher sehr festes, unverwüstliches<br />

Leder und zweitens die Rowduga, ein in der Art<br />

des semischen bereitetes Leder. Die meisten dieser<br />

Rentierfelle kommen <strong>von</strong> den Tschuktschen und<br />

Korjaken her. Die Korjaken zumal verfertigen<br />

auch Kukljanken und bringen sie in den Handel.<br />

Alle Kukljanken, die im Peterpaulshafen getragen<br />

wurden, waren fast ausnahmslos <strong>von</strong> korjakischer<br />

Arbeit, die man an der Zierlichkeit der breiten,<br />

gemusterten Besätze leicht erkennen kann.<br />

Die Olutorzen sind sitzende Korjaken und<br />

haben keine Rentiere. In diesem Winter gab es bei<br />

den armen Leuten Hungersnot. Die Flüsse ihrer<br />

Gegend haben keine oder doch nur wenige<br />

Lachse, so dass sie sich ihre Vorräte aus allerlei<br />

kleinen Meerfischen zusammen fischen müssen.<br />

Namentlich sind es die 2 bis 3 Zoll langen Uiki,<br />

eine Heringsart, und ein kleiner Fisch (Gasteracanthus<br />

cataphractus Pall.), den sie Chacheltscha<br />

nennen. Im vorigen Sommer und Herbst war<br />

ihnen das Glück nicht hold gewesen, ihre Vorräte<br />

reichten nicht aus und hungernd erwarteten sie<br />

nun mit Ungeduld das Frühjahr und mit ihm den<br />

Beginn eines neuen Fischfanges.<br />

Bootsreise vom Peterpaulshafen<br />

nach d. Mündung des Kamtschatka-Stromes<br />

(im Sommer 1852).<br />

[245]<br />

Auf dem höheren Vorlande der Berge bis zur<br />

Bai hinab fanden sich auch hier wieder zahlreiche<br />

Reste alter Jurten, die in Form der Gruben den am<br />

Wahil gesehenen vollständig glichen. Auf diesem<br />

Ostufer Kamtschatkas, welches jetzt so absolut<br />

verödet und menschenleer ist, hat vor der russischen<br />

Eroberung des Landes ein reges Leben geherrscht.<br />

Vom Cap Nalotschef und schon westlich da<strong>von</strong>, <strong>von</strong><br />

der Mündung des gleichnamigen Flusses bis zur<br />

Bitschewinsker Bai und auch bis zum Cap [246]<br />

Schipunskij sind die Ufer <strong>von</strong> sehr zahlreichen Jurten<br />

besetzt gewesen und haben einer nach Hunderten<br />

zählenden Volksmenge zum Wohnsitz gedient.<br />

Kaum volle 50 Jahre nach der Eroberung genügten,<br />

um durch systematischen Raub, Mord und durch<br />

Import <strong>von</strong> Krankheit und Branntwein das zahlreiche<br />

Volk der Kamtschadalen bis auf die jetzigen<br />

geringen Reste auszurotten.<br />

Kaum waren wir mit dem Aufschlagen der Zelte<br />

fertig als sich am gegenüberliegenden Ufer der Bai<br />

wieder ein sehr großer Bär zeigte. Schestakof fuhr<br />

mit drei Mann hinüber um das Tier zu erlegen, während<br />

ich mit zwei anderen Matrosen Nachgrabungen<br />

in den alten Jurtengruben begonnen hatte. Da fiel<br />

drüben ein Schuss, und sehr bald darauf sahen wir<br />

unser Boot heimkehren mit einem großen, dunklen<br />

Gegenstande im Schlepptau. Es war der Bär, der sich<br />

im Bugsir befand. Das Tier wurde im Lager abgehäutet,<br />

das Fleisch zerlegt und zur Konservierung in<br />

einer nahen Schneemasse vergraben. In den fünf<br />

Gruben, die ich untersuchte, wiederholten sich ganz<br />

gleichmäßig dieselben Funde. Überall waren die<br />

Gruben zur Hälfte mit allerlei Erdschutt angefüllt, in<br />

welchem sich Kohlen, halbverweste Knochenstücke,<br />

darunter ein Bärenunterkiefer, Stücke <strong>von</strong> Argalihörnern<br />

und Rentiergeweihen. Muschelschalen und<br />

faules Holz fanden. Sehr spärlich fanden sich<br />

Steingegenstände oder Steinsplitter, die bei der<br />

Anfertigung derselben abgeschlagen worden waren.<br />

Indessen wurde doch allmählich eine Menge dieser<br />

Steingegenstände ans Tageslicht gebracht. Ganz<br />

vereinzelt kamen eine Lanzenspitze aus Knochen<br />

und ein kleines Tongeschirr <strong>von</strong> der allerursprünglichsten<br />

Arbeit zum Vorschein. Dieses letztere zerfiel<br />

uns unter den Händen und schien nur sehr schwach<br />

gebrannt zu sein, wenn dies überhaupt geschehen<br />

[247] war. Die Unregelmäßigkeit der runden Gestalt<br />

zeigte, dass das Geschirr ohne Drehscheibe, ganz in<br />

den Händen geformt worden war. An beiden Seiten,<br />

hart am oberen Rande, fanden sich kleine, durchbohrte,<br />

henkelartige Ansätze. Der obere Durchmesser<br />

des Gefäßes betrug 12 Cm., der untere 10. Die<br />

K. <strong>von</strong> Dittmar, Reisen und Aufenthalt in Kamtschatka 1851–1855 ... (1890) 9

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