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Just do it - das Tagebuch - SY Just Do It

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Sie kommt noch mal gucken, und wir gelangen zur Auffassung, daß es ein junger<br />

Tölpel ist. Anke ist kaum im Bett, da macht er einen neuen Anflug und setzt sich auf<br />

unser Hecklicht.<br />

„Er ist auf unserm Hecklicht gelandet.“<br />

Anke will es kaum glauben, überzeugt sich aber selbst. Jimmy, so<br />

taufe ich den Jungtölpel, Jimmy bleibt standhaft auf seinem S<strong>it</strong>z<br />

und beginnt sich zu putzen. Anfangs ist er etwas vom nahen<br />

Windgenerator irr<strong>it</strong>iert, wenn der hin und her schwingt. Sonst lässt<br />

er sich durch nichts ablenken. Das Schiff kann bocken und<br />

schwanken, ich kann ihn ansprechen, vor seiner Nase<br />

Segelmanöver veranstalten, und schließlich rücke ich ihm m<strong>it</strong><br />

meiner Kamera bis auf 60 cm vor die Nase. Er hat keine<br />

Bedenken. Selbst als ich später bei wesentlich mehr Wind die<br />

flatternde Cockp<strong>it</strong>persenning vom Geräteträger löse behält er<br />

seinen stoischen Gleichmut. Schließlich steckt Jimmy den Kopf<br />

unter die Flügel und schläft die nächsten Stunden. Von dem silbrigen Mondbogen, der<br />

im Westen steht, nimmt er keine Notiz. Na mach´s gut, mein Junge, und hüte dich<br />

bloß vor dem Rotor des Windgenerators.<br />

194. (Mi. 22.02.05) Se<strong>it</strong> dem gestrigen späten Abend häufen sich die Schauer und<br />

halten die ganze Nacht durch an. Das beginnt m<strong>it</strong> einem überraschenden<br />

Genuabergemanöver in meiner ersten nächtlichen Freiwache. Gewöhnlich pflege ich<br />

da tief und fest zu schlafen und nicht im Regen an der Holeleine der Rollanlage zu<br />

zerren, bis die Haut an den Händen schmerzt. Von jetzt an kann sich in jeder<br />

Regenwolke eine Bö verstecken. Leider folgt eine Wolke der anderen, so segeln wir<br />

vorsichtshalber nur m<strong>it</strong> Fock und einfach gerefftem Groß. Besonders schnell sind wir<br />

so natürlich nicht, 3,5 bis 4,5 kn. An sich wäre mehr drin. Aber man weiß ja nie. Nach<br />

dem Manöver bin ich erst regennaß, und sobald ich unter Deck bin und mich<br />

abgetrocknet habe, beginnen die Nachwirkung der Keulerei, schwups bin ich<br />

schweißnaß. Kein Wunder, die Lufttemperatur ist konstant hoch, die Luftfeuchtigke<strong>it</strong><br />

vor allem im Boot auch.<br />

Der Tag vergeht m<strong>it</strong> den routinemäßigen Bordarbe<strong>it</strong>en. Nachher weiß ich gar nicht,<br />

was ich gemacht habe, obwohl meistens Beschäftigung da war. Zum Abendessen<br />

bere<strong>it</strong>e ich einen Krautsalat. Der frische Weißkohl hat die zwei Wochen Fahrt tadellos<br />

überstanden und ist unser letztes Frischgemüse. Kochen ist im Moment wegen der<br />

hohen Temperaturen nicht so angesagt und von der Crew werden warme Gerichte<br />

bislang nicht vermisst. Den Salat nur noch ein bisschen ziehen lassen.<br />

„Ich hole mal eben die Angel rein.“<br />

„Oder besser, ich lasse sie noch eine Viertelstunde draußen, bis die Dämmerung<br />

zugenommen hat.“<br />

Der beste Weg, die per Relingsrolle ausgebrachte Angelleine zu vergessen. Es dauert<br />

auch nur etwas mehr als 20 Minuten, da surrt die Leine los. Surrt? Ach ja, habe<br />

vergessen die Ratsche einzuschalten. Hin zur Rolle, Bremse anziehen. Die Sehne<br />

läuft und läuft und läuft schon wieder. Die verbleibende Leine auf der Rolle wird so<br />

wenig wie noch nie, Und plötzlich ist der Zug weg.<br />

„Mist. Abgehakt.“<br />

„<strong>Do</strong>ch nicht, ist <strong>do</strong>ch noch da. Anke mach mal lieber <strong>das</strong> Gaff klar.“<br />

Ich kämpfe eine halbe Stunde m<strong>it</strong> der Rolle. Anfangs zieht der Fisch stetig Leine, aber<br />

dann lässt der heftige Widerstand nach und er sperrt sich nur gegen <strong>das</strong> Einholen.<br />

Endlich ist er kurz hinter dem Schiff.<br />

„Licht, wir brauchen Licht.“<br />

Ein langgestreckter, eher hechtartiger Körper.<br />

„Eine Goldmakrele ist <strong>das</strong> nicht.“<br />

Anke turnt bere<strong>it</strong>s m<strong>it</strong> dem Gaff auf die Heckplattform.<br />

„Anke, kann <strong>das</strong> ein Barracuda sein?“<br />

„Ein Hai ist <strong>das</strong> <strong>do</strong>ch nicht. Das ist <strong>do</strong>ch kein Hai?“<br />

Auf Hai habe ich wirklich keine Lust.<br />

„Nein, <strong>das</strong> ist kein Hai.“<br />

Ich ziehe den Fisch bis unm<strong>it</strong>telbar an die Plattform und Anke schlägt beherzt m<strong>it</strong> dem<br />

Gaff zu. Keine feine Methode, aber es gibt keine bessere. Dann übernehme ich <strong>das</strong><br />

Gaff vom Heck aus und ziehe den Fisch hoch.<br />

„Anke, du musst aus dem Weg, wie soll ich ihn sonst über die Kante ziehen.“

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