Rundbrief 1/2009: Dokumentation Fachtagung Familiennetze
Rundbrief 1/2009: Dokumentation Fachtagung Familiennetze
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TN: Das sind ja genau die Eltern, die man erreichen muss.<br />
Denn im Umgang der Eltern mit ihren Kindern liegt ja sehr<br />
viel im Argen. Wie erreicht man, dass der Umgang mit den<br />
Kindern sinnvoller wird?<br />
Claudia Grass: Die Eltern, die zu uns kommen, kommen<br />
mit ihren eigenen Kindern. Eltern sehen natürlich auch,<br />
wie andere mit ihren Kindern umgehen. Dieses Hinsehen<br />
ist ein wichtiger Lernfaktor, den darf man nicht vernachlässigen.<br />
Lernen geschieht, ohne dass man Eltern Vorschriften<br />
über das macht, was man nicht darf.<br />
TN: Ich komme vom Nachbarschaftszentrum „Bürger für<br />
Bürger“ aus Berlin-Mitte. Unser Projekt hat einen ganz interessanten<br />
Standort, ich bin genau zwischen zwei Sozialräumen.<br />
Links von mir ist der Wedding mit einer ähnlichen<br />
Problematik wie in Kreuzberg oder Neukölln. Rechts von<br />
mir ist Alt-Mitte, was in den letzten Jahren durch Sanierungsmaßnahmen<br />
zunehmend ein voller Sozialraum geworden<br />
ist, wo viele junge Familien wohnen. Auch von der<br />
Einkommenslage her treffen da manchmal zwei Welten<br />
aufeinander.<br />
Bei dem niedrig schwelligen Angebot Mutter-Kind-Gruppe<br />
habe ich bisher dieses Jahr überwiegend studierte Mütter<br />
gehabt, die mit ihren Kindern bis ca. 2 Jahre kommen.<br />
Das hat sehr gut funktioniert, weil die gerne so einen Treff<br />
haben wollten, wo sie sich austauschen und gegenseitig<br />
helfen können. Dann haben wir noch einen anderen in<br />
Angriff genommen. Wir haben unter anderem ein Angebot<br />
für Nachhilfeunterricht für Schüler, davon haben inzwischen<br />
95 % einen Migrationshintergrund. Die Eltern,<br />
deren Kinder zu uns kommen, haben überwiegend ein<br />
großes Interesse daran, dass ihre Kinder alle Chancen<br />
haben. Die meisten kümmern sich sehr engagiert. Sie<br />
versuchen ihre Kinder nach Mitte in die Schule zu kriegen,<br />
weil sie eben nicht möchten, dass die Kinder mit 90<br />
oder 95 % Anteil Kindern nichtdeutscher Herkunft in eine<br />
Klasse gehen. Wir wollen jetzt ein Angebot entwickeln, wo<br />
Eltern und ihre Kinder am Nachmittag einmal pro Woche<br />
zum gemeinsamen Spielen kommen können. Gibt es dazu<br />
schon Erfahrungen in der Altersgruppe der Schulkinder?<br />
Denn wir haben bemerkt, dass Eltern trotz allem ihre Kinder<br />
vor dem Fernseher parken. Die Kinder lesen kaum<br />
zu Hause, die spielen kaum was miteinander, die singen<br />
nicht. Deshalb denken wir, dass da ein Bedarf ist.<br />
Claudia Grass: Wir haben ja auch einen sehr großen Kinder-<br />
und Jugendbereich. Ich weiß, dass es in einzelnen<br />
Schulen mit Ganztagsbetreuung solch ein Angebot gibt.<br />
Es gibt ja auch dieses Projekt FuN, Familie und Nachbarschaft,<br />
das geht in diese Richtung. Da geht es auch darum,<br />
dass Spieleinheiten angeboten werden, weil es auch<br />
stimmt, dass Eltern und Kinder wieder miteinander spielen<br />
lernen müssen.<br />
Meine Frage dabei ist immer: Ja, kommen die dann? Wie<br />
muss man das verpacken, wie muss das Schleifchen aussehen,<br />
damit sie auch wirklich kommen? Wenn man jetzt<br />
ausschreibt, dass Eltern mit ihren Kindern zum Spielen<br />
kommen können, da wüsste ich nicht, ob sich die Eltern<br />
davon angesprochen fühlen oder nicht. Wir Sozialpädagogen<br />
denken, das ist ein offensichtlicher Bedarf, aber diejenigen,<br />
die den Bedarf haben, die wissen manchmal gar<br />
nicht, dass sie diesen Bedarf haben.<br />
TN: Die meisten Leute, die zu uns kommen, planen ihre<br />
Zeit nicht besonders, d.h., sie kommen spontan. Das erfordert<br />
von uns Offenheit für diese Spontanität. Wenn wir mal<br />
an bestimmten Tagen sagen, dass wir heute über was informieren,<br />
dann kommen genau die Eltern, die es betrifft.<br />
Das Angebot muss aber mit ihnen gemeinsam entwickelt<br />
werden. Man hört sich um, wo Eltern Bedenken haben,<br />
was sie nicht wissen, worauf sie achten sollten. Ihre Belange<br />
müssen aufgegriffen werden. Das ist kein Programm,<br />
das ich ein halbes Jahr vorher schaffen könnte und einen<br />
Referenten schon lange vorher organisiere. Wenn ein Bedürfnis<br />
da ist, muss es relativ schnell umgesetzt werden,<br />
d.h. ich habe maximal ein bis zwei Wochen Vorlauf. Da<br />
machen wir bestenfalls einen Flyer, damit auch noch drei<br />
andere aus der nächsten Umgebung davon erfahren.<br />
Eine andere Sache ist die Teilnahme von Eltern an unseren<br />
Unternehmungen. Wenn Feste sind, wenn wir einen<br />
Ausflug machen, dürfen Eltern mitkommen, weil die Eltern<br />
bestimmte Erfahrungen genauso wenig wie die Kinder haben.<br />
Wir planen keinen Eltern-Kind-Ausflug, sondern die<br />
<strong>Familiennetze</strong> - Jahrestagung Stadtteilarbeit 2008 21