Rundbrief 1/2009: Dokumentation Fachtagung Familiennetze
Rundbrief 1/2009: Dokumentation Fachtagung Familiennetze
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Das Gute an dem Ganzen war, dass es ein Bundesmodellprojekt<br />
gewesen ist und wir ausprobieren konnten. Wir<br />
hatten also jetzt erst mal nicht so einen Wahnsinnsdruck,<br />
weil nicht gesagt wurde, wir müßten 10 Familien in drei<br />
Jahren aussuchen, sondern wir hatten einen Spielraum.<br />
Das war sehr, sehr wichtig, weil das Grundprinzip von Sofja<br />
ist, dass der Therapeut und die Sozialarbeiterin im Tandem-Team<br />
arbeiten. Das heißt, die Jugendlichen kommen<br />
zwar über mich, aber in die Familien gehen wir immer gemeinsam.<br />
Am Anfang ging es darum, dass sich das Team trifft und<br />
guckt, ob wir überhaupt miteinander arbeiten können.<br />
Dann haben wir uns ein gemeinsames Methodenrepertoire<br />
erarbeitet. Ich musste mich ein bisschen in die<br />
Methoden der aufsuchenden Familientherapie einarbeiten,<br />
insbesondere in die Methodik der Gesprächsführung.<br />
Der Kollege von der Therapie hat sich in die<br />
Sozialraumbegehung eingearbeitet. Wir beide arbeiten<br />
gemeinsam in Oberschöneweide, in einem ziemlich klar<br />
abgegrenzten Kiez, wo wir die Plätze inzwischen kennen,<br />
an denen sich die Jugendlichen aufhalten, wo er<br />
die Problematik von den Jugendlichen kennt. In der Regel<br />
ist es ungewöhnlich, dass Therapeuten zu den Plätzen<br />
der Jugendlichen gehen, damit vertraut sind, die<br />
Lebenswelt der Jugendlichen kennen.<br />
Wir haben uns eine gemeinsame Haltung erarbeitet. Für<br />
mich war es wichtig, dass ich die Parteilichkeit für die<br />
Jugendlichen nach wie vor behalten kann und eine Stimme<br />
für die Jugendlichen habe. Und mein Kollege eben<br />
die Allparteilichkeit hat, d.h. er ist sowohl für die Eltern,<br />
als auch für die Jugendlichen. Und mit dieser Haltung<br />
sind wir auch immer ins Gespräch reingegangen. Das<br />
ist sehr wichtig, weil unsere Erfahrungen zeigen, dass<br />
die Familiengespräche von den Eltern sehr gut genutzt<br />
werden. Aber es gibt immer wieder die Schwierigkeit,<br />
die Jugendlichen an diesen Prozess zu binden, weil da<br />
ja erst mal nicht so sehr viel Spannendes passiert, da<br />
redet man. Das ist für Jugendliche eine ganz schwierige<br />
Sache, sich zu treffen, dann auch noch mit den Eltern,<br />
dann noch in ihrer eigenen Wohnung und über das zu<br />
reden, worüber man sonst nie redet.<br />
Das war die Herausforderung, vor der wir gestanden haben.<br />
Wir haben dann gemeinsame Arbeitsprinzipien festgelegt.<br />
Das sind: Vertraulichkeit, was gesprochen wird,<br />
bleibt in dem Zimmer, in dem es besprochen wird und<br />
dringt nicht nach außen; die Niedrigschwelligkeit und Freiwilligkeit.<br />
Das gilt für die Familien, mit denen wir arbeiten,<br />
und für die Jugendlichen, wir arbeiten nicht im Zwangskontext,<br />
sondern das ist ein freiwilliges Angebot. Die Familie<br />
kann sagen, das ist gut, oder das gefällt uns nicht, wir haben<br />
da die und die Probleme oder wir möchten das nicht.<br />
Aber wenn sich eine Familie auf diesen Prozess einlässt,<br />
dann ist unsere Erfahrung, dass sowohl die Jugendlichen<br />
als auch die Eltern dabei bleiben, bis man eine Lösung für<br />
das Problem hat.<br />
Das ist teilweise sehr anstrengend – für alle Beteiligten,<br />
auch für die Eltern, für die Jugendlichen insbesondere, das<br />
auch auszuhalten. Aber wir haben erlebt, wenn es uns gelingt,<br />
sowohl die Eltern als auch die Jugendlichen an diesen<br />
Prozess zu binden, dann kommen wir zu sehr, sehr guten<br />
Lösungen, zu ganz praktischen Lösungen. Die Sozialarbeit<br />
macht den praktischen Teil, die Therapie, da musste ich<br />
auch noch eine Menge dazulernen, begleitet den therapeutischen<br />
Prozess<br />
und ist dadurch erst<br />
mal nicht so praxisorientiert<br />
angelegt<br />
wie zum Beispiel<br />
meine Arbeit als<br />
Sozialarbeiterin.<br />
Damit hatte ich am<br />
Anfang ein bisschen<br />
zu kämpfen,<br />
bis ich dann gemerkt<br />
habe, welche Effekte das hatte. Das braucht eben<br />
Zeit. Ein therapeutischer Prozess hat ganz andere Zeit als<br />
ein sozialarbeiterischer Prozess.<br />
Dann haben wir gesagt, wichtig ist der Ort. In der Regel<br />
ist es so, dass wir das in dem Zuhause machen.<br />
Aber wenn es gravierende Probleme zwischen den Jugendlichen<br />
und Eltern gibt oder wenn ein Jugendlicher<br />
sagt: ich möchte nicht, dass es in der Wohnung stattfindet,<br />
dann sagen wir, okay. Wir haben einen kleinen<br />
<strong>Familiennetze</strong> - Jahrestagung Stadtteilarbeit 2008 29