Rundbrief 1/2009: Dokumentation Fachtagung Familiennetze
Rundbrief 1/2009: Dokumentation Fachtagung Familiennetze
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TN: Die Koordinatorin arbeitet fünf Stunden in der Woche,<br />
aber ich lese hier, dass es 15 Ehrenamtliche sind, also<br />
auch 15 zu betreuende Familien. Ist das nicht ein bisschen<br />
wenig an Zeit?<br />
Kirsten Harnisch-Eckert: Was soll ich dazu sagen? Natürlich<br />
kann man wunderbar daraus eine 20-Stunden-Stelle<br />
machen, das ist gar keine Frage. Aber ich denke, für den<br />
Aufbau ist es mit fünf Stunden in der Woche okay. Es gibt<br />
aber durchaus Standorte, die jetzt schon länger laufen<br />
und wo der Stundenbedarf höher ist, weil die betreuten<br />
Familien einfach mehr werden, wo dann einrichtungsintern<br />
aufgestockt wird. Das geben wir nicht vor, sondern 5<br />
Stunden sind ein Richtwert, den wir erfahrungsgemäß haben.<br />
Wenn die Standorte sagen, dass sie gerne 10 Stunden<br />
hätten, ja, dann eben 10 Stunden.<br />
TN: Wie viele Familien bundesweit nutzen Wellcome?<br />
Kirsten Harnisch-Eckert: Letztes Jahr waren es bundesweit<br />
ungefähr 1.200 Familien, die betreut wurden. Letztes<br />
Jahr hatten wir aber auch noch keine 87 Standorte, sondern<br />
ungefähr 50, mit gut 600 Ehrenamtlichen.<br />
Willy Eßmann: Gibt es mehr interessierte Familien als<br />
Ehrenamtliche? Funktioniert das mit den Ehrenamtlichen<br />
problemlos? Gibt es Familien nichtdeutscher Herkunft?<br />
Kirsten Harnisch-Eckert: Dieser Ausgleich zwischen den<br />
Ehrenamtlichen und den Familien ist die nervenaufreibendste<br />
Arbeit einer Koordinatorin. Das ist einfach so,<br />
weil der Bedarf schwankt. Manchmal hat man plötzlich<br />
ganz viele Anfragen von Familien und es fehlen die Ehrenamtlichen.<br />
Deswegen ist es auch kein Notfallkonzept. Es<br />
kann sein, dass wir am nächsten Tag eine Ehrenamtliche<br />
in eine Familie schicken können, aber es gibt keinen Anspruch<br />
darauf.<br />
Ehrenamtliche für diese Form des Engagements zu gewinnen,<br />
ist relativ gut möglich, aber das ist auch von Standort<br />
zu Standort sehr unterschiedlich. Die meisten Ehrenamtlichen<br />
sind Frauen, die sich oftmals deshalb engagieren,<br />
weil sie in ihrer eigenen Mutterschaft keine Hilfe erfahren<br />
haben. In Berlin gibt es seit einem viertel Jahr den ersten<br />
echten männlichen Wellcome-Ehrenamtlichen. Die zeitliche<br />
Flexibilität macht es attraktiv. Unsere Erfahrung ist,<br />
dass sich viele sehr gerne engagieren.<br />
Sehr viele Familien sind mit diesen zwei Stunden einmal<br />
in der Woche total glücklich. Die sind so dankbar für diese<br />
zwei Stunden, die jemand da ist. Zu wissen, jeden Dienstagnachmittag<br />
kommt Frau Schulze, das ist eine große Entlastung.<br />
Es geht nicht immer um ganz viel Entlastung, sondern<br />
es geht häufig nur darum, dass überhaupt jemand<br />
kommt. Schon wenn die Familien wissen, sie haben bei<br />
Wellcome angerufen, sie werden zurückgerufen, sie sind<br />
wahrgenommen worden, es kommt jemand, vielleicht nicht<br />
morgen, aber vielleicht nächste Woche oder übernächste<br />
Woche, das ist erfahrungsgemäß schon eine Entlastung.<br />
TN: Besteht nicht die Gefahr, dass Sie sich unabkömmlich<br />
machen? Das ist ja immer wieder im Gespräch. Oder machen<br />
Sie so etwas wie Vernetzungsarbeit, also dass die<br />
Familien, wenn Sie sie irgendwann verlassen, gut eingebunden<br />
sind, vielleicht in ein Netzwerk von anderen Müttern,<br />
Vätern?<br />
Kirsten Harnisch-Eckert: Das ist zum Teil Arbeit einer Koordinatorin.<br />
Unsere Hilfe begrenzt sich auf das erste Lebensjahr<br />
eines Kindes, es sind immer Trägereinrichtungen<br />
im Hintergrund, natürlich ist das eine Frage für die Koordinatorin,<br />
ob die Eltern schon irgendwo eingebunden sind.<br />
Dadurch, dass es häufig Einrichtungen sind, wo Eltern-<br />
Kind-Kurse angeboten werden, versuchen wir, bei Neuzuzug<br />
oder bei dem Eindruck, dass die Familie isoliert ist, sie<br />
in den Einrichtungen zu integrieren. Wo ist noch ein Platz<br />
im PEKiP, den suchen wir, um der Familie ersten Schritt zu<br />
erleichtern.<br />
Familien mit Migrationshintergrund: In Hamburg haben<br />
wir im letzten Jahr ein rein türkisches Wellcome-Team<br />
gegründet, mit einer türkischen Koordinatorin. Da gab es<br />
jetzt leider einen Wechsel, deswegen habe ich da noch<br />
keine Erfahrungswerte, wie es mit der neuen Koordinatorin<br />
läuft. Im Moment leisten wir überall weiter Aufklärungsarbeit<br />
und versuchen, Familien mit Migrationshintergrund<br />
mehr einzubeziehen. Es ist nicht einfach. Ob der Bedarf<br />
<strong>Familiennetze</strong> - Jahrestagung Stadtteilarbeit 2008 37