Rundbrief 1/2009: Dokumentation Fachtagung Familiennetze
Rundbrief 1/2009: Dokumentation Fachtagung Familiennetze
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TN: Das Jugendamt hat, das steht in der Ausführungsvorschrift<br />
zum Gesetz, auch einen Rechercheauftrag. Der<br />
wirkt an manchen Stellen doch sehr eng. Früher gar nicht,<br />
da hat man den Eltern einen Brief in den Briefkasten gesteckt<br />
mit der Bitte um einen Besuchstermin. Teilweise<br />
bei schweren Kinderschutzfällen wurde gewartet, dass die<br />
Eltern sich melden. Das hat natürlich nicht funktioniert.<br />
Diese ganze Debatte, auch in den Medien, hat zum Teil Positives<br />
befördert. Wichtig ist, dass bei Kinderschutzfällen<br />
alle Beteiligten professionell auf Anzeichen und Informationen<br />
reagieren. Ich erlebe es immer wieder, wie wichtig<br />
das Wissen um die Anzeichen von Gefährdung ist, wirklich<br />
zu wissen, wo wir Alarmsignale aussenden müssen. Psychische<br />
Störungen, häusliche Gewalt, Alkohol, all das ist<br />
zum Teil ganz schwer zu erkennen. Man kann sich immer<br />
anonym beraten lassen, wenn man einen Verdacht hat.<br />
Das heißt, der Fall, über den man sprechen möchte, kann<br />
zunächst anonym bleiben. Dazu ist es ganz toll, dass es in<br />
allen Bezirken Kinderschutz-Koordinatoren gibt. Bei denen<br />
kann man sich Rat holen, wenn man über die Symptome<br />
oder die einzuleitenden Schritte unsicher ist.<br />
TN: Wie sind Sie denn vernetzt für die kleineren Kinder, die<br />
1- bis 6-Jährigen, also bevor die Schule anfängt?<br />
TN: Da sind wir u.a. mit dem Kinder- und Jugendnotdienst<br />
vernetzt. Natürlich haben wir auch eine Vernetzung über<br />
Kitas. Wobei ich gestehe, es gab in den letzten zwei Jahren<br />
ziemlich viel Unruhe, Aufregung, Trägerwechsel usw.,<br />
insofern ist das einer meiner nächsten Schritte, dass ich<br />
auf die Kitas losstürze. Gerade in Kitas besteht noch viel<br />
Unsicherheit bei diesem Thema.<br />
Linda Ortleb: Ich meine, ich kann in erster Linie nur das<br />
Angebot zur Vernetzung machen. Das ist meine Überzeugung.<br />
Ich biete an zu den Elternabenden zu kommen,<br />
um mich vorzustellen, nicht nur ich, sondern auch meine<br />
Kollegin. Ich weiß, in anderen Regionen wird das auch so<br />
gehandhabt. Ich weiß, dann gibt es ein Gesicht zu dem<br />
Jugendamt, dann traut man sich vielleicht eher, mal was<br />
zu fragen. Viel mehr kann man da nicht machen.<br />
TN: Mit dem Kinder- und Jugendgesundheitsdienst gibt<br />
es jetzt eine richtige Kooperationsvereinbarung, zwischen<br />
dem Dienst und dem Jugendamt. Dann weiß jede Behörde,<br />
was zu tun ist, wenn bestimmte Verhaltensaspekte<br />
bekannt werden. Gerade für die kleinen Kinder ist das<br />
mit dem Kinder- und Jugendgesundheitsdienst toll, der<br />
zuerst etwas erfährt, genaue Standards hat, die er abarbeitet,<br />
d.h., er prüft erst mal seine Möglichkeiten, wie<br />
weit er damit dieser Gefährdung begegnen kann. Reichen<br />
seine Möglichkeiten nicht aus, dann muss sofort auch<br />
das Jugendamt noch mal entscheiden, damit man dann<br />
gemeinsam das Kind gut schützen und auch die Eltern gut<br />
unterstützen kann.<br />
TN: Zu der Gefährdungseinschätzung in der Kita: Wir haben<br />
das häufig, dass die Einschätzungen der Gefährdung,<br />
gerade zwischen Kita-ErzieherInnen und Jugendamt, sehr<br />
auseinanderklaffen. Erzieher sehen sehr viel früher eine<br />
Gefährdung, sie sagen: Mensch, die kommen ohne Frühstück<br />
in die Kita, das geht nicht, da muss das Jugendamt<br />
ran. Aber das Jugendamt sieht da noch lange keine Gefahr.<br />
Kita-ErzieherInnen fangen dann ganz stark an, selber<br />
in Familien reinzugehen, selber Hilfen anzubieten. Aber sie<br />
sind dann ganz schnell überfordert damit. Ich weiß nicht,<br />
ob Sie das kennen?<br />
TN: Ja. Grundsätzlich ist es ja so, dass die Kitas gesetzlich<br />
zum Eingreifen verpflichtet sind, wenn sie Befürchtungen<br />
haben. Sie müssen selber Unterstützung anbieten und<br />
nach ihren Möglichkeiten die Familie unterstützen. Damit<br />
soll ja die Kita-ErzieherIn nicht alleine gelassen werden,<br />
sondern sie wendet sich an eine Fachkraft. Die muss<br />
es entweder in der Kita geben oder aber zumindest im<br />
Dachverband oder auch bei anderen freien Trägern, dem<br />
Jugendamt, wo auch immer sie die herbekommt. Mit so<br />
einer Fachkraft kann sie sprechen, um die Gefährdung<br />
abschätzen zu können. Aber auch um zu gucken, wie<br />
die Familie unterstützt werden kann. Erst wenn die Kita<br />
an den Punkt kommt, dass sie es mit ihren Mitteln nicht<br />
mehr schafft, dieses Kind zu schützen oder sie können<br />
nicht einschätzen, wie viel Gefährdung vorliegt oder nicht,<br />
weil sie keinen Ermittlungsauftrag hat, dann erst schaltet<br />
<strong>Familiennetze</strong> - Jahrestagung Stadtteilarbeit 2008 41