Evaluation - Landschaftsverband Rheinland
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Problemlagen bei Antragstellung<br />
„Der größte Teil der Mitbewohner/innen sitzt voller Angst im Wohnraum und traut sich nicht, ein<br />
Wort von sich zu geben. Sie sind völlig eingeschüchtert und verlassen in der Regel den Wohnraum.<br />
Im Umgang mit Frau X. wirken sie sehr gehemmt. Wenn Frau X. anwesend ist, ist sie das<br />
‚Thema’. Sie löst zum Teil Aggressionen/Unverständnis bei Mitbewohner/innen aus, die diese<br />
Emotionen nicht verbergen ( - dadurch wieder Provokation für Frau X. auffälliges Verhalten zu<br />
zeigen).“ (FORNELL 2003)<br />
Die Konzentration der Aufmerksamkeit auf einzelne ‚schwierige’ Bewohner/innen führte<br />
zwangsläufig zur Vernachlässigung der Bedürfnisse und Wünsche der Mitbewohner/innen<br />
und zu Einschränkungen geplanter Aktivitäten innerhalb und außerhalb des<br />
Wohnbereichs. Darüber hinaus wurde in einigen Gruppen durch notwendiges Verschließen<br />
von Räumen oder Türen die persönliche Freiheit aller Beteiligten eingeengt.<br />
„Sein unmittelbarer Zimmermitbewohner kann in Problemsituationen sein Zimmer nicht benutzen<br />
(muss gegebenenfalls ausquartiert werden). Schränkt in Problemsituationen durch Verschluss<br />
bestimmter Räume, den Wohnraum für die Mitbewohner ein.“ (FORNELL 2003)<br />
Einzelne Mitbewohner/innen äußerten des Öfteren den Wunsch, dass sie nicht länger<br />
mit den Betroffenen in einer Wohngruppe leben möchten. In den meisten Gruppen gab<br />
es Mitbewohner/innen, die ebenfalls auffällige Verhaltensweisen zeigten. Bei hoher Belastung<br />
und Anspannung verstärkten sich die Auffälligkeiten, was die Chancen zur Entwicklung<br />
positiven Verhaltens reduzierte. In Einzelfällen wurde beobachtet, dass Mitbewohner/innen<br />
Verhaltensauffälligkeiten anderer übernahmen.<br />
„Der Bewohner wirkt auch als (negatives) Vorbild, z. B. nichtsoziale Verhaltensweisen werden<br />
schnell übernommen (Asche auf Boden streuen; Aufräumen nicht als Selbstverständlichkeit, sondern<br />
als lästige Pflichtübung). Andere Bewohner bekommen mit, dass man Beachtung finden<br />
kann, wenn man aggressiv wird oder etwas kaputt schlägt.“ (FORNELL 2003)<br />
In einer Gruppen schien das herausfordernde Verhalten eines Bewohners keine negativen<br />
Auswirkungen auf die Mitbewohner/innen zu haben:<br />
„Bewohner respektieren ihn, erwecken nicht den Eindruck, dass sie Angst vor ihm haben. Körperlich<br />
unterlegene Mitbewohner greift er nur an, wenn sie ihn extrem bedrängen, sich z. B. bei ihm<br />
auf den Schoß setzen. “ (FORNELL 2003)<br />
Mitarbeiter/innen<br />
Den Aussagen in den Antragsbögen zufolge wurden viele Mitarbeiter/innen tätlichen Angriffen<br />
ausgesetzt, die zum Teil erhebliche Verletzungen zur Folge hatten.<br />
„Durch Festklammern und Zerren des Bewohners kommt es auch zum Zerreißen von Kleidung<br />
der Mitarbeiter, außerdem zu Hämatomen, Stürzen oder anderen Verletzungen. Mitarbeiter gehen<br />
ihm teilweise aus dem Weg, um nicht angefasst, gezerrt oder verletzt zu werden.“ (FORNELL<br />
2003)<br />
Neben der physischen Belastung infolge körperlicher Auseinandersetzungen sahen sich<br />
Mitarbeiter/innen aller Gruppen extrem hohen psychischen Belastungen ausgesetzt.<br />
Emotionale Reaktionen waren Angst, Verzweiflung, Ratlosigkeit, Lähmung, Frustration,<br />
Hilflosigkeit, Machtlosigkeit, Ekel, Ermüdung und Erniedrigung. Wenn Verhaltenseskalationen<br />
nicht verhindert werden konnten, entstanden vielfach Schuldgefühle, Unsicherheit<br />
und Unzufriedenheit sowie Versagensängste.<br />
„Der Dienst wird zur Belastung. (...) Physische und psychische Belastungsgrenzen werden<br />
schnell erreicht. Enorme psychische Belastungen ausgelöst durch Beobachtung des autoaggressiven<br />
Verhaltens (vor allem Kopf anschlagen auf Metall sowie an diversen Gegenständen), hierdurch<br />
ausgelöste Geräusche sowie Verletzungen, falls diese trotz intensiven Bemühens nicht<br />
verhindert werden können).“ (FORNELL 2003)<br />
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