Evaluation - Landschaftsverband Rheinland
Evaluation - Landschaftsverband Rheinland
Evaluation - Landschaftsverband Rheinland
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Problemlagen bei Antragstellung<br />
schen den Zielsetzungen der pädagogischen Arbeit und den personellen Kapazitäten der<br />
Wohngruppen.<br />
„Es ergab sich die Schwierigkeit, dass im Grunde für die Integration einer so schwer verhaltensauffälligen<br />
Bewohnerin in der neuen Umgebung zu wenig Personal zur Verfügung steht, um<br />
sich intensiv mit ihr zu beschäftigen und konsequent pädagogisch zu arbeiten.“ (FORNELL 2003).<br />
Über die Aktivitäten von Gruppenpersonal und Abteilungsleitung hinausgehend wurde im<br />
Antragsbögen auch nach Versuchen der betreffenden Person gefragt, ihr Verhalten positiv<br />
zu beeinflussen, zu kontrollieren oder zu verändern. Diese Frage ist im Kontext des<br />
Handlungsansatzes von HEIJKOOP (1998) von besonderem Interesse. Er vertritt die These,<br />
dass Menschen mit geistiger Behinderung unter ihrem eigenen Problemverhalten<br />
und den daraus resultierenden Situationen leiden und Selbstschutzmechanismen entwickeln<br />
(z. B. Veränderung des inneren Erlebens, Sicherheit testen, Zurückhalten, Suchen<br />
von Alternativen, Veränderung der Umgebung).<br />
Nach den Erfahrungen in den Gruppen suchten manche Bewohner/innen in Problemsituationen<br />
verstärkt Nähe und den Kontakt zu Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Einige<br />
teilten durch verbale Äußerungen oder spezifische Signale ihre Gefühle mit und entspannten<br />
sich merklich, wenn darauf eingegangen wurde. Manche Personen stellten von<br />
sich aus eine räumliche Distanz her, um die Kontrolle über problematische Situationen<br />
zu behalten. Vereinzelt fixierten sich Bewohner/innen selbst oder wünschten fixiert zu<br />
werden, um ein Auftreten der Verhaltensauffälligkeiten zu verhindern.<br />
„Er sichert seine Hände im Hosenbund oder Autogurt; seine Beine und Füße verschränkt er; er<br />
wickelt sich in eine Decke, stellt eine Bank etc. zwischen sich und andere.“ (FORNELL 2003)<br />
Änderungen im Verhalten konnten nach Aussage einzelner Mitarbeiter/innen nicht in jedem<br />
Fall als Versuch einer Problemlösung gewertet werden.<br />
„Eher nicht, wobei er eine Verhaltensweise durchaus ändern/ablegen kann. Zum Beispiel das<br />
Urinieren/Einkoten im Zimmer war ein Problem, das er nahezu vollständig aufgegeben hat – für<br />
uns unerklärlich, aber wir bewerten es so, dass es für ihn schlicht uninteressant geworden ist und<br />
er etwas Neues ausprobiert. Genauso war es mit seinem ‚Abhauen, Bus fahren nach j. w d.’, das<br />
hat er massiv betrieben und von heute auf morgen einfach eingestellt, nicht aufgrund pädagogischer<br />
Interventionen“. (FORNELL 2003)<br />
Bei mehreren Bewohnern und Bewohnerinnen waren keinerlei wahrnehmbare Möglichkeiten<br />
der Selbstkontrolle festzustellen. Mitarbeiter/innen begründeten dies u. a. damit,<br />
dass das jeweilige Problemverhalten von den Betroffenen selbst nicht als problematisch,<br />
sondern als positiv und funktional empfunden wurde.<br />
Zusammenfassend ist festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Antragstellung – trotz vielfältiger<br />
Bemühungen um Verbesserung der Situation - in den meisten Gruppen ein Zustand<br />
erreicht war, der aus eigener Kraft nicht mehr veränderbar schien. Durch die Aufnahme<br />
des Bewohners bzw. der Bewohnerin in das Consulentenprojekt erhoffte sich ein<br />
großer Teil der Mitarbeiter/innen vor allem eine Erweiterung ihrer Handlungsmöglichkeiten<br />
(z. B. durch Fortbildungen, Förderprogramme, Expertenberatung, zusätzliches Personal)<br />
und eine Erweiterung der Ausdrucksmöglichkeiten der Bewohner/innen, damit ein<br />
besseres Verstehen und Handeln möglich wird. Hinsichtlich der Kompetenzen und Ressourcen<br />
der Betroffenen sahen nahezu alle Antragsteller/innen individuelle Möglichkeiten,<br />
die bei einer Lösung des Problems weiter helfen könnten.<br />
21