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Albvereinsblatt_2012-4.pdf

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Mauern und Gewölbe auf Ruine Falkenstein (Donautal); hier wurde eine<br />

Zisterne nachgewiesen (links). Wie eng es auf Burgen zuging, kann man<br />

auf Ruine Hohengundelfingen im Großen Lautertal nachfühlen (rechts).<br />

Errungenschaft und Statussymbol als Unterscheidung zur<br />

Landbevölkerung. Als »Klopapier« wurden Moos, Blätter und<br />

Heu oder Stroh benutzt. Aus Erzählungen des frühen Mittelalters<br />

ist die Verbindung zwischen der sich herausbildenden<br />

Adelsschicht und dem Fleischkonsum bekannt: Große<br />

Mengen an gegrilltem Schweinefleisch mussten es sein nach<br />

der Formel »Fleisch = Kraft = Macht«. Mittels archäozoologischer<br />

Untersuchungen wurde festgestellt, dass tatsächlich im<br />

Früh- und Hochmittelalter der Schwerpunkt der Versorgung<br />

bei Schweinefleisch lag. Die Untersuchung der Tierknochen<br />

auf Burgen ergab u. a., dass dort Schweine gehalten und<br />

jung geschlachtet wurden. Im Spätmittelalter war ein Wandel<br />

vom Schwein zum Rind zu verzeichnen, zeitlich parallel<br />

zum Rückgang von (Au-) Wald zugunsten von Acker- und<br />

Weideland. Die dritte Gruppe der Fleischlieferanten waren<br />

Schafe und Ziegen. Auch Geflügel wurde gehalten (vor allem<br />

Hühner), das klassische Abgabentier (Martinsgans, Fasnachtshuhn).<br />

Gefangen und gegessen wurden auch Singvögel.<br />

Fische dienten als Fastenspeise; gefastet wurde an etwa 230<br />

Tagen im Jahr. Um 1300 waren rund 50 Fischsorten bekannt.<br />

Noch nicht so gut erforscht – aufgrund der mangelnden Erhaltung<br />

– ist die pflanzliche Ernährung. Die besten Aussagen<br />

gewannen die Wissenschaftler aus verkohlten Vorratsfunden<br />

nach Bränden. Zum Grundnahrungsmittel aller Schichten<br />

gehörte, je nach örtlichen Gegebenheiten Roggen, Gerste,<br />

Weizen, Hafer, Rispenhirse, Dinkel – als Getreidebrei und als<br />

Brot. Der Adel bevorzugte Weißbrot (Dinkel, Weizen), die unteren<br />

Schichten ernährten sich von überwiegend aus Roggenmehl<br />

hergestelltem Brot. Der Siegeszug des Roggen begann<br />

im Hochmittelalter. Weitere pflanzliche Kost waren Hülsenfrüchte<br />

(Erbsen, Bohnen) sowie Rüben und Kohl. Letzteres<br />

galt aber nicht als »Herrenspeise«. Ab dem Hochmittelalter<br />

stieg die Vielfalt der Gemüsesorten (Möhren, Portulak, Spinat,<br />

Lauch). Exotische Gewürze hatten Statuscharakter und wurden,<br />

wenn vorhanden, reichlich verwendet. Genauere Aussagen<br />

können zu Obst getroffen werden, denn Archäobotaniker<br />

fanden auf Burgen Kerne von Sammelobst und Weinbeeren,<br />

kultivierten Obstbaumarten wie Apfel und Birne, Pflaumen<br />

und Zwetschgen. Besonders charakteristisch für die mittelalterliche<br />

Burg sind die Kirsche, die bis ins Spätmittelalter weit<br />

gehend auf Burggärten beschränkt ist, und der Pfirsich. Beides<br />

gilt als Beleg für die hoch stehende adelige Gartenkultur<br />

im Hochmittelalter. Somit beweist auch dies die bisher wenig<br />

beachtete Rolle des Adels als Träger agrarischer Innovationen<br />

und als Katalysator für die wirtschaftlichen Entwicklungen<br />

des Hoch- und Spätmittelalters – neben den Klöstern.Vor allem<br />

auf den kleineren Burgen war der Alltag geprägt von Entbehrung,<br />

Langeweile, Tristesse, Not, Gefahr und den kalten<br />

Wintern. Ein zentrales Versorgungsproblem war die Beschaffung<br />

von Brennmaterial. Ein gewisses Maß an Wohnkomfort<br />

boten kaminbeheizte Kammern; die Kamine waren in Ecklage<br />

gebaut. Nach der Einführung von Kachelöfen wurde<br />

es noch komfortabler, vor allem, wenn die Kachelöfen von<br />

einem zweiten Raum aus befüllt wurden. Die Energie war<br />

effizienter genutzt und bot bessere und andauernde Raumwärme<br />

ohne Rauchentwicklung. Der historische Vergleich<br />

unterschiedlicher Siedlungsformen steht noch aus. Vielleicht<br />

kommt dann die Burg gegenüber ungeheizten Klöstern oder<br />

verrauchten Bauernhäusern ganz gut weg.<br />

Literatur: Alltag auf Burgen im Mittelalter, Hrsg. Joachim Zeune,<br />

Veröffentlichungen der Deutschen Burgenvereinigung e. V., Reihe B,<br />

Schriften, Bd. 10, Wissenschaftl. Kolloquium des Wissenschaftlichen<br />

Beirats der Deutschen Burgenvereinigung, Passau, 2005, Braubach,<br />

2006 • Wilfried Pfefferkorn: Die Burgruine Falkenstein an der Donau,<br />

Sonderdruck aus: Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte,<br />

Bd. 22, 1986<br />

Blätter des Schwäbischen Albvereins • 4 /<strong>2012</strong> • 11

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