Albvereinsblatt_2012-4.pdf
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Burgenbau-Boom auf der Schwäbischen Alb<br />
Von Helmut Hecht<br />
Reinhard Wolf<br />
Reich an Burgen ist die Schwäbische Alb. Über 370 Burgen<br />
und Burgstellen sind im sechsbändigen »Burgenführer<br />
Schwäbische Alb« aufgeführt. Dieses Werk von Günter<br />
Schmitt, in den Jahren 1988 – 1995 herausgegeben, soll demnächst<br />
neu aufgelegt werden. Zwischenzeitlich ist die Zahl<br />
der Burgen auf über 420 angewachsen. Denn immer noch<br />
werden unbekannte und vergessene Burgstellen entdeckt,<br />
und sicher harren noch weitere verschwundene Anlagen der<br />
Entdeckung.<br />
Kallenberg ist eine Gipfelburg, die auf einer steilen Kuppe über der Donau<br />
liegt. An der höchsten Stelle befindet sich der Bergfried (links). Schildmauerruine<br />
am Ende des Burghofs, Ruine Hohenwittlingen, ein Beispiel<br />
für eine Schildmauerburg (Mitte). Ruine Staufeneck hat einen runden<br />
Bergfried mit Buckelquadern aus gelb-braunem Donzdorfer Sandstein<br />
(rechts).<br />
Was ist wohl die Ursache für<br />
diesen Burgenreichtum?<br />
Einer der wesentlichen Gründe liegt in der territorialen Zersplitterung<br />
des Mittelalters. Eine Art »Flickenteppich« mit<br />
hunderten von mehr oder weniger unabhängigen Territorien<br />
prägte damals den südwestdeutschen Raum. Wäre man um<br />
das Jahr 1200 auf der Strecke des heutigen etwa 100 km langen<br />
Burgenweges des Schwäbischen Albvereins vom Neckar zur<br />
Donau über die Alb gewandert, hätte man nahezu zwanzig<br />
Herrschaftsgebiete durchqueren müssen. Neben größeren<br />
Herrschaftsbereichen gab es viele Herren in kleinen Gebieten<br />
und Gebietsteilen. Die Geländebeschaffenheit der Alb<br />
begünstigte den Bau für deren Burgen. Größere Territorialherren<br />
schafften sich feste Stützpunkte in ihrem Einflussbereich,<br />
die kleinen Adligen suchten einen günstigen Bauplatz<br />
innerhalb ihres lokalen Besitzes. Was diese Herren bewog, in<br />
die »luftige Höhe« zu steigen, wird an anderer Stelle berichtet.<br />
Die ersten Höhenburgen im Bereich der Schwäbischen<br />
Alb – mit Mauern und für die Dauerbewohnung eingerichtet<br />
– wurden von Grafen oder grafengleichen Hochadligen<br />
erbaut. Diese bevorzugten die Gipfellagen auf Zeugenbergen<br />
und Ausliegerbergen. Später erfasste der Burgenbau die Ministerialen<br />
– beispielsweise die Dienstleute der Staufer – und<br />
den Niederadel. Letztere bauten die Masse der Burgen; deren<br />
Bauplätze waren vorwiegend Felssporne und Felsen an<br />
Talrändern und am Talhang, denn die begehrten Gipfellagen<br />
hatten ja bereits die großen Geschlechter besetzt.<br />
Ganze Burgenlandschaften entstanden! Oftmals waren sogar<br />
mehrere benachbarte Burgen im Besitz einer Familie. Bevorzugt<br />
und damit zu Gebieten mit hoher Burgendichte wurden<br />
die am Nordrand der Alb eingeschnittenen Flusstäler, wie das<br />
Filstal und das Gebiet um die Teck. Ebenfalls kräftige Spuren<br />
hinterließ der Burgenbau im oberen Donautal. Burgenreich<br />
sind auch die Täler, die zur Donau entwässern, beispielsweise<br />
das Große Lautertal, wo sich im mittleren Teil des Burgenweges<br />
15 Burgruinen mit einem durchschnittlichen Abstand von<br />
1,4 Kilometer aneinander reihen.<br />
Reußenstein<br />
Blätter des Schwäbischen Albvereins • 4 /<strong>2012</strong> • 7