Albvereinsblatt_2012-4.pdf
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Blick ins Lindachtal mit Ruine Reußenstein (ganz oben). Die Wielandstein-<br />
Burgen waren die größte zusammenhängende Burgengruppe der Schwäbischen<br />
Alb (oben).<br />
bisher die Befestigungshoheit innehatte, und machte seinen<br />
militärischen Machtanspruch deutlich. Die Burg war Festung<br />
und Residenz zugleich, wurde fester Mittelpunkt einer Adelsherrschaft.<br />
Dr. Maurer meint zu dieser Entwicklung: »So bedenklich<br />
vom Standpunkt des Königtums und der zentralen<br />
Gewalten die Aufsplitterung der Machtausübung auf zahllose<br />
Herrschaftsträger war, so brachte diese Entwicklung andererseits<br />
einen Aufschwung und eine Blüte des Adels nicht<br />
nur in politischer, sondern auch in kultureller und geistiger<br />
Beziehung hervor. Es war die große Zeit des deutschen Rittertums.<br />
Kultivierte Lebenshaltung, ritterlicher Tugend- und<br />
Ehrenkodex, Pflege des Heldenlieds und Minnegesangs, Freigebigkeit<br />
gegen die Kirche, Edelmut gegenüber den Frauen<br />
und der Drang zu hohen Idealen und zur Vervollkommnung<br />
der Lebensformen zeichnen das staufische Rittertum aus. Die<br />
Suche nach ausgeglichenen, kraftvollen, in sich geschlossenen<br />
Formen schlug sich auch in der Architektur des Burgenbaus<br />
dieser Zeit nieder.« Am Albtrauf entstanden am Rande<br />
der territorial entscheidenden Burgengründungen unter aufstrebenden<br />
Adelsfamilien ganze Gruppierungen von Anlagen<br />
auf engstem Raum. Beispielsweise schufen die Söhne der<br />
Herren von Neidlingen, die zwei Ortsburgen besaßen, weitere,<br />
inzwischen allerdings abgegangene Wohnsitze auf dem<br />
Heimenstein sowie Lichteneck und Randeck. Die Sulzburg,<br />
die einzige Burg im Tal, ist heute Ruine. Die Wielandsteiner<br />
Burgen bei Lenningen zählen zu den bemerkenswertesten<br />
Gruppierungen auf der Schwäbischen Alb: Vier eigenständige<br />
Burganlagen, heute allerdings Ruinen und Burgstellen,<br />
befanden sich auf einem 350 Meter langen Bergsporn. Um<br />
1150 entstanden der Alt- und der Hintere Wielandstein, rund<br />
hundert Jahre später kamen der Vordere und der Mittlere<br />
Wielandstein hinzu.<br />
Die Burg als Bauwerk<br />
Zwei Aufgaben kamen einer Burg als Bauwerk zu. Einerseits<br />
sollte sie als Militäranlage für Fremde unzugänglich und für<br />
Feinde uneinnehmbar sein. Andererseits sollte sie der damals<br />
führenden Gesellschaftsschicht als standesgemäße Unterkunft<br />
dienen. So ist der äußere, an den erhaltenen Ruinen<br />
noch sichtbare Charakter einer Burg von ihrer Wehrfunktion<br />
bestimmt – während sich das Innere der Burg, das Alltagsleben<br />
der Burgbewohner, nur schwer nachvollziehen läßt.<br />
Der Burgherr nutzte die natürlichen Gegebenheiten am Albtrauf<br />
und baute die Burg entweder auf einem der freistehenden<br />
Berggipfel (Hohenstaufen, Limburg, Teck, Hohenneuffen,<br />
Hohenurach, Achalm), am Rand eines Tals (Reußenstein,<br />
Lichtenstein) oder am äußersten Ende eines Bergvorsprungs<br />
(Rosenstein, Hohenrechberg, Staufeneck, Ramsberg, Wielandstein).<br />
Mit zwei Angriffsarten musste der Burgherr rechnen:<br />
mit einem überraschenden Überfall und mit einer länge-<br />
Blätter des Schwäbischen Albvereins • 4 /<strong>2012</strong> • 5