Albvereinsblatt_2012-4.pdf
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Ruine Lägstein mit Mauer und<br />
Burggraben im Wald über Gauselfingen,<br />
sie wird vom Schwäbischen<br />
Albverein betreut (oben).<br />
Untergeschoss im Wohngebäude<br />
von Schloss Ramsberg, einstiger<br />
Aufenthaltsraum der Burgmannschaft<br />
(links). Mauer mit »Durchblick«,<br />
Ruine Hausen über dem<br />
Oberen Donautal bei Hausen im<br />
Tal (rechts).<br />
um wie viel früher? Zehn, fünfzig oder gar hundert Jahre? In<br />
den letzten Jahrzehnten hat der Burgenforscher Christoph<br />
Bizer Arbeitsmethoden entwickelt, um das Gründungsdatum<br />
einer Burg genauer einzugrenzen. Oberflächenfunde, meist<br />
aus dem Hangschutt unterhalb der Burg, erweisen sich als<br />
gute Möglichkeit zur Datierung. Denn durch Erosion werden<br />
immer wieder Abfallreste freigelegt und können ohne Ausgrabungen<br />
aufgelesen werden. Scherbenbruch, insbesondere<br />
von Töpfen und anderen Irdenwaren aus dem Küchenbetrieb,<br />
fiel an jeder Burg an und ist gut geeignet, da im Hochmittelalter<br />
die Keramik stetig herstellungstechnisch und modisch<br />
bedingte Veränderungen durchlief. Sind in den Abfallhalden<br />
einer Burg ausreichend große Fundstücke vorhanden – was<br />
meist der Fall ist – können aus der Keramikentwicklung die<br />
Benutzungszeiten in der jeweiligen Burg erfasst werden. Vergleichs-<br />
und Kontrollbestände benachbarter Burgen bestätigen<br />
die Vollständigkeit einer so gewonnenen Keramikabfolge.<br />
So ist der Beginn der Küchenwirtschaft zeitnah mit der<br />
Gründung einer Burg, und das Abbrechen der Keramikabfolge<br />
zeigt die Aufgabe der Burg als Wohnplatz an, jedoch<br />
nicht ihren Abgang als Bauwerk. In dem vom Landesamt für<br />
Denkmalpflege im Jahre 2006 herausgegebenen Band »Oberflächenfunde<br />
von Burgen der Schwäbischen Alb« werden von<br />
Bizer die Untersuchungsergebnisse von nahezu 100 Anlagen<br />
aus der westlichen Hälfte der Alb aufgezeichnet, mit dem Ergebnis,<br />
dass 63 Anlagen im 12. Jahrhundert entstanden sind.<br />
Vorbehaltlich weiterer Fortschritte in der Keramikforschung<br />
wird festgestellt: »Im Untersuchungsgebiet sind demnach die<br />
meisten Burgen deutlich früher entstanden als bisher, weitgehend<br />
nur auf archivalische Quellen gestützt, angenommen.<br />
Die Hauptwelle des Burgenbaus lag danach im Westteil der<br />
Alb schon im 12. Jahrhundert.«<br />
Berücksichtigt man Maurers Datierungs-Vorbehalte bei seiner<br />
Erfassung, dürfte man zum nahezu gleichen Ergebnis kommen.<br />
Eine aktuelle Auswertung von Höhenburgen am Burgenweg<br />
Neckar-Donau (siehe Grafik) unter Berücksichtigung<br />
von Keramik-Datierungen aus anderen Untersuchungen zeigt<br />
eine weitere Bestätigung und überrascht somit nicht.<br />
Sicher gibt es regionale Unterschiede, doch vorsichtig formuliert,<br />
kann man davon ausgehen, dass über 60 Prozent der<br />
Burgen unserer Alb in der Zeit zwischen 1100 und 1200 entstanden<br />
sind. Ein Burgenbau-Boom im wahrsten Sinne!<br />
Burgen und Burgruinen prägen heute noch die Landschaft<br />
der Schwäbischen Alb. Sie sind nicht nur Orientierungspunkte<br />
und Anziehungspunkt für den Wanderer, sondern auch ein<br />
wesentlicher Teil der Geschichte unserer Heimat.<br />
Blätter des Schwäbischen Albvereins • 4 /<strong>2012</strong> • 9