Albvereinsblatt_2012-4.pdf
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Der Rosskümmel, eine für<br />
Baden-Württemberg<br />
neue Pflanze<br />
Von Prof. Dr. Theo Müller<br />
Beim Fotografieren von Pflanzen im Naturschutzgebiet Hessigheimer<br />
Felsengärten (Landkreis Ludwigsburg) für mein<br />
Buch »Schwäbische Flora« fand ich in den Hirschhaarstrang-<br />
Beständen (Hirschwurz-Halde, Steppenheide) ein weiteres<br />
hochwüchsiges (bis über 1 m hoch) Doldengewächs (Schirmblütler).<br />
Von Ferne hatte dieses die Tracht des Breitblättrigen<br />
Laserkrauts (Laserpitium latifolium), das auf der Schwäbischen<br />
Alb in Steppenheide-Beständen nicht selten vorkommt<br />
(nach R. Gradmann 1950 eine Leitpflanze der Steppenheide).<br />
Bei näherem Betrachten zeigten sich aber doch recht beachtliche<br />
Unterschiede zum Breitblättrigen Laserkraut, so vor allem<br />
bei den Blättern und Früchten. Danach handelt es sich<br />
eindeutig um den Rosskümmel (Laser trilobum), einer Art,<br />
die bisher in keiner Flora für Baden-Württemberg angegeben<br />
wurde. Um die Unterschiede zwischen den beiden Doldengewächsen<br />
darzustellen, werden diese im Folgenden gegenübergestellt:<br />
Rosskümmel<br />
• Pflanze mit starkem Kümmel-Geruch<br />
• Blätter mehrfach 3-zählig<br />
• Fiederblättchen rundlich, am Rande stumpf gekerbt<br />
(ähnlich denen der Akelei)<br />
• Dolden 10 – 20-strahlig<br />
• Hüll- und Hüllchenblätter meist fehlend<br />
• Frucht ungeflügelt oder sehr schwach geflügelt<br />
Rosskümmel (Laser trilobum) (oben). Grundständige Blätter des<br />
Rosskümmels (unten).<br />
Breitblättriges Laserkraut<br />
• Pflanze mit würzigem, aber keinem Kümmel-Geruch<br />
• Blätter 3-fach fiederschnittig<br />
• Fiederblättchen breit eiförmig, am Rande meist fein bis<br />
grob gesägt<br />
• Dolden 20 – 40-strahlig<br />
• Hüll- und Hüllchenblätter meist pfriemlich<br />
• reife Frucht deutlich geflügelt<br />
Gemeinsame Merkmale: ausdauernde Pflanzen, Wurzelstock<br />
rübenförmig mit Faserschopf, bis über 1 m hoch werdend,<br />
große zusammengesetzte Dolden, kleine weißliche Blüten,<br />
Vorkommen in Blutstorchschnabel-Saumgesellschaften und<br />
-Halden (Steppenheide).<br />
Es stellt sich nun die Frage: Woher kommt der Rosskümmel?<br />
Die nächsten bekannten Vorkommen sind an der Saar,<br />
in Hessen von Gießen bis Bad Nauheim, auf der Rhön und<br />
im Maingebiet bei Haßfurt. Dabei bleibt die Frage offen, ob<br />
es sich in allen Fällen um natürliche Vorkommen oder um<br />
Verwilderung aus Gärten handelt. Der Rosskümmel wurde<br />
früher seines würzigen Kümmel-Geruchs wegen gelegentlich<br />
in Gärten angepflanzt. Deshalb lag es nahe, zunächst einmal<br />
Kräuterpädagoginnen der Umgebung zu befragen, ob sie<br />
Blatt und Frucht: links Rosskümmel, rechts Breitblättriges Laserkraut<br />
den Rosskümmel kennen oder diesen in Kräutergärten angepflanzt<br />
haben. Die Anfrage wurde negativ beschieden. Es<br />
kommen also nur eine spontane Ausbreitung oder eine gezielte<br />
Ansaat (Ansalbung) infrage.<br />
Ich bitte deshalb alle Leser darum, darauf zu achten, ob in<br />
anderen Kalkgebieten Baden-Württembergs, insbesondere in<br />
tief gelegenen Muschelkalkgebieten der Rosskümmel auch<br />
vorkommt. Sollte dieser neu nur im Naturschutzgebiet Hessigheimer<br />
Felsengärten aufgetreten sein, dann dürfte es sich<br />
mit großer Wahrscheinlichkeit um eine Ansalbung an dem<br />
viel begangenen Wanderweg durch das Naturschutzgebiet<br />
handeln.<br />
Literatur: Robert Gradmann (1950): Das Pflanzenleben der Schwäbischen<br />
Alb, 4. Auflage.<br />
24 • Blätter des Schwäbischen Albvereins • 4 /<strong>2012</strong>