KVNO aktuell 7+8 | 2013 - Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein
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Gründe für mangelnde Therapietreue<br />
Als eine Ursache für die mangelnde Therapietreue<br />
in der adjuvanten Therapie beim Mamma-CA<br />
gilt die Nebenwirkung der Tumortherapie.<br />
Hierzu zählen Müdigkeit (Fatigue),<br />
Gelenkschmerzen, Übelkeit, Schlafstörungen<br />
und Polyneuropathie. Jüngere Frauen brechen<br />
die Therapie oft wegen der Nebenwirkungen<br />
der antihormonellen Therapie durch Aromatasehemmer<br />
(AT) oder selektive Estrogenrezeptormodulatoren<br />
(Tamoxifen R) ab.<br />
Komplementär- oder alternativmedizinische<br />
Maßnahmen können laut Kümmel diese Nebenwirkungen<br />
der schulmedizinischen Verfahren<br />
mildern und möglicherweise auch die<br />
Therapietreue erhöhen. Denn der Patient könne<br />
etwas für sich und die eigenen Selbstheilungskräfte<br />
tun und fühle sich aktiver am Genesungsprozess<br />
beteiligt.<br />
Foto: Fotolia.com<br />
Möglichkeiten der<br />
komplementären Therapien<br />
Akupunktur, Bewegungstherapie, Kohlwickel<br />
und Aconit Schmerzöl haben sich gegen<br />
die Gelenkbeschwerden unter AT-Medikation<br />
als wirksam gezeigt. Eine Optimierung des<br />
Vitamin D-Spiegels ist sinnvoll, da Vitamin<br />
D-Mangel als Risikofaktor für Mamma-CA,<br />
Colon-CA und wahrscheinlich auch weitere<br />
Krebsarten beschrieben wird.<br />
Bei Hitzewallung durch die antihormonelle<br />
Behandlung zeigen sich Akupunktur, Yoga,<br />
Atemübungen, Entspannungstraining,<br />
Bewegungstherapie und Hydrotherapie nach<br />
Kneipp als wirksam zur Beschwerdelinderung.<br />
Letztgenannte Therapien helfen auch gegen<br />
die häufig verspürte Fatigue. Zusätzlich kann<br />
hier Misteltherapie angewendet werden. Vierzellbäder,<br />
Bewegungstherapie, Capsaicin, kalte<br />
Kniegüsse helfen wiederum bei Polyneuropathie.<br />
Auch gegen depressive Verstimmung<br />
kann Akupunktur wirksam sein. Sie ist nebenwirkungsfrei,<br />
steigert das Wohlbefinden – und<br />
bei rund 25 Prozent der Frauen das Interesse<br />
an Sexualität.<br />
Eindringlich warnte Sherko Kümmel vor der<br />
unreflektierten Anwendung von Phytoöstrogenen.<br />
Diese könnten - unabgestimmt eingesetzt<br />
– die antitumoröse Medikation gravierend<br />
beeinflussen und zu ungewollten Nebenwirkungen<br />
führen. Auch die Einnahme von<br />
„harmloseren“ Substanzen könne die Therapie<br />
gefährden. „Schon ein Glas Grapefruitsaft<br />
oder die Einnahme von Johanniskraut können<br />
die Wirkung einer Chemotherapie aushebeln<br />
(Enzyminduktion)“, so Kümmel.<br />
Im Umgang mit den Patientinnen sind daher<br />
offene und ausführliche Gespräche über alle<br />
Therapiemaßnahmen wichtig. So kann auch<br />
verhindert werden, dass der Patient „heimlich“<br />
zusätzlich etwas für sich tun will, ohne<br />
zu wissen, dass er gerade dadurch seine Therapie<br />
gefährdet.<br />
Auch in der Nachsorge zeigt sich eine mangelnde<br />
Adhärenz. In einer Befragung von 245<br />
Mamma-CA-Patentinnen geben lediglich 44<br />
Prozent die Durchführung einer klinischen<br />
Brustuntersuchung und Mammographie an.<br />
Die Nebenwirkungen der<br />
Tumortherapie bewegen<br />
viele Patientinnen<br />
zum Abbruch. Ärzte sollten<br />
offen und ausführlich<br />
über die Therapiemaßnahmen<br />
sprechen<br />
und auf Pro bleme eingehen<br />
– das erhöht die<br />
Compliance.<br />
Berichte<br />
<strong>KVNO</strong> <strong>aktuell</strong> <strong>7+8</strong> | <strong>2013</strong><br />
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