EINBLICK Sonderheft „Was heißt schon normal?“ - AGAPLESION ...
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Deeskalation<br />
Konflikte und aufschaukelnde Prozesse verhindern<br />
Deeskalation durch aggressionsfreie Sprache und Verhaltensweisen<br />
Vermeidung negativ besetzter Begriffe<br />
Die Krankenschwester Christiane<br />
Temizkan ist im Haus Radeland<br />
Wohnetagenleiterin der Bereiche<br />
Gartenstadt und Wasserstadt für<br />
Bewohner mit Demenz. Sie arbeitet<br />
seit 20 Jahren mit dementiell<br />
erkrankten Menschen. Deren<br />
herausforderndes Verhalten<br />
brachte die Krankenschwester<br />
trotz langjähriger Erfahrungen<br />
immer wieder in Situationen,<br />
die auch sie nur schwer händeln<br />
konnte. Als ihr Hausleiter Heiko<br />
Wiemer vorschlug, eine Deeskalationstrainerausbildung<br />
zu<br />
absolvieren, nahm Christiane<br />
Temizkan dieses Angebot gerne<br />
wahr. Im Folgenden stellt sie die<br />
Grundzüge des Deeskalationsprogramms<br />
vor.<br />
ProDeMa ® (Professionelles Deeskalationsmanagement)<br />
ist ein umfassendes<br />
und mehrfach evaluiertes<br />
Präventionskonzept zum professionellen<br />
Umgang mit Gewalt und<br />
Aggression. Es wurde von dem Psychologen<br />
und Psychotherapeuten<br />
Ralf Wesuls entwickelt und umfasst<br />
für alle Bereiche des Gesundheitsund<br />
Sozialwesens speziell auf die<br />
jeweiligen Patienten/Betreuten<br />
zugeschnittene Ausbildungs- und<br />
Schulungsinhalte, um eine maximale<br />
Praxistauglichkeit zu erreichen.<br />
Das Deeskalationsprogramm<br />
umfasst sieben Stufen:<br />
Die Deeskalationsstufen I – III<br />
beschäftigen sich mit den Gründen<br />
des herausfordernden Verhaltens.<br />
Diese können sein: Angst, Unsicherheit,<br />
Verlust der Autonomie usw.<br />
Stufe IV widmet sich der Technik<br />
der verbalen Deeskalation.<br />
Stufe V beinhaltet Übungen der<br />
Körperintervention zur Vermeidung<br />
eines physischen Angriffs bzw. einer<br />
bewohner<strong>schon</strong>enden Befreiung der<br />
Pflegefachkraft.<br />
Stufe VI befasst sich mit patienten<strong>schon</strong>enden<br />
Begleit-, Halte-, Immobilisations-<br />
und Fixierungstechniken.<br />
In vielen Situationen müssen<br />
Patienten/Betreute bei Selbst- oder<br />
Fremdgefährdung festgehalten oder<br />
immobilisiert werden, um weder<br />
sich noch andere Personen zu verletzen.<br />
Die Begleitung eines zum<br />
Beispiel verwirrten oder alkoholisierten<br />
Bewohners erfordert große<br />
Vorsicht. Unsere Begleit-, Halteund<br />
Immobilisationstechniken sind<br />
flexibel hinsichtlich des jeweiligen<br />
Bewohners und seines Verhaltens.<br />
Stufe VII (Nachsorge): Aggressive<br />
Vorfälle, herausfordernde Verhaltensweisen,<br />
stattgefundene Eskalationen<br />
oder notwendig gewordene<br />
Immobilisationen und Fixierungen<br />
werden mit dem Bewohner, einzelnen<br />
Mitarbeitern oder dem gesamten<br />
Team nachbesprochen mit dem<br />
Ziel, zukünftige Vorfälle zu vermeiden.<br />
Nach Erhalt des Trainerscheins<br />
übertrage ich mein Wissen im Deeskalationmanagement<br />
an unsere<br />
Mitarbeiter weiter. Das Erkennen<br />
und Vermeiden von angespannten<br />
Situationen wird in Gruppenarbeiten<br />
gelehrt. Die Erlernung der<br />
Technik verbaler Deeskalation<br />
nimmt den Hauptteil der zweitägigen<br />
Fortbildung in Anspruch.<br />
Dabei erproben die Mitarbeiter<br />
einfache Techniken, um körperliche<br />
Angriffe zu vermeiden und diesen<br />
zu entgehen.<br />
Das Feedback der Mitarbeiter nach<br />
der Fortbildung ist überwiegend<br />
positiv. Sie sind erfreut, dass gerade<br />
langjährige Kollegen <strong>schon</strong> unbewusst<br />
gewisse Techniken anwenden.<br />
Durch die Theorie fühlen sich die<br />
Teams gestärkt und<br />
können die Techniken<br />
der verbalen Deeskalation<br />
anwenden.<br />
Die Befreiung aus einer<br />
Umklammerung seitens<br />
des Bewohners ist<br />
verblüffend einfach und<br />
zeigt den Mitarbeitern<br />
und Mitarbeiterinnen,<br />
dass sie mit herausforderndem<br />
Verhalten<br />
professionell umgehen<br />
können. Mich persönlich<br />
begeistert dieses<br />
Training insbesondere deshalb, weil<br />
es nur in Zusammenarbeit mit den<br />
Bewohnern gut funktioniert.<br />
Die wichtigste Voraussetzung für<br />
eine erfolgreiche Deeskalation ist<br />
ein intensiver Beziehungsaufbau<br />
zu den hilfebedürftigen, uns anvertrauten<br />
Menschen.<br />
Christiane Temizkan<br />
24 | <strong>EINBLICK</strong> <strong>Sonderheft</strong>