Download PDF - Bund gegen Missbrauch der Tiere
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K ANINCHEN<br />
haltung, Bewegung, Deckungssuche,<br />
zum Hoppeln, Laufen, Springen, Graben<br />
und Aufrichten. Die <strong>Tiere</strong> sind verdammt,<br />
auf ihrer durch Regen, Schnee<br />
und Tau feucht gewordenen Einstreu zu<br />
sitzen - und sie sitzen da so lange, wie<br />
es ihre Gesundheit zulässt. Oft verkümmert<br />
dabei die Muskulatur <strong>der</strong> von<br />
Natur aus aktiven, bewegungsfreudigen<br />
<strong>Tiere</strong> und leidet die Seele unter <strong>der</strong><br />
Langweile, die flüchtige Streicheleinheiten<br />
und lieblos hingeworfenes Futter<br />
nicht vertreiben mögen.<br />
Allein bei <strong>der</strong> Fütterung herrscht viel<br />
Unwissenheit vor, beklagt die Expertin<br />
Ruth Morgenegg. Kaninchen sind Rohfaserfresser<br />
und müssen 24 Stunden<br />
am Tag freien Zugang zu frischem Heu<br />
haben. Frisch heißt: nicht gelb, nicht<br />
braun und nicht staubig, muffig o<strong>der</strong><br />
schimmelig - doch welcher in <strong>der</strong> Stadt<br />
lebende Kaninchenhalter ist ernstlich<br />
bereit (und in <strong>der</strong> Lage), seinen Kleintieren<br />
regelmäßig gutes Heu vom Bauernhof<br />
zu holen?<br />
Dabei ist frisches Heu - neben Wasser,<br />
Obst, Gemüse, frischen Pflanzen und<br />
Energie spendenden Samen - die Basis<br />
<strong>der</strong> Ernährung. Kaninchen sind Rohfaserfresser,<br />
die in freier Wildbahn bis zu<br />
80 Mal ihre Futterplätze aufsuchen.<br />
Weil ihr Magen klein und schwach bemuskelt<br />
ist, müssen sie (ähnlich wie<br />
Pferde und Meerschweinchen) ständig<br />
kleine Mengen an rohfaserreicher Kost<br />
zu sich nehmen, um den Mageninhalt<br />
mechanisch durch die Futtermengen<br />
weiter zu schieben und so die Verdauung<br />
in Gang zu halten.<br />
Ent<strong>gegen</strong> ihrer Veranlagung, den<br />
Großteil des Tages mit Nahrungsaufnahme<br />
zu verbringen, bekommen die<br />
meisten Kaninchen einmal täglich die<br />
gesamte Ration vorgesetzt. Richtig da<strong>gegen</strong><br />
wäre die morgendliche Fütterung<br />
von Heu (und frischem Wasser),<br />
um die Verdauung anzukurbeln, <strong>gegen</strong><br />
Mittag Grünfutter wie u.a. Karotten,<br />
Fenchel, Löwenzahn, Gras, Kräuter,<br />
Salate und abends Körner (Mais, Sonnenblumenkerne<br />
etc.).<br />
In den kalten Monaten brauchen Kaninchen<br />
mehr Körnerfutter als im Sommer,<br />
weil <strong>der</strong> Energieverbrauch weitaus<br />
höher ist. Tragen die Tierhalter den<br />
gesunkenen Temperaturen bei <strong>der</strong> Fütterung<br />
nicht Rechnung, kann es passieren,<br />
dass die Kaninchen ohne ihre<br />
schützende Speckschicht im Winter verenden.<br />
Dem geht oft eine lange, unbemerkte<br />
Leidenszeit voraus: Durch Zittern<br />
suchen die zur Bewegungslosigkeit<br />
verurteilten <strong>Tiere</strong> ihre Körpertemperatur<br />
aufrecht zu erhalten o<strong>der</strong> unternehmen<br />
verzweifelte Versuche, sich schützende<br />
Höhlen zu graben - ein<br />
vergebliches Unterfangen in den herkömmlichen<br />
Käfigen mit stabilen Böden.<br />
Text und Fotos: Claudia Lotz<br />
So macht es Familie Mette aus Berlin ...<br />
Im Herbst beginnen Kaninchen, die artgerecht in Außengehegen<br />
leben können, ihr verzweigtes Gangsystem mit Heu<br />
auszupolstern. Familie Mette aus Berlin merkt an ihren <strong>Tiere</strong>n,<br />
wann <strong>der</strong> Spätsommer endgültig seine letzten Sonnentage<br />
schenkt. Twix und Bounty, ihre beiden Kaninchen-Senioren,<br />
beginnen eifrig Heu zu sammeln und in ihre Höhle<br />
zu verschieben, um so bestens isoliert die Wintermonate zu<br />
überstehen.<br />
Als die Eltern dem Wunsch ihrer drei Kin<strong>der</strong> nach Kleintieren<br />
nachkamen, war von vornherein klar, dass sowohl Kaninchen<br />
als auch Meerschweinchen ihren Bedürfnissen entsprechend<br />
leben sollten. "Wir wollten sie nicht im engen Käfig vegetieren<br />
lassen", sagt Frau Mette, die mit ihrem Ehemann einen<br />
Wochenplan für die Betreuung <strong>der</strong> Schützlinge aufstellte. Jede<br />
Woche ist ein Kind mit <strong>der</strong> Versorgung an <strong>der</strong> Reihe und<br />
übergibt jeweils am Sonntag an die Geschwister mit dem<br />
Hinweis, ob Futter nachgekauft werden muss o<strong>der</strong> Auffälligkeiten<br />
festgestellt wurden.<br />
Die drei mittlerweile jugendlichen Geschwister sind mit <strong>der</strong><br />
Verantwortung für <strong>Tiere</strong> aufgewachsen und haben<br />
in ihren Eltern Gesprächspartner gefunden,<br />
die ihnen die Fürsorglichkeit und den Respekt vor allen Lebewesen<br />
vorleben. Kein Wun<strong>der</strong>, dass sich selbst Malou, die<br />
Weimaraner Hündin <strong>der</strong> Familie, als Freundin <strong>der</strong> Kaninchen<br />
und Meerschweinchen versteht und unter gar keinen Umständen<br />
einen <strong>der</strong> Nager auch nur erschrecken würde.<br />
So gibt es glücklicherweise auch positive Beispiele in <strong>der</strong><br />
Kleintierhaltung - und wir hoffen, dass auch für unser Berliner<br />
Kaninchen bald bessere Schnuppertage anbrechen. Lotta,<br />
so heißt die Kaninchendame jetzt, war unterernährt und<br />
schon gefährlich dehydriert, als wir sie sofort nach ihrer Rettung<br />
einer Tierärztin vorstellten.<br />
Sie war nicht sicher, ob das Tier die Nacht überstehen würde<br />
- doch die lebensfrohe Lotta wollte und wartet jetzt im Tierheim<br />
Arche Noah in<br />
Stuhr auf liebevolle<br />
Menschen, die Freude<br />
daran haben, auch<br />
Kaninchen glücklich<br />
zu machen…<br />
Tierglück bei Familie Mette in Berlin<br />
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 4/2008<br />
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