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magazin<br />

REISEZIEL HOTEL<br />

basel zeigt pioniergeist<br />

Von Andrea Baumann - Der Betrieb DasBreiteHotel wird von Menschen mit Behinderung geführt (Bild: zVg.)<br />

■ «Stelle infolge von Mobbing gekündigt» oder<br />

«es muss eine Strategie bezüglich Integration entwickelt<br />

werden» oder «Anforderungsprofil: zwischen<br />

25 und 35 Jahren; mit Hochschulabschluss<br />

in Multimanagement, Theologie und Biologie mit<br />

Spezialgebiet Vorderasien; wohnhaft im Kanton<br />

Fribourg, blond, dunkeläugig, Sternzeichen Stier»<br />

– alles Leitsätze, denen gesunde Arbeitnehmer im<br />

heutigen Berufsleben begegnen. Die Anforderungen<br />

auf dem Arbeitsmarkt sind gestiegen und die<br />

Angst, dass man dem Profil nicht entspricht oder<br />

gar ersetzt wird, ist weit verbreitet. Wie ergeht<br />

es jedoch Personen, die körperlich oder geistig<br />

behindert sind? Haben die überhaupt noch eine<br />

Chance auf das rasant kreisende Karussell aufzuspringen?<br />

DasBreiteHotel in Basel möchte mit seinen 26<br />

geschützten Arbeitsplätzen behinderten Menschen<br />

eine Möglichkeit zur Integration bieten.<br />

Anders als in vielen geschützten Werkstätten, wo<br />

es kaum berufliche Kontakte zur Aussenwelt gibt<br />

und deshalb kein Austausch gepflegt werden kann,<br />

geschieht in einem Hotelbetrieb viel Zwischenmenschliches.<br />

Genau dies bestärkte die Initianten,<br />

dass ein kleiner Hotelbetrieb das richtige Umfeld<br />

ist, um Integration, Weiterbildung und Beschäftigung<br />

zu vereinen. Nach mehreren Jahren der<br />

Projektionsphase war es dann im Oktober 2005<br />

soweit: DASBREITEHOTEL konnte seine Eröffnung<br />

feiern.<br />

Ganz im Sinne, dass es nichts zu verbergen gibt,<br />

gewährt die riesige Fensterfront der Eingangshalle<br />

mit der Rezeption und dem Frühstücksraum freie<br />

Ein- und Ausblicke. Das Hotel wird als Garni mit<br />

3-Sterne Klassifikation geführt. Den Gästen wird<br />

morgens ein reichhaltiges Frühstück auf den Tisch<br />

gezaubert. Die Mitarbeitenden werden hingegen<br />

auch mittags von der Küchenmannschaft kulinarisch<br />

verwöhnt. Nebst seiner Funktion als Hotel<br />

sollen die Räumlichkeiten auch als Begegnungsort<br />

fürs Qu<strong>art</strong>ier genutzt werden. Schliesslich ist das<br />

Hotel im Breitezentrum eingebettet. Anziehungspunkt<br />

ist unter anderem der sonntägliche Brunch<br />

einmal im Monat mit Jazzkonzert.<br />

Alle Räumlichkeiten sind äusserst grossflächig<br />

gebaut, inklusive Hotelzimmer, die bezüglich Fläche<br />

5*-Hotel-Anforderungen entsprechen. Es versteht<br />

sich von selbst, dass das ganze Hotel hindernisfrei<br />

gebaut ist und die Badezimmer keine Türe<br />

haben, was alle Gäste sehr schätzen. Das Hotel<br />

wird übrigens nur von wenigen körperlich Behinderten<br />

frequentiert. Insbesondere Messebesucher<br />

und Geschäftsleute finden den Weg ins BreiteHotel<br />

und schätzen die Nähe zu Autobahn, Messegelände<br />

und Industriegebieten sowie die herzliche Beherbergung.<br />

Ueli Genner, der Hoteldirektor, ist stolz auf sein<br />

Team. Er ist überzeugt, dass er das motivierteste<br />

Team der Stadt hat. Da das Hotel auch nach ökonomischen<br />

Aspekten geführt wird, gestaltet sich<br />

das Bewerbungsverfahren sehr ähnlich wie bei<br />

anderen Arbeitgebern. Interessenten bewerben<br />

sich schriftlich auf die Anzeige und werden zu<br />

einem Anstellungsgespräch eingeladen. In einem<br />

weiteren Schritt lernen die Bewerber den Betrieb<br />

während einer Schnupperzeit kennen. Ueli Genner<br />

betont: «Eine wichtige Voraussetzung ist, dass die<br />

Kandidaten den Arbeitsweg selbstständig bewältigen<br />

können.» Anstellungsmöglichkeiten sind im<br />

Bereich Hauswirtschaft und Küche gegeben. Um<br />

die Rezeption und Direktion kümmert sich nichtbehindertes<br />

Fachpersonal. Die BereichsleiterInnen<br />

bringen Erfahrungen aus dem Hotelfach und der<br />

Pädagogik mit. Im Umgang mit den Mitarbeitern<br />

benötigen die Fachkräfte viel Zeit und Geduld. Im<br />

BreiteHotel sind dreimal so viele Mitarbeitende angestellt,<br />

verglichen mit einem normalen Garni-Hotel<br />

derselben Grösse, was sich auch positiv auf die<br />

Atmosphäre auswirkt, denn Hektik kommt nicht<br />

auf. Die Bedienung ist sehr aufmerksam, ja sogar<br />

liebevoll. Thomas Degen, einer der glücklichen Mitarbeiter<br />

ist froh, dass er als Allrounder fungieren<br />

kann. Ob Betten machen, Zimmer reinigen, Küchendienst,<br />

PR-Aufgaben, Servieren oder Botengänge,<br />

der Alltag im BreiteHotel bietet Thomas<br />

viel spannende Abwechslung. Auch die täglichen<br />

Begegnungen mit den Gästen und Kollegen bedeuten<br />

eine Bereicherung für ihn.<br />

Nicht nur das innerbetriebliche Klima stimmt<br />

zu Freude an, auch die Tatsache, dass bereits im<br />

ersten Geschäftsjahr die Bettenauslastung alle Erw<strong>art</strong>ungen<br />

übertroffen hat und sich ein Kreis von<br />

Stammgästen gebildet hat. Die Medienpräsenz,<br />

auch aus dem benachb<strong>art</strong>en Ausland, und das<br />

allgemeine Interesse waren sehr hoch und unterstützten<br />

die positive Bilanz entscheidend. Es bleibt<br />

zu hoffen, dass dieses engagierte, mutige Pionierprojekt<br />

Ausstrahlung in die ganze Schweiz hat.<br />

DASBREITEHOTEL<br />

Zürcherstrasse 149, CH-4052 Basel<br />

Telefon: +41 (0)61 315 65 65<br />

Fax: +41 (0)61 315 65 00<br />

E-Mail: mail@dasbreitehotel.ch<br />

www.dasbreitehotel.ch<br />

Besitzer: Verein Zämme – das andere Hotel<br />

Anreise:<br />

Mit dem Auto – Autobahnausfahrt «Breite» der<br />

Nord-Süd-Achse A2. Im Parking des Hotels stehen<br />

18 Plätze zur Verfügung.<br />

Mit dem öffentlichen Verkehr ab Bahnhof<br />

SBB mit dem Tram 8, 10 oder 11 eine Station bis<br />

«Aeschenplatz», dort auf die Linie 3 Richtung<br />

Birsfelden wechseln und an der Station «Breite»<br />

aussteigen.<br />

Preis pro Zimmer / Nacht/ inkl. Frühstück:<br />

EZ: Fr. 90–170.- / DZ, Grand lit: Fr. 120–210.- / DZ,<br />

zwei Betten: Fr. 170–250.-<br />

Gastronomie:<br />

Nur Garnibetrieb; Kaffee, Tee, Kuchen; Sonntagsbrunch<br />

34<br />

ensuite - kulturmagazin Nr. 50 | Februar 07

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