Schuljahr 2010/11 - Grundschule Edenkoben
Schuljahr 2010/11 - Grundschule Edenkoben
Schuljahr 2010/11 - Grundschule Edenkoben
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
• 26.01.: Fernsehtalksendungen sollte man sich vielleicht generell nicht antun. Aber<br />
irgendwie zappe ich beim abendlichen Schalten dann doch zu Sandra<br />
Maischberger und ihrer Talkrunde, die diesmal dem Umgang mit Kindern<br />
insbesondere in der Schule gewidmet ist. Ich erfahre in diesem Kontext von einem<br />
in den USA offenbar sehr erfolgreichen Buch einer chinesisch-stämmigen<br />
Professorin, das derzeit auf Platz 4 der weltweiten Amazon-Verkaufsliste steht<br />
(Originaltitel: "The battle hymn of the tiger mother"). Was ich bei der Recherche im<br />
Internet finde, entsetzt mich. Die Mutter zweier Töchter erzählt begeistert vom<br />
Erfolg z.B. der folgenden Thesen und Methoden (alle Zitate nach WELT und<br />
Stuttgarter Zeitung):<br />
• Sie droht dem Kind mit dem Verbrennen der Stofftiere, als es nicht mehrere<br />
Stunden sein Instrument üben will.<br />
• Die richtige Lösung bei "nicht optimalen Leistungen besteht darin, das Kind<br />
herunterzumachen, zu bestrafen und zu beschämen."<br />
• Beim zunächst erfolglosen Üben eines Klavierstücks: "Wir arbeiteten durch die<br />
Abendessenzeit bis spät in die Nacht, und ich ließ Lulu nicht aufstehen,<br />
nicht, um sich Wasser zu holen, nicht einmal, um aufs Klo zu gehen." - "Das<br />
Haus verwandelte sich in eine Kriegszone, und ich verlor beim Brüllen<br />
beinahe meine Stimme."<br />
• Ihre Kinder "hatten nie die Erlaubnis, bei Freunden zu übernachten; sich mit<br />
Freunden zum Spielen zu verabreden; an einem Schuldrama teilzunehmen;<br />
sich darüber zu beschweren, dass sie nicht an einem Schuldrama<br />
teilnehmen durften; Fernsehen schauen oder am Computer spielen; selbst<br />
zu bestimmen, an welchen außerschulischen Aktivitäten sie teilnehmen<br />
wollten; eine andere Note als eine eins zu haben; nicht der beste Schüler in<br />
irgendetwas zu sein."<br />
Offenbar finden solche Thesen ein breites Publikum. Unsicher wegen der<br />
Unübersichtlichkeit einer sich ständig ändernden Welt, wegen der immer<br />
zahlreicheren Bildungstests von PISA bis IGLU, vielleicht auch wegen der<br />
Probleme mit den eigenen Kindern, neigen Menschen dazu, scheinbar einfache<br />
Lösungen als zumindest faszinierend zu empfinden. Nicht wenige scheinen<br />
bereit zu sein, die freiheitlichen Errungenschaften unserer abendländischen<br />
Gesellschaft den Verlockungen solcher Patentrezepte zu opfern. Und aus dem<br />
sicherlich richtigen "Kinder brauchen Grenzen" wird schnell ein gefährlicher Brei<br />
aus "Früher war es besser" und "Wir brauchen wieder ...."<br />
Was brauchen wir denn "wieder"? Zum Erfolg geprügelte Kinder? Ihrer<br />
Individualität beraubte Lernmaschinen? Lernerfolge als Ergebnis von Angst? -<br />
Als Lehrerinnen und Lehrer wissen wir genau, dass natürlich Verlässlichkeit und<br />
nötigenfalls auch Konsequenz eine wichtige Grundlage von Erziehung<br />
darstellen. Wir erleben aber auch täglich, dass Kinder durchaus aus eigenem<br />
Antrieb Interesse für eine Sache empfinden, sich ohne Zwang für etwas<br />
begeistern und selbstständig arbeiten können. Die in PISA mit China gleichauf<br />
liegenden Länder und Regionen wie Finnland oder Südtirol beweisen, dass sehr<br />
gute Leistungen nicht nur auf chinesischem Wege, also ohne gebrochene<br />
Persönlichkeiten und sogar ohne Ziffernnoten möglich sind. Orientieren wir uns<br />
also an den richtigen Vorbildern, um unsere Schule und die Ausbildung unserer<br />
Kinder weiter zu verbessern. Und lesen wir (andere) Bücher, die uns dabei<br />
wirklich weiterbringen. Mein Dank in diesem Zusammenhang gilt dem als