10.01.2014 Aufrufe

Hermann W. Prignitzer Der Serienmörder oder „Kennst du die ...

Hermann W. Prignitzer Der Serienmörder oder „Kennst du die ...

Hermann W. Prignitzer Der Serienmörder oder „Kennst du die ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

geschrieben haben, das bin ich trotzdem nicht. Und meinen Vater hab’ ich schon gar<br />

nicht auf’m Gewissen. <strong>Der</strong> hat mich auf’m Gewissen. – Haben Sie eigentlich auch ’n<br />

Sohn?“<br />

„Ich hab’ sogar zwei Söhne. <strong>Der</strong> eine ist neunzehn, der andere elf.“<br />

„Ach Gott, das war ich auch mal. Ich war auch mal elf. Da in<br />

Hohenschönhausen. Im zwölften Stock. Bin ich mit’m Fahrstuhl hoch. Und als ich<br />

oben angekommen bin, stand er schon vor der Tür. Im Bademantel. Im ersten<br />

Moment hab’ ich ihn gar nicht wiedererkannt. ‚Na Konni, freust’ dich?‘ hat er<br />

gesagt, und dann bin ich mit rein, und dann kriegt’ ich erstmal was zu trinken.“<br />

„Nun trink erstmal was. Siehst aus, als wenn <strong>du</strong> Durst hast. Und zieh mal <strong>die</strong><br />

Jacke aus. – Mein Gott, hat deine Mutter dich verpackt. Bei dem herrlichen Wetter<br />

noch so’n dicken Pullover. Was hast’n da drunter?“<br />

„’n Unterhemd.“<br />

„Mit langen Ärmeln, was?“<br />

„Ja.“<br />

„Das sieht ihr ähnlich. Du, lass dich ja nicht verpimpeln. Zieh mal den Pullover<br />

aus. So warm, wie es hier ist, da könntest’ glatt nackt rumsitzen. So wie ich. Guck<br />

mal, ich hab’ unter dem Fetzen nichts drunter. – Du, trink mal noch ’n Schluck von<br />

der Cola, und dann zeig’ ich dir das Bad. Ich wollt’ nämlich grad <strong>du</strong>schen. Das<br />

machen wir jetzt zusammen. Nackt an nackt kommen wir uns am besten wieder<br />

näher. Siehst’ mal, dein Vater ist auch bloß ’n Mensch. Hat ’ne Brust wie <strong>du</strong>, hat ’n<br />

Bauch wie <strong>du</strong>, nur dass meiner ’n bisschen runder ist, und ’n Schwanz hat er auch,<br />

genau wie <strong>du</strong>, auch wenn mir meiner ständig von mir absteht, aber das passiert dir<br />

auch, wenn <strong>du</strong> so alt bist wie ich. – Na, dann komm mal. Schön alles auszieh’n. Vor<br />

mir brauchst <strong>du</strong> dich nicht zu genier’n. – So, und seif’ ich dich erstmal anständig ein.<br />

Schön stillhalten. Ja, ja, hinten muss auch sein. <strong>Der</strong> Po ist das Wichtigste. Wenn der<br />

nicht sauber ist, ist gar nichts sauber. Na los, lass deinen Vater mal machen. So<br />

gemütlich kriegst’ es nicht wieder. – Na bitte, wer sagt’s denn, und nun leg’ dich mal<br />

mit’m Rücken auf den Läufer vor der Badewanne. Ja, ja, so eingeseift wie <strong>du</strong> bist.<br />

Einfach hinlegen da unten.“<br />

„Schreien hat nicht geholfen. <strong>Der</strong> hat mir den Mund zugehalten. Aber voriges<br />

Jahr in Nürnberg, da hat ihm das Schreien auch nichts geholfen. Da lag er Null<br />

Komma nichts auf der Seite. Obwohl mir <strong>die</strong> Hand gezittert hat, als ich abgedrückt<br />

hab’. Aber ich hab’ ihn erwischt. Hat kein’ Pieps mehr von sich gegeben. Und<br />

bestimmt hat er gedacht, gleich könnt’ er mich wieder. ‚Wo kommst’n her?‘, hat er<br />

gefragt, ‚willst’ mich besuchen?‘ Und als ich Ja gesagt hab’, hat er den Jungen nach<br />

Hause geschickt, dem er grad Nachhilfeunterricht gegeben hat. In Deutsch. Mein<br />

Vater war doch Deutschlehrer. Na zu DDR-Zeiten hat er auch noch Geschichte und<br />

Staatsbürgerkunde gegeben. Aber Staatsbürgerkunde war dann ja nicht mehr<br />

angesehen. Wahrscheinlich ist er deshalb auch nach Nürnberg gegangen. Da haben<br />

sie das ja nicht gewusst. Da konnt’ er wenigstens Nachhilfeunterricht geben.<br />

Wahrscheinlich für besonders Begriffsstutzige. So wie der Jungen, den er da nach<br />

Hause geschickt hat. <strong>Der</strong> sah jedenfalls mächtig verheult aus. Ich glaube, der hat sich<br />

verdammt schinden müssen. Aber mein Vater war wie immer. Hatte auch bloß<br />

wieder ’n Bademantel an. Nicht den von damals. Nee, nee, ’n neuen, so’n hellblauen,<br />

der damals war irgendwie rot, aber das wurde der neue dann ja auch. Mein Vater hat<br />

auf der Seite gelegen, und dann hat sich das Ding verfärbt. – Bloß gut, dass er den<br />

Jungen nach Hause geschickt hat, sonst wär’ der wahrscheinlich auch mit hops<br />

gegangen. Ich war doch wie blind, wenn ich losgeschossen hab’. Hab’ auf alles<br />

15

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!