Hermann W. Prignitzer Der Serienmörder oder „Kennst du die ...

meinem Leben schon oft geschlagen worden, wenn ich nicht so wollte, wie ich sollte.
– Mensch, ich hab’ vielleicht schon Kloppe eingesteckt, sag’ ich Ihnen. Da können
andere hundert werden, das erleben die nie. Kloppe über Kloppe, und immer auf’n
Nackten. – Ich glaub’ nicht, dass sich das jemand vorstellen kann, wie ich zu Hause
verwamst worden bin. Auch wenn ich zugebe, dass mir das nicht geschadet hat, aber
heutzutage, da vertrag’ ich’s nicht mehr. Da mogel ich mich drumherum. Und das
klappt auch. Ich erzähl was, und der Psychologe guckt immer ganz freundlich. Da
weiß ich, der hat es geschluckt. – Sie, das ist gar nicht so einfach. Biegen Sie erstmal
alles so hin, dass einer nicht stutzig wird. Das ist harte Arbeit. Aber was soll ich
machen? Traktiert will ich nicht werden. Gefickt auch nicht mehr, oder doch, aber
nur noch von Ihnen. Wenn die Gefühlsebene stimmt, ist das o.k., da könnten Sie
sonstwas für einen haben, und wenn Sie’s mit dem dreimal hintereinander brauchten,
dann wär’ ich auch nicht abgeneigt. Nee, wär’ ich nicht. – Wollen Sie’s nicht mal
versuchen, ich meine: ausprobier’n?“
„Nein Konrad, deshalb bin ich nicht hier.“
„Ja, ich weiß, Sie wollen ja ’n Film über mich machen. Aber der, der mich da
spielen soll, der hat es nicht leicht. Der hat was auszuhalten, sag ich Ihnen. So oft,
wie sie mir die Rosette geknackt haben, das ist gar nicht beschreibbar. Da hätten Sie
dabei sein müssen. Rotz und Wasser hätten Sie geheult. Was die mir da angetan
haben, das haben sie den Juden nicht angetan. Und die haben sie ja nun wahrhaftig
gequält. Aber wenn die in die Gaskammer gekommen sind, dann haben sie
wenigstens gewusst, jetzt ist Schluss. Jetzt kann mir keiner mehr was. Aber mit mir
konnte immer wieder einer. Das nahm einfach kein Ende. Keine Aussicht, verstehen
Sie. Da hatten’s die Juden besser.“
„Glaubst du das wirklich?“
„Sollt’ ich nicht, was?“
„Mir gegenüber jedenfalls nicht.“
„Sie haben ’n Beschnittenen, stimmt’s?“
„Ja.“
„Dacht’ ich mir. Horenstein klingt irgendwie nicht deutsch. Aber das macht mir
nichts, nicht, dass Sie das denken. ’n Juden hätte ich nie erschossen, egal, was der
mit mir gemacht hätte. Sie, ich hab’ mal ’n Film gesehen. Haben sie Leichen mit’m
Bulldozer zusammengeschoben. Alles Juden. War’n die reinsten Gerippe. – Sie, so
möcht ich nicht enden. Auch wenn ich das eben von der Gaskammer gesagt hab’.
Aber das war nur, weil ich schon dreiundzwanzig bin und noch nirgends geliebt
wurde. Da kommt man auf so was, ob man will oder nicht. Da denkt man: Die da
schnell tot war’n... auch wenn sie erstickt sind, was ich mir furchtbar vorstelle... aber
die hatten es jedenfalls hinter sich. Die hat keiner mehr quälen können. Wenn man
als Leiche gefickt wird, merkt man’s ja nicht mehr. Und wenn es zweie gleichzeitig
machen. Als Leiche ist man ’ne Leiche, da können sie einem am Arsch lecken.“
„Du, komm mal runter von dem Thema, Konrad. Sag mir mal lieber, ob du in
der Schule gern Sport getrieben hast. So zu der Zeit, als du diesen Feldmann als
Lehrer hattest.“
„Da musst’ ich ja nicht viel mitmachen. Da hatten sie bei mir doch ’n Herzfehler
festgestellt. Da durft’ ich oft zugucken, wenn die andern geturnt haben. Da hat Herr
Feldmann gesagt: ‚Krüppel auf die Bank‘, und dann durft’ ich mich hinsetzen, und
die andern haben gelacht.“
„Die haben dich ausgelacht, oder wie?“
„Ja, ja, so ähnlich. Jedenfalls haben sie gelacht.“
„Hat dir das was ausgemacht?“
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