Adoption/Pflegefamilie - Clicclac

Titelthema
Adoption
Melina (15): Seit zehn Jahren in einer
Pflegefamilie ::: Hier erzählt sie über ihre Erfahrungen
CC: Melina, warum lebst Du in einer Pflegefamilie?
Meine Mutter hat Drogen genommen. Ich war viel
allein in der Wohnung. Als ich vier Jahre alt war,
wollte meine Mutter eine Therapie machen. Darum
sollte ich für drei Monate weg. Die Therapie hat
sie nie zu Ende gebracht. In den ersten Jahren hatte ich immer
Angst, dass sie stirbt. Jetzt bin ich seit über zehn Jahren in einer
Pfl egefamilie.
CC: Kennst Du Deine leiblichen Eltern und siehst Du Sie regelmäßig?
Ich kenne meine Mutter. Früher habe ich sie einmal im Monat gesehen.
Jetzt telefonieren wir und sehen uns ein bis zwei Mal im Jahr.
Sie vergisst ganz viel und interessiert sich nur für sich selbst.
Meinen Vater kenne ich nicht, weil meine Mutter sagt, sie gibt mir
keine Auskunft. Er wäre ein schlechter Mensch, und sie hat Angst
um mich. Wenn ich 16 bin, suche ich ihn mit Hilfe meiner neuen
Familie.
CC: Wie hast Du anfangs das Zusammenleben
mit für Dich noch fremden Menschen
empfunden? Worin lagen die Anfangsschwierigkeiten?
Ich habe gedacht, dass ich nur kurz bleibe. Damals
hatte ich immer Angst und viele Alpträume.
Bevor ich in meine jetzige Familie gekommen bin, war ich noch
woanders, und ich hatte immer Angst, noch mal dahin zu müssen.
Meine Pfl egemutter hat mir versprochen, dass ich in der Familie
bleibe oder zu meiner Mutter zurückgehen kann. Sie ist immer da
gewesen und hat mir immer gesagt, wo sie ist. Dann hatte ich nicht
mehr so viel Angst.
„Meine Mutter
hat Drogen
genommen“
„Wenn ich 16 bin,
suche ich meinen
Vater“
CC: Was wurde unternommen, um miteinander
vertraut zu werden, und gegenseitig in
eine gute Beziehung zu kommen?
Wir haben viel gespielt und geredet, und keiner
hat etwas versprochen und dann nicht gehalten.
Es war immer jemand für mich da. Es war auch
toll, dass keiner etwas Doofes über meine Mutter gesagt hat.
CC: Wie verstehst Du Dich mit den anderen Kindern/Jugendlichen
in der Pflegefamilie?
Mal so, mal so. Immer wenn neue Kinder kamen, war das am Anfang
toll. Heute will ich nicht, dass andere in meine Familie kommen.
Einige sind okay, andere nicht.
CC: Wie gehen Mitschüler und Freunde damit um, dass Du
nicht bei Deinen leiblichen Eltern wohnst?
Die fi nden das toll, weil sie sehen, dass sich jemand um mich kümmert.
Mich nervt das oft, wenn ich immer sagen soll, wo ich lebe
und mit wem. Nicht alle wissen, dass das meine Pfl egefamilie ist.
Ist ja auch uninteressant.
CC: Für was wirst Du Deinen jetzigen Pflegeeltern
immer dankbar sein?
Dafür, dass ich immer über alles mit Ihnen reden
kann, ob das gut ist oder schlecht, ob es Diskussionen
gibt oder nicht. Alles darf Thema sein,
und ich habe auch keine Angst, wenn mal was rauskommt.
CC: Vielen Dank, dass Du für ein Interview zur Verfügung
standest!
>> Die Fragen stellte Viola Klingspohn.
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