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Zwischen Dannebrog und Preußenadler - Husum-Stadtgeschichte

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Theodor Storm<br />

* 14. 9. 1817 in <strong>Husum</strong><br />

† 4. Juli 1888 in Hademarschen<br />

Am 7. Juli 1888 wurde Theodor Storm<br />

auf dem St.-Jürgen-Friedhof in <strong>Husum</strong><br />

in der Woldsen-Familiengruft beigesetzt.<br />

Zum zehnten Todesjahr 1898 wurde die Storm-Büste<br />

im <strong>Husum</strong>er Schlosspark aufgestellt.<br />

Der in <strong>Husum</strong> geborene Bildhauer Prof. Adolf Brütt (1855-1939)<br />

war mit der Ausführung betraut worden.<br />

Prof. Ferdinand Tönnies (1855-1936), in <strong>Husum</strong> aufgewachsen,<br />

hielt bei der Einweihung die Gedenkrede.<br />

könnte erst recht dem juristischen Erfahrungsschatz Theodor Storms entstammen.<br />

Zwar ist bekannt, daß er z. B. als Landvogt 1866 einen Verurteilten in das Zuchthaus<br />

eingewiesen hat 36 , doch legte er dieser Novelle den Bericht seiner Schwägerin<br />

Charlotte Storm, geb. Esmarch zugr<strong>und</strong>e, den sie ihm in Hademarschen mitteilte<br />

<strong>und</strong> den er sofort verarbeitete: „Da erzählt mir Tante Lotte, meines Bruder Doctors<br />

Frau, die just hier war, den etwas unheimlichen Tod eines <strong>Husum</strong>er Menschen, u.<br />

wie ich andern Morgen aufsteh, ist die Geschichte fertig in meinem Kopf ...“ 37 .<br />

Storm läßt, nach dem Tode des Zuchthäusler, den Bürgermeister feststellen: „Nachdem<br />

dieser John von Rechtes wegen seine Strafe abgebüßt hatte, wurde er, wie gebräuchlich,<br />

der lieben Mitwelt zur Hetzjagd überlassen, <strong>und</strong> sie hat ihn nun auch zu<br />

Tode gehetzt; denn sie ist ohn Erbarmen.“ Aus diesen Worten spricht die Erfahrung<br />

des Juristen. Storm prangert hiermit die Grausamkeit <strong>und</strong> Selbstgerechtigkeit der<br />

Gesellschaft an, die auch über dem, der die Strafe verbüßt hat, den Stab bricht.<br />

Doch ist diese Kritik nicht sein Hauptanliegen. Ihm geht es überwiegend um das<br />

menschliche Problem, um die psychologischen Motive des Konfliktes, auch wenn<br />

seine Sozialkritik nicht zu überhören ist, eine Kritik, die sich insbesondere gegen<br />

die Inhumanität des kleinstädtischen Bürgertums <strong>und</strong> seine Unfähigkeit zur sozialen<br />

Toleranz wendet 38 , für die das Städtchen <strong>Husum</strong> in diesem Fall symbolhaft herhalten<br />

mußte. Storm war wohl noch weit davon entfernt, die Probleme <strong>und</strong> das Erfordernis<br />

einer echten Resozialisierung, nach einer Strafverbüßung zu fordern,<br />

doch reicht er mit der Problematik, die diese Novelle vermittelt, in das 20. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

<strong>und</strong> die gegenwärtigen Erkenntnisse zum Strafvollzug hinein, mag dieses auch<br />

unbewußt, aber aus seinem geschulten Judiz heraus, erfolgt sein. Der humane<br />

Strafvollzug <strong>und</strong> eine humane echte Resozialisierung standen in seinem Jahrh<strong>und</strong>ert,<br />

als es noch Todes- <strong>und</strong> Karrenstrafe neben dem Zuchthaus gab, noch nicht zur<br />

Diskussion.<br />

c) Betrachtet man Storms sämtliche Werke, so kann man allerdings nicht<br />

sagen, daß seine künstlerische Aussagekraft überwiegend durch juristische<br />

Fälle <strong>und</strong> Erfahrungen bereichert wird. Er entwickelte zwar zunehmend<br />

ein Gespür für Zeittypisches 39 , doch läßt er in die Handlungen nicht nur<br />

seine Erfahrungen als Jurist einfließen, sondern neben vielen Jugenderinnerungen<br />

auch die Erfahrungen als Ehemann, Familienvater <strong>und</strong> gebildeter<br />

Bürger.<br />

Es ist eigentlich selbstverständlich, daß Storm seine juristischen <strong>und</strong><br />

rechtsgeschichtlichen Kenntnisse, insbesondere die Kenntnis der Besonderheiten<br />

des Gerichtswesen seiner Heimat, nicht ausklammert, sondern<br />

diese Kenntnisse durch geeignete Fachbücher, wie das fünfbändige „Handbuch<br />

des Schleswig-Holsteinischen Privatrechts“ seines Kieler Lehrers<br />

Nikolaus Falck oder durch die Beziehung der Sammlung des <strong>Husum</strong>er<br />

Particularrechtes von J. Laß aus dem Jahre 1750 noch vertieft. Doch läßt er<br />

sich auch auf anderem Gebiet durch den Rat von Fachleuten sachk<strong>und</strong>ig<br />

machen, so z. B. auf dem Gebiet des Deichbauwesens: Der Bauinspektor<br />

Christian Eckermann informierte ihn bei den Recherchen zum „Schimmelreiter“<br />

umfassend über Fakten zur Deichbautechnik <strong>und</strong> zur Deichbaugeschichte.<br />

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