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Zwischen Dannebrog und Preußenadler - Husum-Stadtgeschichte

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3. Die juristische Tätigkeit Storms <strong>und</strong> seine Entwicklung zum Realismus<br />

Unzweifelhaft ist Storm jedoch seine juristische Ausbildung - wohl unbewußt<br />

- bei der langsamen Entwicklung seiner realistischen Darstellungskunst<br />

zugute gekommen: Parallel zu einer immer sachlicheren Arbeitsweise,<br />

die insbesondere auf die Jahre in Preußen zurückgeht, kommt Storm zu<br />

einem realistischeren Stil seiner Novellen. In den Jahren, als er noch junger<br />

Advokat in <strong>Husum</strong> war <strong>und</strong> zwischen den Arbeiten „nach den Spreen“ im<br />

Garten sah, schrieb er seine Idyllen, die ihn lange Zeit zum „Goldschnittpoeten“<br />

stempelten. Nach den einschneidenden Erlebnissen der politischen<br />

Emigration, der unerwarteten Rückkehr in die Heimat <strong>und</strong> dem Tode Constanzes<br />

gelangte er - bereits ab Potsdam - zu einer äußerst intensiven juristischen<br />

Aktivität, die - insbesondere in Preußen - oft seine letzte Kraft forderte;<br />

gleichzeitig gelang ihm der Durchbruch zu einer realistischen<br />

Schreibweise. Diese ermöglichte ihm, ohne Kommentierung <strong>und</strong> Wertung,<br />

die Tatsachen <strong>und</strong> Verhältnisse in der ihm eigenen Sprache so darzustellen,<br />

wie sie tatsächlich waren.<br />

Es gelang ihm damit, wie er selbst an Emil Kuh schrieb 40 , die Stimmung<br />

nicht in das Werk hineinzutragen, sondern sich aus den vorgetragenen Tatsachen<br />

selbst entwickeln zu lassen. Hierbei beschränkte er sich auf wenige<br />

Situationen <strong>und</strong> Verhältnisse, die dadurch zu Symbolen wurden, Symbolen<br />

seiner damaligen erlebten Wirklichkeit. Dadurch wurde Storm zum Kritiker<br />

seiner Gegenwart, die uns heute natürlich nicht mehr so verständlich ist<br />

wie seinen Zeitgenossen. Und dennoch bleibt er auch für heutige Leser in<br />

seiner Problemstellung in gewissem Umfang aktuell. Durch die Darstellung<br />

der Probleme von Vater-Sohn-Konflikten, unverstandener Liebe,<br />

Rücksichtnahme auf - falsche - Konventionen, Ehrgeiz, gesellschaftliche<br />

oder familiäre Rücksichten wird er zum Kritiker der bürgerlichen Welt<br />

nicht nur im 19., sondern auch im 20. Jahrh<strong>und</strong>ert, weil die zwischenmenschlichen<br />

Urkonflikte die gleichen geblieben sind, wenn auch das Umfeld<br />

uns heute nostalgisch erscheint.<br />

IV. Resümee: Theodor Storm ein Dichterjurist?<br />

Abschließend stellt sich die Frage, ob die juristische Tätigkeit Storms sein<br />

poetisches Werk entscheidend beeinflußt hat oder ob es unabhängig von<br />

dieser zu sehen ist, ob Storm in erster Linie Poet <strong>und</strong> nur in zweiter Linie<br />

Jurist war oder ob bei ihm ein Mischverhältnis zwischen poetischer <strong>und</strong><br />

juristischer Arbeit bestand, das sich möglicherweise positiv (oder negativ)<br />

für beide Bereiche ausgewirkt hat.<br />

Eugen Wohlhaupter hat mit seinem 1957 erschienenen dreibändigen<br />

Werk den Begriff des „Dichterjuristen“ geprägt. Er definiert diesen als den<br />

„geborenen Poeten“, der sich mit seinem Juristenberuf mehr oder minder<br />

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