Zwischen Dannebrog und PreuÃenadler - Husum-Stadtgeschichte
Zwischen Dannebrog und PreuÃenadler - Husum-Stadtgeschichte
Zwischen Dannebrog und PreuÃenadler - Husum-Stadtgeschichte
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
10<br />
Kiel um 1855: Vorplatz des Schlosses. Rechts<br />
die in einem 1768 errichteten Gebäude untergebrachte<br />
Christian-Albrechts-Universität.<br />
Theodor Storm begann 1837 an der Christian-<br />
Albrechts-Universität in Kiel sein Jurastudium,<br />
wechselte für zwei Semester 1838/39 nach Berlin<br />
<strong>und</strong> schloss das Studium in Kiel 1842 mit dem<br />
Staatsexamen ab.<br />
Während seines Aufenthalts in Kiel wohnte<br />
Storm in der Kehdenstraße 20, später im Hinterhaus<br />
der Flämischen Straße 12, in dem auch<br />
Theodor Mommsen wohnte. Beide Häuser wurden<br />
während des Zweiten Weltkrieges zerstört.<br />
Hier entstand das „Liederbuch dreier Fre<strong>und</strong>e“,<br />
das Storm, Theodor <strong>und</strong> Tycho Mommsen 1843<br />
veröffentlichten. Storm verarbeitete seine Eindrücke<br />
der Studentenzeit später besonders in<br />
der Novelle „Auf der Universität“ (1862).<br />
Während des zwischenzeitlichen Wechsels 1838<br />
nach Berlin an die Friedrich-Wilhelms-Universität<br />
wohnte Storm in der Behrenstraße 13 (Brief s.<br />
Mutter, 1. 8. 1838). Nach dem Besuch der Vorlesungen<br />
verbrachte Storm viel Zeit mit Theateraufführungen<br />
<strong>und</strong> war begeistert von einer<br />
„Faust“-Aufführung beim Besuch im „Königlichen<br />
Schauspielhaus“.<br />
Die Berliner Universität nahm 1810 ihren Lehrbetrieb<br />
auf. Von 1828 bis 1946 führte sie den Namen<br />
Friedrich-Wilhelms-Universität (Gründer:<br />
König Friedrich III.). 1949 wurde sie in Humboldt-<br />
Universität zu Berlin umbenannt.<br />
Neben seinen Studien hat Storm in Kiel die studentische Geselligkeit<br />
nicht zu kurz kommen lassen. Versuchsweise war er Gast des Corps Holsatia.<br />
Doch stand er dem sich damals erst entwickelnden Korporationsstudententum<br />
bald ablehnend gegenüber, was später in den Novellen „Auf der<br />
Universität“, „Der Herr Etatsrat“ <strong>und</strong> „Immensee“ einen gewissen Niederschlag<br />
gef<strong>und</strong>en hat, während sich das Bild eines liberalen, bürgerlichen<br />
Hochschullehrers an der Universität Kiel in der 1864 entstandenen Arbeit<br />
„Im Schloß“ finden läßt.<br />
Ab Ostern 1838 studierte Storm für drei Semester an der Berliner Friedrich-Wilhelm-Universität,<br />
der heutigen Humboldt-Universität (Berlin-<br />
Ost). Der stattliche Bau war 1766 als Prinzenpalais errichtet worden. Storm<br />
immatrikulierte sich hier mit dem 12. 5. 1838 unter der laufenden Nummer<br />
719 mit folgender Eintragung 8 : „Theodor Storm - <strong>Husum</strong> Herzogth.<br />
Schleswig-Rechte-Advokat-Kiel“. In Berlin hätte der junge Storm eigentlich<br />
eine ganz andere Luft spüren müssen. Seit Beginn des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />
war diese Stadt zu wissenschaftlicher <strong>und</strong> künstlerischer Blüte erwacht.<br />
Sie wurde eine europäische Metropole. Persönlichkeiten aus allen<br />
Teilen Deutschlands fühlten sich angezogen. War das Preußen des 18.<br />
Jahrh<strong>und</strong>erts fortschrittlich <strong>und</strong> freigeistig <strong>und</strong> daneben recht kriegerisch<br />
gewesen, so sollte sich die Epoche ab 1815, der Zeit zwischen Napoleon<br />
<strong>und</strong> Bismarck, friedlich, sehr christlich <strong>und</strong> reaktionär gestalten. Preußen<br />
wurde unter Friedrich Wilhelm III. zum ersten Mal in seiner Geschichte als<br />
eine der fünf Großmächte in Europa anerkannt.<br />
Von 1815 an war es ein „Friedensstaat mit einem Friedenssystem“ 9 . Die<br />
Bevölkerung war allgemein kriegsmüde <strong>und</strong> genoß die Vorteile des wiederhergestellten<br />
Friedens ein Menschenalter lang. Nicht ohne Gr<strong>und</strong> heißt<br />
diese Epoche von 1815-48 das „Biedermeier“. Berlin war zu Storms Studienzeit<br />
eine Stadt von 320000 Einwohnern. Mit 1700 Studenten hatte der<br />
Ort die größte deutsche Universität. An der Hochschule lehrten zu dieser<br />
Zeit Kapazitäten wie der Historiker Leopold von Ranke <strong>und</strong> der berühmte<br />
Germanist Lachmann. Der Rechtshistoriker August Wilhelm Heffter las<br />
hier seit 1832. Doch Storm soll sich nur auf das Nötigste an Vorlesungen<br />
beschränkt haben. So soll er nur bei Savigny, dem Begründer der historischen<br />
Rechtslehre, Vorlesungen über Römisches Recht, bei dem Germanisten<br />
Gustav Homeyer Rechtsgeschichte, bei dem Hegelianer Eduard Gans<br />
Naturrecht <strong>und</strong> bei dem Geographen Ritter ein Kolleg über Griechenland<br />
gehört haben 10 . In Berlin schuf sich Storm einen Fre<strong>und</strong>eskreis, zu<br />
dem der Lübecker Schulkamerad Ferdinand Röse sowie Wilhelm Mantels<br />
(später Professor am Katharineum zu Lübeck), der Maler Albert Wagner,<br />
der spätere Shakespeare-Forscher Wilhelm Delhis <strong>und</strong> der Jurist<br />
Markus Niebuhr gehörte. Der letztere sollte ihm später als Kabinettsrat<br />
König Friedrich Wilhelms IV. bei seiner Anstellung in Preußen behilflich<br />
sein.<br />
11