15.01.2014 Aufrufe

Zwischen Dannebrog und Preußenadler - Husum-Stadtgeschichte

Zwischen Dannebrog und Preußenadler - Husum-Stadtgeschichte

Zwischen Dannebrog und Preußenadler - Husum-Stadtgeschichte

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Die Stadt (1852)<br />

Am grauen Strand, am grauen Meer<br />

Und seitab liegt die Stadt;<br />

Der Nebel drückt die Dächer schwer,<br />

Und durch die Stille braust das Meer<br />

Eintönig um die Stadt.<br />

Es rauscht kein Wald, es schlägt im Mai<br />

Kein Vogel ohn’n Unterlaß;<br />

Die Wandergans mit hartem Schrei<br />

Nur fliegt in Herbstesnacht vorbei,<br />

Am Strande weht das Gras.<br />

Doch hängt mein ganzes Herz an dir,<br />

Du graue Stadt am Meer;<br />

Der Jugend Zauber für <strong>und</strong> für<br />

Ruht lächelnd doch auf dir, auf dir,<br />

Du graue Stadt am Meer.<br />

Das Schloss vor <strong>Husum</strong> um 1900<br />

Theodor Storm wurde ab 1. September 1867 in<br />

<strong>Husum</strong> als Amtsrichter tätig, mit Dienstsitz im<br />

Schloss. _ Von 1577-82 von Herzog Adolf als<br />

Nebenresidenz erbaut, im 17. Jh. Witwensitz der<br />

Herzoginnen <strong>und</strong> Sitz des Amtmannes. Mitte des<br />

18. Jh. erfolgten Umbaumaßnahmen. 1796 wurde<br />

der letzte Turm bis auf einen Stumpf abgebrochen,<br />

im 19. Jh. weitere Räume zu Dienstwohnungen<br />

<strong>und</strong> Amtsstuben umgebaut. Ab 1830<br />

diente das Schloss nur noch als Amts- <strong>und</strong> Kreisverwaltung.<br />

Als „traurig vernüchtert“ beschrieb<br />

1887 der schleswig-holsteinische Provinzialkonservator<br />

R. Haupt das „Schloss vor <strong>Husum</strong>“ . In<br />

abschnittsweisen Restaurierungen ab 1974 wurde<br />

1980 auf den Turmstumpf ein neuer Turm gesetzt.<br />

Heute ist das „Schloss vor <strong>Husum</strong>“ ein bedeutendes<br />

kulturelles Zentrum der Westküste.<br />

<strong>und</strong> der Landschaft Pellworm mit der Insel <strong>und</strong> einigen benachbarten Halligen<br />

bestand 28 , hatte nach wie vor eine gesonderte Kriminalgerichtsverfassung,<br />

die sich teilweise von der der anderen Ämter unterschied. Der<br />

Landvogt übte hier die Gerichtsbarkeit über sämtliche Harden <strong>und</strong> Vogteien<br />

aus. Er führte die summarische Untersuchung, ohne Beiziehung von<br />

Gerichtsbeisitzern <strong>und</strong> ohne einen Actuar als Protokollführer. Die Spezialinquisition<br />

gehörte vor Kriminaluntergerichte in Simonsberg, Schwabstedt,<br />

den Harden <strong>und</strong> in Rödemis. Diese Gerichte waren mit Laien besetzt,<br />

die sich unterschiedlich „Rathmänner, Koegsinteressenten, Sandmänner,<br />

Vögte, Fleckensvorsteher, Bonden, Höftmänner <strong>und</strong> Gevollmächtigte“<br />

nannten. Hier hatte der Landvogt den Vorsitz cum voto, der Amtsverwalter<br />

(ebenfalls Jurist) führte als Actuar das Protokoll 29 . Pellworm <strong>und</strong> die dazu<br />

gehörigen Halligen hatten einen eigenen Landvogt, was bereits aus Gründen<br />

der Anreise per Schiff in der Schlechtwetterzeit sehr zweckmäßig war.<br />

Die Oberaufsicht über die Kriminaljustiz im Herzogtum Schleswig hatte das<br />

Obercriminalgericht in Schleswig. Es war aber auch teilweise selbst untersuchende<br />

<strong>und</strong> erkennende Behörde. Ein weiteres Gericht war das Oberappellationsgericht in<br />

Kiel, das in Kriminalsachen in bestimmten Fällen erkennendes Gericht, nicht jedoch<br />

Untersuchungs- oder oberaufsehende Behörde war. Im Falle der Verhängung<br />

der Todesstrafe - auch Storm erwähnt, daß er diese verhängen könnte - waren Akten<br />

<strong>und</strong> Urteil an das Oberappellationsgericht in Kiel zu senden. Sie gingen dann zur<br />

Entscheidung über eine eventuelle Begnadigung weiter an die Königlich Schleswig-Holstein-Lauenburgische<br />

Kanzlei 30 .<br />

In Zivilsachen hatte der Landvogt, wie andernorts der Oberbeamte, ein<br />

sog. erstes Verhör oder die prima audientia. Diese Einrichtung bezweckte<br />

die Verhinderung eigentlicher Prozesse <strong>und</strong> Förderung der Vergleiche unter<br />

den Parteien. Gelang keine gütliche Regelung, wurde die Sache auf den<br />

ordentlichen Rechtsweg verwiesen.<br />

In der Landesbibliothek Schleswig finden sich kartonweise Bände mit<br />

kurzen Gerichtsprotokollen aus Storms Landvogtszeit. Aus diesen ist die<br />

starke Vergleichsbereitschaft Storms zu entnehmen, zu der er, wie oben<br />

erörtert, verpflichtet war. Storm bemerkte selbst hierzu in einem Brief an<br />

Constanze:<br />

„Gestern verglich ich wieder ein paar Prozesse. Ich vergleiche alles. ,Wi hebt ja<br />

nun son gode Landvogt’ hat eine der Parteien gesagt.“ 31<br />

b) Nachdem Österreich von Preußen besiegt worden war <strong>und</strong> im Frieden<br />

von Prag auf seine Anrechte in Schleswig-Holstein verzichten mußte, wurde<br />

das Land am 12. 1. 1867 preußische Provinz. Nun wurde Schleswig-<br />

Holstein der preußischen Gesetzgebung angegliedert, die alte Ämterorganisation<br />

aufgehoben <strong>und</strong> überall die Trennung von Justiz <strong>und</strong> Verwaltung<br />

eingeführt. Das Landvogtsamt entfiel, Storm wurde ab 1. 9. 1867 als Amtsrichter<br />

in <strong>Husum</strong> tätig, mit Dienstsitz im Schloß. Aus dem Jahre 1868<br />

22<br />

23

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!