MÃ¼nchner Lehrerzeitung, Ausgabe 1, 2013 - BLLV

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Bildungspolitik Wenn ... dann Die Ludwig-Maximilians-Universität in München arbeitet in der Lehrerbildung an ihrer Kapazitätsgrenze. Während 2005 noch 5000 Lehramtsstudenten die Uni besuchten sind es heute 9500. Mit dem doppelten Abiturjahrgang, den geburtenstarken Jahrgängen und der Abschaffung der Wehrpflicht treffen drei wachsende Faktoren zusammen. Wenn die Studiengebühren abgeschafft werden, dann: • sind 20 % der Lehrveranstaltungen an der LMU gefährdet • wird der Studiengang „Deutsch als Zweitsprache“ DaZ an der LMU nicht mehr weiter geführt werden können • werden zahlreiche Projekte in der Lehrerbildung entfallen • wird das Mitspracherecht der Studierenden bei den Finanzen abgeschafft werden • werden die Langzeitstudierenden wieder zunehmen Wird die Staatsregierung die fehlenden Gelder vollständig kompensieren, um das Ausbildungsniveau an den Universitäten zu sichern? Es stellt sich die Frage: Wann kommt dann der nächste Sparhaushalt? Dr. Uta Hauck-Thum Dr. Clemens Schlegel Dr. Dagmar Holzmann-Witschas Kommentar Der Streit um die Studiengebühren hatte sich an einem Volksbegehren entzündet, mit dem die bayerische Opposition die Abschaffung der Abgabe erzwingen will. Nachdem die Freien Wähler die Zulassung des Volksbegehrens vor Gericht durchgesetzt hatten, ist auch die CSU für die Abschaffung des Betrags. Die FDP möchte, dass die Studierenden erst nach dem Studium, bzw bei der ersten Arbeitsstelle, die Studiengebühren nachzahlen. Erhöht die Abschaffung der Studiengebühren die Bildungsgerechtigkeit? Sog. Härtefälle sind von den Studiengebühren befreit (z. B. wenn der Student ein Kind unter 18 Jahren zu versorgen hat oder für drei Kinder erziehungsberechtigt ist). Die Bayerischen Hochschulen können ferner bis zu 10 % der Studierenden aufgrund besonderer Leistung von der Zahlungspflicht ganz oder teilweise befreien. Werden die Studiengebühren ganz abgeschafft, muss der Staat die Finanzierung der Projekte und Veranstaltungen zu 100 % übernehmen, damit das Ausbildungsniveau gehalten werden kann. Somit übernimmt der Steuerzahler die Ausbildungskosten. Ist dies zumutbar? Ist dies auch in finanzschwächeren Jahren haltbar? Waltraud Lučić Verstorbene Mitglieder 2012 Der MLLV trauert um treue und verdiente Mitglieder. Er wird ihnen ein ehrendes Gedenken bewahren. Erika Elisabeth Josefine Anna Erika Machalitzky Friedl Schörken Moser Denk Hermann Mathilde Berta Mechthild MR a. D. Erich Wirth Hessler Friedrich Weinig Selzle Richard Manfred Prof. Dr. Gertraud Ursula Angela Reiniger Gruber Heuß-Giehrl Grewe Ossiander 6 Münchner Lehrerzeitung Februar/2013
Bildungspolitik Positionsbeschreibung des BLLV zur geplanten Stundenverlagerung und Umbenennung des Faches WTG Der BLLV geht davon aus, dass das bayerische Bildungssystem in der Grundschule auch Raum für die kreative und lebenspraktische Entwicklung der Schüler durch das Fach Werken/ Textiles Gestalten beinhalten sollte. Gerade in der Grundschule haben kognitive, affektive und emotionale Inhalte in einem gesunden Verhältnis zu stehen. Zugleich sind auch die haptischen Fähigkeiten, die im Fach WTG vermittelt werden, für Grundschulkinder von großer Bedeutung. Wir begrüßen die Ausweitung des Faches WTGin der 1. Jahrgangsstufe auf zwei Unterrichtsstunden, um den zunehmend erkennbaren feinmotorischen Defiziten der Schüler gerecht zu werden. Auf keinen Fall darf dies jedoch zu einer Reduzierung der Stundenzahl des Faches WTGin den folgenden Jahrgangsstufen führen. Eine Verkürzung der Stundenzahl in den Jahrgangsstufen 2, 3 oder 4 führt unweigerlich zur Reduzierung der Lerninhalte und damit zu einer Verarmung dieses wichtigen Bereichs für unsere Grundschulkinder. Dies hat zur Folge: • kein fundierter Aufbau von technischem/handwerklichem Wissen und Können in der 3./4. Jgst., der entwicklungsgemäß erst in dieser Altersstufe möglich ist • geringere Möglichkeit zur Einschulung der Motorik vor allem in Verbindung mit verschiedenen Materialien und Werkzeugen • fehlende Zeit für fächerübergreifendes, praktisches Arbeiten, vernetztes Lernen und Denken (anwendungsbezogenes Wissen und Können) • keine Grundlage zur Interessensausbildung für handwerkliche/technische Berufe für alle weiterführenden Schulen (MINT) • Verlust wertvoller textiler Kulturtechniken im interkulturellen und kulturellen Bereich (Heimatverbundenheit) • fehlende Zeit zum Einüben, Anwenden und Vertiefen • individuelle Förderung kaum möglich z. B. bei Inklusion oder leistungsstarken Kindern • keine Anregung zu sinnvoller Freizeitgestaltung in Zeiten veränderter Kindheit (Medien, Gewalt, Konsum ...) • kein Raum für Kreativität und ästhetisches Erleben • Durch die geplante Reduzierung der Stundenanteile im Fach WTGfehlen Inhalte und damit die handwerklichen und materialen Grundlagen für den berufspraktischen Bereich der Mittelschule. Individualisierung und Differenzierung als zentrale Herausforderung des 21. Jahrhunderts (Andreas Helmke) braucht Zeit. Diese Forderung kann nicht erfüllt werden, wenn der WTG-Unterricht in der 4. Jgst. 14-tägig 2-stündig gehalten wird. Die Rhythmisierung und Durchführung von praktischem Unterricht erfordert entsprechende Zeitfaktoren. Vorbereitungs-, Durchführungs- und Nachbereitungsphasen durch Schüler sind bei den handwerklichen Techniken und anspruchsvollen Materialien in der 4. Jahrgangsstufe in 45 Minuten nicht möglich. Dieses so wichtige praktische Fach in der 4. Jahrgangsstufe ermöglicht den Schülern ein entspanntes, freudvolles Lernen ohne Leistungsdruck. Erfolgserlebnisse in diesem Fachbereich fördern bei den Schülern Lernbereitschaft, Selbstwertgefühl und Verantwortungsbewusstsein. Eine Kürzung auf 1 Unter- richtsstunde in der 4. Jahrgangsstufe würde alle Schüler explizit aber Schüler aus sozioökonomisch schwachen Familien, in ihrer Persönlichkeitsentwicklung und ihrem Lern- und Arbeitsverhalten einschränken. Die Begründung des Kultusministeriums, man wolle die Kinder in der 4. Jgst. entlasten, wird durch Forschungsergebnisse widerlegt. Diese vermeintliche Entlastung führt eher zu einer Belastung, da in der Grundschule das Verhältnis zwischen theoretischen und praktischen Fächern eher zugunsten der praktischen ausgebaut werden sollte. Professor Dr. Wolfgang Schönig von der Universität Eichstätt: „Fächer wie Soziales, Werken/Textiles Gestalten, Musik und Sport werden immer kostbarer, weil sie sich offen halten können für sinnliche und bildungsbedeutsame Erfahrungen.“ In der letzten Zeit werden Fachlehrerinnen E/Gverstärkt fachfremd eingesetzt, was mit der professionellen Überzeugung des BLLV nicht im Einklang steht. Eine Verkürzung der WTG-Stunden würde diesen fachfremden Einsatz noch erhöhen, was auch nicht im Interesse des Staatsministeriums sein kann. Für die Namensänderung von WTGin WGsieht der BLLV keinen Anlass, diese führt eher zu einer Verunsicherung. Der BLLV protestiert aus pädagogischen Gründen auf das Heftigste gegen die Reduzierung des WTG-Unterrichts in der 2., 3. und 4. Jahrgangsstufe. Mit freundlichen Grüßen Waltraud Lučić Vizepräsidentin des BLLV Münchner Lehrerzeitung Februar/2013 7
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